Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSS vom 03.07.2013, RV/0453-S/11

Ein zusätzlicher Einbau einer Solaranlage verändert nicht die Wesensart eines Betriebsgebäudes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Gabriele Soini-Wolf und die weiteren Mitglieder Dr. Bruno Hübscher, Mag. Gottfried Warter und Mag. Peter Lederer im Beisein der Schriftführerin Roswitha Riefler über die Berufung der Bw, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsges.m.b.H., 5020 Salzburg, St.-Julien-Str. 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch Mag. Peter Staudinger, vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2009 nach der am in 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (kurz: Bw) betreibt einen Gastwirtschafts- und Hotelbetrieb in Form eines Einzelunternehmens.

Am setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 2009 mit einem Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 68.916,01 zunächst erklärungsgemäß fest.

In der Folge fand eine Nachschau gemäß § 144 BAO bei der Bw statt. Der Prüfer traf dabei folgende Feststellungen:

"Tz. 1 Instandhaltungskosten 2009

Aktivierung der Solaranlage

Die im Rahmen der Generalsanierung der Heizungsanlage im Jahr 2009 errichtete Solaranlage stellt nach Auffassung der Bp. in Übereinstimmung mit dem ESt-Fachbereich des FA Salzburg-Land (Stellungnahme vom ) Herstellungsaufwand dar, der als Gebäudebestandteil auf die Restnutzungsdauer verteilt abzuschreiben ist. Somit ist hinsichtlich der im Rahmen des Jahresabschlusses 2009 beanspruchten Instandhaltungskosten (Sachkonto 7207) in Höhe von EUR 109.324,24 wie folgt vorzugehen:

Aus dem genannten Betrag wird ein Teilbetrag von EUR 29.000,00 (entspricht dem im KV der Fa. X vom genannten Investitionsvolumen für die Solaranlage) ausgeschieden und als Herstellungsaufwand auf das Gebäude aktiviert. Als Nutzungsdauer wird - wie oben erwähnt - die Restnutzungsdauer des Gebäudes herangezogen, welche 22 Jahre beträgt und somit ab 2010 der AfA zugrunde zu legen ist.

Dementsprechend verringert sich der Instandhaltungsaufwand für 2009 auf EUR 80.324,24 und ist der Einkommensteuer-Bescheid zu ändern. Allfällige weitere Aufwendungen in Zusammenhang mit der Heizungssanierung im Jahr 2010 bleiben davon unberührt und können demzufolge sofort als Betriebsausgabe abgesetzt werden."

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht des Prüfers und hob den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 299 BAO auf und erließ am gleichen Tag eine neue Sachentscheidung (Einkommensteuerbescheid vom ).

Im Dezember 2010 wurde von der Bw der Antrag gestellt, diesen Einkommensteuerbescheid gemäß § 299 BAO aufzuheben. Der Spruch des Bescheides sei nicht richtig, da der Verlust aus Gewerbebetrieb mit einem Betrag von € 39.916,01 zu niedrig sei. In der Steuererklärung wurde ein Verlust aus Gewerbebetrieb von € 68.916,01 erklärt, im Zuge einer Nachschau wurden die Aufwendungen für die Solaranlage in Höhe von € 29.000,00 als Herstellungsaufwand aktiviert. Nach den EStR liegt Herstellungsaufwand vor, wenn die Aufwendungen baulichen Maßnahmen dienen, durch die die Wesensart des Gebäudes geändert wird. Im konkreten Fall sei nicht die Wesensart des Gebäudes, sondern nur die Beheizungsart geändert worden. Die Heizung sei ein unselbständiger Gebäudebestandteil (Hinweis UFS RV/0390-G/05) und der Austausch unselbständiger Gebäudebestandteile führe zu keiner Wesensartänderung des Gebäudes. Ein fiktiver Erwerber des Hotelgebäudes würde die Solaranlage bei der Kaufpreisfindung nicht eigenständig bewerten, da die Heizung als ein Gebäudebestandteil anzusehen sei und daher kein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Antrag gemäß § 299 BAO unter Hinweis auf den Nachschaubericht abgewiesen.

Fristgerecht wurde dagegen Berufung erhoben und gleichzeitig der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den gesamten Senat entscheiden zu lassen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt: Der steuerliche Vertreter wies darauf hin, dass nur der Brenner, der Öltank und der Warmwasserspeicher ausgetauscht und entsorgt wurden. Das Rohrsystem und die Heizkörper blieben unverändert. Aus dem Anlageverzeichnis ist zu entnehmen, dass es 1969 bis 1994 An- und Zubauten gab, im Jahre 1999 kam es noch zu einem Saalumbau.

Vom Vertreter der Amtspartei wurde vorgebracht, dass es zu einer wesentlichen Kapazitätserweiterung der Heizungsanlage gekommen sei und die gesonderte Darstellung im Kostenvoranschlag ein Indiz dafür sei, dass der Solaranlage eine gewisse Selbständigkeit im Rahmen der Heizungsanlage zukommen würde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im gegenständlichen Fall wurde die bestehende Zentralheizungsanlage saniert und erneuert. Die bestehende Ölheizung wurde durch eine moderne Gasheizung in Kombination mit einer Solaranlage ersetzt. Die neue Anlage dient - ebenso wie die alte - als Heizung und der Warmwasseraufbereitung.

Die Sanierung der Heizungsanlage im Streitjahr steht in keinem Zusammenhang mit einer Erweiterung oder einem Zubau des Betriebsgebäudes. Der letzte Umbau fand 1999 statt (Saalumbau).

Es wurden weder Heizkörper noch Leitungen verändert oder neu installiert.

§ 299 BAO hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

Strittig ist nun, ob dieser Aufwand für die Solaranlage infolge Änderung der Wesensart des Gebäudes einen aktivierungspflichtigen und nur im Wege der AfA zu berücksichtigenden Herstellungsaufwand (so die Amtspartei) oder sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand (so die Bw) darstellt.

Der UFS hat in der Berufungsentscheidung vom , RV/0729-L/09, nachstehende Rechtsansicht vertreten:

"Die Aktivierung von Herstellungskosten dient dazu, einen Herstellungsvorgang gewinnneutral zu halten (). Herstellung liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut erstmals geschaffen wird bzw. auch dann, wenn durch auf Werterhöhung gerichtete Maßnahmen auf ein bestehendes Wirtschaftsgut dessen Wesensart geändert wird; das ist insbesondere gegeben, wenn die Maßnahme zur Erweiterung oder zur über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führt.

Bei einem Herstellungsaufwand wird somit die Wesensart des Gebäudes verändert, dh. dieses wird erweitert oder gegenüber seinem bisherigen Zustand wesentlich verbessert, was insbesondere bei der Aufstockung eines Gebäudes, dem Zusammenlegen von Wohnungen, dem erstmaligen Einbau von Zentralheizungen, Aufzugsanlagen etc, dem Versetzen von Zwischenwänden, dem Einbau von Badezimmern und WC (Kategorieanhebung) oder dem Einbau von Gebäudeteilen an anderen Stellen (zB. Versetzen von Türen und Fenstern) der Fall ist (Lenneis in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, MSA EStG [], § 28 Anm 32). Im außerbetrieblichen Bereich gelten dafür die gleichen Grundsätze wie im betrieblichen Bereich (Doralt, EStG9, § 28 Tz 136).

Somit besteht Parallelität zwischen den Herstellungskosten iSd. EStG 1988 (die als solche dort jedoch nicht explizit definiert sind) und jenen nach Unternehmensrecht gemäß § 203 Abs. 3 UGB. Allerdings sind nach § 4 Abs. 7 (für den betrieblichen Bereich) bzw. § 28 Abs. 2 (für den außerbetrieblichen Bereich) EStG 1988 Instandsetzungsaufwendungen, also Aufwendungen, die - bei (grundsätzlicher) Beibehaltung der Wesensart des Wirtschaftsgutes - "den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern", Erhaltungsaufwendungen und zählen somit nicht zu den Herstellungskosten. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass im Geltungsbereich des EStG 1988 Aufwendungen auf ein Wirtschaftsgut nicht schon deshalb zu den Herstellungskosten zählen, weil sie den Nutzungswert des Wirtschaftsgutes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. Vielmehr stellt somit auch der Austausch eines wesentlichen Teiles eines Wirtschaftsgutes im Sinne einer Generalsanierung keine Herstellungsmaßnahme dar, solange die Wesensart des Wirtschaftsgutes als solches beibehalten bleibt.

Erhaltungsaufwand liegt insbesondere dann vor, wenn bereits vorhandene Teile eines Wirtschaftsgutes ausgetauscht werden. Der Umstand, dass im Zuge der Erhaltungsmaßnahme besseres Material oder modernere Ausführung gewählt wird, führt noch nicht zu Herstellungsaufwand, solange nicht die Wesensart des Wirtschaftsgutes verändert wird ( zum Neubau einer Wasserleitung; dazu etwa Zorn, Erneuerung einer Wasserversorgungsleitung - Erhaltung oder Herstellung?, RdW 2007/710, 690; Pirklbauer/Wagner, Sanierung einer Wasserleitung stellt Erhaltungsaufwand dar, SWK 2007, S 989, Bauer, Konsistente Rechtsprechungs-Linie des VwGH zu Erhaltungs- und Herstellungsaufwendungen?, ÖStZ 2008/567, 285; Renner, Abgrenzung zwischen Herstellung und Erhaltung bei Umbaumaßnahmen, ÖStZ 2008/202, 96; ebenso zB. -F/06 zum Umbau eines Modengeschäftes sowie -K/08 zu diversen Maßnahmen bei einem Mietobjekt)."

Im konkreten Fall wurde eine bereits bestehende Zentralheizungsanlage erneuert.

Die Sanierung der Anlage steht in keinem Zusammenhang mit einer Erweiterung bzw. einem Zubau des Hotel- und Gaststättengebäudes. Damit kann aber keine wesentliche Ausweitung der Kapazität der zentralen Heizungsanlage unterstellt werden.

Hiezu ist anzumerken, dass Herstellungsaufwand allerdings dann nicht vorliegt, wenn die Kapazitätsausweitung lediglich die unausweichliche Folge der Verwendung zeitgemäßen Materials ist (vgl. etwa Zorn, Erneuerung einer Wasserversorgungsleitung - Erhaltung oder Herstellung?, RdW 2007/710).

Die alte (Öl-) Heizungsanlage wurde durch eine moderne Gaswärmeversorgung kombiniert mit einer Solaranlage ersetzt. Die neue Anlage dient - ebenso wie die vorherige - als Heizung und zur Warmwasseraufbereitung. Damit hat sich aber die Wesensart des (Betriebs-) Gebäudes nicht geändert.

Der zusätzliche Einbau der Solaranlage kann zu keiner anderen Beurteilung führen, zumal die eingebaute Solaranlage als Kombination zu einer Heizungsanlage zu sehen ist und daher ihrer Funktion nach im Wesentlichen der bereits vorhandenen Wärmeversorgung entspricht und diese nur durch die Erschließung einer zusätzlichen Energiequelle ergänzt (in diesem Sinne: BFH-Urteil vom IX R 52/02, Eine Solaranlage erweitert nicht das Gebäude).

Der Umstand, dass im Zuge der Erhaltungsmaßnahmen besseres Material oder modernere Ausführung, sprich zeitgemäße Technik - im gegenständlichen Fall eine kosten- und energiesparende Heizanlage, die alternativ von zwei Energiequellen gespeist wird - gewählt wird, führt noch nicht zu Herstellungsaufwand.

Dem Berufungsbegehren kommt daher Berechtigung zu, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Durch die gegenständliche Aufhebung des Abweisungsbescheides tritt das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor der Abweisung befunden hat. Der Antrag der Partei auf Aufhebung gemäß § 299 BAO ist damit noch unerledigt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at