Zwangsstrafe; Zeitpunkt der Leistungserbringung bei Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
ZRV/0101-Z3K/12-RS1 | Die Gefahr des Verlustes einer übersandten Eingabe trifft den Einschreiter. Bei Briefsendungen erfolgt die Beförderung auf Gefahr des Absenders und kommt es darauf an, ob ein Schriftstück tatsächlich bei der Behörde einlangt. |
ZRV/0101-Z3K/12-RS2 | Eine Leistung, die in der Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften besteht, ist der Abgabenbehörde gegenüber erst erbracht, wenn die Unterlagen und Auskünfte bei der Abgabenbehörde tatsächlich eingehen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des A., vertreten durch B., vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. a., betreffend Zwangsstrafe entschieden:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Zollamt Klagenfurt Villach hat mit Schreiben vom , Zl. b., Herrn A. , im Hinblick auf eine allfällige Altlastenbeitragspflicht ersucht, zum festgestellten Sachverhalt über die Verwendung von 43.620,00 kg im Jahr 2006 bezogenen Weg- und Kabelsandes bis zum eine Stellungnahme abzugeben und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Dieses Schreiben wurde Herrn A laut Zustellnachweis am zugestellt.
Bis zum Erfüllungstermin und nahezu 9 Monate darüber hinaus wurden die aufgetragenen Leistungen nicht erbracht, weshalb das Zollamt Klagenfurt Villach das Ersuchen um Beibringung der Stellungnahme und der Vorlage entsprechender Unterlagen mit Schreiben vom , Zl. c., unter Androhung einer Zwangsstrafe in der Höhe von € 200,00 und Festlegung einer Frist zur Erbringung der geforderten Leistung bis zum wiederholte. Das diesbezügliche Schreiben wurde Herrn A laut Zustellnachweis am zugestellt.
Weil auch diese unter Androhung der Zwangsstrafe erfolgten Aufforderung zur Erbringung der in Rede stehenden Leistung wiederum nicht bis zum Erfüllungstermin und mehr als einen Monat darüber hinaus entsprochen wurde, setzte das Zollamt Klagenfurt Villach bei gleichzeitiger neuerlicher Aufforderung zur Erbringung der geforderten Leistung bis zum mit Bescheid vom , Zl. d., die angedrohte Zwangsstrafe in der Höhe von € 200,00 fest.
Mit der Eingabe vom , ergänzt durch die Eingabe vom , erhob A durch seinen Rechtsvertreter gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe Berufung. Begründend führte der Berufungswerber(Bw.) aus, er habe das Schreiben des Zollamtes Klagenfurt Villach vom (mit welchem die Zwangsstrafe angedroht wurde) am per E-Mail an seinen Rechtsvertreter übermittelt und diesen um entsprechende Auskunftserteilung an das Zollamt ersucht. Nach handschriftlichem Vermerk der telefonischen Mitteilungen des Bw. auf dem Schreiben des Zollamtes vom habe der Rechtsvertreter des Bw. seinerseits den mit den Vermerken versehenen Vorhalt des Zollamtes Klagenfurt Villach vom mit Schreiben vom dem Zollamt Klagenfurt Villach übermittelt. Dass dieses Schreiben beim Zollamt Klagenfurt Villach nicht eingelangt ist, sei erst durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides hervor gekommen. Allem Anschein nach dürfte das Schreiben - so die Darstellung des Bw. - auf dem Postweg oder auf eine andere, nicht mehr nachvollziehbare Art in Verstoß geraten sein, sodass der Bw. durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die entsprechende Auskunft fristgerecht zu erteilen. Der Berufung waren ein Schreiben des Rechtsvertreters des Bw. vom und eine mit handschriftlichen Vermerken versehene Ausfertigung des Vorhaltes des Zollamtes Klagenfurt Villach vom angeschlossen.
Das Zollamt Klagenfurt Villach hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. a., als unbegründet abgewiesen, wogegen sich die Beschwerde des Bw. vom richtet. Der Beschwerdeführer (Bf.) verweist darin zunächst darauf, dass er in der gegenständlichen Angelegenheit beim Zollamt Klagenfurt Villach aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Gründen einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Fristversäumnis eingebracht habe. Er beantragt, dass zuerst über den Wiedereinsetzungsantrag entschieden werden möge, da eine Stattgabe der Wiedereinsetzung zwangsläufig mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides verbunden sei. Zur Sache führt der Bf. aus, dass das vom Zollamt geforderte Auskunftsschreiben, wenn auch verspätet, zwischenzeitig beim Zollamt eingelangt sei. Im Zusammenhang mit der Festsetzung einer Strafe müsse berücksichtigt werden, dass dem Bf. selbst kein Verschulden an der Fristversäumnis treffe und das Zollamt zwischenzeitig auch die benötigten Informationen erhalten habe. Es sei durch die geringfügige Verspätung der Auskunftserteilung auch keinerlei Schaden entstanden, weshalb die Verhängung einer Zwangsstrafe nicht gerechtfertigt erscheine. Der Bf. beantragt, es möge die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag abgewartet, der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und in eventu in Anbetracht der Umstände der Verspätung die Zwangsstrafe auf € 50,00 herabgesetzt werden.
Das Zollamt legte die Beschwerde samt den Bezug nehmenden Akten sowie einer Kopie des Bescheides vom , Zl. e., mit welchem der Antrag des Bf. vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zum Auskunftsersuchen des Zollamtes Klagenfurt Villach vom abgewiesen wird, dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Zollamt Klagenfurt Villach hat in der mit Beschwerde angefochtenen Berufungsvorentscheidung zutreffend begründend ausgeführt:
Gemäß § 114 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörde darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen. Zur Erfüllung der im § 114 BAO bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde gem. § 143 BAO berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt. Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die zur Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen. Gem. § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete gem. § 111 Abs. 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist. Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von € 5.000,00 nicht übersteigen (§ 111 Abs. 3 BAO). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) trifft die Gefahr des Verlustes einer übersandten Eingabe den Einschreiter (VwGH, , 2000/16/0645). Bei Briefsendungen erfolgt die Beförderung auf Gefahr des Absenders und kommt es darauf an, ob ein Schriftstück tatsächlich bei der Behörde einlangt (VwGH, , 89/13/0276, 0277; , 88/14/0223; , 96/14/0042). Eine Leistung, die in der Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften besteht, ist der Abgabenbehörde gegenüber somit erst erbracht, wenn die Unterlagen und Auskünfte bei der Abgabenbehörde tatsächlich eingehen. Demgemäß wäre zur Abwendung einer Zwangsstrafe oder Aufhebung einer bereits erfolgten Festsetzung der Zwangsstrafe nachzuweisen, dass die geforderten Unterlagen und die geforderte Auskunft bei der Abgabenbehörde tatsächlich eingegangen sind. Auf die Zu- oder Absendung bzw. die Postaufgabe der geforderten Unterlagen und Auskunft kommt es nicht an, weshalb allein die Behauptung der Postaufgabe oder die Vorlage eines Schreibens mit einem innerhalb der Frist für die Erbringung der Leistung liegenden Datums nicht zur Aufhebung der Festsetzung einer Zwangsstrafe führen kann, da damit nicht der Eingang der Eingabe bei der Abgabenbehörde nachgewiesen werden kann.
Zweck der Zwangsstrafe war es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und den Bf. als zur persönlichen Leistung Verpflichteten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zu verhalten. Die Festsetzung der Zwangsstrafe lag im Ermessen der Abgabenbehörde. Diese hatte den Grad des Verschuldens zu berücksichtigen. Die Zwangsstrafe hätte dann nicht mehr verhängt werden dürfen, wenn die Anordnung - wenn auch verspätet - befolgt worden wäre. Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden (erstinstanzlichen) Bescheides. Wird die Anordnung - wie im vorliegenden Fall - erst danach befolgt, so steht dies der Abweisung einer Berufung gegen den Zwangsstrafenbescheid nicht entgegen (VwGH, , 90/15/0186). Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme, jedoch ist keine bestimmte Schuldform gefordert, so dass auch leichte Fahrlässigkeit ausrechend ist. Der Bf. hatte nach dem Berufungs- bzw. Beschwerdevorbringen seinen Rechtsvertreter beauftragt, für ihn der geforderten Leistungserbringung zu entsprechen. Nach herrschender Lehre vermag die Beauftragung eines gewillkürten Vertreters mit der Wahrung der Abgabenangelegenheiten den Vertretenen nicht zu exkulpieren. Der gewillkürte Bevollmächtigte (§ 83 BAO) ist nämlich lediglich ermächtigt, aber nicht der Abgabenbehörde gegenüber verpflichtet, die den Vertretenen treffenden Verpflichtungen zu erfüllen. Das Verschulden des Vertreters ist dem Vertretenen gleichzuhalten (; , 2002/08/0259). Weder im gegenständlichen Rechtsbehelfsverfahren noch im angesprochenen Wiedereinsetzungsantrag wurden konkrete Ausführungen darüber gemacht, ob und in welcher Weise durch den Rechtsvertreter des Bf. mittels entsprechender Weisungs- und Kontrollmaßnahmen organisatorisch, allenfalls über entsprechende Aufzeichnungen in einem Fristenvormerk- oder Postausgangsbuches, dafür vorgesorgt worden wäre, dass zur Abfertigung vorgesehene Schriftstücke von Kanzleibediensteten tatsächlich zur Post gebracht werden. Die Außerachtlassung einer diesbezüglich geforderten Sorgfalt zur Überwachung der Abfertigung von Schriftstücken an Behörden birgt ein zumindest fahrlässiges Verhalten in sich, worin das Zollamt zudem die Begründung für die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages erblickt hat.
Die Verhängung der Zwangsstrafe entsprach somit den hierfür geforderten gesetzlichen Voraussetzungen.
Dem Eventualantrag des Bf. auf Herabsetzung der Höhe der verhängten Zwangsstrafe war ebenfalls nicht näher zu treten, weil die festgesetzte Zwangsstrafe im Ausmaß von € 200,00 lediglich 4 Prozent der gesetzlich möglichen Zwangsstrafe in Höhe von € 5.000,00 (§ 111 Abs. 3 BAO) beträgt, und sich demnach auf Grund des Umstandes, dass der Leistungserbringung, die ursprünglich für terminiert war, letztlich bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe - die Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der
Zwangsstrafe erfolgte am - rund zehn Monate lang, daher eine beachtlich lange Zeit hindurch, nicht entsprochen wurde, als gerade noch in gebotener Höhe darstellte, um den Bf. zu bewegen, die von ihm geforderte Leistung zu erbringen.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at