Suchen Hilfe
Sonstiger Bescheid, UFSW vom 03.11.2009, RV/3453-W/08

Zusammengefasste Festsetzung von Rechtsgebühren mehrerer Abgabenschuldner

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
Nach § 201 Abs. 4 BAO kann zwar die Festsetzung mehrerer zu Unrecht nicht oder nicht richtig selbstberechneter Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) innerhalb derselben Abgabenart in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nicht auf die Abgaben von unterschiedlichen, lediglich vom selben Bevollmächtigten vertretenen Abgabepflichtigen und berechtigt die Abgabenbehörde nicht, mehrere Abgabenschuldner als Gesamtheit mit einem Leistungsgebot anzusprechen.

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung derBw.vertreten durch die Vermögensverwalterin Realkanzlei G., vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Broesigke, 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14, gegen den "An die diversen Hausinhaber" gerichteten Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , StNr. 10_012/*** und über den bezughabenden Vorlageantrag vom betreffend Rechtsgebühren entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als unzulässig zurückgewiesen. Der Vorlageantrag wird gemäß § 273 Abs. 1 BAO iV mit § 276 Abs. 4 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Die Realkanzlei G. (in der Folge: Vermögensverwalterin) - lt. Feststellungen des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) eine Immobilienmaklerin - rechnete als Bevollmächtigte derBw sowie für weitere von ihr vertretene Bestandgeber unter der Steuernummer 10_012/*** laufend Gebühren gemäß § 33 TP 5 GebG im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 5 Z 4 GebG ab. Weiters vertrat die Vermögensverwalterin ua. dieBw.. beim Abschluss der selbstberechneten Bestandverträge.

Im Zuge einer bei der Vermögensverwalterin stattgefundenen Nachschau stellte das FAG fest, dass für mehrere, von verschiedenen Bestandgebern (Hauseigentümern einschließlich Miteigentümergemeinschaften) abgeschlossenen Bestandverträge die Bestandvertragsgebühren zu gering abgerechnet worden seien.

In der Folge setzte das FAG mit einem "An die diversen Hausinhaber", vertreten durch die Vermögensverwalterin, gerichteten "Bescheid gemäß § 201 Bundesabgabenordnung (BAO) über die Festsetzung der Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 5 GebG 1957" mit einem einheitlichen Leistungsgebot Rechtsgebühren von € 14.420,49 fest. Gegen diesen Bescheid brachten die "im Bescheid genannten diversen Hausinhaber" eine Berufung und in der Folge einen Vorlageantrag ein. Unter dem Punkt "Berechnung der festgesetzten Rechtsgebühren" wurden einzelne Hauseigentümer (Miteigentümer), wie auch dieBw. - wenn auch nicht als Bescheidadressat - namentlich genannt. Folglich ist die Berufung derBw... zuzurechnen.

Die "diversen Hausinhaber" verbindet lediglich, dass sie beim Abschluss der Bestandverträge bzw. bei der Selbstberechnung der Bestandvertragsgebühren von der Vermögensverwalterin vertreten wurden.

Die Urkunden über die beanstandeten Bestandverträge wurden jeweils von beiden Vertragsteilen (Bestandgeber und Bestandnehmer) unterfertigt, sodass für die einzelnen Bestandverträge auf Grund des § 28 Abs 1 Z 1 lit. a GebG lediglich diese als Gebührenschuldner in Betracht kommen.

Das oa. Leistungsgebot umfasst aber die Bestandvertragsgebühren für mehrere, von unterschiedlichen Bestandgebern abgeschlossenen Bestandverträge, die nicht im Umfang des gesamten Leistungsgebotes Gebührenschuldner sind, und die daher auch nicht nach § 28 Abs. 6 GebG verpflichtet sind, die gesamte festgesetzte Gebühr zur ungeteilten Hand zu entrichten.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden in erster Instanz erlassen, sind nach § 243 BAO Berufungen zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Auf Grund des § 273 Abs. 1 lit a BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Nach § 276 Abs. 4 BAO ist § 273 Abs. 1 BAO auf Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (Ritz, BAO³, §273 Tz 6). Für die Bescheidqualität ist auch die Nennung des Bescheidadressaten unverzichtbar (Ritz, aaO, § 93 Tz 24). An nicht Parteifähige zugestellte Bescheide sind nichtig (Ritz, aaO, § 79 Tz 4).

Auf Grund des § 78 Abs. 1 BAO ist Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige (§ 77), im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung einbringt (Berufungswerber), einem Berufungsverfahren beigetreten ist (§§ 257 bis 259) oder, ohne Berufungswerber zu sein, einen Vorlageantrag (§ 276 Abs. 2) gestellt hat. Nach Abs. 2 leg.cit sind Parteien des Abgabenverfahrens ferner, a) wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen (§ 191 Abs. 1 und 2); b) wenn nach den Abgabenvorschriften Steuermessbeträge oder Einheitswerte zu zerlegen oder zuzuteilen sind, die Körperschaften, denen ein Zerlegungsanteil zugeteilt worden ist oder die auf eine Zuteilung Anspruch erheben. Andere als die genannten Personen haben nach Abs. 3 leg.cit die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

Abgabepflichtiger ist nach § 77 Abs. 1 BAO, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt.

Eine zivilrechtlich nicht rechtsfähige Personengemeinschaft ist nur dann Partei im Abgabenverfahren, wenn sie nach materiellem Steuerrecht Steuersubjekt ist (siehe ).

Bei der als Bescheidempfängerin im materiellem Sinne genannten Gesamtheit der "diversen Hausinhaber" handelt es sich um ein rechtlich nicht existentes Gebilde. Diese "diversen Hausinhaber" sind als solche nach materiellem Recht nicht Gebührenschuldner und kommen im Abgabenverfahren als Partei nicht in Betracht.

Auf Grund des Inhaltes des angefochtenen "Bescheides gemäß § 201 BAO" kann auch nicht unterstellt werden, dass es sich um einen einheitlichen, an mehrere Personen gerichteten Bescheid handelt. Es sind einzelne Personen, wie ua dieBw . zwar im Bescheid genannt, dies aber nicht als Bescheidadressat iSd § 93 Abs 2 BAO. Es schulden die einzelnen Hauseigentümer (Bestandgeber) weder dieselbe abgabenrechtliche Leistung, noch sind sie gemeinsam zu einer solchen heranzuziehen und auch nicht im Sinne des § 101 Abs. 2 BAO gemeinsam zu veranlagen. Auch kann auf Grund des Spruches nicht bloß von einer unzulässigen Verbindung von gesonderten Abgabenverfahren mehrere Personen und rechtswirksamer Zustellung eines Bescheides mit individuellen Leistungsgeboten an einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten ausgegangen werden. Bei Abgabenbescheiden ist Bescheidadressat derjenige, an den das Leistungsgebot gerichtet wird (Stoll, BAO Kommentar, S 960). Die im "Bescheid gemäß § 201 BAO" ausgesprochene Gebührenfestsetzung in Höhe von € 14.420,49 und das sich daraus ergebende Leistungsgebot ist nicht an die einzelnen Bestandgeber im Umfang ihrer jeweiligen Gebührenschuld sondern als einheitliches Leistungsgebot an die "diversen Hausinhaber" als Gesamtheit gerichtet. Mit diesem "Bescheid gemäß § 201 BAO" erfolgte die Festsetzung mehrere Abgaben zusammengefasst in einem Bescheid und es wurden die "diversen Hausinhaber" wie ein einziger Abgabepflichtiger angesprochen.

Nach § 201 Abs. 4 BAO kann zwar die Festsetzung mehrerer zu Unrecht nicht oder nicht richtig selbstberechneter Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) innerhalb derselben Abgabenart in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nicht auf die Abgaben mehrerer, lediglich vom selben Bevollmächtigten vertretener Abgabepflichtiger und berechtigt die Abgabenbehörde nicht, mehrere Abgabenschuldner als Gesamtheit mit einem Leistungsgebot anzusprechen.

Es handelt sich bei dem angefochtenen Bescheid mangels Partei- und Rechtsfähigkeit des Bescheidadressaten um einen Nichtbescheid. Das gleiche gilt für die ebenfalls an die "diversen Hausinhaber" gerichtete Berufungsvorentscheidung. Da die Berufung wie auch der Vorlageantrag bereits aus diesem Grunde unzulässig waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2010/01
AFS 2010, 149

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAD-18408