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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 08.07.2013, RV/0523-W/12

Gesetzliche Unvereinbarkeit der Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung nach § 206 BAO in einem Abgabenfeststellungsverfahren gemäß § 188 BAO

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/13/0090 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7105107/2016 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Aigner, Mag. Belinda Maria Eder und Felicitas Seebach im Beisein der Schriftführerin Fachoberinspektorin Ingrid Pavlik über die Berufung der K. GmbH & atypisch stille Gesellschaft als RNF K. GmbH & Co KG, 1000 Wien, A-Straße 1, vertreten durch Mag. Stefan Koss von der Prof. Dr. Thomas Keppert Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KG, 1060 Wien, Theobaldgasse 19, und Dr. P. Ö., vom gegen den Bescheid vom , mit dem das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch Mag. Nathalie Kovacs, den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 gemäß § 293 b berichtigt hatte, nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist eine Kommanditgesellschaft in der Textileinzelhandelsbranche, die unter dem Namen "C. D." zwei Boutiquen an den Standorten 1000 Wien, A-Gasse 1-2, und 1000 Wien, B-Straße 3 betrieben hat. Der Komplementär ist die Firma K. GmbH, der Kommanditist ist Mag. E. K.. Die Bw. hat die Steuernummer 000/0000.

Mit Gesellschaftsvertrag vom beteiligten sich die Gesellschafter Dr. P. Ö. mit einer Einlage von S 900.000, Mag. Chr. H. (mit einer Einlage von S 300.000) und Dr. Herbert B. (mit einer Einlage von S 300.000) als atypisch stille Gesellschafter am Handelsgewerbe der Kommanditgesellschaft. Für ihre geleisteten Einlagen erhielten die stillen Gesellschafter Beteiligungen - Dr. Ö. 52 %, Mag. H. und Dr. B. jeweils 18 % - am laufenden Erfolg sowie am Vermögen inklusive stiller Reserven und Firmenwert des Unternehmens. Von den restlichen Gesellschaftern - zum damaligen Zeitpunkt war auch noch A. K. als Kommanditistin beteiligt - waren Mag. E. K. mit 8 %, Anna K. mit 3 %, die Fa. K. GmbH mit 1 % am Gewinn/ Verlust der Gesellschaft beteiligt.

Mit der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 wurden dem Finanzamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 645.997,99 angezeigt, von denen auf die in Rede stehende GmbH € 6.459,97, Mag. K. € 71.059,77, Mag. H. € 116.279,65, Dr. B. € 116.279,65 und Dr. Ö. € 335.918,95 entfielen. Unter der Kennzahl (in weiterer Folge kurz KZ.) 386 wurden die "Gewinne aus einem Schuldnachlass aufgrund eines gerichtlichen Ausgleichs, eines Zwangsausgleichs oder aus anderen Gründen" mit € 634.000 beziffert; unter der KZ. 496, in der bei gerichtlichem Ausgleich oder Zwangsausgleich der Prozentsatz der Ausgleichsquote einzutragen ist, wurde die Ziffernkombination 20 eingetragen.

Mit dem ursprünglichen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 setzte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb abgabenerklärungsgemäß fest bzw. bestätigte, dass in den Gesamteinkünften ein Sanierungsgewinn von € 634.000 enthalten sei, von dem Mag. Hofer und Dr. B. jeweils € 111.900,99, Mag. K. € 53.129,19, K. GmbH € 3.740,59, Dr. Ö. € 335.639,59 und Verlassenschaft nach K. A. € 17.688,65 zuzurechnen seien.

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung betreffend u. a. die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung gemäß für die Jahre 2003 bis 2005 versagte der Prüfer Amtsdirektor Hubert Stierschneider die Anerkennung des Sanierungsgewinns in der geltend gemachten Höhe mit der Begründung, dass die Bw. folgende Verluste für die Jahre 1995 bis 2004 erwirtschaftet und auf die Gesellschafter aufgeteilt habe:


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Komplem .
Kommanditisten
Atypisch stille Gesellschafter
Summe

Fa. K. GmbH
Mag. E. K.
Verl. n. A.K.
Dr. P. Ö.
Mag. Chr. H.
P. B.
Einkünfte
1995
-116.957,00
-1.386.706,00
-477.163,00
-2.328.886,00
-806.152,00
-806.152,00
-5.922.016,-
1996
1.188.621,00
16.966.311,00
5.653.919,00
-236.838,00
-81.982,00
-81.982,00
23.408.049,-
1997
15.779,00
282.484,00
91.088,00
-479.477,00
-165.973,00
-165.972,00
-422.071,-
1998
13.554,00
264.670,00
84.408,00
-595.273,00
-206.055,00
-206.055,00
-644.751,-
1999
5.651,00
136.448,00
25.699,00
-2.211,00
-304,00
-304,00
164.979,-
2000
5.508,00
135.314,00
25.274,00
-9.587,00
- 2.857,00
-2.857,00
150.795,-
2001
4.603,00
128.076,00
22.560,00
-56.629,00
- 19.141,00
- 19.141,00
60.328,-
S.
1.116.759,-
16.526.597,-
5.425.785,-
-3.708.901,-
-1.282.464,-
-1.282.463,-
16.795.313,-

S.
81.158,04
1.201.034,64
394.307,17
-269.536,35
-93.200,29
-93.200,22
1.220.563,00
2002
-4,93
6.591,91
621,08
-21.767,80
-7.501,46
-7.501,46
-15.002,92
2003
-1.274,39
-14.018,33
0,00
-66.268,47
-22.939,10
-22.939,10
-45.878,20
2004
-2.104,12
-23.145,23
0,00
-109.413,81
-37.874,02
-37.874,02
-75.748,04
S.
77.774,60
1.170.462,99
394.928,25
-466.986,43
-161.514,87
-161.514,87
1.083.933,84

Von den zugewiesenen Verlusten seien folgende nur gegen zukünftige Überschüsse aus derselben Einkunftsquelle zu verrechnen:


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Komplem .
Kommanditisten
Atypisch stille Gesellschafter
Summe

Fa. K. GmbH
Mag. E. K.
Verl. n. A.K.
Dr. P. Ö.
Mag. Chr.H.
Dr. P. B.
Einkünfte
1995
166,00
1.324,00
497,00
8.606,00
2.978,00
2.978,00
15.059,00
1996
- 166,00
-1.324,00
-497,00
1.450,00
502,00
502,00
1.957,00
1997






0,00
1998



24.938,00
8.312,00
8.313,00
41.563,00
1999






0,00
2000






0,00
2001






0,00
S.
0,00
0,00
0,00
34.994,00
11.792,00
11.793,00
58.579,00

S.
0,00
0,00
0,00
2.543,11
856,96
857,03
4.257,10
2002






0,00
2003






0,00
2004






0,00
S.
0,00
0,00
0,00
2.543,11
856,96
857,03
4.257,10

Die restlichen Verluste seien voll ausgleichsfähig und von den Gesellschaftern mit Ausnahme der Komplementär - GmbH zur Gänze mit anderen positiven Einkünften verrechnet worden, sodass diesbezüglich keine Verlustvorträge mehr vorhanden seien.

Infolge hoher Verbindlichkeiten bei den nachstehend angeführten Gläubigern habe die Bw. ein Entschuldungsverfahren angestrebt, das in Form eines außergerichtlichen Vergleichs mit einer Ausgleichsquote von 20 % im Jahr 2005 abgeschlossen worden sei. Die Gläubiger "Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg" (€ 581.000) und die "Kanzlei XXX" (€ 53.000) hätten den außergerichtlichen Vergleich mit einem Schuldennachlass von € 634.000, der gleichzeitig erlösmäßig als Sanierungsgewinn erfasst wurde, angenommen. Für den als Erlös gebuchten Sanierungsgewinn habe die Bw. die begünstigte Besteuerung im Sinn des § 36 EStG in Verbindung mit § 206 BAO beantragt, die eine Nichtfestsetzung des Abgabenanspruchs in Höhe des Schuldennachlasses vorsehe.

Als rechtliche Begründung für die Versagung der Anerkennung des beantragten Sanierungsgewinnes führte der Prüfer ins Treffen: Die Anwendung des § 36 EStG 1988 setze ein gerichtliches Entschuldungsverfahren in Form eines Ausgleichs oder Zwangsausgleichs voraus, sodass die Begünstigung des § 36 EStG für außergerichtliche Ausgleichsverfahren, wie im konkreten Fall dargestellt, nicht zur Anwendung kommen könne.

Bei Anwendung des § 206 BAO, nach Maßgabe dessen eine begünstige Besteuerung des Sanierungsgewinns für Sanierungsfälle außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens möglich sei, sei darauf Bedacht zu nehmen, inwiefern die Sanierungsbedürftigkeit auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen sei/ inwieweit sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Verluste bereits steuerlich ausgewirkt hätten. Im konkreten Fall hätten alle Gesellschafter mit Ausnahme der Komplementär-GmbH die Verluste der Bw. der Jahre 1995 bis 2004 zur Gänze gegen andere positive Einkünfte verrechnet. Eine begünstigte Besteuerung hätte eine Benachteiligung von jenen Abgabepflichtigen (z. B. Einzelunternehmen) zur Folge, für die eine solche Verlustverwertung nicht möglich wäre, und ihre Verluste nur nach Maßgabe des § 18 EStG mit dem begünstigt besteuerten Sanierungsgewinn verrechnen könnten. Das Vorliegen anderer positiver Einkünfte stehe dem Erfordernis der Sanierungsbedürftigkeit entgegen. Mangels gesetzlicher Grundlage könne daher weder die Begünstigung des § 36 EStG, noch eine Nichtfestsetzung des Abgabenanspruches nach Maßgabe des § 206 BAO zur Anwendung kommen. Der auf die Komplementär-GmbH entfallende Sanierungsgewinn sei gegen die bestehenden Verlustvorträge zu verrechnen.

Die steuerliche Konsequenz sei: Im Jahr 2005 seien die Einkünfte der Gesellschafter um die verrechenbaren Verluste der Vorjahre zu vermindern.


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Komplementär
Kommanditisten
Atypisch stille Gesellschafter
Summe

K- GmbH
Mag. E. K.
Dr. P. Ö.
Mag. Chr. H.
Dr. Peter K.
Einkünfte

Einkünfte aus Gw.
6.459,97
71.059,77
335.918,95
116.279,65
116.279,65
232.559,30
SGW
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
Verrechenb. Verl. aus Vorjahren
0,00
0,00
2.543,11
856,96
857,03
4.257,10

Als Begründung für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO führte der Prüfer unter Bezugnahme auf den zitierten Text des § 303 Abs. 4 BAO ins Treffen: Im konkreten Fall sei die Verrechnung der Verluste der Vorjahre 1995 bis 2004 von den Gesellschaftern Mag. E. K. (Kommanditist) und den atypisch stillen Gesellschaftern Dr. P. Ö., Mag. Chr. H. und Dr. Peter B. zur Gänze gegen andere Einkünfte betriebliche und außerbetriebliche Einkünfte erst im Zug des durchgeführten Prüfungsverfahrens festzustellen gewesen. Das feststellende Finanzamt könne die steuerliche Verwertung der an die Gesellschafter zugewiesenen Verluste nicht ohne Einsichtnahme in die betreffenden Aktenteile sämtlicher Gesellschafter feststellen. In der Kenntniserlangung der steuerlichen Verwertung durch die Gesellschafter würden somit neue Tatsachen vorliegen, die eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2005 rechtfertigen würden. Bei der dabei im Sinn des § 20 vorzunehmenden Interessenabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse) einzuräumen.

Aufgrund der obigen Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht vom (mit Verweis auf die Niederschrift) erließ das Finanzamt Bescheide, mit denen das Verfahren hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und die Einkünfte der Bw. gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 neu festgestellt wurden. Auf die Berufung gegen die vorgenannten Bescheide folgten im Wesentlichen die der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid stattgebende Berufungsentscheidung und die abgabenbehördliche Erlassung des Bescheides gemäß § 293b BAO vom , mit dem der das Jahr 2005 betreffende Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom berichtigt wurde.

Als Begründung für die Berichtigung des in Rede stehenden Bescheides gemäß § 188 BAO führte Mag. Kovacs nach Zitat des § 293 b BAO ins Treffen, dass eine Unrichtigkeit im Sinn des § 293b BAO offensichtlich sei, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar sei (z. B. ). "Wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsmäßiger Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen", liege eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (z. B. ).

Ob eine Rechtsauffassung offensichtlich unrichtig sei, sei anhand des Gesetzes und der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen (z.B. , 2002/13/0163, 2006/13/0192; ). Die Unrichtigkeit müsse aus der Abgabenerklärung (das ist der Erklärungsvordruck sowie sämtliche Beilagen) selbst oder aus ihr in Verbindung mit der übrigen Aktenlage erkennbar sein.

Gemäß § 36 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung habe die begünstigte Steuerberechnung für "im Einkommen enthaltene Sanierungsgewinne, die durch Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines gerichtlichen Ausgleichs im Sinne der Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleichs (§§ 140 ff. Konkursordnung) entstanden sind" gegolten. Bereits der Wortlaut der zitierten Bestimmung hätte somit mit aller Deutlichkeit erkennen lassen müssen, dass der in der gegenständlichen Feststellungserklärung ausgewiesene Schuldnachlass auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleichs nicht unter den gesetzlichen Tatbestand des § 36 EStG 1988 fallen konnte, wozu es keinerlei weiterer Feststellungen im Rechtsbereich oder Ermittlungen im Tatsachenbereich bedurft hätte. Mithin seien die in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend vertretenen Voraussetzungen für das Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Sinn des § 293 b BAO erfüllt.

Nach der Aktenlage konnte auch nicht der geringste Hinweis gegeben sein, dass ein bezüglicher Abgabenanspruch mit Bestimmtheit nicht durchsetzbar wäre, weshalb auch die Voraussetzungen für eine amtswegige Nichtfestsetzung gemäß § 206 b BAO (worauf auch kein Antragsrecht bestünde) nicht vorliegen konnten. Dies habe sich bereits aus dem Umstand der Unternehmenssanierung sowie der Tatsache, dass es sich um ein Abgabenfeststellungsverfahren und nicht um ein Abgabenfestsetzungsverfahren gehandelt hatte, zu ergeben gehabt.

Die Bescheidberichtigung nach § 293 b BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen seien nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO). Im vorliegenden Fall seien die steuerlichen Auswirkungen nicht bloß geringfügig.

Gegen die Ermessensausübung auf Durchführung der Bescheidberichtigung im Rahmen von Billigkeitsüberlegungen könnte eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei einer von Rz 7268 EStR 2000 abweichenden Besteuerung zum Nachteil der Abgabepflichtigen- trotz Verwirklichung der Richtlinienvoraussetzungen - sprechen (siehe dazu auch § 3 Z 2 b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO vom , BGBl. II Nr. 435/2005). Davon sei im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen, da auch die Richtlinienvoraussetzungen für eine § 36 EStG 1988 in der Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2005 vergleichbare Anwendung der Sanierungsgewinnbesteuerung auch auf außergerichtliche Ausgleichsfälle infolge der Verlustverwertungen bei den Gesellschaftern nicht erfüllt worden seien.

Die einer Richtlinienanwendung entgegen stehenden Verlustverwertungen würden nichts am Bestand der offensichtlichen Unrichtigkeit im Sinn des § 293 b BAO wegen des bestehenden Widerspruchs zum Wortlaut des § 36 EStG 1988 ändern, weil sie für die maßgebliche Rechtsbeurteilung von vornherein unerheblich erscheinen, wie die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom dem Standpunkt der steuerlichen Vertretung folgend eindrücklich vermittle.

Abschließend verwies die Amtsvertreterin in ihrer Bescheidbegründung betreffend die materielle Begründung der Nichtanerkennung des Sanierungsgewinnes auf den Bericht gemäß § 150 BAO vom .

Mit der Berufung gegen den gemäß § 293 b BAO berichtigten Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 betonte die steuerliche Vertretung, dass sich die Berufung gegen die ohne Vorliegen einer Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus Abgabenerklärungen gemäß § 293 b BAO vorgenommene Berichtigung richte, und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Bescheides mit der nachfolgenden, in vier Punkte aufgegliederten Begründung:

"1.Keine Abgabenfestsetzung gemäß § 36": Die vom Finanzamt gewählte Vorgangsweise sei weder von der Rechtsprechung, noch vom Schrifttum gedeckt.

Entgegen der Annahme des Finanzamts habe die seinerzeitige Abgabenfestsetzung nicht auf den Bestimmungen des § 36 BAO, sondern auf jenen des § 206 BAO beruht, weshalb die Argumentation des Finanzamts zwangsläufig ins Leere gehen müsse.

In den eingangs dargestellten Erwägungen habe das Finanzamt die rechtliche Konsequenz des Umstands übersehen, dass das Bundesministerium für Finanzen den Finanzämtern mittels Erlass (AÖF 2004/167, EStR 2000, Rz 7268) die Möglichkeit eingeräumt habe, unter gewissen Voraussetzungen auch in Sanierungsfällen im Rahmen eines außergerichtlichen Ausgleichs in einer dem § 36 EStG nur "vergleichbaren Weise" von der Abgabenfestsetzung Abstand zu nehmen.

Rechtsgrundlage derartiger Erledigungen sei daher § 206 BAO (siehe hiezu "Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gemäß § 206 BAO", AÖF 2005/110, abgedruckt in Kodex Steuererlässe 20. Auflage, EStR Rz 7268, laut dem die Abgabenbehörden "gemäß § 206 BAO" zur entsprechenden Vorgangsweise in Sanierungsfällen außerhalb eines gerichtlichen Ausgleichs befugt worden seien).

Maßnahmen nach § 206 BAO würden nur von Amts wegen erfolgen; dem Abgabenpflichtigen sei ein Antragsrecht für die Anwendung dieser Bestimmung gesetzlich nicht eingeräumt worden. Vielmehr gelte: Für den Fall, dass derartige Maßnahmen von einem Abgabenpflichtigen angeregt würden, stelle diese Anregung kein der Entscheidungspflicht gemäß § 311 Abs. 1 BAO unterliegendes Anbringen dar, weshalb eine Ablehnung gegebenenfalls nur formlos zu erfolgen brauche (Ellinger u.a., BAO, § 206 Anm. 5; zustimmend Ritz, BAO, 4. Auflage, § 206 Rz 1).

Dementsprechend könne mangels gesetzlicher Grundlage auch der Eintrag eines Sanierungsgewinnes in der Feststellungserklärung nicht als Antrag fehlinterpretiert werden (insoweit sei daher schon die vom Finanzamt in die Begründung des mittlerweile aufgehobenen Feststellungsbescheides vom übernommene Darlegung der BP, wonach "für den als Erlös gebuchten Sanierungsgewinn ... die begünstigte Besteuerung im Sinn des § 36 EStG in Verbindung mit dem § 206 BAO beantragt ... wurde", unrichtig gewesen).

Im ursprünglichen Bescheid sei die Bestimmung des § 36 EStG gar nicht zur Anwendung gekommen, sodass die vom Finanzamt nunmehr gewünschte Rückgängigmachung der von Amts wegen vorgenommenen Anwendung des § 206 BAO nicht mit einem "bestehenden Widerspruch zum Wortlaut des § 36 EStG 1988" begründet werden könne.

An diesem Umstand könne auch die Darlegung des Finanzamts nichts ändern, wonach "nach der Aktenlage...auch nicht der geringste Hinweis gegeben sein...konnte..., dass ein bezüglicher Abgabenanspruch mit Bestimmtheit nicht durchsetzbar wäre, weshalb auch die Voraussetzungen für eine amtswegige Nichtfestsetzung gemäß § 206 lit. b BAO (worauf auch kein Antragsrecht bestünde) nicht vorliegen konnten. Dies musste sich bereits aus dem Umstand der Unternehmenssanierung sowie der Tatsache ergeben, dass es sich um ein Abgabenfeststellungsverfahren und nicht um ein Abgabenfestsetzungsverfahren gehandelt hatte" (Seite 3 der Bescheidbegründung, Hervorhebung durch den Verfasser).

Letztlich würden diese Erwägungen jede Begründung, warum eine allenfalls verfehlte amtswegige Festsetzung gemäß § 206 BAO unter das Regime des § 293 b BAO fallen könnte, vermissen.

Im Hinblick auf den tatsächlich nur auf den Wortlaut des § 36 EStG gestützten Bescheid sei im Rahmen der Rechtsmittelerledigung zu beachten: Der von der Abgabenbehörde erste Instanz verwendete Berichtigungsgrund (§ 93 Abs. 3 lit.a BAO) könne im Berufungsverfahren nicht ausgetauscht werden (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 15a und AÖF 2009/157, jeweils mit Verweis auf ).

"2. Nicht gegebene "Übernahme" offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen": Angesichts der auf den Erlass AÖF 2005/ 110 gestützten Veranlagung vom sei festzuhalten, dass eine Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen nicht vorliege, wenn die Abgabenbehörde selbst (bewusst) die allenfalls unrichtige Rechtsauffassung über das Vorliegen eines begünstigungsfähigen Sanierungsgewinns geteilt habe (vgl. Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 7 mit Verweis auf ).

In diesen Fällen sei tatsächlich nicht der Inhalt der Abgabenerklärung, sondern die unrichtige Rechtsauffassung der Behörde kausal für die Rechtswidrigkeit des Bescheides (z.B. ; ; ; BMF AÖF 2009/157). Offensichtliche Unrichtigkeiten seien aber nur dann gemäß § 293 b beseitigbar, wenn sie aus den Abgabenerklärungen übernommen worden seien (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 7).

Um weiteren Fehlinterpretationen vorzubeugen, verwies der steuerliche Vertreter an dieser Stelle grundsätzlich darauf, dass das Finanzamt an federführender Stelle in das verfahrensgegenständliche außergerichtliche Ausgleichsverfahren eingebunden gewesen sei (vgl. Z 1a der Niederschrift über die Schlussbesprechung von , wonach der gegenständliche Sanierungsgewinn von € 634.000 mit € 581.000 auf das Finanzamt und mit nur € 53.000 auf die steuerliche Vertretung als zweiten Gläubiger entfallen sei). Dementsprechend sei es auch in vollständiger Kenntnis von dem gesamten Vorgang.

Das Finanzamt habe dieses Sachverhaltselement im Rahmen seiner nunmehrigen Erwägungen gänzlich außer Acht gelassen und habe daher nicht nur die Rechts-, sondern auch die Sachlage in diesem Bescheid unrichtig bzw. unvollständig dargestellt.

"3. Nicht gegebene "offensichtliche Unrichtigkeiten" aufgrund einer vertretbaren Rechtsansicht": Für den konkreten Fall sei darauf hinzuweisen, dass eine Unrichtigkeit immer dann nicht offensichtlich sei, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe; folglich komme eine Berichtigung gemäß § 293 b BAO nur dann in Betracht, wenn die Unrichtigkeit auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe (Ritz, ÖStZ 1990, 180; 05 2601/5-IV/5/89, AÖF 1990/100; ; , 95/13/0124; Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 2; Ellinger u.a., BAO, § 293 b Anm.10).

Der Begriff der Vertretbarkeit einer Rechtsansicht spiele z.B. im Finanzstrafrecht, bei der Haftung gemäß § 1299 ABGB, bei der Haftung gemäß § 1 AHG und bei § 1 UWG eine Rolle (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 2 mit Verweis auf Ritz, ÖStZ 1990, 180 mwN). Abgabenrechtlich sei eine Rechtsmeinung demnach nicht nur dann als vertretbar anzusehen, wenn sie schon einmal in Lehre oder Rechtsprechung aufgeschienen sei (so z. B. zu § 1299 ABGB), sondern auch dann, wenn Erlässe von der Judikatur abweichende Rechtsansichten vertreten (AÖF 1990/100 zu § 293 b BAO, zitiert nach Ritz, ÖStZ 1990, 181).

Im konkreten Fall liege ein Sachverhalt vor, in dem das Bundesministerium für Finanzen wie dargestellt den Finanzämtern mittels einer Dienstanweisung die ausdrückliche Möglichkeit eingeräumt habe, begünstigende Erledigungen gemäß § 206 BAO zu tätigen, obwohl die gegenständlichen Sanierungsgewinne nicht vom Regime des § 36 EStG erfasst gewesen seien.

Wenn ein Abgabenpflichtiger entsprechend dieser Verwaltungspraxis seine Steuererklärungen ausfülle, sie an das in federführender Stelle im zugrundeliegenden Ausgleichsverfahren eingebundene Finanzamt übermittle und dieses Finanzamt von Amts wegen entsprechend dieser Verwaltungspraxis die Veranlagung auch im Falle des außergerichtlichen Ausgleichs begünstigend vornehme, sei es zweifelsfrei denkunmöglich zu unterstellen, dass diese durch eine vom Abgabepflichtigen in seinen Steuererklärungen angewandte unvertretbare Rechtsansicht kausal ausgelöst worden sei.

"4. Nicht gegebene "offensichtliche Unrichtigkeiten" aufgrund eines zusätzlichen Ermittlungsbedarfes": Vorstehende Erwägungen würden auch unter dem Gesichtspunkt gelten, dass "die Finanzämter gemäß dem genannten Erlass "allerdings darauf Bedacht zu nehmen" hatten, "inwieweit die Sanierungsbedürftigkeit auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen ist bzw. inwieweit sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Verluste bereits steuerlich ausgewirkt haben" (ÄOF 2004/167).

Eine aus einer Abgabenerklärung übernommene Unrichtigkeit sei nur dann offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar sei (Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b Rz 6 mit Verweis auf ; , 95/13/0124; , 2003/15/0110; , 2003/15/0049; Stoll, BAO, 2831). Somit sei das Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus einer Abgabenerklärung nur dann zu bejahen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärungen die Unrichtigkeit "ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen" hätte erkennen müssen(Ellinger u.a., BAO, § 293 b E 6 b mit Verweis auf ).

Sei die Unrichtigkeit hingegen erst nach Durchführung eines diesbezüglichen (über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausreichenden) Ermittlungsverfahren erkennbar, so sei sie nicht gemäß § 293 b BAO beseitigbar (Ellinger u.a., BAO, § 293 b E 6c; Ritz, BAO, 4. Auflage, § 293 b, Rz 6 mit beispielhaften Verweis auf Ritz, ÖStZ 1990, 181; ; , 2002/13/0071; , 2004/15/0126; , 2007/15/0098).

Auch diesem Umstand komme im konkreten Fall besondere Bedeutung zu, da es aktenkundig sei, dass das Finanzamt erst im Zuge der Einsichtnahme in die Steuerakten anderer Abgabenpflichtiger zur Ansicht gekommen sei: Seine ursprünglich vorgenommene begünstigende Veranlagung solle rückgängig zu machen sein.

Erst im Zuge einer Außenprüfung im Jahr 2007 habe die vom Finanzamt als begünstigungsschädlich angesehene "Kenntniserlangung der steuerlichen Verwertung (der zugewiesenen Verluste) durch die Gesellschafter" stattgefunden: "Im konkreten Fall konnte die Tatsache, dass die Verluste der Vorjahre 1995 bis 2004 von den Gesellschaftern ... zur Gänze gegen andere ... betriebliche und außerbetriebliche Einkünfte verrechnet wurden, erst im Zuge des durchgeführten Außenprüfungsverfahrens festgestellt werden. Die steuerliche Verwertung der an die Gesellschafter zugewiesenen Verluste kann vom feststellenden Finanzamt nicht ohne Einsichtnahme in die betreffenden Aktenteile sämtlicher Gesellschafter festgestellt werden" (Punkt 2. der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Hervorhebung durch den Verfasser).

Bis dato sei überhaupt noch nicht geklärt, ob der seinerzeitigen Veranlagung des Finanzamts tatsächlich die erlassmäßige Deckung gefehlt habe.

Abschließend verwies der steuerliche Vertreter in diesem Zusammenhang auf die Berufung vom , wonach der Weg einer außergerichtlichen Sanierung aufgrund der Bestimmungen des § 23 Abs. 1 KO wegen des sonst drohenden Verlustes des gemieteten Bestandobjekts gewählt werden musste und zudem keine Entnahmen von den Gesellschaftern getätigt wurden.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung führte Mag. Koss ergänzend aus: Der in Rede stehende Gewinn sei auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleiches in der Steuererklärung unter der KZ. 386 "Gewinne aus einem Schuldnachlass auf Grund eines gerichtlichen Ausgleiches, eines Zwangsausgleiches, oder aus anderen Gründen" eingetragen worden, weshalb im konkreten Fall andere Gründe vorgelegen seien. Da das Finanzamt im vollen Bewusstsein der Vorlage eines außergerichtlichen Ausgleichs die entsprechenden Beträge in den Bescheid übernommen habe, sei kausal für eine allfällige Unrichtigkeit nicht die Steuererklärung/die Angaben in dieser gewesen, sondern eine rechtliche Würdigung seitens des Finanzamtes, das ausdrücklich und bewusst einen Erlass herangezogen habe, demzufolge gemäß § 206 BAO in derartigen Fällen von der Abgabenfestsetzung Abstand genommen werden könne. Ein derartiger Fall sei bereits vom Verwaltungsgerichtshof judiziert worden (Erkenntnis vom , 93/13/0277).

Die Amtsvertreterin Mag. Kovacs verwies auf Ritz, BAO, 4. Auflage, Tz 1 zu § 293 b BAO, demzufolge die in Rede stehende Bestimmung typischerweise dazu diene, bei sogenannten Soforteingabefällen eine Berichtigung vornehmen zu können, und hielt den Ausführungen des steuerlichen Vertreters entgegen: Die Erklärung sei ungeprüft übernommen worden. Aus dem Spruch des Bescheides sei nur erkennbar, dass ein Sanierungsgewinn im Gewinn enthalten sei. Darauf, dass auf Grund der Bestimmung des § 206 BAO von einer Abgabenfestsetzung Abstand genommen werden sollte, sei nicht hingewiesen worden.

Nicht nur die KZ. 386, sondern auch die KZ. 496 sei ausgefüllt worden. Da der Prozentsatz der Ausgleichsquote bei gerichtlichem Ausgleich oder Zwangsausgleich in der KZ. 496 anzugeben sei, sei in dieser Kennzahl nicht mehr die Angabe, dass auch die Quote bei anderen Gründen, also etwa bei einem außergerichtlichen Ausgleich, anzugeben sei, enthalten.

Auch in den Beilagen zu den Abgabenerklärungen sei ausdrücklich nur das Wort "Sanierungsgewinn" angeführt, es ergebe sich kein Hinweis dafür, dass es sich hierbei in Wahrheit um einen außergerichtlichen Ausgleich gehandelt haben solle.

Amtsdirektor Stierschneider ergänzte sinngemäß: Weder die Begünstigung des § 36 EStG sei anzuwenden, noch eine Nichtfestsetzung gemäß § 206 BAO könne erfolgen; zu Bedacht nehmen sei hierbei nämlich darauf, ob eine Verlustverwertung oder unangemessen hohe Entnahmen vorliegen. Da die Verlustverwertung im konkreten Fall gegeben gewesen sei, sei auch diese Begünstigung nicht anwendbar. Auch aus diesem Grund erweise sich der Bescheid als offensichtlich unrichtig.

Nach Hinweis von Dr. Ö. darauf, dass die Entnahmen in allen Jahren Null betragen hätten, gab die Amtsvertreterin Mag. Kovacs zu Protokoll: Eine Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung sei im Einkommensteuerverfahren der jeweiligen Beteiligten zu treffen. Da ausdrücklich von Abgabenfestsetzung die Rede sei, könne eine spruchrelevante Aussage, ob bei den Beteiligten von einer Abgabenfestsetzung Abstand genommen wird, im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nicht getroffen werden; dies könne nur im Einkommensteuerverfahren der Beteiligten erfolgen.

In weiterer Folge bestritt Mag. Koss, dass die Veranlagung der Steuererklärung 2005 als sogenannter Sofortanlagefall erfolgt sei, mit der Begründung, dass das Finanzamt ein Ermittlungsverfahren vor Erlassung der Bescheide durchgeführt habe. Über den telefonischen Vorhalt am habe ein Sachbearbeiter der Kanzlei, Herr F..., einen Aktenvermerk angelegt, demzufolge ein telefonischer Ergänzungsauftrag zur Feststellungserklärung und zur Umsatzsteuererklärung jeweils für das Jahr 2005 erfolgt sei. Im Zuge des Telefongespräches hätten Unklarheiten betreffend die Feststellungserklärung ausgeräumt werden können; das Finanzamt habe nur mehr um Zusendung einer schriftliche Ergänzung betreffend Umsatzsteuer ersucht; dies sei mit Schreiben vom erfolgt. Zum Beweis dafür legte Mag. Koss den Aktenvermerk und das Schreiben dem Senat in Ablichtung vor.

Im Erkenntnis vom , 2002/14/0100, habe der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass von einer Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten in eine Abgabenerklärung dann keine Rede sein könne, wenn vor Erlassung des Bescheides ein Vorhalteverfahren durchgeführt worden sei. Der Vorhalt impliziere nämlich, dass Zweifel an der Richtigkeit der Abgabenerklärung bestanden hätten.

Aus der vom Finanzamt an den bundesweiten Fachbereich gestellten Anfrage, die der steuerliche Vertreter dem Senat ebenfalls in Ablichtung vorlege, ergebe sich klar, dass sehr wohl die Bestimmung des § 206 BAO vom Finanzamt allenfalls angewendet worden sei.

Das Wohnsitzfinanzamt des Gesellschafters Dr. Ö. habe im Einkommensteuerbescheid im Jänner 2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Nichtfestsetzung gemäß § 206 lit. b BAO erfolgt sei. Es sei ausgeschlossen, dass dies das Finanzamt getan habe, ohne hierüber vom Feststellungsfinanzamt informiert worden zu sein.

Zwar sei konzediert, dass die Eintragung bei der KZ 496 unrichtig war, das Finanzamt habe aber nicht hierauf Bezug genommen, sondern habe ausdrücklich im vollen Bewusstsein, dass kein Sanierungsgewinn im Sinn des § 36 EStG vorliege, seine Feststellung auf die Bestimmung des § 206 BAO gestützt. Werde etwas anderes vorgebracht, so sei es unrichtig. Selbst im bekämpften Bescheid gehe das Finanzamt dezidiert von der Vorlage eines Schuldnachlasses auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleiches aus.

Zu dem vorgelegten Aktenvermerk gab die Amtsvertreterin Mag. Kovacs zur Protokoll, den Aktenvermerk der Steuerberatungskanzlei heute zum ersten Mal zu sehen, erkenne jedoch daraus in keiner Weise, ob überhaupt und in welchem Punkt Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungserklärung 2005 bestanden hätten. Die Amtsvertreterin habe selbst die Anfrage an den bundesweiten Fachbereich verfasst und hierin alle Möglichkeiten der Begünstigung eines Sanierungsgewinnes bzw. einer Nichtfestsetzung gemäß § 206 BAO ausgelotet. Die naturgemäße Umfangreichheit der Anfrage bedeute nicht, dass die Willensbildung des Finanzamtes bei Erlassung des ursprünglichen Feststellungsbescheides auf eine Nichtfestsetzung einer Abgabe gemäß § 206 BAO gerichtet gewesen sei.

Den Ausführungen der steuerlichen Vertretung hielt Amtsdirektor Stierschneider entgegen, dass die Tatsache, derzufolge eine Nichtfestsetzung gemäß § 206 BAO im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens des Gesellschafters Dr. Ö. erfolgt sei, sicherlich nicht auf Grund der Feststellungsbescheide erfolgt sein könne, da hierin keinerlei Hinweis auf § 206 leg. cit. getroffen werden könne, und bestritt, beurteilen zu können, ob das Finanzamt von sich aus ein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe; dass eine Nichtfestsetzung gemäß § 206 BAO zu erfolgen habe, sei von unserer Tangente sicherlich nicht abzuleiten.

Mag. Koss betonte nochmals, dass das Finanzamt im angefochtenen Bescheid in Wahrheit keine Begründung für die angebliche Übernahme der offensichtlichen Unrichtigkeit getroffen habe, sondern sich lieber auf den Hinweis darauf, dass ein Gewinn auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleiches vorliege, beschränkt habe, bestätigte zwar die Richtigkeit dessen, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegen möge, bestritt jedoch, dass diese Unrichtigkeit aus der Steuererklärung übernommen worden sei, und legte dem Berufungssenat eine mit dem Tag der Berufungsverhandlung verfasste schriftliche Zusammenfassung der Argumente des bisherigen Verfahrens sowie der heutigen Senatsverhandlung vor.

Nach der Erklärung von Amtsdirektor Stierschneider dessen, dass die steuerliche Vertretung nunmehr konzediere, dass tatsächlich der Bescheid offensichtlich unrichtig war,/diese Beurteilung eine Berichtigung nach § 293b BAO geradezu zwingend erforderlich mache, stellte Mag. Koss nochmals klar, dass allenfalls die KZ. 496 in der Steuererklärung unrichtig ausgefüllt worden sei, aber jedenfalls von einer Übernahme einer derartigen offensichtlichen Unrichtigkeit nicht gesprochen werden könne.

Die von Mag. Koss während der von 10:00 Uhr bis 11:20 Uhr dauernden Berufungsverhandlung angesprochenen Mail langte beim Unabhängigen Finanzsenat am , 9:12 Uhr ein und enthielt zu den Berichtigungsgründen die nachfolgenden in vier Punkte aufgegliederten Ausführungen:

"1. Zur angeblichen Anwendung des § 36 EStG": Es sei zwar zutreffend, dass der Wortlaut des § 36 EStG nicht auf außergerichtliche Ausgleiche abstelle, jedoch müsse dieses Argument zwangsläufig ins Leere gehen, da aus dem Akt unmittelbar ersichtlich sei, dass das Finanzamt keine auf § 36 EStG, sondern eine auf § 206 lit. b BAO gestützte Abgabenfestsetzung vorgenommen habe. Dies gehe u.a. aus einer im Jahr 2011 an den Bundesweiten Fachbereich gerichteten Anfrage des Finanzamts hervor, die sich ausdrücklich auf die "Verfahrensrechtliche Möglichkeit des Nichtanerkennens eines Sanierungsgewinns iZm den ESt-Richtlinien" bezogen habe (Seite 1 der Beilage./1, Hervorhebung durch den Verfasser) und in der u.a. die Frage aufgeworfen worden sei, "inwieweit eine Richtinienbestimmung, die günstiger als das Gesetz ist", einer Berichtigung gemäß § 293 b BAO entgegenstehe (Seite 4 der Beilage ./1). Ebenso werde in dieser Anfrage behördenintern im Hinblick auf die beabsichtigte Anwendung des § 293 b BAO u.a. ausdrücklich als "problematisch" eingestanden, "dass das Nichtvorliegen der Begünstigung aufgrund der steuerlichen Verwertung der Verluste erst im Zuge der [erst nach Bescheiderlassung durchgeführten] Betriebsprüfung überprüft und festgestellt wurde und daher der Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit entstehen könnte" (Seite 4 der Beilage ./1).

Speziell aus der angesprochenen "Problematik" sei die Anwendung des § 206 lit. b BAO unmittelbar ersichtlich. Die zitierte Anmerkung bezüglich der steuerlichen Verwertung der Verluste beziehe sich nämlich auf die Einkommensteuerrichtlinien, laut denen bei der den Finanzämtern eingeräumten Befugnis "von der Abgabenfestsetzung ... im Sinn des § 206 BAO ... in vergleichbarer Weise Abstand zu nehmen", darauf Bedacht zu nehmen sein werde, inwieweit sich die "Verluste bereits steuerlich ausgewirkt haben" (EStR 2000, Rz 1023, abgedruckt Kodex Steuer-Erlässe ).

Als Beweis für die Richtigkeit dieses Vorbringens führte die steuerliche Vertretung die beiden Punkte ins Treffen, dass einerseits das Finanzamt in dem bekämpften Bescheid vom selber ausdrücklich festhalte, dass "in der gegenständlichen Feststellungserklärung" ein "Schuldnachlass auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleichs" ausgewiesen worden sei (Seite 3/Bescheid vom ), andererseits das Finanzamt Wien 1/23 am einen Einkommensteuerbescheid 2005 des Gesellschafters Dr. Ö. erlassen habe, in dem - ohne vorheriger dezidierter einschlägiger Angabe in der Einkommensteuererklärung - ausdrücklich auf eine "Nichtfestsetzung" gemäß § 206 lit. b BAO" (und somit nicht auf § 36 EStG) Bezug genommen worden sei.

"2. Zur Anwendung des § 206 lit. b BAO": Die Frage, ob für das Finanzamt die Möglichkeit bestehe, eine auf § 206 lit.b BAO gestützte Ermessensentscheidung im Nachhinein dadurch zu beseitigen, dass es die Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus einer Abgabenerklärung im Sinn des § 293 b BAO behauptet, müsse schon deshalb verneint werden, weil ein Abgabenpflichtiger eine Anwendung des § 206 lit. b BAO von Gesetzes wegen gar nicht beantragen könne (Ellinger ua., BAO, 3. Auflage, § 206 Anm 5), weshalb die Anwendung dieser Bestimmung ein aktives Tätigwerden des Finanzamts erfordere.

Dieses eigenständige Tätigwerden des Finanzamts sei auch für den konkreten Fall dokumentiert. Nach der Einreichung der Steuererklärungen für 2005 () sei nämlich ein telefonischer Vorhalt am erfolgt. Erst nach dessen Beantwortung habe das Finanzamt am den Bescheid über die Feststellung der im Kalenderjahr 2005 erzielten Einkünfte erlassen.

Mit dem durchgeführten Vorhalteverfahren "könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit bei der Veranlagung übersehen wurde", da zumindest Zweifel an der Richtigkeit bestanden hätten müssen. Folglich könne von einer Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung "in einem solchen Fall keine Rede sein" (so ausdrücklich ).

Aus dem beigelegten handschriftlichen Aktenvermerk, der die Richtigkeit des stattgefundenen Vorhalteverfahrens beweise/ nach dem Anruf des Finanzamts von Herrn F...., einem Bilanzbuchhalter der XXX erstellt worden sei, sei unmittelbar ersichtlich, dass sowohl die Feststellungserklärung als auch die Umsatzsteuererklärung 2005 Gegenstand des Vorhaltverfahrens gewesen seien. Nachdem die vorgebrachten Bedenken des Finanzamts bezüglich der Feststellungserklärung bereits im Telefongespräch ausgeräumt werden konnten (sieh hierzu den zusammenfassenden handschriftlichen Vermerk "Feststellungserklärungen und USt-Erklärung O.K."), sei in der am vorgenommenen schriftlichen Vorhaltsbeantwortung (Beilage./4) nur noch zur Höhe des ebenfalls angesprochenen Umsatzsteuerguthabens Stellung zu nehmen gewesen (siehe handschriftlichen Vermerk "nur USt-Nachweis senden für USt- Guthaben.").

"3. Zur nicht gegebenen "Übernahme" einer offensichtlichen Unrichtigkeit": Wie unter Punkt 1 nachgewiesen, habe das Finanzamt keinen auf § 36 EStG 1988 fußenden Bescheid erlassen, sondern mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung die auf § 206 lit.b BAO gestützte Erlassmeinung der Rz 1023 EStR herangezogen, was beweise, dass das Finanzamt schon vor der Bescheiderlassung davon in Kenntnis gewesen sei, dass dem Eintrag in der Feststellungserklärung 2005 unter den KZ 386 und 496 kein gerichtlicher Ausgleich oder Zwangsausgleich zugrunde gelegen sei. Schließlich hätte es andernfalls gar keinen Grund dafür, den Erlass überhaupt heranzuziehen, gegeben. Damit sei aber auch bewiesen, dass es zu keiner "Übernahme" einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus einer Abgabenerklärung im Sinn des § 293 b BAO gekommen sei. Folglich sei dieser Gesetzesbestimmung auch aus diesem Grund jeder Anwendungsbereich entzogen.

Das Wissen des Finanzamts über die Erzielung des Sanierungsgewinns im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens könne im Übrigen schon deshalb nicht bezweifelt werden, weil es im fraglichen Zeitraum der Hauptgläubiger der Bw. gewesen sei.

Es sei das Finanzamt gewesen, das über die Finanzprokuratur im Jahr 2004 einen Konkursantrag über das Vermögen der Bw. beim Handelsgericht Wien eingebracht habe (3 Se 561/04a). Da in einem gerichtlich anhängigen Konkursverfahren der Verlust der Mietrechte an den Geschäftslokalen drohte, sei von der Gesellschaft im Einvernehmen mit dem Finanzamt und der Finanzprokuratur eines der Mietrechte veräußert worden; aus dem Erlös sei jene Zahlung finanziert worden, die das Finanzamt veranlasste, beim Handelsgericht am anzuregen, den von ihm gestellten Konkursantrag abzuweisen.

Somit sei das Finanzamt nachweislich bereits vor Erlassung des nun abgeänderten Bescheids von sämtlichen Vorgängen und Hintergründen im Zusammenhang mit der Sanierung bestens informiert gewesen, weshalb auch insofern nicht ernsthaft behauptet werden könne, dass das Finanzamt zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides 2005 am nicht genau wusste, dass der Sanierungsgewinn nicht in einem außergerichtlichen Verfahren erzielt worden sei.

Habe das Finanzamt aber bewusst eine unrichtige Rechtsauffassung des Abgabepflichtigen geteilt, sei die unrichtige Rechtsauffassung der Behörde und nicht der Inhalt der Abgabenerklärung für die Rechtswidrigkeit des Bescheides kausal (). Mangels Kausalität zwischen einer Unrichtigkeit der Abgabenerklärung und der Rechtswidrigkeit eines Bescheides finde der § 293 b BAO daher auch deshalb keinen Anwendungsbereich.

"4. Zur materiellen Begründung der Nichtanerkennung": Soweit das Finanzamt "betreffend materieller Begründung der Nichtanerkennung des Sanierungsgewinns auf den Betriebsprüfbericht vom " verweist, sei festzuhalten, dass die Verweigerung des Sanierungsgewinns von der Prüfung mit der in den Jahren 1995 bis 2004 auf Gesellschafterebene teilweIse erfolgten Verrechnung der Verluste mit anderen positiven Einkünften begründet werde. Schon diese Überlegung müsse aber verworfen werden, da auch der Komplementär-GmbH, die keine derartigen Verrechnungen vornehmen konnte, die Zuerkennung eines begünstigten Sanierungsgewinns verweigert worden sei.

Wenn daher darauf verwiesen werde, dass "das Vorliegen anderer positiver Einkünfte (auf Gesellschafterebene) dem Erfordernis der Sanierungsbedürftigkeit entgegensteht", könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden: Bei Betrieben von Personengesellschaften sei auf das Vermögen jener Gesellschafter, die keine Nachschusspflicht betrifft, nicht Bedacht zu nehmen (Zorn in Hofstätter/Reichl, EStG 1988 III, 36. Lief., § 36 Rz. 8). Da das private Vermögen der Mitunternehmer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nur insoweit in die Betrachtung einbezogen werden dürfe, als auch die Gläubiger auf solches Vermögen greifen könnten (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 89/13/0252; , 97/13/0204), habe das Privatvermögen von Kommanditisten und atypischen stillen Gesellschaftern bei der Beurteilung der Sanierungsbedürftigkeit der Gesellschaft außer Betracht zu bleiben (Doralt/Heinrich, EStG, 8. Auflage, § 36 Tz 67).

§ 206 BAO räume der Behörde einen Ermessensspielraum für die Fälle außerhalb eines gerichtlichen Ausgleichs oder Zwangsausgleichs ein (vgl. EStR 2000, Rz 7268). Im Rahmen dieser Ermessensübung sei für den konkreten Fall zu beachten, dass es für die Bw. aus faktischen Gründen unmöglich gewesen sei, einen gerichtlichen Ausgleich im Sinn der Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleichs und somit entsprechend der Normvoraussetzungen des § 36 EStG durchzuführen.

Dies habe sich aus den Bestimmungen des § 23 Abs. 1 KO ergeben, wonach der Bestandgeber unbeschadet des Anspruchs auf Ersatz des verursachten Schadens, den Bestandsvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen/vereinbarten Kündigungsfrist kündigen könne. Diese sondergesetzliche Kündigungsbestimmung hätte im konkreten Fall zur Kündigung des Bestandvertrags durch den Bestandgeber ohne einer Abgeltung des Weitergabe- und Untervermietrechts geführt und wäre diesem also das Bestandsobjekt ohne Erbringung einer Gegenleistung zur weiteren Verwertung zugefallen (vgl. hierzu bereits die Stellungnahme von Rechtsanwalt Mag. Abel, Beilage 3 zum Schreiben vom ). Da gerade erst durch die Veräußerung dieser Mietrechte die Mittel zur Erfüllung des Ausgleichs erzielt werden konnten, müsse es wohl für jedermann verständlich sein, dass die außergerichtliche Sanierungslösung der einzige gangbare Weg gewesen sei.

Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, inwieweit die Sanierungsbedürftigkeit auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen sei (EStR 2000, Rz 7268). Hierzu sei für den konkreten Fall zu beachten: Nicht einmal ein einziger Euro/Schilling sei von den Gesellschaftern entnommen worden.

Als Beilage zur Mail vom wurden dem Unabhängigen Finanzsenat eine Anfrage des Finanzamts an den bundesweiten Fachbereich samt der dazugehörigen Anfragenbeantwortung, ein Aktenvermerk vom sowie ein Schreiben der XXX Ö. -G. Wirtschaftsprüfung GmbH vom übermittelt.

Über die Berufung wurde erwogen:

In verfahrensrechtlicher Hinsicht kann die Abgabenbehörde gemäß § 293 b BAO auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum § 293 b BAO, für die als Beispiel das Erkenntnis vom , 2010/15/0202, genannt sei, setzt § 293 b BAO voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung, als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2002/15/0198; , 2003/15/0049; , 2003/15/0110; , 98/13/0180). Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so liegt aus Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/15/0285).

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/15/0098, kann eine offensichtliche Unrichtigkeit auch vorliegen, wenn Abgabenerklärungen mit aktenkundigen Umständen unvereinbar sind; Unrichtigkeiten, die erst im Wege eines über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausreichenden Ermittlungsverfahrens erkennbar sind, sind hingegen einer Berichtigung gemäß § 293 b BAO nicht zugänglich. Bloße Zweifel an der Richtigkeit der Abgabenerklärung - mögen sie auch berechtigt sein - stellen noch keine offenkundige Unrichtigkeit dar.

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/15/0285, stellt die Bestimmung des § 293b BAO nicht darauf ab, ob die unterlaufene Unrichtigkeit auf das Vorliegen eines so genannten "Soforteingabefalles" zurückzuführen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 95/13/0065). § 293 b BAO ist auch dann anwendbar, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit mehrfach übersehen wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 93/13/0277). Die Vornahme der Berichtigung liegt im Ermessen. Die Zweckmäßigkeit der erfolgten Berichtigung ergibt sich bereits aus dem Ziel der gesetzlichen Norm des § 293 b BAO, welches die Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses ist, wobei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ist (vgl. mit weiteren Nachweisen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 95/13/0124).

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 93/13/0277 ist es unerheblich, ob es sich bei der Unrichtigkeit um einen falsch dargestellten Sachverhalt oder um eine unrichtige Rechtsansicht handelt. Da es auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit durch die Behörde ankommt, ist es weiters unerheblich, ob es sich um eine Rechtsfrage handelt, die eine unterschiedliche Lösung denkbar erscheinen lässt oder nicht. Wesentlich ist, dass für die Behörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte. Der Auffassung, eine "vertretbare Rechtsansicht" könne niemals eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO darstellen, kann nur insoweit zugestimmt werden, als die Vertretbarkeit der Rechtsansicht auch aus der Sicht der Behörde gegeben wäre und es eines Aktes der Rechtsfindung bedürfte, um von zwei oder mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz entsprechende zu erkennen. Bestünde hingegen behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so läge aus der Sicht der Behörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, auch wenn der Abgabepflichtige seine Rechtsansicht - was naheliegend ist - für vertretbar hielte. Auch das Argument, gegen das Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit spreche der Umstand, dass sie wiederholt übersehen werde, ist nicht überzeugend. Das weitgehende ungeprüfte Übernehmen des Inhaltes von Abgabenerklärungen in Abgabenbescheide ist nämlich durchaus nichts Unübliches und kann daher auch mehrmals wiederholt erfolgen. Inwieweit die Behörde dabei gegen Verfahrensvorschriften verstößt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 93/13/0059), ist für die Berichtigungsmöglichkeit unerheblich.

Nach Ritz, BAO, 4. Auflage, Rz 5 zu § 293b BAO, sind bei einem Widerspruch zwischen Angaben in der Abgabenerklärung und der Aktenlage nur die Akten des betreffenden Verfahrens maßgebend (Ritz, RdW 1991, 276); nach Lenneis (FJ 2000, 205) ist § 293 b auch für vor Bescheiderlassung nachgereichte Beilagen anwendbar.

Nach Ritz, BAO, 4. Auflage, Rz 7 zu § 293b BAO, sind offensichtliche Unrichtigkeiten nur dann gemäß § 293b beseitigbar, wenn sie aus Abgabenerklärungen übernommen sind. Eine solche Übernahme liegt vor, wenn die Abgabenbehörde den widersprüchlichen, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmenden Sachverhalt dem Bescheid zugrunde legt, weil sie die Unrichtigkeit mangels entsprechender Prüfung nicht erkennt. Ist der Sachverhalt durchaus denkbar, führt er aber als Folge einer offenbar unrichtigen Rechtsauffassung des Abgabepflichtigen zu einem unrichtigen Ergebnis, so ist § 293b anwendbar, wenn die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung (d.h. die an den Sachverhalt geknüpfte unrichtige Rechtsfolge) nicht wahrnimmt (Missverständnis, Mängel im Denkprozess, fehlende Willensbildung). Keine Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten liegt jedoch vor, wenn die Abgabenbehörde selbst (bewusst) die unrichtige Rechtsauffassung teilt ().

In einkommensteuerrechtlicher Hinsicht gehören Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind, gemäß § 36 Abs. 1 EStG 1988 BGBl. Nr. 400/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003 zu den Einkünften. Sind im Einkommen Sanierungsgewinne enthalten, die durch Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines gerichtlichen Ausgleichs im Sinne der Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleiches (§§ 140ff Konkursordnung) entstanden sind, so gilt § 36 Abs. 2 leg. cit. zufolge für die Berechnung der Steuer Folgendes: 1. Es ist die rechnerische Steuer sowohl einschließlich als auch ausschließlich der Sanierungsgewinne zu ermitteln. 2. Der Unterschiedsbetrag ist mit jenem Betrag anzusetzen, der sich aus der Anwendung des Prozentsatzes des Forderungsnachlasses (100 % abzüglich Ausgleichsquote) ergibt. 3. Das Ergebnis ist von der nach Z 1 ermittelten Steuer einschließlich der Sanierungsgewinne abzuziehen.

Zwischen den Parteien im gegenständlichen Berufungsverfahren steht außer Streit, dass der Wortlaut des § 36 EStG 1988 nicht auf außergerichtliche Ausgleiche abstellt. Gilt die begünstigte Steuerberechnung für "im Einkommen enthaltene Sanierungsgewinne, die durch Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines gerichtlichen Ausgleichs im Sinne der Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleiches (§§ 140ff Konkursordnung) entstanden sind", gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit., so war die Rechtswidrigkeit im gegenständlichen Berufungsfall bereits anhand des Gesetzes, nämlich des Wortlauts der zitierten Bestimmung festzustellen, zumal dieser einen in der Feststellungserklärung ausgewiesenen Schuldnachlass auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleichs nicht erfasst.

Die Unrichtigkeit des mit datierten Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO als Folge der Übernahme von Daten aus der Abgabenerklärung zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides war offensichtlich, weil die steuerliche Vertretung einen Betrag unter der Kennzahl "Gewinne aus einem Schuldnachlass aufgrund eines gerichtlichen Ausgleichs, eines Zwangsausgleichs oder aus anderen Gründen" in der von der XXX Ö. - G. WirtschaftsprüfungsgmbH erstellten Erklärung für das Jahr 2005 angeführt hatte, ohne einen Eintrag in jene KZ. 496 der Abgabenerklärung zu unterlassen, in die bei gerichtlichem Ausgleich oder Zwangsausgleich der Prozentsatz der Ausgleichsquote einzutragen ist.

Die Unrichtigkeit der Eintragung bei der KZ 496 wurde den Vertretern des Finanzamts von Mag. Koss im Zuge der Berufungsverhandlung konzediert. Da die offensichtliche Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung zum maßgeblichen Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen war, also zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO vom übernommen wurde, bestanden an der abgabenbehördlichen Anwendung des § 293 b BAO durch die Aktenlage bedingt keine Bedenken, weil Ritz, BAO, 4. Auflage, Rz 1 zu § 293b BAO zufolge § 293 b leg. cit. eine Handhabe gegen Abgabepflichtigen bieten soll, die darauf hoffen, dass offensichtliche Unrichtigkeiten in ihren Abgabenerklärungen bei der Veranlagung übersehen werden und später mangels verfahrensrechtlicher Handhaben nicht mehr berichtigt werden können. Da die Rechtswidrigkeit bereits anhand des Gesetzes (aus § 36 Abs. 2 EStG 1988) ersichtlich war, sodass es, um dies zu erkennen, weder der Kenntnis diesbezüglicher Judikatur oder Literatur noch sachverhaltsmäßiger weiterer Ermittlungen bedurft hätte, waren die in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend vertretenen Voraussetzungen für das Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Sinn des § 293 b BAO erfüllt.

Dass die Unrichtigkeit ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar gewesen war, bestätigte das nachfolgend zitierte Schreiben des steuerlichen Vertreters Dr. P. Ö. betreffend "die Bw., StNr. 000/0000, Ref.03, Antrag auf außergerichtlichen Schuldnachlass", das dem Finanzamt laut handschriftlichen Vermerk am (!) übergeben wurde:

"Namens unserer obigen Mandantschaft dürfen wir mitteilen, dass in einem außergerichtlichen Entschuldungsverfahren die ... kreditgewährenden Banken ... auf 90, 75 bzw. 60 % ihrer Forderungen verzichtet haben.

Im Rahmen der Schlussbesprechung bei der letzten Betriebsprüfung des Unternehmens, die auch in Anwesenheit von ... HR Dr. P. stattgefunden hat, wurde die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens bestätigt und demzufolge für die, bei Finanzierung des Nachlasses von Finanzamtsschulden notwendige Erfüllungsquote mit dem Durchschnitt der Erfüllungsquote der nachlassgewährenden Banken festgesetzt - somit mit 20 %.

Dies vorausgeschickt, dürfen wir höflichst für einen Teilbetrag des auf obigem Abgabenkonto befindlichen Rückstand von € 726.000 den Antrag stellen, gegen Abschlagszahlungen von 10 % des Betrages, somit € 72.600 spätestens bis - sowie einer weiteren Abschlagszahlung von wieder 10 % oder € 72.600 bis von dem Restbetrag in Höhe von € 580.800,00 entschuldet zu werden."

Vor dem Hintergrund der vorangegangenen rechtlichen Ausführungen waren die Vorbringen der steuerlichen Vertretung im Rechtsmittelverfahren und die als Beweismittel angebotenen Beilagen zur Mail vom nicht dazu geeignet, die Rechtsmeinung der Bw. substantiiert zu begründen, womit der Berufung der Erfolg zu versagen war.

Die Bestimmung des § 206 lit. b BAO, derzufolge "die Abgabenbehörde von der Festsetzung von Abgaben ganz oder teilweise Abstand nehmen kann, soweit im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird.", heißt nichts anderes als dass diese Gesetzesbestimmung rein verwaltungsökonomischen Gründen dient und den Abgabenbehörden die Abgabenfestsetzung in jenen Fällen ersparen soll, in denen bei einem bestimmten Abgabepflichtigen die Abgaben uneinbringlich sind.

Die Ausführungen zur angeführten Erlassmeinung des Bundesministeriums für Finanzen betreffend § 206 BAO können dahin gestellt bleiben, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes/Unabhängigen Finanzsenats Erlässe der Finanzverwaltung allgemein keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen zu begründen vermögen (vgl. für viele das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 97/15/0005; Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats, RV/0343-G/04 vom ). Handelt es sich bei den in der Berufung genannten Einkommensteuerrichtlinien, in welche die genannten Erlässe eingearbeitet wurden, mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle und ergehen erlassmäßige Anweisungen auf der Grundlage von § 206 BAO, so vermögen diese keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen zu begründen; die Richtlinien stellen mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt nicht nur für den Verwaltungsgerichtshof, sondern auch für den Unabhängigen Finanzsenat keine beachtliche Rechtsquelle dar. Wurden mit dem mit datierten Bescheid gemäß § 188 BAO Einkünfte nicht festgesetzt, sondern festgestellt, so fehlten stichhaltige Beweismittel dafür, dass § 206 BAO tatsächlich bei der Erlassung des letztgenannten Bescheides in Anwendung gelangt wäre. Da noch dazu das Finanzamt auch Kenntnis vom außergerichtlichen Entschuldungsverfahren gehabt bzw. Dr. Koss sowohl die Unrichtigkeit der Eintragung bei der KZ 496, als auch die Tatsache, dass der Wortlaut des § 36 EStG 1988 nicht auf außergerichtliche Ausgleiche abstellt, in der Berufungsverhandlung bestätigt hatte, sprachen all diese Sachverhaltselemente für jene Möglichkeit, die die Gewissheit für sich hatte und die andere Möglichkeit absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschloss, also für die mit der Berufung angefochtene Feststellung einer aus der Abgabenerklärung übernommenen Unrichtigkeit bei der Erlassung des Feststellungsbescheides gemäß § 188 BAO vom .

Die abgabenbehördliche Anfrage an den bundesweiten Fachbereich zur verfahrensrechtlichen Möglichkeit des Nichtanerkennens eines Sanierungsgewinns in Zusammenhang mit den Einkommensteuerrichtlinien unter Bezugnahme auf die §§ 36 EStG, "206, 293b und 303 BAO mit den Punkten "Allfälliger Lösungsvorschlag" und den Rechtsvarianten "1.Berichtigung gemäß § 293 b BAO" und "2. Keine Bindungswirkung auf die ESt-Bescheide, Wiederaufnahme der jeweiligen Einkommensteuerverfahren der Gesellschafter" dokumentierte das Interesse des Finanzamts an der Erlassung rechtskonformer Bescheide insofern, als dieses Schreiben auf die Abgabe einer Stellungnahme des bundesweiten Fachbereichs nicht nur zum "Allfälligen Lösungsvorschlag", sondern auch zur Anwendbarkeit der in der Anfrage als bezughabende Norm bezeichneten Paragraphen samt Rz 7268 EStR auf den der Berufung zugrunde gelegenen Sachverhalt gerichtet war. Da der Antwort des Amtsdirektors Regierungsrat Georg Platzgummer vom bundesweiten Fachbereich vom zufolge eine Berichtigung gemäß § 293b BAO aufgrund der Sachverhaltsdarstellung möglich war und sich die steuerliche Vertretung in der Mail vom nicht mit den Ausführungen des für die Bundesabgabenordnung zuständigen Vertreters des bundesweiten Fachbereichs näher auseinandergesetzt hatte, waren die Ausführungen zur abgabenbehördlichen Anfrage an den bundesweiten Fachbereich unter Punkt 1 der Mail vom nicht dazu geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides offen zu legen.

Der vorgelegte Aktenvermerk vom war durch seine Form und Inhalt bedingt ungewöhnlich, weil der Text des Vermerks aus den Daten "9/18/19 Klosterneuburg", "Nußdorferstr. 00", "1090 Wien", "Telef.: 1234 Team 00", "Fax 123456, "Frau P.", "Hr.: Pa" mit den schlagwortartigen Notizen "telefonischer Ergänzungsauftrag zu Steuererklärungen 2005", "Feststellungserklärung und Umsatzsteuererklärung O.K." und "Nur USt-Nachweis senden für USt-Guthaben" besteht, sodass ein Zusammenhang des Telefongesprächs zu einem Entschuldungsverfahren sowohl anhand des Aktenvermerks allein, als auch in Verbindung mit dem in der Berufungsverhandlung thematisierten dreiseitigen Telefax des Dr. Ö. (an das Finanzamt) vom nicht festzustellen war.

Für den Schmierpapiercharakter des zur Anlegung des Vermerks genutzten Fax-Deckblatts sprach die Bestätigung der Sendung der ersten von drei Seiten von der Faxnummer "A.B.; 43 1 0000000001; 12:04 Uhr in der Kopfzeile, weil der Empfänger der Sendung auf dem Blatt nur mit dem Familiennamen S... ohne Angabe des Vornamens, eines Geschlechtshinweises und einer Telefonnummer bezeichnet wurde und der Text aus der Abkürzung "z.H.", der Geschlechtsbezeichnung "Herrn" und dem Familiennamen "F..." bestanden hatte. Einer abgabenbehördlichen Überprüfung des durch die Daten "Von: Elisabeth P...., Firma: A.B. Handelsges.m.b.H, Faxtelefonnummer: 12345, Telefonnummer 43 1 000000001" ausgezeichneten Fax-Absenders führte zu dem Ergebnis, dass der richtige Familienname der Absenderin wahrscheinlich P... lauten dürfte; laut Angaben der steuerlichen Vertretung ist der Empfänger ein Angestellter der XXX Ö. - G. Wirtschaftsprüfungs GmbH & Co KG.

Dieses Fax, das auf dessen ersten Seite Bezug auf das Umsatzsteuerguthaben 2005 nimmt und mit dem Text auf der Seite 2 zu der als Seite 3 übermittelten Rechnung der Firma A.B. HandelsgmbH vom bestätigt, dass "wir Ihnen-wie in Ihrem Telefonat vom gewünscht- zum Umsatzsteuerguthaben 2005 der Bw. eine Rechnung der Firma A.B. HandelsgmbH übermitteln, mit welcher der Bw. Managementgebühr für das Jahr 2005 verrechnet wird.", war bereits Bestandteil des Feststellungsaktes und daher der Finanzverwaltung schon vor der Berufungsverhandlung nicht unbekannt. Da die Rechnung vom die "Berichtigung Abrechnung Managementgebühr 2005" bezweckt hatte, war sie durchaus dazu geeignet, sowohl die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer, als auch die Grundlage für die Feststellung der einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2005 der Höhe nach zu verändern, weshalb beide Beweismittel - der angeblich am angelegte Aktenvermerk und das dreiseitige Telefax vom - ihrem Inhalt nach nicht dazu geeignet waren, den "Sanierungsgewinn" als einen separaten Punkt einer telefonischen Anfrage des Finanzamts am glaubhaft zu machen.

Wenn die Berufung Bezug auf den unter der Rz 7268 der Einkommensteuerrichtlinien abgedruckten Erlass des Bundesministeriums für Finanzen nimmt, der Finanzämtern die Möglichkeit eingeräumt hat, unter gewissen Voraussetzungen auch in Sanierungsfällen im Rahmen eines außergerichtlichen Ausgleichs in einer dem § 36 EStG 1988 nur "vergleichbaren Weise" von der Abgabenfestsetzung Abstand zu nehmen, war eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides anhand der zweifelhaften Behauptung, die Abgabenfestsetzung hätte auf der Bestimmung des § 206 BAO beruht, nicht auszusprechen, weil es sich bei den Einkommensteuerrichtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine für den Verwaltungsgerichtshof/Unabhängiger Finanzsenat beachtliche Rechtsquelle handelt.

Die Amtsvertreterin führt überdies zu Recht aus, dass eine Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung nach § 206 BAO nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der jeweils Beteiligten erfolgen hätte können, nicht aber im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO. Auch aus diesem Grund war eine dennoch erfolgte Eintragung in die Feststellungserklärung offensichtlich unrichtig. Diese offensichtliche unrichtige Eintragung wurde vom Finanzamt in den Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom übernommen.

Wie die obigen Ausführungen zeigen war die Rechtswidrigkeit im gegenständlichen Berufungsverfahren bereits anhand des Gesetzes (§ 36 EStG 1988) ersichtlich, sodass es, um dies zu erkennen, weder der Kenntnis diesbezüglicher Judikatur oder Literatur noch sachverhaltsmäßiger weiterer Ermittlungen bedurft hätte. Die steuerlichen Folgen der Unrichtigkeit waren nicht bloß geringfügig. Die gegenständliche Unrichtigkeit war nicht erst durch Ermittlungen der Betriebsprüfung im Tatsachenbereich hervorgekommen, sondern hat sich bereits aus der Aktenlage ergeben. Liegen Berichtigungen gemäß § 293b BAO im Ermessen, so war bei der Ermessensübung dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen (vgl. z.B. ; ). Ob der Partei ein Verschulden an der Unrichtigkeit der Abgabenerklärung anzulasten war, war für die Ermessensübung grundsätzlich nicht von Bedeutung (vgl. z. B ).

§ 293 b BAO ist auch anwendbar, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit mehrfach übersehen wurde (). Ein allfälliges behördliches Verschulden an der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten spricht nicht gegen die Berichtigung, da ansonsten § 293b BAO nahezu nie anwendbar wäre (vgl. z.B. Ritz, BAO4, § 293b Tz 10). Auf das Ausmaß der Aufmerksamkeit oder Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt der Behörde kommt es für die Anwendbarkeit des § 293b BAO nicht an (vgl. z.B. ).

Auf Grund der obigen Ausführungen ist die Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für 2002 nach § 293 b BAO zu Recht erfolgt, sodass der Berufung der Erfolg zu versagen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 206 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
§ 36 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 206 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Berichtigung
offensichtliche Unrichtigkeit
Sanierungsgewinn
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at