Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 11.12.2008, RV/0521-I/06

Höhe der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des J., Adresse, vertreten durch StB.X, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Gemäß § 7 Z 1 GrEStG wird die Grunderwerbsteuer mit 8.362,62 € (= 2 % von 418.131,24 €) festgesetzt.

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgabe ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Mit notariellem Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom übergab S, geb. 1931 seinem Sohn J, geb. 1960 mit Wirkung zum eine in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft samt darauf befindlichem Gebäude und seinen Gesellschaftsanteil an der "T.KG" mit allen Aktiven und Passiven zu Buchwerten lt. Bilanz zum . Festgehalten wurde, dass der Übernehmer den Übergeber hinsichtlich aller den Gewerbebetrieb betreffenden Verbindlichkeiten vollkommen schad- und klaglos zu halten habe wie überhaupt hinsichtlich des Vertragsgegenstandes und der übernommenen Verpflichtungen beim Übernehmer keinerlei Unklarheiten bestehen würden. Neben dieser vereinbarten Schuldübernahme verpflichtete sich der Übernehmer dem Übergeber und dessen Ehegattin ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnungsrecht an der im zweiten Stock liegenden abgeschlossenen Wohnung des Gasthauses einzuräumen. Weiters hatte der Übernehmer im Ablebensfall des Übergebers und seiner Ehegattin sämtliche Auslagen für ein ortsübliches Begräbnis zu tragen und für die Errichtung und Erhaltung einer ordentlichen Grabstätte zu sorgen.

Das Finanzamt ermittelte die auf das Grundstück entfallende anteilige Gegenleistung mit 250.169,77 € und setzte gegenüber dem J (Bw) mit dem gegenständlichen Bescheid Grunderwerbsteuer in Höhe von 5.003,40 € (= 2 % von 250.169,77 €) fest. Außerdem wurde für den oben bezeichneten Rechtsvorgang mit einem vorläufigen Schenkungssteuerbescheid auch noch Schenkungssteuer in Höhe von 9.740,92 € vorgeschrieben. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbes von 113.776,59 € und des steuerlich maßgeblichen Wertes des Grundstückes von 88.830 € wurde die anteilige darauf entfallende Gegenleistung abgezogen (siehe bekämpfte Bescheide bzw. das gesondert übermittelte Berechnungsblatt).

Der Bw. brachte mit einheitlichem Schriftsatz sowohl gegen den Grunderwerbsteuer- als auch gegen den Schenkungssteuerbescheid Berufung ein. Die Berufungen richteten sich gegen die angesetzte Gegenleistung im Wesentlichen mit der Begründung, auch das negative Kapitalkonto des Übergebers zähle zur Gegenleistung, weshalb begehrt werde, die Steuern unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegenleistung neu zu berechnen.

Die über die Grunderwerbsteuerberufung absprechende Berufungsvorentscheidung vom begründete das Finanzamt unter Verweis auf das VwGH- Erkenntnis vom , 93/16/0051 damit, das negative Kapitalkonto des Übergebers sei deshalb nicht als Teil der Gegenleistung anzusehen, da der Kommanditist im Falle seines Ausscheidens nicht verpflichtet sei dieses negative Konto aufzufüllen.

Der Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage seines Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Als Replik auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung wurde im Wesentlichen noch ausgeführt, es komme auf die Rechtsnatur des Kapitalkontos an. Ein negatives Kapitalkonto sei nur dann nicht aufzufüllen, wenn es auf Grund von Verlustzuweisungen entstanden sei. Nur in diesem Fall sei der Kommanditist bei voll geleisteter Einzahlung seines bedungenen Kapitals vor einer weiteren Inanspruchnahme von wem auch immer geschützt. Ist jedoch - wie im vorliegenden Fall - das negative Kapitalkonto auf Grund von Entnahmen entstanden, so liege eine Forderung der Gesellschaft an ihren Gesellschafter vor, die auch entsprechend einbringlich gemacht werden könne. Zudem habe wie im vorliegenden Fall der Kommanditist zusätzlich auf Grund früherer geleisteter Haftungen der Bank gegenüber für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gehaftet. Ohne diese persönliche Haftung des Gesellschafters- Bonität auf Grund seines Sonderbetriebsvermögens- wären die Entnahmen zu Lasten der Gesellschaft überhaupt nicht möglich gewesen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise habe der Kommanditist sein Sonderbetriebsvermögen belastet und dem Bw. eben ein um seine Entnahmen vermindertes Vermögen übergeben. Wie aus dem Übergabevertrag klar ersichtlich sei, habe der Bw. in einem Zuge das Liegenschaftsvermögen - Sonderbetriebsvermögen- des Übergebers, dessen Kommanditanteil und eben klarerweise auch dessen Verbindlichkeiten an die Gesellschaft in einem übernommen. Das buchmäßig negative Kapitalkonto sei aber- in Anlehnung an das Erkenntnis 93/16/0051- in das positive Kapitalkonto- bedungene und geleistete Einlage- einerseits und ein Forderungskonto der KG gegenüber ihrem Kommanditisten, aufzuspalten. Für beide Vertragsteile, also Übergeber und Übernehmer sei klar gewesen, dass das Sonderbetriebsvermögen mit dieser Verbindlichkeit untrennbar verbunden sei. Für den Übergeber, weil er aus seinen Pensionseinkünften nicht in der Lage gewesen wäre, diese Verbindlichkeiten abzudecken, für den Übernehmer wäre diese Verbindlichkeit ohne gleichzeitiger Übergabe der Liegenschaft schlichtweg nicht finanzierbar gewesen. Die als negatives Kapital dargestellte Verbindlichkeit des Übergebers, die vom Bw. übernommen werden musste, sei daher zu berücksichtigen und mangels Vorliegen einer Bereicherung sei der Schenkungssteuerbescheid gänzlich zu beheben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG idF vor dem SchenkMG 2008 waren ua. Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, nur insoweit von der (Grunderwerbs)Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Gegenleistung übersteigt. Durch diese Bestimmung soll klargestellt werden, dass auch bei gemischten Rechtsgeschäften der entgeltliche Teil der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Im vorliegenden Berufungsfall besteht ausschließlich Streit darüber und entscheidet diesen, ob neben den vom Finanzamt bislang angesetzten und unstrittig gebliebenen Beträgen (siehe Berechnungsblatt) auch noch das zum Stichtag bestehende negative Kapitalkonto des Kommanditisten (Übergebers) zur Gegenleistung zählt. Unter Berücksichtigung der "tatsächlichen Gegenleistung" kommt es nach Meinung des Bw. zu einem gänzlichen Wegfall der Schenkungssteuer, weil dann für eine Schenkungssteuervorschreibung keine Bemessungsgrundlage mehr verbleibt.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG erklärt die Gegenleistung grundsätzlich zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Im § 5 GrEStG ist der Umfang und der Begriff der Gegenleistung näher erläutert. Nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Diese Bestimmung gilt auch für andere einen Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäfte (). Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist somit die Summe dessen, was der Käufer (hier: Übernehmer) an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält; oder mit anderen Worten alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Zur Gegenleistung gehört auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkt. Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgeblich, das heißt, die Schuldübernahme ist dann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, wenn sich der Käufer vertraglich verpflichtet hat, den Verkäufer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten.

Nach Vornahme ergänzender Sachverhaltserhebungen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Das negative Kapitalkonto des Übergebers S entstand erst auf Grund seiner Entnahmen im Dezember 2002. Im Zuge der Übertragung des Kommanditanteiles und des zum seinem Sonderbetriebsvermögen gehörenden Grundstückes hat nämlich der Übergeber für die Erbansprüche der übrigen Kinder zu sorgen gehabt und zudem mit dieser Entnahme Vorsorge zur Aufbesserung der Pension zwecks Aufrechterhaltung seines Lebensstandards getroffen. Die Unbedenklichkeit dieser Aussage ergibt sich bezogen auf die anderen Geschwister des Übernehmers durch den vorliegenden Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag, erklärten doch darin die drei namentlich erwähnten Geschwister des Übernehmers mit ihrer Unterschrift, dass diese hinsichtlich ihres Pflichtteilsrechtes gegenüber dem Übergeber zur Gänze abgefertigt sind und dass sie darüber hinaus keine weiteren Pflichtteilsansprüche gegen ihren Vater stellen.

Ein Kommanditist hat ex lege kein Recht auf Kaptalentnahme, sondern kann sich nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB lediglich seinen Gewinnanteil auszahlen lassen. Wenn daher der Übergeber im Dezember 2002 zur Abfindung der übrigen Geschwister und zur Wahrung seines künftigen Lebensstandards zu Lasten seines Sonderbetriebsvermögens eigenständig eine Bankverbindlichkeit eingegangen und das entnommene Geld als Privatentnahme verbucht wurde, was bei diesem Gesellschafter (Kommanditist) zum Bilanzstichtag per zu einem negativen Eigenkapital von 173.709,73 € geführt hat, dann liegt darin - wie dies im ergänzenden Schriftsatz ausgeführt wurde- eine vom (vertretungsbefugten) Komplementär nicht genehmigte Entnahme. Solche unzulässigen Entnahmen, die als echte Schulden zwischen Gesellschafter und Gesellschaft auszuweisen wären, vermindern nicht den Kapitalanteil, sondern begründen vielmehr als echte Verbindlichkeit einen Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegenüber dem Kommanditisten (siehe ). Als Besonderheit des Einzelfalles liegt des weiteren vor, dass laut Berufungsvorbringen der Kommanditist zu Lasten des übergebenen Sonderbetriebsvermögens die Bankverbindlichkeit eingegangen ist und mit der Übertragung des Sonderbetriebsvermögens auch zwangsweise diese Verbindlichkeit auf den Bw. übergegangen ist. Diesbezüglich wird noch erwähnt, dass laut Übergabevertrag sich der Übernehmer verpflichtete, den Übergeber hinsichtlich aller den Vertragsgegenstand betreffenden Verbindlichkeiten vollkommen schad- und klaglos zu halten, wobei hinsichtlich der übernommenen Verbindlichkeiten für den Übernehmer J keinerlei Unklarheiten bestanden.

Verpflichtet sich also der Übernehmer des Grundstückes (Sonderbetriebsvermögen) und des Kommanditanteiles dem Übergeber gegenüber im Ergebnis zur Übernahme der hinsichtlich des Vertragsgegenstandes übernommenen Verpflichtungen und ihn dabei vollkommen schad- und klaglos zu halten, dann zählt im Streitfall auch das auf unzulässige Entnahmen zurückzuführende "negative Kapitalkonto" von 173.709,73 € zu den vom Bw. übernommenen Schulden und bildet als sonstige Leistung einen Teil der vereinbarten Gegenleistung. Unter Übernahme der unbestritten gebliebenen Ansätze lt. FA- Berechnungsblatt ergibt sich daher eine Gegenleistung von insgesamt 432.445,18 € (= bisherige Gegenleistung gesamt 258.735,45 + 173.709,73 €), wovon 96,69 %, somit 418.131,24 € auf die Übergabe des Grundstückes samt darauf befindlichem Gebäude entfällt.

Dem Berufungsbegehren war folglich wie im Spruch ausgeführt dahingehend zu entsprechen, dass bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer von einer Gegenleistung von 418.131,24 € ausgegangen und gemäß § 7 Z 1 GrEStG die Grunderwerbsteuer mit 8.362,62 € (= 2 % von 418.131,24 €) festgesetzt wird.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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