Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 14.01.2008, RV/1426-W/07

Verfassungswidrigkeit des Erbschaftssteuergesetzes

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/1426-W/07-RS1
wie RV/1425-W/07-RS1
Mit Ausnahme der bestimmten Anlassfälle sind auf alle anderen, vor der Aufhebung bzw. bis zum Ablauf der Frist am verwirklichten, Tatbestände die Bestimmungen des nach wie vor (bis zum ) in Geltung stehenden Erbschaftssteuergesetzes 1955 unverändert anzuwenden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch den Sachwalter Dr. Robert Müller, 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, dieser vertreten durch Mag. Gregor Riess, 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Erfnr., betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde der Berufungswerberin (Bw.) in der Verlassenschaft nach L., verstorben am xxx, der gesamte Nachlass nach unbedingter Erbsantrittserklärung als Alleinerbin eingeantwortet.

Auf Grund der Vermögenserklärung vom im Verlassenschaftsverfahren setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) gegenüber der Bw. mit dem angefochtenen Erbschaftssteuerbescheid vom Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG in Höhe von € 193.419,98 und gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG in Höhe von € 5.229,04 abzüglich € 110,00 gemäß § 8 Abs. 6 ErbStG, somit in Höhe von insgesamt € 198.539,02 fest.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete sich die Bw. ausschließlich gegen die der Bemessung der Erbschaftssteuer zu Grunde liegenden Bestimmungen des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes mit der Begründung, dass die Differenzierungen in persönlicher Hinsicht, etwa die Einteilung in Steuerklassen, dynamische Entwicklung des Steuersatzes, und die ungleiche Behandlung des hinterlassenen Vermögens sachlich nicht gerechtfertigt seien und daher das Erbschaftssteuergesetz dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, wogegen die Bw. einen Vorlageantrag einbrachte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftssteuer.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Dass im gegenständlichen Fall ein Erwerb von Todes wegen vorliegt, steht ebenso außer Streit, wie die Berechnung der Erbschaftssteuer selbst.

Mit dem Berufungsvorbringen wendet die Bw ausschließlich Verfassungswidrigkeit ein, weil auf Grund sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen innerhalb des Erbschaftssteuergesetzes eine steuerliche Ungleichbehandlung und somit Gleichheitswidrigkeit vorliege.

Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem unabhängigen Finanzsenat zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens vorbehalten.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 54/06-15 u.a., aus Anlass ursprünglich der Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu Zl. B 3391/05 sowie mehrerer, beim Verwaltungsgerichtshof anhängiger Beschwerdeverfahren (Zl. 2004/16/0143 u. a.), auf welche die Anlassfallwirkung ausgedehnt wurde, den Grundtatbestand der Erbschaftssteuer nach §1 Abs.1 Z1 ErbStG 1955 als verfassungswidrig aufgehoben und im Spruch bestimmt , dass diese Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden.

Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist das Gesetz jedoch weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis nichts anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden (siehe dazu ).

Mit Ausnahme der bestimmten Anlassfälle sind aber daher alle anderen, vor der Aufhebung bzw. bis zum Ablauf der Frist am verwirklichten Tatbestände die Bestimmungen des nach wie vor (bis zum ) in Geltung stehenden Erbschaftssteuergesetzes 1955 unverändert anzuwenden.

Dem gegenständlichen Fall kommt keine Anlassfallwirkung zu.

Da die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Berechnung der Erbschaftssteuer den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und lediglich Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftssteuergesetzes vorgebracht wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verfassungswidrigkeit
Erbschaftssteuergesetz

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at