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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.09.2013, RV/3316-W/12

Rechtskräftige Bestrafung wegen Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG als Tatbestandsvoraussetzung des § 11 BAO.


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Miterledigte GZ:
RV/3315-W/12

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des K.K., Adresse1, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte, 1010 Wien, Opernring 8, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom betreffend Haftung gemäß § 11 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) als Haftungspflichtiger gemäß § 11 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Fa. E-GmbH, Firmenbuchnummer XY, im Ausmaß von € 33.202,17 in Anspruch genommen, und zwar hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Lohnsteuer
2009
10.700,15
Lohnsteuer
01-07/2010
10.700,15
Dienstgeberbeitrag
2009
5.431,22
Dienstgeberbeitrag
01-07/2010
5.431,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2009
456,67
01-07/2010
01-07/2010
482,76
Summe:
33.202,17

Zur Begründung wurde neben Zitieren der maßgeblichen Gesetzesbestimmung ausgeführt, der Bw. sei am als Geschäftsführer der Fa. E-GmbH mit Erkenntnis des Finanzamtes Wien 1/23 zu einer Zusatzgeldstrafe in Höhe von € 2.800,00 verurteilt worden, da er vorsätzlich Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag jeweils für die Monate 01-12/2009 und 01-07/2010 nicht spätestens am 5. Tag nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet bzw. gemeldet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.

Im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO sei im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass die haftungsverfangenen Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könnten, weil das mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom über das Vermögen der Fa. E-GmbH eröffnete Konkursverfahren nach Verteilung an die Massegläubiger am aufgehoben worden wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Berufung des Bw. vom , eingebracht durch die steuerliche Vertretung, welche sich sowohl gegen den zugrunde liegenden Haftungsbescheid als auch gemäß § 248 BAO gegen die die Basis des Haftungsbescheides bildenden Abgabenbescheide richtet.

In der Berufung gegen den Haftungsbescheid wird vorgebracht, dass selbst dann, wenn sich nach Überprüfung der Abgabenbescheide ein Rückstand ergeben sollte, keine Haftung des Bw. bestehen würde.

Wie die Erstbehörde ausgeführt habe, würden nach § 11 BAO bei vorsätzlichen Finanzvergehen rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte, wenn sie nicht selbst Abgabepflichtige sind, für den Betrag haften, um den die Abgaben verkürzt wurden.

Im gegenständlichen Fall sei die Verurteilung erfolgt, da die im Haftungsbescheid genannten Abgaben nicht spätestens am 5. Tag nach eingetretener Fälligkeit entrichtet bzw. gemeldet worden seien. Eine Haftung trete jedoch nur in dem Ausmaß ein, in dem die Abgaben tatsächlich durch die Begehung der strafbaren Handlungen verkürzt worden seien. Gegenständlich sei ein Meldevergehen bestraft worden. Dass auch tatsächlich eine Verkürzung der Abgaben durch dieses eingetreten sei, sei bis dato weder im Strafverfahren, noch im Haftungsbescheid festgestellt worden.

Die Primärschuldnerin sei mangels liquider Mittel zu dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt nicht in der Lage gewesen, die fälligen Abgaben zu bezahlen. Durch die reine Unterlassung der Meldung der Abgaben sei somit keine Abgabenverkürzung erfolgt, da auch bei erfolgter Meldung eine Bezahlung nicht möglich gewesen wäre.

Die Behörde werde also zunächst im Rahmen ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes zu erforschen haben, ob, und wenn ja, in welchem Ausmaß, Abgaben tatsächlich verkürzt worden seien.

Zudem habe der Bw. in seiner Funktion als Geschäftsführer der Primärschuldnerin jegliche Vorkehrungen getroffen, um Fehler in der Berechnung der Selbstbemessungsabgaben zu verhindern. Selbst wenn dies aufgrund der Haftungsbestimmung des § 11 BAO nicht von der Haftung befreien sollte, wäre dies jedenfalls in billigem Ermessen der Behörde zu berücksichtigen und der Haftungsbetrag dementsprechend zu mindern.

Es werde daher beantragt, den Haftungsbescheid aufzuheben bzw. in eventu den Haftungsbetrag gemäß billigem Ermessen zu reduzieren.

Mit gesondertem Schreiben vom brachte der Bw. selbst ebenfalls eine Berufung gegen den Haftungsbescheid ein, welche als Ergänzung zum Berufungsvorbringen seines berufsmäßigen Parteienvertreters angesehen wird.

Der Bw. bringt vor, gemäß § 11 BAO würden rechtskräftig verurteilte Täter haften. Das Erkenntnis des UFS, mit welchem der Bw. wegen Finanzordnungswidrigkeit verurteilt worden sei, sei zwar keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr zugängig und damit formell in Rechtskraft erwachsen. Gegen dieses Erkenntnis sei jedoch inzwischen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden. Dieses habe berechtigte Chancen auf Erfolg. In diesem Fall würde der VwGH wieder aufheben und das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung gemäß § 11 BAO wäre daher nicht mehr gegeben.

Im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO wäre dies im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, sodass jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt vom Verfahrensstand die Erlassung eines Haftungsbescheides nicht gerechtfertigt sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen und bei vorsätzlicher Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden haften rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.

Die Haftung gemäß § 11 BAO setzt eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes im verwaltungsbehördlichen bzw. gerichtlichen Finanzstrafverfahren voraus (vgl. ).

Die Haftungsinanspruchnahme darf keinen höheren Verkürzungsbetrag umfassen, als der im Spruch des Strafurteils festgestellte ().

Im gegenständlichen Fall wurde der Bw. mit Erkenntnis des Spruchsenates vom , SpS, des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, weil er vorsätzlich, als verantwortlicher Geschäftsführer der Fa. E-GmbH Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nämlich Lohnsteuer 1-12/2009 in Höhe von € 10.700,15, Lohnsteuer 1-7/2010 in Höhe von € 10.700,15, Dienstgeberbeiträge 1-12/2009 in Höhe von € 5.431,22, Dienstgeberbeiträge 1-7/2010 in Höhe von € 5.431,22, Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 1-12/2009 in Höhe von € 456,67 und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 1-7/2010 in Höhe von € 482,76 (gesamt: € 33.202,27) nicht spätestens am 5. Tag nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet bzw. gemeldet und hiermit das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe. Über den Bw. wurde deswegen gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG, unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Finanzamtes F. zu Strafnummer XYX, eine Zusatzgeldstrafe in der Höhe von € 2.800,00 und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen verhängt.

Entgegen den Berufungsausführungen des Bw. ist dieses Erkenntnis in Rechtskraft erwachsen. Die Berufungsbehauptung des Bw., er sei durch ein Erkenntnis des UFS, gegen welches zwar kein ordentliches Rechtsmittel mehr möglich und welches somit formeller Rechtskraft erwachsen sei, wegen der Finanzordnungswidrigkeit verurteilt worden und er habe inzwischen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, welche berechtigte Erfolgschancen habe, kann anhand der Aktenlage nicht nachvollzogen werden. Aus dem Strafakt der Finanzstrafbehörde erster Instanz ist keine Berufung gegen das zugrunde liegende Erkenntnis des Spruchsenates ersichtlich und eine solche wurde auch nicht beim Unabhängigen Finanzsenat eingebracht bzw. diesem vorgelegt. Aus der verkürzten Ausfertigung des Erkenntnisses des Spruchsenates gemäß § 141 Abs. 3 FinStrG ist ableitbar, dass gegen das mündlich verkündete Erkenntnis des Spruchsenates vom Bw. keine Berufung angemeldet wurde (Hinweis auf § 150 Abs. 4 FinStrG).

Es kann daher zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass das dem gegenständlichen Haftungsbescheid zugrunde liegende Erkenntnis des Spruchsenates in Rechtskraft erwachsen ist.

Mit seiner Berufung gegen die zugrunde liegenden Abgabenbescheide ist der Bw. auf das gesondert zu führende Berufungsverfahren gemäß § 248 BAO zu verweisen. Geht nämlich einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und sie hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Bescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Für den Fall, dass sowohl der Haftungsbescheid als auch der zugrunde liegende Abgabenbescheid angefochten wurden, ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil sich aus der Haftungsinanspruchnahme des Bw. erst seine Legitimation für das Berufungsverfahren gemäß § 248 BAO ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt.

Wenn der Bw. mit der gegenständlichen Berufung einwendet, eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG stelle kein vorsätzliches Finanzvergehen, mit den Abgaben im Sinne des § 11 BAO verkürzt wurden, dar, so kann diese Rechtsmeinung keinesfalls geteilt werden. Der Bw. wurde rechtskräftig verurteilt, vorsätzlich die im Haftungsbescheid genannten Lohnabgaben nicht spätestens bis zum 5. Tag nach deren jeweiliger Fälligkeit entrichtet zu haben. Durch die Nichtentrichtung dieser Selbstbemessungsabgaben ist zweifelsfrei eine Verkürzung dieser Lohnabgaben eingetreten.

Dazu wird auch aus dem BAO-Kommentar Ritz, 4. überarbeitete Auflage, Rz 2 zu § 11 verwiesen, aus welcher zweifelsfrei hervorgeht, dass auch eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ein vorsätzliches Finanzvergehen im Sinne der Haftungsbestimmung des § 11 BAO darstellt.

Wenn der Bw. vorbringt, die Primärschuldnerin sei mangels liquider Mittel zu dem jeweiligen Fälligkeitstag nicht in der Lage gewesen, die fälligen Abgaben zu bezahlen und durch eine reine Unterlassung der Meldung der Abgabe sei keine Abgabenverkürzung erfolgt, da auch bei erfolgter Meldung eine Bezahlung nicht möglich gewesen wäre, so handelt es sich dabei um Einwendungen, die im zugrunde liegenden Finanzstrafverfahren vorzubringen gewesen wären und nicht im gegenständlichen Haftungsverfahren, in dem die Abgabenbehörde an die rechtskräftige Strafentscheidung gebunden war.

Wie im angefochtenen Haftungsbescheid zutreffend ausgeführt, war im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 20 BAO im gegenständlichen Fall maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin nach Aufhebung des Konkurses mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , GZ., und nach der am erfolgten amtswegigen Löschung der Fa. E-GmbH im Firmenbuch nicht möglich ist.

Der Haftungsbestimmung des § 11 BAO liegt der gesetzgeberische Wille zugrunde, dass derjenige, der eine widerrechtliche Handlung gesetzt hat, auch für die vermögensrechtlichen Folgen seines Handelns einzustehen hat. Es ist daher im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) zweifelsfrei der Vorzug zu geben gegenüber dem Interesse des Bw., nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung).

Wenn der Bw. zum Ermessen vorbringt, er habe in seiner Funktion als Geschäftsführer der Primärschuldnerin jegliche Vorkehrungen getroffen, um fehlende Berechnungen zu Selbstbemessungsabgaben zu verhindern und dies wäre jedenfalls bei der Ermessensübung zu berücksichtigen und der Haftungsbetrag dementsprechend zu mindern, so ist ihm dazu entgegen zu halten, dass es sich dabei um einen das Verschulden betreffenden Einwand handelt, welcher ebenfalls im Finanzstrafverfahren vorgebracht hätte werden können, der ihm jedoch nicht im Rahmen der Ermessensübung bei Ausspruch einer Haftung gemäß § 11 BAO zu Gute kommen kann.

Aus dem Charakter, dass die Haftung gemäß § 11 BAO eine Schadensersatzhaftung für eine widerrechtliche Handlung darstellt und aufgrund des Umstandes, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind, kann seitens des Unabhängigen Finanzsenates kein Ermessensfehler darin erblickt werden, dass der Bw. im vollen Betrag der aushaftenden Lohnabgaben zur Haftung herangezogen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at