Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 10.02.2005, RV/0412-S/02

Wohnung als notwendiges Betriebsvermögen

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0412-S/02-RS1
wie RV/0047-I/03-RS1
Nach der Verkehrsauffassung ist es bei Betrieben kleinerer und mittlerer Größe unüblich, Dienstnehmerwohnungen zur Verfügung zu stellen, sodass notwendiges Betriebsvermögen nur dann vorliegen könnte, wenn zumindest überwiegend besondere betriebliche Gründe den Anlass für die Anschaffung und Bereitstellung einer Wohnung bilden. Die Einwendung, mit der Bereitstellung der Wohnung sei es gelungen, einen andernfalls in die BRD ziehenden Dienstnehmer bei bestehendem brancheneigenen Mangel an ausgebildeten Kräften an den Betrieb zu binden, ist nicht geeignet, das Überwiegen von betrieblichen Gründen darzutun, wenn es sich bei dem Dienstnehmer nur um eine angelernte Kraft handelte, ein besonderes persönliches Naheverhältnis zwischen Arbeitgeber und Dienstnehmer bestand, der Verbleib des Dienstnehmers trotz Bereitstellung der Wohnung nicht gesichert war, diese nicht an das Bestehen des Dienstverhältnisses geknüpft wurde und aus der fremdunüblichen Gesamtgestaltung hervorgeht, dass eigentliches Ziel die Ermöglichung des späteren Eigentumserwerbes an der Wohnung durch den deutschen Dienstnehmer unter Überbrückung der noch bestandenen grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen war.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der S.V., vertreten durch P&P, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 1995-1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw betreibt seit 1992 als Einzelunternehmerin einen von ihrem Ehemann übernommenen Friseursalon in S.. Den Gewinn ermittelt sie nach § 4 Abs 1 EStG. Die Bw erklärte in den streitgegenständlichen Jahren steuerpflichtige Umsätze in der Höhe von:


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1995
S 4,948.384,73
1996
S 5,176.881,12
1997
S 5,035.700,87
1998
S 4, 902.568,73
1999
S 4,683.813,05

Die Wohnung, für welche im Rahmen der Gewinnermittlung Afa über eine Nutzungsdauer von fünfzig Jahren, ein Investitionsfreibetrag sowie Darlehenszinsen gewinnmindernd geltend gemacht worden waren, wurde ab 1995 (Kaufdatum ) an folgende Personen vermietet:


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C.P.,
Friseurin
Kaufdatum bis 12/1996
S.D.,
Friseurin
12/1996 bis 12/1997
A.M.,
Aushilfsfriseurin
12/1997 bis 6/1998
R.K.,
Fremdvermietung
7/1998 bis 6/2000
B.,
Friseurin
7/2000 bis 6/2001
K.G.,
Friseur
7/2001 bis dato

Im Zeitraum bis führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch und stelle dabei fest, dass die im Jahr 1995 erworbene steuerlich als Betriebswohnung behandelte Eigentumswohnung "Mh. kein Betriebsvermögen darstelle.

In Tz 25 des Betriebsprüfungsberichtes wird dazu u.a. ausgeführt, dass die Wohnung an Arbeitnehmer und an private Personen um dieselbe Miete vermietet werde. Bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 1 EStG könne nur notwendiges Betriebsvermögen Berücksichtigung finden. Dies umfasse alle Wirtschaftsgüter, die nach ihrer Zweckbestimmung, der Beschaffenheit des Betriebes und des Berufszweiges der Steuerpflichtigen sowie der Verkehrsauffassung objektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt seien und ihm auch tatsächlich dienen würden. Dafür unmaßgeblich seien subjektive Motive, wie z.B. der Grund der Anschaffung, der im speziellen Fall darin liege, einen Anreiz für den Zuzug auswärtiger Arbeitnehmer zu bieten.

Nach der Verkehrsauffassung sei es bei Betrieben mittlerer Größe unüblich Arbeitnehmern Dienstwohnungen entgeltlich zur Verfügung zu stellen, sodass kein notwendiges Betriebsvermögen vorliege.

Die Eigentumswohnung stelle eine private Vermögensanlage dar und ist somit aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden. Der geltend gemacht Investitionsfreibetrag sei abzuerkennen. Die Mieteinnahmen seien unter den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Weiters seien die Darlehen, die zur Anschaffungder Wohnung verwendet wurden, ebenfalls aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden und die Zinsen dieser Darlehen als Werbungskosten bei der Überschussermittlung in Abzug zu bringen.

Mit den Bescheiden vom über die Einkommensteuer der Jahre 1995-1999 wurde die Eigentumswohnung Mh. auf Grund der Darstellungen der Betriebsprüfung aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden.

Gegen die Bescheide vom brachte der steuerliche Vertreter der Bw mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Berufung sowie einen Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO ein. Zur Begründung (Schriftsatz vom ) wird unter Hinweis auf die Rsp des VwGH vorgebracht, dass die Zweckbestimmung, die Besonderheit des Betriebes und des Berufszweiges sowie die Verkehrsauffassung zu berücksichtigen seien. Weiters habe der VwGH festgestellt, dass auch vermietete Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen gehören können. Dies sei dann der Fall ist, wenn die Vermietung dem Betriebszweck unmittelbar diene, insbesondere wenn sie zur Steigerung der Einnahmen aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit beitrage.

Die gegenständliche Wohnung diene dazu leichter gute Mitarbeiter zu finden und an den Betrieb zu binden. Daher fördere die Vermietung an Mitarbeiter auch die Einnahmen aus dem eigentlichen Betrieb. Mitarbeiterförderung stelle einen wesentlichen Beitrag zur Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens dar. Zweckbestimmung der Wohnung sei es ausschließlich, diese Mitarbeitern des Betriebes zur Verfügung zu stellen.

Der VwGH habe zwar festgestellt, dass bei Betrieben mittlerer Größe Betriebswohnungen nicht üblich seien, es könne jedoch in Einzelfällen davon abgewichen werden. Im Übrigen handle es sich im gegenständlichen Fall aufgrund der Beschäftigung von bis zu 20 Mitarbeitern um einen großen Friseurbetrieb. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des wird im Ergebnis festgehalten, dass die Betriebswohnung zum notwendigen Betriebsvermögen gezählt werden müsse.

Das Finanzamt wies die Berufung betreffend die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1995-1999 mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. In der Begründung führte die Erstbehörde nach Darstellung der Rechtsansicht der Bw und der Spruchpraxis des VwGH wie folgt aus:

Die gegenständliche Wohnung sei in den Jahren 1995-1997 an drei verschiedene Dienstnehmer vermietet worden. Ab 1998 sei sie an betriebsfremde Personen vermietet worden. Die Bw habe selbst angeführt, dass ab 1998 kein Bedarf mehr bei den Dienstnehmern gegeben war. Es habe daher auf den Friseurbetrieb keinen Einfluss, ob die Wohnung an Dienstnehmer oder an betriebsfremde Personen vermietet werde. Unter Hinweis auf die Berufungsschrift wurde angemerkt, dass weitere Umstände hinzutreten müssten um in der Vermietung eine betriebliche zu erblicken. Im Übrigen sei weder von der Bw behauptet noch von der Betriebsprüfung festgestellt worden, dass die Vermietung zur Steigerung der Einnahmen aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit beitrage.

Mit Schriftsatz vom brachte der steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag zur Entscheidung über die Berufung vom durch die Abgabenbehörde II. Instanz ein. Darin wurde ergänzend zur Berufungsschrift ausgeführt, dass ausschließlicher Zweck der Anschaffung der Eigentumswohnung die Wohnraumbeschaffung für Mitarbeiter gewesen sei und diese an den Betrieb zu binden. Seit 2001 sei die Wohnung außerdem wieder an einen Mitarbeiter, K.G. , vermietet. Die Wohnung werde daher auf Dauer gesehen überwiegend an Mitarbeiter vermietet. Die zwischenzeitige Vermietung an betriebsfremde Personen sei nur erfolgt um ein vorübergehendes Leerstehen zu vermeiden. Eine bloß vorübergehende Nichtverwendung stehe nach der Rsp des VwGH der Beurteilung als Betriebsvermögen nicht entgegen.

Überdies würden gute Mitarbeiter ganz entscheidend zur Steigerung der Betriebseinnahmen beitragen, da diese einen entsprechenden Stammkundenstock aufbauen und halten würden. Die vom VwGH geforderten weiteren Umstände zur reinen Vermietung an Dienstnehmer seien darin zu erblicken, dass die Wohnung zum Bestehen und zur Stärkung des Unternehmens beitrage. Die im Nahbereich des Betriebes gelegene Wohnung fördere die Bindung guter Mitarbeiter an den Betrieb und somit das Unternehmen selbst.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 7 Abs 1 EStG sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- und Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung).

Gemäß § 10 Abs 1 EStG kann der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern einen Investitionsfreibetrag von höchsten 20% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. Die Absetzung für Abnutzung wird dadurch nicht berührt (§§ 7 und 8). Bilanzierende Steuerpflichtige müssen die Investitionsfreibeträge eines jeden Wirtschaftsjahres in einer Summe gesondert ausweisen. Nach § 10 Abs 3 EStG darf für ein Gebäude ein Investitionsfreibetrag nur insoweit geltend gemacht werden, als sie unmittelbar dem Betriebszweck dienen oder für Wohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer bestimmt sind.

Die zitierten Bestimmungen finden lediglich auf Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens Anwendung. Die Bw ermittelte ihren Gewinn im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 4 Abs 1 EStG, wonach nur notwendiges Betriebsvermögen Berücksichtigung findet. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb zu dienen bestimmt sind und ihm tatsächlich dienen, somit betrieblich verwendet werden. (; ) Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Beschaffenheit des Betriebes, aber auch die Verkehrsauffassung maßgebend, nicht aber subjektive Momente wie der Grund der Anschaffung ().

Nach der Rsp des VwGH können auch vermietete Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen gehören. Dies ist dann der Fall, wenn die Vermietung dem Betriebszweck unmittelbar dient, und zwar insbesondere dadurch, dass sie zur Steigerung der Einnahmen aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit beiträgt. (;). Weiters hat der VwGH in ständiger Rsp judiziert, dass es bei Betrieben von nur mittlerer Größe nach der Verkehrsauffassung unüblich ist, Arbeitnehmern Dienstwohnungen zur Verfügung zu stellen (vgl etwa ; ).

In dem Erkenntnis 2000/14/0158 heißt es außerdem, dass sich aus dem bloßen Umstand der Vermietung an einen Dienstnehmer alleine noch kein betrieblicher Nutzen ergibt. Es müssen daher weitere Umstände hinzutreten, damit in der Vermietung zu Wohnzwecken eine Betätigung im Dienste des Betriebes erblickt werden kann. Als Beispiel nennt der VwGH regelmäßige Nachtdienste oder eine unzureichend erschlossene ländliche Umgebung.

Wie der steuerliche Vertreter der Bw bereits ausgeführt hat, steht die bloß vorübergehende Nichtverwendung bzw das vorübergehende Leerstehen des Objektes der Beurteilung als notwendiges Betriebsvermögen nicht entgegen (, ).

Nach dem eben Aufgezeigten ist im vorliegenden Fall die Verkehrsaufassung maßgebend, wonach eine Dienstwohnung bei Betrieben mittlerer Größe unüblich ist. Beim Friseurbetrieb der Bw handelt es sich entgegen den Ausführungen des steuerlichen Vertreters um einen Mittelbetrieb, da der Umsatz im Schnitt 5 Mio. S beträgt und die Zahl von 20 Mitarbeitern der Aktenlage nach schwankend ist.

Außerdem ist es der Bw nicht gelungen Beweise dafür zu erbringen, dass neben der reinen Vermietung an Arbeitnehmer weitere Umstände vorliegen, die mit Gewissheit auf eine Betriebsdienlichkeit schließen lassen. Das Argument, Dienstnehmer besser an den Betrieb binden zu können, reicht dafür nicht aus, zumal für 20 Mitarbeiter nur eine Dienstwohnung zur Verfügung steht und die Wohnung immer nur sehr kurzfristig an die jeweiligen Arbeitnehmer bzw an eine Aushilfsfriseurin vermietet wurde. Daran vermag auch nicht die in den vorgelegten Mietverträgen vereinbarte Anbindung der Mietdauer an den Bestand des Dienstverhältnisses zu ändern.

Des weiteren deutet die fast zweijährige Vermietung an eine betriebsfremde Person für sich alleine auf eine Zugehörigkeit zum Privatvermögen der Bw hin, da gerade keine "Nichtverwendung" iSd VwGH-Judikatur vorliegt. Im oben erwähnten VwGH-Erkenntnis ist überdies nur von einigen Monaten die Rede. Ein Zeitraum von zwei Jahren geht deutlich darüber hinaus.

Eine Steigerung der betrieblichen Einnahmen konnte ebenso nicht bewiesen werden.

Ein unmittelbarer Betriebszweck liegt daher nicht vor, sodass die Eigentumswohnung aus dem notwendigen Betriebsvermögen auszuscheiden war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wohnung als notwendiges Betriebsvermögen
teilweise Vermietung an Dienstnehmer
Betriebsgröße
Mittelbetrieb
Fremdvermietung
keine Steigerung der betrieblichen Einnahmen
Verkehrsauffassung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at