Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid für die Grunderwerbsteuer
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0017 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X GmbH, Adr., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Grunderwerbsteuer wird gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 mit 3,5 % vom Zweifachen des Einheitswertes (683.800,00 €) in Höhe von 23.933,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Mit Einbringungsvertrag vom bringt Herr MX sein Einzelunternehmen mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen nach Grundlage der Bilanz zum unter Fortführung der steuerlich maßgebenden Buchwerte in die X GmbH (in der Folge auch Berufungswerberin genannt) ein. Für die Einbringung werden die abgabenrechtlichen Begünstigungen des Art. III Umgründungssteuergesetz in Anspruch genommen. Als Einbringungsstichtag wird der festgelegt, mit Ablauf des Einbringungsstichtages geht das Einzelunternehmen mit allen übertragenen Rechten und Pflichten auf die X GmbH über. U.a. werden in Erfüllung dieser Einbringungsverpflichtung die in der Bilanz zum als bebaute Grundstücke und Bauten auf fremden Grund bezeichnete Sacheinlage, bestehend aus Neubau Keller, Betriebs- und Wirtschaftsgebäude und Weingartenanlagen im Gesamtbuchwert von 39,541.025,00 S samt dem unter den Gebäuden befindlichen, in der Natur einvernehmlich festgelegten Grundanteil, in die X GmbH übertragen. Herr MX verpflichtet sich, nach Vorliegen des Lageplans über die Vermessung der bebauten Liegenschaft eine grundbuchsfähige Aufsandungserklärung zur Abschreibung des vermessenen Grundstückes aus den Liegenschaften EZ 1 und EZ 2, Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage für dieses Grundstück und Eintragung des Eigentumsrechtes für die X GmbH zu unterfertigen. Für den Weinbaubetrieb (EZ 1 ua) wurde vom Lagefinanzamt mit Bescheid vom , EW-AZ a-1-b, ein Einheitswert zum in Höhe von 637.000,00 S (d. s. 46.292,60 €) festgestellt Nach Vorliegen des Lageplans des D.I. SV vom und nach Änderung der Grenzen zwischen den Liegenschaften EZ 1 und EZ 2 hat nunmehr das einvernehmlich festgelegte, von Herrn MX in die X GmbH eingebrachte, im Lageplan als 3 bezeichnete Grundstück ein Ausmaß von 5.310 m² und ist einkommend in EZ 1 . Mit Aufsandungserklärung vom erteilt Herr MX seine Einwilligung dazu, dass aus EZ 1 das im Lageplan mit 3 bezeichnete Grundstück abgeschrieben, hiefür eine neue Grundbuchseinlage eröffnet und hierauf das Eigentumsrecht für die X GmbH einverleibt werden kann.
Auf Grund eines Auskunftsersuchens teilte das Lagefinanzamt mit, dass für das neu vermessene, unbebaute Grundstück (EZ 1 teilw.) mit Bescheid vom , EW-AZ a -2-c, zum ein erhöhter Einheitswert, von 4.900,00 € festgestellt wurde.
Der Weinkeller wurde vom Lagefinanzamt als Superädifikat mit Bescheid vom , EW-AZ a -2-d, zum mit einem erhöhten Einheitswert von 337.000,00 € bewertet.
Das Finanzamt schrieb der X GmbH mit Bescheid vom für den ggst. Rechtsvorgang die Grunderwerbsteuer in Höhe von 26.830,48 € vor, ausgehend vom zweifachen Einheitswert, berechnet aus der Summe der Einheitswerte von 46.292,60 € und 337.000,00 € als Bemessungsgrundlage.
Gegen diesen Bescheid erhob die Berufungswerberin die Berufung mit der Begründung, dass im Einheitswert von 46.292,60 € der gesamte landwirtschaftliche Besitz des Herrn MX bewertet sei. Im Einbringungsvertrag sei aber ausdrücklich festgehalten, dass mit Ausnahme des unter dem Weinkeller befindlichen Grundanteils keine Liegenschaften in die X GmbH eingebracht werden. Somit wäre für das Grundstück richtigerweise ein erhöhter Einheitswert von 4.900,00 € in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen gewesen. Als Nachtrag zur Berufung wurde dem Finanzamt der Bescheid des Lagefinanzamtes vom , EW-AZ a -2-e, über die Bewertung des Betriebsgrundstückes der Berufungswerberin zum als Geschäftsgrundstück mit Weinkeller und Grundstück Nr. 3 mit einem erhöhten Einheitswert von 328.500,00 € vorgelegt. Gleichzeitig wurde in Abänderung des bisherigen Vorbringens beantragt, die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen dieses Einheitswertes zu berechnen, da Weingartenanlage samt Grundanteil als Einheit eingebracht worden seien.
Außerdem legte die Berufungswerberin auf Grund eines Ergänzungsersuchens die erste Bilanz nach dem Einbringungsstichtag zum sowie die Anlagenverzeichnisse für die Weingartenanlagen und für den Grund und Boden vor.
Das Finanzamt gab der Berufung mit vorläufiger Berufungsvorentscheidung vom gemäß § 200 Abs. 1 BAO statt. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer wurde das Zweifache des Einheitswertes von 328.500,00 € herangezogen. Die Vorläufigkeit des Bescheides ergebe sich durch die offene Bewertung der eingebrachten Weingartenanlagen (Weinstöcke).
Daraufhin stellte die Berufungswerberin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, änderte nochmals ihr Vorbringen und beantragte zuletzt, dass weder der Einheitswert zum von 337.000,00 € noch der Einheitswert zum von 328.500,00 €, sondern der Einheitswert zum von 46.292,60 € der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu Grunde zu legen sei. Der zuletzt genannte Einheitswert zum sei zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung bereits festgesetzt gewesen und stelle jenen Einheitswert dar, der dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangen sei. Für landwirtschaftliche Betriebe würden die Grundsätze der Bewertung nach Ertragswerten gelten, wobei Betriebsgebäude, Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonderkulturen wie Weingartenanlagen nicht gesondert angesetzt würden, sondern im gesamten Ertragswert enthalten seien. Gemäß § 32 Abs. 1 und 4 BewG seien Einheitswerte für Betriebsgebäude und Weingartenanlagen nicht gesondert zu bewerten. Mit dem Ansatz des landwirtschaftlichen Einheitswertes seien daher alle grunderwerbsteuerlichen Vorgänge erfasst. Es werde beantragt das Zweifache des Einheitswertes zum der eingebrachten Liegenschaft als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Der Einheitswert zum von 337.000,00 €, festgesetzt vom Lagefinanzamt mit Bescheid vom , betreffe das durch die Einbringung entstandene Betriebsgrundstück (Weinkeller). Das Finanzamt sei dem Ersuchen um Bemessung mit dem zweifachen Einheitswert lt. Einbringungsvertrag vom erst mit dem Grunderwerbsteuerbescheid vom , nach Erlassung des Einheitswertbescheides für das Betriebsgrundstück (Weinkeller), nachgekommen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 4 UmgrStG idF vor BGBl. I 2003/71 ist für auf Grund einer Einbringung iSd § 12 UmgrStG verwirklichte Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des GrEStG die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen. Da § 22 Abs. 4 UmgrStG nicht zwischen Einbringungsvorgängen mit und solchen ohne Gegenleistung differenziert und diese Norm als lex specialis zu den Bestimmungen des GrEStG anzusehen ist, bemisst sich die Grunderwerbsteuer für alle Einbringungsvorgänge gemäß § 12 UmgrStG, die einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 oder § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 erfüllen, vom Zweifachen des Einheitswertes (vgl. ).
Über die wirtschaftlichen Einheiten im Sinne des § 19 BewG und damit über die Einheitswerte haben die Lagefinanzämter in einer auch für Grunderwerbsteuerzwecke bindenden Weise nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 abzusprechen (). Der Feststellungsbescheid über den Einheitswert ist verfahrensrechtlich als Grundlagenbescheid anzusehen. Einheitswertbescheide sind gemäß § 192 BAO als Feststellungsbescheide für Abgabenbescheide bindend. Die abzuleitenden Bescheide haben demnach nicht nur von den verbindlich festgestellten Wertgrößen, sondern auch von der Feststellung über die Art des Gegenstandes und über die Zurechnungsträger auszugehen. Die im Einheitswertbescheid getroffenen Feststellungen erwachsen mit Wirkung für den abgeleiteten Bescheid in Rechtskraft. Nach § 252 BAO kann ein Abgabenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, die im Feststellungsbescheid (Einheitswertbescheid) getroffenen Entscheidungen seien unzutreffend. Eine Berufung gegen einen Steuerbescheid, deren Einwendungen sich allein gegen die Einheitswertfeststellung richten, ist demnach als unbegründet abzuweisen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Rz 4 und 4a zu § 6 GrEStG 1987).
Im vorliegenden Berufungsfall ist unstrittig, dass es sich um eine Einbringung iSd § 12 UmgrStG handelt und dass eine Bindungswirkung an die vom Lagefinanzamt getroffenen Feststellungen über den Einheitswert besteht. Strittig im vorliegenden Fall ist lediglich, welcher Bewertungsstichtag und welcher sich daraus ergebende Einheitswert der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu Grunde gelegt wird.
Im ggst. Einbringungsvertrag vereinbarten die Vertragsparteien, dass mit Ablauf des Einbringungsstichtages (somit am ) das Einzelunternehmen mit allen übertragenen Rechten und Pflichten auf die GmbH übergeht.
In Anbetracht der erkennbaren Zielsetzung der Einheitswertfeststellung, ab dem Feststellungszeitpunkt Wirkung zu entfalten, ist von einem "dem Entstehen der Steuerschuld vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt" auch dann zu sprechen, wenn die Steuerschuld gleichzeitig mit dem Wirksamwerden des neuen Einheitswertes entsteht (vgl. ).
Nach § 8 Abs. 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.
Zum Bewertungsstichtag wurde vom Lagefinanzamt für das unbebaute Grundstück ein erhöhter Einheitswert von 4.900,00 € und für den Weinkeller als Superädifikat ein erhöhter Einheitswert von 337.000,00 € festgestellt. Der Bewertungsstichtag liegt zeitlich unmittelbar vor der Verwirklichung des gegenständlichen Erwerbsvorganges, sodass aufgrund der im Grunderwerbsteuerverfahren bestehenden Bindungswirkung von den für das eingebrachte Grundstück und den Weinkeller zu diesem Stichtag festgestellten Einheitswerte von insgesamt 341.900,00 € auszugehen ist. Für die Bindungswirkung kommt es nicht darauf an, ob der Einheitswertbescheid (betreffend den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorangehenden Feststellungszeitpunkt) vor der Festsetzung der Grunderwerbsteuer erlassen wurde. Bei Feststellungsbescheiden die erst nach Ergehen des Grunderwerbsteuerbescheides erlassen werden, ist dem geänderten Einheitswert nachträglich gemäß § 295 BAO Rechnung zu tragen. Die Berufungsbehörde hat von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen, weshalb bereits bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung betreffend Grunderwerbsteuer die zwischenzeitig in den Einheitswertverfahren erfolgten Feststellungen (betreffend Feststellungszeitpunkte, die dem Erwerbsvorgang vorangehen) zu berücksichtigen sind. Es ist daher bei der gegenständlichen Entscheidung von dem zum festgestellten Einheitswert in Höhe von insgesamt 341.900,00 € auszugehen, dessen zweifacher Wert (= 683.800,00 €) auf Grund der Sonderbestimmung des § 22 Abs. 4 UmgrStG aF als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen ist.
Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Berufung wie im Spruch zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 22 Abs. 4 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Einbringung zweifacher Einheitswert Bewertungsstichtag Bindungswirkung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at