Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 16.12.2008, RV/0690-G/06

Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Schenkungsvertrag vom räumte BP (in der Folge kurz Bw. genannt) seiner Lebensgefährtin HP das lebenslängliche ausschließliche Wohnungsgebrauchsrecht an den ihm eigentümlichen 842/100.000 Anteilen der EZGB verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 5 im Hause S und am Abstellplatz 117 ein. Lt. Vertragspunkt II. hat HP alle mit dem Besitz des Vertragsgegenstandes verbundenen Kosten zu tragen, insbesondere die Betriebs- und Verwaltungskosten in Höhe von 273,79 €. Lt. Vertragspunkt IV. trägt der Bw. sämtliche mit der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren.

Nach Ergehen eines Vorhalts seitens des Finanzamtes am erfolgte eine persönliche Vorsprache des Bw.

Am setzte das Finanzamt die Schenkungssteuer mit 16.183,96 € für den Bw. fest, dabei ausgehend von einem monatlichen Wert des Wohnungsrechts in Höhe von 300,-- €, sowie unter Einbeziehung der auf den Erwerb entfallenden Steuer gemäß § 10 ErbStG, da die Zahlung vom Geschenkgeber übernommen wird.

Am erfolgte die schriftliche Beantwortung des oa. Vorhalts. HP sei die Lebensgefährtin des Bw. Vereinbart sei, dass sie die Wohnung beziehe, wenn der Bw. vor ihr sterbe. HP habe derzeit noch kein Wohnbedürfnis, da sie mit dem Bw. in einem gemeinsamen Haushalt in seinem Haus in Stübing wohne. HP sei Gebrauchsberechtigte und erwerbe das Recht erst mit der Perzeption ("Beziehen"), daher habe sie derzeit auch kein Wohnungsgebrauchsrecht. Er bewerte unter dieses Aspekten das entgeltlich eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht mit 2.500,-- € jährlich. Es handle sich um die entgeltliche Einräumung der Dienstbarkeit, wofür HP die monatlichen Betriebskosten von 273,79 € bezahle, sowie eine Ablöse für Investitionen in Höhe von 20.000,-- € im Jahr 2004 als Vorleistung erbracht habe. Dem Schreiben beigelegt war eine schriftliche Bestätigung von HP.

Am wurde das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Der Bescheid sei an die falsche Person gerichtet, er sei nicht der Steuerpflichtige. Überdies werde Verfahrensmangel geltend gemacht, da er das Schreiben des Finanzamtes vom fristgerecht am beantwortet habe. Dieses Vorbringen könne jedoch unmöglich bei Bescheiderlassung berücksichtigt worden sein. Weiters handle es sich nicht um eine Schenkung, sondern um die entgeltliche Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes. Derzeit habe HP kein Recht, die Wohnung zu benützen. Das Wohnungsgebrauchsrecht bestehe erst ab dem Zeitpunkt, ab dem sie ein Wohnbedürfnis habe, was derzeit nicht der Fall sei, da sie gemeinsam in Stübing wohnten.

Am erging seitens des Finanzamtes die teilweise stattgebende Berufungsvorentscheidung unter Zugrundelegung des vom Bw. bekanntgegebenen jährlichen Wertes von 2.500,-- €, sowie unter Hinweis auf Vertragspunkt IV., wonach sich der Bw. zur Tragung sämtlicher Kosten, Steuern und Gebühren verpflichtet hat. Die Übernahme von Betriebskosten mache das Nutzungsrecht nicht zu einem entgeltlichen Geschäft. Weiters könne durch einen Nachtrag die bereits entstandene Steuerschuld nicht abgeändert werden, weshalb die Bestätigung betr. die Zahlung von 20.000,-- € im Nachhinein nicht berücksichtigt werden könne.

Daraufhin wurde rechtzeitig der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz eingebracht.

Nach Kontaktaufnahme seitens des UFS mit dem Bw. teilte dieser mit Schreiben vom mit, dass die Einräumung des Wohnungsgebrauchrechtes nie als Schenkung gedacht gewesen sei. Im ursprünglichen Vertrag sei von Schenkung keine Rede gewesen. Da die Eintragung im Grundbuch u.a. wegen Verwendung des Begriffes Wohnrecht und wegen fehlenden Rechtsgrundes abgelehnt worden sei, habe er den Vertrag auf Schenkungsvertrag umgeschrieben. Bezüglich des Begriffes Wohnungsgebrauchsrecht müsse nicht ausdrücklich im Vertrag angeführt werden, dass HP die Wohnung nur benützen dürfe, wenn sie ein Wohnbedürfnis (persönlichen Bedarf) habe, da der OGH diesen Begriff so auslege. Solange HP keinen persönlichen Bedarf habe, könne sie eine Benützung der Wohnung auch nicht gerichtlich durchsetzen, weshalb sie einstweilen nicht bereichert sei.

Im weiteren Schreiben vom führt der Bw. aus, dass eine Schenkung erst ausgeführt sei, wenn der Beschenkte in den Besitz des Geschenkes komme. Die Zuwendung eines Wohnungsgebrauchsrechtes könne erst in dem Zeitpunkt als ausgeführt gelten, in dem der Beschenkte beispielweise die Wohnung beziehe und damit die Ausübung des Rechtes nach außen ersichtlich mache. Eine Übergabe der Wohnung habe im gegenständlichen Falle nie stattgefunden und wurde das Wohnungsgebrauchsrecht von HP nie ausgeübt, da sie keinen Wohnungsbedarf habe. Im Übrigen werde auf eine Entscheidung des UFS Linz verwiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) unterliegen der Schenkungssteuer unter anderem Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechtes - wodurch jemandem eine Sache unentgeltlich überlassen wird - (Zif. 1) und andere freigebige Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (Zif. 2).

Gemäß § 12 Abs. 1 Zif. 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.

Im gegenständlichen Fall ist die Ausführung der Zuwendung an sich strittig.

Eine Schenkung gilt an dem Tag als ausgeführt, in dem die Bereicherung im Vermögen des Beschenkten tatsächlich eintritt und der Beschenkte in den Besitz des Geschenkes kommt ().

Es kommt sohin nicht darauf an, was dem Beschenkten urkundlich versprochen worden ist, sondern darauf, was der Beschenkte - sei es im Wege der körperlichen Übergabe, sei es sonst wie - tatsächlich bekommen hat.

Im Sinne des § 312 ABGB wird der Besitz an körperlichen, beweglichen Sachen durch physische Ergreifung oder wirkliche Übergabe erlangt. Für die Erlangung des Besitzes an unbeweglichen Sachen sind Betretung, Einzäunung oder ähnliche konkrete Handlungen notwendig. In den Besitz unkörperlicher Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Namen. Der Gebrauch eines Rechtes wird gemäß § 313 ABGB gemacht, wenn jemand die einem anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu seinem Nutzen anwendet.

Ausgeführt ist die Schenkung, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, wenn der Beschenkte im Verhältnis zum Geschenkgeber frei über das Zugewendete verfügen kann, wenn die endgültige materielle Bereicherung beim Beschenkten eingetreten ist. Es kommt sohin für die Entstehung der Steuerschuld weder darauf an, was dem Beschenkten urkundlich versprochen worden ist, noch auf eine allfällige Einverleibung des Wohnrechtes im Grundbuch, sondern ausschließlich darauf, was der Beschenkte tatsächlich bekommen hat.

Es gibt somit auch den Besitz an unkörperlichen Sachen (Rechtsbesitz). Das ist der Besitz an Rechten, die eine dauernde Ausübung gestatten und die mit dem Gebrauch einer körperlichen Sache verbunden sind, wie beispielsweise das gegenständliche Wohnrecht. Rechtsbesitz ist die Ausübung eines besitzfähigen Rechtes mit dem Willen, es als das eigene zu haben. An die Stelle der Innehabung einer Sache tritt beim Recht die Ausübung desselben.

Nach allgemeiner Auffassung kann davon ausgegangen werden, dass zur Ausübung eines Wohnrechtes die Liegenschaft übergeben werden muss. Die Zuwendung eines Wohnrechtes kann daher erst in dem Zeitpunkt als ausgeführt gelten, wenn der Berechtigte beispielsweise die Wohnung tatsächlich bezieht und damit die Ausübung des Nutzungsrechtes unzweifelhaft und nach außen sichtbar zum Ausdruck kommt.

Diesbezüglich wendet der Bw. ein, eine Übergabe der Wohnung an HP habe nie stattgefunden und habe sie das Wohnungsgebrauchsrecht daher auch nie ausgeübt.

Damit kann aber von einer erforderlichen Ausführung der Zuwendung in Form einer tatsächlichen Übergabe keine Rede sein und ist sohin mangels eingetretener Bereicherung von HP die Schenkungssteuerschuld gar nicht entstanden.

Somit erübrigt sich in der Folge eine Ausführung zur Frage einer eventuellen Entgeltlichkeit.

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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