zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.12.2008, RV/3669-W/08

Schätzung bei nicht gedeckten Lebenshaltungskosten und ungeklärten Privateinlagen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ:
RV/3668-W/08
RV/3667-W/08
RV/3666-W/08
RV/3665-W/08
RV/3664-W/08

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., Wien, vertreten durch Dr.G.L., Rechtsanwalt, Wien, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2005 entschieden:

Den Berufungen wird zum Teil Folge gegeben. Sämtliche Bescheide werden abgeändert.

Die Abgaben werden wie folgt festgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Umsatzsteuer 2003:
- € 2.004,06
Umsatzsteuer 2004:
- € 939,14
Umsatzsteuer 2005:
€ 1.085,09
Einkommensteuer 2003:
€ 4.808,30
Einkommensteuer 2004:
€ 1.445,70
Einkommensteuer 2005:
€ 8.731,98

Die Bemessungsgrundlagen sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.), eine finnische Staatsbürgerin, betreibt seit dem Jahre 1990 in Wien eine Modeagentur, wobei sie den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt. Anlässlich einer die Jahre 2003 bis 2005 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung hat die Betriebsprüfung (Bp) im Bericht vom folgende Feststellungen getroffen:

a) Lebenshaltungskosten:

Die Bw. habe in den Jahren 2003 bis 2005 Gewinne in Höhe von € 409,43, € 1.419,37 bzw. € 1.118,19 erklärt. In diesen Jahren seien für die private Lebensführung weder Entnahmen aus der Kassa, noch Bankabhebungen vom betrieblichen Konto vorgenommen worden.

Laut Vorhaltsbeantwortung vom habe der Ehegatte, Herr Dr.G.L., seinen Beruf als Rechtsanwalt im Jahr 1995 aufgegeben und erst im Jahr 2006 die Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte erlangt. Er habe laut diesem Schreiben in den Jahren 2002, 2003 und 2005 keine Einkünfte bezogen. Im Jahre 2004 habe er Einkünfte erzielt, die unwesentlich geringer gewesen seien als die vom Finanzamt mangels Abgabe von Steuererklärungen geschätzten € 11.844,36. Im Prüfungszeitraum sei er in der Modeagentur mittätig gewesen und habe, abgesehen vom Jahr 2004, über keine eigenen Einkünfte verfügt. Folglich müssten die Lebenshaltungskosten aus der einzigen Einkunftsquelle des Ehepaares, der Modeagentur, bestritten worden sein.

Die Lebenshaltungskosten seien entsprechend der Lebenserfahrung mit einem Betrag pro Person und Monat von € 750,00 zu schätzen. Im Ergebnis bedeute dies Lebenshaltungskosten von € 18.000,00 jährlich für die Bw. und ihren Ehrgatten.

Da Herr Dr.G.L. im Zuge der Schlussbesprechung auf die sparsame Lebensweise des Ehepaares verwiesen und in diesem Zusammenhang den Ansatz des Existenzminimums begehrt habe, sei dieses auf Grund einer entsprechenden Broschüre des Bundesministeriums für Justiz mit € 726,00 pro Person und Monat ermittelt worden, wodurch aber die von der Bp geschätzten Lebenshaltungskosten nachweislich bestätigt seien.

Es käme demnach zu Zuschätzungen von € 18,000,00 in den Jahren 2003 und 2005 sowie von € 6.155,64 (€ 18.000,00 minus € 11.844,36) im Jahre 2004.

b) Einlagen in die Kassa/Bank:

Laut Kassabuch seien im Prüfungszeitraum Einlagen getätigt worden (2003: € 5.200,00; 2004: € 11.000,00; 2005: € 19.900,00). Weiters sei im Jahre 2004 auf das Bankkonto der Betrag von € 1.920,00 einbezahlt worden. Die Herkunft dieser Mittel habe die Bw. aber nicht nachweisen können.

Laut Vorhaltsbeantwortung vom stammten diese Einlagen aus einer Erbschaft nach einer Tante in Finnland, die aus dem Verkauf einer Liegenschaft und einiger Aktien sowie aus der Verwertung des sonstigen Nachlasses herrührte. Diese aus der Erbschaft stammenden Mittel seien in den späten Neunzigerjahren bei verschiedenen Gelegenheiten in bar nach Österreich gebracht worden, wo das Geld auch weiterhin in bar als Reserve für absolute Notfälle gehalten worden sei.

Die Bw. habe aber keine Nachweise für diese Vorgangsweise erbringen können, weshalb die Beträge von € 5.200,00, € 12.920,00 bzw. € 19.900,00 den Einkünften hinzuzurechnen seien.

c) Ungeklärter Bankeingang:

Auf dem betrieblichen Konto sei am ein Eingang von € 5.000,00 verbucht worden. Die Bw. habe auf dem Beleg einen handschriftlichen Vermerk "Privateinlage (Darlehen)" angebracht. Auftraggeberin der Überweisung sei eine Frau Elizabeth (oder Elisabeth) de G. gewesen. Diesbezüglich gebe es keine schriftliche Vereinbarung und bis dato auch keine Rückzahlungen. Die Bp rechne diesen betrieblichen Eingang deshalb dem Gewinn des Jahres 2003 hinzu.

d) Umsatzsteuer:

Diese ertragsteuerlichen Zurechnungen von € 28.200,00, € 19.075,64 sowie € 37.900,00 seien umsatzsteuerlich im Verhältnis der steuerpflichtigen (17,5 %, 21,54 % sowie 39,71 %) zu den nicht steuerbaren Umsätzen (82,5 %, 78,46 % sowie 60,29 %) aufzuteilen.

Gegen die im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2005 vom erhob die Bw., vertreten durch ihren Ehegatten, mit den Schrifsätzen vom Berufung.

a) Lebenshaltungskosten:

Die von der Bp angenommenen Lebenshaltungskosten mit € 1.500,00 pro Monat seien durch nichts begründet, da sie auf Grund wirtschaftlich schwieriger Zeiten maximal € 1.000,00 betragen hätten.

Wenn die Bp ausführe, das Existenzminimum betrage pro Person und Monat € 726,00, weshalb die Annahme von € 1.500,00 gerechtfertigt sei, übersehe sie, dass dieser Betrag von € 726,00 für eine alleinstehende Person gelte und für im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten nicht verdoppelt werde, sondern etwa € 1.000,00 monatlich betrage, wobei Mietkosten in diesem Betrag enthalten seien.

Diese Lebenshaltungshaltungskosten seien, wie schon im Bp-Verfahren mit dem Schreiben vom vorgebracht, durch private Mittel, die aus der finnischen Heimat der Bw. stammten, gedeckt worden. Die entsprechenden Unterlagen befänden sich in Finnland und würden der Bw. derzeit nicht zur Verfügung stehen. Sie seien im Haushalt der 95-jährigen Mutter der Bw., die aber auf Grund ihres Alters nicht in der Lage sei, sie herauszusuchen und nach Österreich zu schicken. Anstatt eine Frist zur Vorlage dieser Unterlagen zu setzen, betrachte die Behörde das Vorbringen der Bw. offenkundig als irrelevant. Überdies gebe es keine Verpflichtung, Geldmittel bei einer Bank zu halten und nicht etwa als Reserve bar im Haushalt.

Im Jahre 2004 seien zudem die Lebenshaltungskosten von € 12.000,00 durch das Einkommen des Ehegatten der Bw. gedeckt.

b) Einlagen in die Kassa/Bank:

In Bezug auf die Einlagen in die Kassa bzw. auf das Bankkonto werde auf die Ausführungen zu den Lebenshaltungskosten verwiesen, da sie aus privaten - wiederum aus der finnischen Erbschaft kommenden - Mitteln stammten.

c) Ungeklärter Bankeingang:

Beim Bankeingang von € 5.000,00 im Jahre 2003 handle es sich um ein der Bw. von einer Bekannten gewährtes Darlehen. Dass es keine schriftliche Vereinbarung darüber gebe und weiters noch keine Rückzahlung erfolgt sei, ändere nichts am gewährten Darlehen, da ein solches auch tatsächlich auf Grund einer mündlichen Vereinbarung und tatsächlicher Gewährung zustande komme. Eine allgemeine Rückzahlungsverpflichtung auch ohne vorläufig festes Datum reiche aus. Die Zurechnung dieses Darlehens zum Einkommen sei deshalb verfehlt.

d) Umsatzsteuer:

Ausgehend von den unrichtigen und unbegründeten einkommensteuerlichen Feststellungen seien auch die steuerpflichtigen Umsätze fälschlich erhöht worden.

Abschließend werde deshalb der Antrag gestellt, sämtliche Bescheide vom aufzuheben bzw. die ursprünglichen Bescheid wieder herzustellen. Dies allenfalls nach Setzung einer entsprechenden Frist, um der Bw. die Beischaffung und Vorlage der Unterlagen zum Nachweis der angeführten privaten Mittel zu ermöglichen. Eine solche Fristsetzung könnte nach derzeitigen Gegebenheiten etwa mit Ende September oder Oktober 2008 ausreichen.

Das Finanzamt forderte daraufhin die Bw. mit Schreiben vom auf, die in den Berufungen angesprochenen Unterlagen bis vorzulegen. Begründend heißt es, dass bereits zu Prüfungsbeginn am Unterlagen zur Dokumentation der Lebenshaltungskosten angefordert worden seien, weiters im Vorhalt der Bp vom . Überdies habe im Zuge der Schlussbesprechung am Gelegenheit bestanden, derartige Unterlagen vorzulegen. Die in den Berufungen vom beantragte Frist mit Ende September oder Oktober 2008 erscheine deshalb als überzogen.

Im Zuge der persönlichen Übergabe dieses Schreibens an den Vertreter der Bw. am wurde die Frist mit festgesetzt.

Mit Schreiben vom brachte die Bw. vor, dass sie diese Frist zur Vorlage der "finnischen Unterlagen" nicht einhalten könne, da sich die Unterlagen in großen und schweren Kartons in einem zur Wohnung der Mutter gehörigen Dachbodenabteil befinden würden. Die Mutter sei nicht in der Lage, die Unterlagen herauszusuchen. Eine andere Person, der man diese Aufgabe übertragen könne, gebe es nicht. Die Bw. sei seit Beginn der Prüfung erstmalig im Zeitraum September bis Oktober 2008 in der Lage, nach Finnland zu reisen. Es werde deshalb noch einmal um eine diesbezügliche Fristsetzung ersucht.

Mit Bescheid vom gab das Finanzamt diesem Ersuchen nicht statt, wobei es darauf hinwies, dass die letztmalige Möglichkeit zur Vorlage der Unterlagen der sei.

Nach erfolglosem Ablauf dieser Frist erließ das Finanzamt am abweisende Berufungsvorentscheidungen. In der zusätzlichen Bescheidbegründung wurde insbesondere darauf verwiesen, dass trotz ausreichend zur Verfügung gestandener Zeit keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden, die zu einer Änderung der Prüfungsfeststellungen führen könnten.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bw. - ohne weitere Begründung - den Antrag auf Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Berufungen dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vor und verständigte hievon die Bw.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig sind die Höhe der Lebenshaltungskosten (€ 1.500,00 oder € 1.000,00 monatlich) und deren Deckung (nach den Angaben der Bw. durch Gelder aus einer "finnischen Erbschaft"), die Herkunft der Mittel der getätigten Einlagen (ebenfalls aus dieser "finnischen Erbschaft") sowie ein Bankeingang (angeblich ein Darlehen von einer Bekannten).

1.) Höhe der Lebenshaltungskosten und deren Deckung:

a) Was die Höhe der Lebenshaltungskosten für die Bw. und ihren Ehegatten anbelangt, ist die Bp von monatlichen Aufwendungen von € 1.500,00 ausgegangen und hat diesbezüglich auf die Lebenserfahrung sowie auf das monatliche Existenzminimum von € 726,00 pro Person verwiesen.

In der Berufung wiederholte die Bw. den schon im Bp-Verfahren vorgebrachten Umstand, dass sie und ihr Ehegatte in den berufungsgegenständlichen Jahren mit € 1.000,00 monatlich auskommen mussten. Dem Verweis der Bp auf das monatliche Existenzminimum setzte die Bw. entgegen, dass bei einem Ehepaar der monatliche Grundbetrag nicht automatisch zu verdoppeln sei.

Letzterem Einwand kommt insofern Berechtigung zu, als - ausgehend vom auch von der Bp nicht bestrittenen Umstand, dass Herr Dr.G.L. abgesehen vom Jahre 2004 über keine Einkünfte verfügte - dieser gegenüber seiner Ehegattin unterhaltsberechtigt war, wodurch sich das aufgrund der Existenzminimum-Verordnungen festgesetzte monatliche Existenzminimum um einen Unterhaltsgrundbetrag erhöht. Entgegen der von der Bp geäußerten Ansicht entspricht demnach der von der Bw. genannte Betrag von € 1.000,00 monatlich im Wesentlichen dem Existenzminimum für das im gemeinsamen Haushalt lebende Ehepaar.

Im Übrigen ist dem entsprechenden Vorbringen der Bw. die Glaubwürdigkeit nicht abzusprehen. So hat die Bw. im Bp-Verfahren diesbezüglich Folgendes vorgebracht (vgl. das von ihr und ihrem Ehegatten unterfertigte Schreiben vom ):

"Seit 1995, als mein Mann seinen Beruf als Rechtsanwalt aufgegeben hat, bzw. aufgeben musste, ist unsere Lebensführung mehr als bescheiden. Der monatliche Aufwand betrug in dieser Zeit sicher nicht mehr als € 1.000,00 für die gesamte Lebensführung. Dass es dabei nach den Zahlungen für Miete, Energie kein Geld für private Versicherungen oder kulturelle Interessen gab, sowie auch die Mittel für Ernährung mehr als knapp waren, liegt auf der Hand. So waren wir in dieser ganzen Zeit nicht einmal in einem Konzert oder Theater, einem Kino oder einer Ausstellung, da kein Geld dafür da war. An Bekleidung, Hausrat und Wäsche war aus früherer Zeit ausreichend vorhanden, sodass es hier keinen Bedarf gab. ... Mein Einkommen aus der Agentur war zurückgegangen und mein Mann verdiente in den Jahren 2002 und 2003 nichts. Für 2004 hatte mein Mann Einkünfte, die unter den für dieses Jahr geschätzten Einkünften laut Bescheid lagen. Wegen der geringen Differenz unterließ er eine Berufung. Im Jahre 2005 hatte mein Mann wieder kein Einkommen. Erst im Jahre 2006 konnte mein Mann, nachdem die Rechtsanwaltskammer Wien seine Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte bewilligt hatte, seinen Beruf wiederaufnehmen. ...Im Jahre 2002 hatten wir auch in Wien einen privaten Flohmarkt veranstaltet, bei dem wir uns von einer ganzen Menge Hausrat und schöner Dinge aus verschiedensten aufgelösten Haushalten trennten. Der Erlös daraus ging in die Deckung der laufenden Kosten. Erwähnt sei auch, dass wir trotz aller Einschränkungen und allem Sparen eine ganze Reihe offener Verbindlichkeiten haben, die wir nur sehr langsam abdecken können. Seit der zweiten Hälfte 2006 ist die Situation etwas leichter, da ich eine Pension beziehe (Versicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, ca € 730,00)."

Dem Berufungsbegehren, die monatlichen Lebenshaltungskosten für die Bw. und ihren Ehegatten mit € 1.000,00 pro Monat "anzunehmen", wird demnach Folge gegeben.

b) In Bezug auf die Deckung der Lebenshaltungskosten sind zwischen dem Finanzamt und der Bw. die Tatsachen unbestritten, dass zum einen die Bw. hiefür keine Entnahmen aus der Kassa bzw. Abhebungen vom betrieblichen Bankkonto vorgenommen hat, sowie dass zum anderen Herr Dr.G.L. in den Jahren 2003 und 2005 überhaupt keine Einkünfte erzielt hat bzw. im Jahre 2004 insgesamt ein Einkommen von rund € 12.000,00 aus einer "beratenden Tätigkeit" gehabt hat.

Für das Jahr 2004 sind demnach aber bei angenommenen Lebenshaltungskosten von monatlich € 1.000,00 diese durch das von Herrn Dr.G.L. erzielte Einkommen gedeckt.

Was dagegen die Jahre 2003 und 2005 betrifft hat die Bw. im schon erwähnten Schreiben vom Folgendes vorgebracht:

"Ich hatte aus einer Erbschaft nach einer Tante in Finnland eine gewisse Reserve, die aus dem Verkauf einer in der Erbschaft gewesenen Liegenschaft und einiger Aktien, sowie aus der Verwertung des sonstigen Nachlasses herrührte. Dazu sei bemerkt, dass ich obwohl ich seit Jahrzehnten in Österreich lebe, noch immer finnische Staatsbürgerin bin. Das Erbschaftsverfahren nach meiner Tante wurde in Finnland abgewickelt und auch die Steuern dort entrichtet. Die aus der Erbschaft stammenden Mittel brachte ich in den späten Neunzigerjahren bei verschiedenen Gelegenheiten in bar nach Österreich, wo ich sie auch weiterhin in bar als Reserve für absolute Notfälle hielt. Nachweise für diese Vorgangsweise gibt es keine. Die Tatsache der Erbschaft kann mit Unterlagen belegt werden, die sich aber in Finnland befinden und mir derzeit nicht zur Verfügung stehen. Da ich über dieses Geld jederzeit verfügen können wollte und es für mich einen absoluten Notgroschen darstellte, wollte ich es auch in bar halten, wenn dies auch vielleicht nicht allgemein nachvollziehbar sein mag. Ohne diese Reserve hätten wir, ich und mein Mann die Jahre ab 2001 nicht überlebt."

In der Folge hat die Bp der Bw. mit Schreiben vom die vorläufigen Prüfungsfeststellungen vorgehalten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Zuge der - für den angesetzten - Schlussbesprechung letztmalig die Möglichkeit bestehe, entsprechende Belege vorzulegen. Im Rahmen der am stattgefundenen Besprechung beantragte Herr Dr.G.L. als Vertreter seiner Gattin, für die Vorlage der fehlenden Unterlagen noch einmal eine Frist bis zu gewähren. Diese Frist wurde in der Folge auf verlängert. Am fand schließlich die Schlussbesprechung statt, in der aber wiederum die von der Bp geforderten Unterlagen nicht vorgelegt wurden. Die Bp ist daraufhin im Bericht vom von der Nichtdeckung der Lebenshaltungskosten ausgegangen.

In der Berufung beanstandete die Bw., dass keine Frist zur Vorlage dieser "finnischen Unterlagen" gesetzt worden sei. Dieses Vorbringen ist angesichts der gerade erwähnten mehrfachen Fristsetzung durch die Bp unverständlich. Weiters beantragte die Bw. diesbezüglich eine Fristsetzung mit Ende September bzw. Oktober 2008.

Wie oben geschildert setzte das Finanzamt die Frist mit 31. Juli bzw. fest. Auch diese Frist wurde von der Bw. nicht zur Unterlagenvorlage genutzt. Vielmehr brachte sie in ihrem Schreiben vom 15. August wiederum vor, dass sie erst im September bzw. Oktober 2008 in der Lage sei, nach Finnland zu reisen, um die Unterlagen abzuholen.

Nachdem das Finanzamt am abweisende Berufungsvorentscheidungen unter Hinweis darauf erließ, dass die Bw. sämtliche gesetzten Fristen bisher fruchtlos verstreichen ließ, brachte die Bw. zwar mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein, ohne aber darzulegen, ob sie in der Zwischenzeit, wie zuletzt im Schreiben vom dargelegt, in Finnland gewesen sei und sich die Unterlagen mittlerweile in ihrem Besitz befänden. Auch auf das Schreiben des Finanzamtes an die Bw. vom , wonach die Berufungen dem UFS zur Entscheidung vorgelegt werden, hat die Bw. in keiner Weise reagiert.

Es ist deshalb ausdrücklich festzuhalten, dass nicht ersichtlich ist, warum die Bw. die Unterlagen, die es angeblich über die "finnische Erbschaft" gibt, bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht vorlegen konnte, wobei angesichts der mehrmaligen Fristsetzungen durch die Bp bzw. das Finanzamt für den UFS keine Veranlassung bestanden hat, noch einmal eine Frist für die Vorlage dieser Unterlagen zu setzen.

Mangels Unterlagen muss aber dem entsprechenden Vorbringen der Bw., wonach sie Gelder aus Finnland in bar nach Östereich gebracht und hier in bar zu Hause aufbewahrt habe, die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden. Die Bw. ist darauf hinzuweisen, dass eine bloße Behauptung, die der Lebenserfahrung widerspricht, sehr wohl durch geeignete Unterlagen nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft zu machen ist.

Vermag ein Abgabepflichtiger nicht aufzuklären, aus welchen Quellen er seinen laufenden Lebensunterhalt bestreiten konnte, löst dies nach ständiger Rechtsprechnung des VwGH die Schätzungsbefugnis nach § 184 Abs. 2 BAO aus (vgl. , 2002/13/0227, , 2000/14/0047). Die Schlussfolgerung der Bp, dass die Lebenshaltungskosten durch nicht erklärte Einnahmen aus der einzigen Einkunftsquelle der Bw. und ihres Ehegatten, nämlich aus der Modeagentur gedeckt wurden, erweist sich deshalb für die Jahre 2003 und 2005 als unumstößlich.

In teilweiser Stattgabe der Berufungen ist in den Jahren 2003 und 2005 diesbezüglich jeweils von einem Betrag von € 12.000,00 auszugehen.

2.) Einlagen in die Kassa/Bank:

Unbestritten sind in den berufungsgegenständlichen Jahren Einlagen in Höhe von € 5.200,00, € 12.920,00 bzw. € 19.900,00 in die Kassa bzw. auf das betriebliche Bankkonto getätigt worden. In der Berufung hat die Bw. wiederum darauf verwiesen, dass diese Gelder aus der "finnischen Erbschaft" stammen. Wie oben dargelegt, kann diesem Vorbringen angesichts des Umstandes, dass die Bw. trotz mehrfacher Fristsetzung keine Unterlagen vorgelegt hat, nicht gefolgt werden.

Diese ungeklärten Privateinlagen begründen ebenfalls die Schätzungsbefugnis nach § 184 Abs. 2 BAO, weshalb das Finanzamt zu Recht die entsprechenden ertragsteuerlichen Hinzurechnungen vorgenommen hat.

3.) Ungeklärter Bankeingang:

Nach den Feststellungen der Bp wurde am auf dem betrieblichen Konto der Bw. ein Eingang von € 5.000,00 verbucht, wobei auf dem Beleg ein handschriftlicher Vermerk der Bw. "Privateinlage (Darlehen)" angebracht ist. Als Auftraggeberin der Überweisung scheint eine Frau Elizabeth de G. auf.

Im Bp-Verfahren hiezu befragt, gab die Bw. mit Schreiben vom Folgendes an: "Zum Darlehen über Euro 5.000,00 von Elisabeth de G. , welches zu meiner damaligen Überraschung von ihr ohne Ankündigung und Ersuchen meinerseits, lediglich auf Grund der Schilderung meiner Schwierigkeiten von ihr gewährt wurde, gibt es keinerlei schriftliche Vereinbarung. Als ich mich nach dem Eingang auf dem Konto bei ihr meldete und fragte, warum sie das getan habe, meinte sie nur, sie habe helfen wollen und ich sollte es irgendwann, wann ich dazu in der Lage sei, zurückzahlen. Bisher sind keine Rückzahlungen geleistet worden, da ich dazu nicht in der Lage war."

Nachem die Bp mangels Unterlagen von einem "betrieblichen Eingang" ausgegangen war, brachte die Bw. in der Berufung lediglich vor, dass der Umstand, dass es keine schriftliche Vereinbarung gäbe und bisher keine Rückzahlungen getätigt worden seien, nichts an der Tatsache ändere, dass ein mündlicher Darlehensvertrag abgeschlossen worden sei.

Nun ist es zwar richtig, dass für den Abschluss eines Darlehensvertrages im Sinne des § 983 ABGB keine Schriftform notwendig ist, da es sich dabei um einen Realvertrag handelt ("Wenn jemandem verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, dass er zwar willkürlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte zurückgeben soll, so entsteht ein Darlehensvertrag.").

Dass die Bp bzw. das Finanzamt nach den oben wiedergegebenen Ausführungen der Bw. aber größte Zweifel am tatsächlichen Abschluss eines Darlehensvertrages gehegt haben, ist verständlich. Zum einen hat die Bw. weder im Bp-Verfahren noch im Berufungsverfahren in Bezug auf die angebliche Darlehensgeberin Elizabeth (oder Elisabeth) de G. irgendwelche Auskünfte gemacht, sondern lediglich vorgebracht, es handle sich um eine "Bekannte". Mangels Angabe des Wohnsitzes geschweige denn der genauen Adresse lässt sich angesichts des ("ausländisch klindenden") Namens und der Tatsache, dass die Bw. im Rahmen ihrer Modeagentur zu einem Großteil ihre Umsätze mit ausländischen Abnehmern tätigt, die Vermutung rechtfertigen, dass Elizabeth de G. nicht in Österreich wohnhaft ist. Zum anderen folgt aus dem von der Bw. vorgebrachten Umstand, diese Bekannte habe ohne ihr Wissen den Betrag von € 5.000,00 auf das betriebliche Konto einbezahlt, dass eine "Geschäftsbeziehung" bestanden haben muss. Wie sonst sollte nämlich der angeblichen Darlehensgeberin die genaue Kontonummer des betrieblichen Kontos bekannt sein. Zuletzt ist es mehr als unglaubwürdig, dass eine "Bekannte", demnach nicht einmal eine "Freundin", von sich aus so großzügig sein soll, diesen unbestritten nicht geringen Betrag von € 5.000,00 quasi zu "verschenken". Der von der Bw. vorgebrachte Umstand, Elizabeth de G. wolle eine Rückzahlung "irgendwann", wenn die Bw. dazu in der Lage sei, in Verbindung mit ihren Ausführungen, ihre finanzielle Situation sei auch derzeit - nach Wiedereintragung ihres Ehegatten in die Rechtsanwaltsliste - mehr als angespannt, lässt nämlich nur den Schluss zu, dass kein echtes "Darlehen", sondern eine "Schenkung" vorliegen soll.

Dass aus all diesen Umständen die Bp gefolgert hat, diese Überweisung von € 5.000,00 auf das betriebliche Konto sei sehr wohl den betrieblichen Einkünften aus der Modeagentur zuzurechnen, erscheint deshalb auch nach Ansicht des UFS als gerechtfertigt. Mangels eines Nachweises für die jeder Lebenserfahrung widersprechenden Behauptung ist deshalb die Berufung in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

4.) Zusammenfassung der ertragsteuerlichen Hinzurechnungen (= Höhe der geschätzten Einkünfte):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
(in Euro)
2003
2004
2005
Lebenshaltungskosten
12.000,00
12.000,00
Einlagen in die Kassa/Bank
5.200,00
12.920,00
19.900,00
Ungeklärter Bankeingang
5.000,00
Gesamt
22.200,00
12.920,00
31.900,00

5.) Umsatzsteuer:

In Entsprechung der von der Bp vorgenommenen Aufteilung der ertragsteuerlichen Hinzurechnungen sind die erklärten steuerpflichtigen Umsätze - in teilweiser Stattgabe der Berufungen - wie folgt zu erhöhen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
(in Euro)
2003
2004
2005
steuerpflichtiger Umsatz lt. Erkl.
3.897,61
6.290,01
6.897,31
Hinzurechnung
3.885,00
2.782,97
12.667,49
steuerpflichtiger Umsatz lt. BE
7.782,61
9.072,98
19.564,80

Beilagen: 6 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Schätzung
Lebenshaltungskosten
Privateinlagen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at