Aussetzung der Vollziehung gem. Art. 244 ZK
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
ZRV/0031-Z1W/06-RS1 | wie ZRV/0295-Z2L/02-RS1 Nach Art. 244 ZK ist die Vollziehung auszusetzen, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Ergibt eine überschlägige Prüfung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ergangenen Entscheidung und sind die von der Bf. vorgebrachten Gründe für einen ihr entstehenden nicht wiedergutzumachenden Schaden ausschließlich auf Umstände zurückzuführen, die nicht unmittelbar durch die angefochtene Entscheidung verursacht werden, so liegen die materiellen Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung nicht vor. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Herrn Bf., vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom , Zl. nnn, betreffend Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK entschieden:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom beantragte Herr Bf., (Bf.), die "Hemmung der Wirksamkeit" des von ihm angefochtenen Bescheides des Zollamtes Wien vom , Zl. ZZZ. Mit diesem Bescheid hatte das Zollamt Wien dem Bf. nach dem Bezug von unversteuerten Tabakwaren aus den Kanarischen Inseln Abgaben in der Höhe von insgesamt € 23,86 zur Entrichtung vorgeschrieben.
Das Zollamt Wien wies diesen Antrag gemäß Artikel 244 Zollkodex (ZK) iVm Artikel 245 ZK und § 212a BAO mit Bescheid vom , Zl. zzz, als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Eingabe vom den Rechtsbehelf der Berufung und machte geltend, bei einem frei verfügbaren Einkommen von mtl. € 83,00 sei der Eintritt eines unersetzbaren Schadens für ihn absolut anzunehmen.
Diese Berufung wies das Zollamt Wien mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. nnn, als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß Artikel 244 ZK wird durch die Einlegung des Rechtsbehelfs die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt. Die Zollbehörden setzen jedoch die Vollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert werden, wenn eine derartige Forderung auf Grund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte.
Gemäß Art. 245 ZK werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten erlassen.
Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Zl. 2004/16/0047) ist ungeachtet der mittlerweile erfolgten Erledigung der maßgeblichen Verfahren in den Hauptsachen in den betreffenden Aussetzungsverfahren in der Sache zu entscheiden. Es ist daher auch im gegenständlichen Verfahren eine solche Sachentscheidung erforderlich, obwohl der Unabhängige Finanzsenat über die Beschwerde in der Hauptsache mit Berufungsentscheidung vom , GZ. ZRV/0030-Z1W/06, entschieden hat.
Die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung sind an Hand der Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag durch die Behörde erster Instanz zu prüfen, wobei die Aussichten der Berufung an Hand des Berufungsvorbringens zu würdigen sind (vgl. Zl. 98/16/0296).
Nach Art. 244 ZK ist die Vollziehung auszusetzen, wenn entweder begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Liegen beide Voraussetzungen nicht vor, kommt eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht.
Bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK handelt es sich, wie bei der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO um eine begünstigende Bestimmung. Der Abgabepflichtige hat daher aus eigener Überzeugung darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. Zl. 98/17/0227).
In dem für das gegenständliche Aussetzungsverfahren entscheidungsrelevanten Zeitpunkt stand an Hand der Aktenlage und der geständigen Verantwortung des Bf. fest, dass dieser per Post Tabakerzeugnisse aus den Kanarischen Inseln bezogen hatte, ohne die darauf lastenden Abgaben (Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer) zu entrichten.
Angesichts dieser Umstände konnte die Abgabenbehörde erster Instanz bei der im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nur überschlagsmäßig zu erfolgenden Bewertung der Sach- und Rechtslage davon ausgehen, dass für den Bf. hinsichtlich der streitgegenständlichen Mengen an Rauchwaren tatsächlich die Abgabenschuld entstanden ist und somit keine begründeten Zweifel im Sinne des Artikels 244 ZK vorlagen.
Der Bf. ist darüber hinaus hinsichtlich des behaupteten unersetzbaren Schadens (der ebenso Tatbestandsmerkmal für die Anwendung der begehrten Aussetzung ist) nicht der ihm obliegenden erhöhten Mitwirkungspflicht nachgekommen, die sich aus der o.a. Rechtsprechung ableiten lässt. Das Zollamt Wien hat in der angefochtenen Berufungsvorentscheidung (die insofern als Vorhalt gilt) festgestellt, dass dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden nur dann entstehen könnte, wenn die Vollziehung zu einem nicht wieder gutzumachenden Schaden führen würde, oder gar die wirtschaftliche Existenz des Beteiligten zu vernichten drohe. Bei der Vollziehung einer Abgabenschuld in der Höhe von € 23,86 könne von keinem unersetzbaren Schaden gesprochen werden.
Damit hat das Zollamt Wien zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigende Gefahr eines unersetzbaren Schadens durch die angefochtene Entscheidung verursacht werden muss. Daraus folgt, dass eine angefochtene Entscheidung für diese Schäden aber keine Rolle mehr spielt, wenn die Schäden auch ohne die angefochtene Entscheidung eintreten können.
Angesichts der Tatsache, dass der Bf. erkennen konnte, dass die Zollbehörde u.a. auch im Hinblick auf die geringe Höhe des aushaftenden Abgabenbetrages das Vorliegen eines unersetzbaren Schadens in Abrede stellte, war es ihm zumutbar, konkrete Nachweise dafür vorzulegen, dass im Streitfall diese Voraussetzungen doch erfüllt werden.
Der Bf. beschränkt sich aber in seiner Beschwerdeschrift auf die (beweislos vorgebrachte) Behauptung, dass der Abgabenbetrag 28 % seines "zum Leben verbleibenden Einkommens" ausmache. Rückschlüsse auf seine tatsächliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse bzw. eine Bewertung seiner gesamten wirtschaftlichen Situation lassen diese vagen und durch keinerlei Belege dokumentierten Angaben freilich nicht zu. Die Beweisführung dafür, dass die angefochtene Entscheidung kausal für den behaupteten unersetzbaren Schaden ist, ist dem Bf. damit nicht gelungen. Seine Angaben waren daher als Grundlage für die Gewährung der begehrten Aussetzung völlig ungeeignet.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass seitens der Abgabenbehörde erster Instanz die Frage, ob im vorliegenden Fall durch die begehrte Aussetzung der Vollziehung der Eintritt eines unersetzbaren Schadens für die Bf. verhindert werden hätte können, nach der Aktenlage zu verneinen war. Da aber - wie oben ausgeführt - auch die zweite in Art. 244 ZK normierte Voraussetzung, nämlich das Vorliegen begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, nicht erfüllt war, hat das Zollamt Wien den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 244 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Aussetzung der Vollziehung unersetzbarer Schaden erhöhte Mitwirkungspflicht |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at