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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 02.02.2006, RV/1583-W/05

Geschäftsführerhaftung bei erfülltem Ausgleich

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Regine Linder, Gottfried Hochhauser und Gerhard Mayerhofer im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Haftungsschuld von bisher € 66.054,85 auf € 39.136,20 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet, das am mit Abschluss eines Zwangsausgleiches beendet wurde, wobei die 20%ige Quote in vier Teilzahlungen bis längstens 18 Monate nach der Annahme des Zwangsausgleiches zu entrichten gewesen wäre.

Nach dem Scheitern des Zwangsausgleiches wurde mit Beschluss vom über das Vermögen der GmbH erneut das Konkursverfahren eröffnet. Am zeigte der Masseverwalter an, dass die Konkursmasse nicht ausreichen würde, um die Masseforderungen zu erfüllen. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben.

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO als Geschäftsführer der GmbH für Abgaben in der Höhe von € 66.054,85, nämlich


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fällig am
Kapitalertragsteuer
01-12/2002
24.978,65
binnen einer Woche nach Zufließen
Kapitalertragsteuer
01-04/2003
2.606,71
binnen einer Woche nach Zufließen
Umsatzsteuer
2002
9.853,15
Umsatzsteuer
02/2003
8.206,43
Umsatzsteuer
03/2003
4.197,14
Pfändungsgebühr
2003
115,78
Pfändungsgebühr
2003
5,08
Umsatzsteuer
04/2003
2.712,99
Säumniszuschlag
U 02/2003
231,56
Körperschaftsteuer
2002
13.147,36

zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten durch Bevorzugung anderer Gläubiger nicht hätten eingebracht werden können.

Begründend wurde ausgeführt, dass sich aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO sowie 1298 ABGB ergeben würde, dass der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mitteln nicht entrichtet hätte, für diese Abgaben haften würde, wenn sie bei der Gesellschaft nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweisen würde, dass er die Abgaben ohne sein Verschulden nicht hätte entrichten können.

Bezüglich der im Haftungsbescheid enthaltenen Umsatzsteuer verwies das Finanzamt auf § 21 Abs. 1 UStG, wonach der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung einzureichen hätte, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hätte. Auch werde auf den Betriebsprüfungsbericht bzw. auf die Niederschrift vom hingewiesen.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte der Bw. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat und brachte auch gemäß § 248 BAO die Berufung gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheide ein.

Begründend wurde ausgeführt, dass die im angefochtenen Haftungsbescheid ausgewiesenen Abgaben im Wesentlichen aus Bescheiden resultieren würden, die im Anschluss an eine steuerliche Betriebsprüfung nach einem Rechtsmittelverzicht am erlassen worden wären. Zu diesem Zeitpunkt wäre bereits seit das Konkursverfahren über die GmbH anhängig gewesen, das mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom aufgehoben worden wäre. Die gegenständlichen Bescheide wären somit noch während des laufenden Konkursverfahrens, in dem die GmbH vom Masseverwalter vertreten worden wäre, rechtskräftig geworden.

Dieser Umstand sei deswegen hervorzuheben, da die Nachforderungen im Wesentlichen nur auf Schätzungsbescheiden resultieren würden, die ihrerseits Ausfluss von bloßen Mutmaßungen der Betriebsprüfung wären. Bei Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die gegenständlichen Bescheide wären die Abgabennachforderungen daher gar nicht angefallen. Diesbezüglich wurde auf die Begründung zur Bekämpfung der zugrundeliegenden Bescheide verwiesen. Die für die Anwendung des § 9 BAO zwingend erforderliche schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten wäre somit schon aus diesem Grund nicht gegeben gewesen.

Weiters sei angesichts des seit anhängigen Insolvenzverfahrens darauf hinzuweisen, dass die Umsatzsteuern für März bzw. April 2003 am 15. Mai bzw. Juni 2003 und somit erst nach dessen Eröffnung fällig gewesen wären. Daher könne auch für diese Schulden keine Haftung bestehen, da vom Masseverwalter sämtliche liquide Mittel in Entsprechung der einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen aliquot und somit haftungsausschließend Verwendung gefunden hätten.

Da nach dem angenommenen Zwangsausgleich die letzte Rate erst am fällig wäre, wäre dieser Ausgleich daher bislang noch nicht erfüllt, weshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden könnte, ob durch einen allfälligen Verzug bei der Erfüllung des Ausgleiches der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die der Ausgleich gewähren würde, nicht hinfällig werden würden. Daher könne nicht bereits jetzt davon ausgegangen werden, dass der die Zwangsausgleichsquote übersteigende Teil der Abgabenschuld uneinbringlich wäre, zumal die Primärschuldnerin ihre werbende Tätigkeit bis dato nicht eingestellt hätte. Da am ein Betrag von € 13.000,00 an die Abgabenbehörde geleistet worden wäre und die entrichteten Körperschaftsteuervorauszahlungen mangels entsprechenden Gewinnes wieder gutzuschreiben wären, stehe daher noch nicht fest, dass die gegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden objektiv uneinbringlich wären. Solange aber der Ausfall beim Erstschuldner nicht eindeutig feststehen würde, könnte der im § 9 BAO genannte Vertreter nicht in Anspruch genommen werden (). Auch aus diesem Grund wäre der angefochtene Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit belastet.

Darüber hinaus wäre nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () der Umfang der Haftung durch den Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt. Der Geschäftsführer würde dann nicht für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft haften, wenn ihm die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden wären, hierzu nicht ausreichen würden und diese von ihm anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, wobei die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter als die übrigen Verbindlichkeiten behandelt werden dürften.

Dazu legte der Bw. eine Saldenliste zum vor, der Finanzamtsschulden in Höhe von € 101.702,03 sowie sonstige Verbindlichkeiten von € 35.843,21 zu entnehmen wären. Da zum € 5.606,45 an liquiden Mitteln vorhanden gewesen wären, hätten zwecks Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes daher € 4.145,45 an die Abgabenbehörde entrichtet werden müssen. Tatsächlich wären aber € 10.224,71 geleistet worden. Es wäre daher ersichtlich, dass dem Bw. kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und somit keine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO vorgeworfen werden könne.

Abschließend wies der Bw. darauf hin, dass er nicht über ausreichende Mittel, die seine Inanspruchnahme sinnvoll erscheinen lassen würden, verfügen würde. Weiters würde er keine Ersparnisse besitzen, wäre verheiratet, sorgepflichtig für zwei minderjährige Kinder im Alter von drei und vier Jahren und würde als Angestellter einen Nettobezug von € 820,00 pro Monat beziehen. Haftungsverfahren ohne ausreichende Aussicht auf Erfolg wären aber nach dem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , E 1009/1/1-IV/3/95, mangels Sinnhaftigkeit nicht durchzuführen.

Mit Schreiben vom legte der steuerliche Vertreter die Vollmacht zurück.

Zu der am vor dem Berufungssenat abgehaltenen mündlichen Verhandlung erschien der Bw. trotz ausgewiesener Zustellung der Ladung nicht, weshalb in seiner Abwesenheit verhandelt wurde. Der Finanzamtsvertreter stellte keine weiteren Beweisanträge.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BAO. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Dem Vorbringen des Bw., dass die Nachforderungen im Wesentlichen auf Schätzungen beruhen würden, die ihrerseits lediglich Ausfluss von bloßen Mutmaßungen der Betriebsprüfung wären, muss entgegengehalten werden, dass dies für die Erlassung eines Haftungsbescheides unerheblich ist, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Einreden betreffend Abgabenfestsetzung nämlich nicht im Haftungsverfahren, sondern in dem die Abgabenfestsetzung selbst betreffenden Verfahren vorzutragen sind ().

Im gegenständlichen Fall brachte der Bw. gemäß § 248 BAO auch eine Berufung gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheide ein. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen findet im Haftungsverfahren dewegen nicht statt, da zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden ist (), zumal von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (), weshalb letztere Berufung gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig geworden zurückzuweisen wäre, würde der Haftungsbescheid mit Berufungs(vor)entscheidung aufgehoben ().

Da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), ist bei Selbstbemessungabgaben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit ().

Seinem Vorbringen, dass die Umsatzsteuern für März und April 2003 erst am 15. Mai bzw. am und daher während des laufenden Konkursverfahrens fällig gewesen wären, kann nur zum Teil gefolgt werden, da dies lediglich für die am fällige U 4/2003 zutrifft. Die U 3/2003 war hingegen bereits am , daher vor der am erfolgten Konkurseröffnung, fällig. Bei seinen Überlegungen ließ der Bw. nämlich unberücksichtigt, dass mangels rechtzeitiger Entrichtung der Umsatzsteuersondervorauszahlung 2002 die Fälligkeiten für das darauf folgende Kalenderjahr 2003 auf den 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum folgenden Kalendermonates vorverlegt wurden.

Bezüglich der in Höhe von € 2.606,71 ausgewiesenen Kapitalertragsteuer 1-4/2003 ist festzustellen, dass diese in gleicher Höhe, allerdings für den Zeitraum 1-5/2003 aushaftet. Da auch nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass hinsichtlich der für April 2003 festgesetzten Kapitalertragsteuer die Kapitalerträge früher als eine Woche vor Konkurseröffnung () zugeflossenen waren, waren die Monate April und Mai 2003 aus der Haftungsschuld herauszunehmen.

Anhand der eingangs erstellten Übersicht ist ersichtlich, dass die Umsatzsteuern 2002, 2/2003 und 3/2003, die Kapitalertragsteuern 1-12/2002 und 1-3/2003 sowie die Pfändungsgebühren 2003 bereits vor der ersten Konkurseröffnung fällig wurden, weshalb die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben zum Fälligkeitstag bestand.

Die weiteren haftungsgegenständlichen Abgaben Umsatzsteuer 4/2003, Körperschaftsteuer 2002 sowie Säumniszuschlag 2003 waren zwar ebenfalls Konkursforderungen, jedoch war dem Bw. beizupflichten, dass auf Grund der während des laufenden Konkursverfahrens gelegenen Fälligkeitszeitpunkte keine Zahlungsverpflichtung bestand. Auch nach Beendigung des Konkursverfahrens war der Bw. nicht dazu verhalten, diese Abgaben zu entrichten, sondern lediglich die im Rahmen des Zwangsausgleiches vereinbarten Raten zu zahlen. Die Haftungsinanspruchnahme bestand für diese Abgaben daher nicht zu Recht.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Zum Einwand des Bw., dass die Uneinbringlichkeit nicht beurteilt werden könne, da der Ausgleich bislang auf Grund der noch nicht fälligen letzten Rate nicht zur Gänze erfüllt wäre, war festzustellen, dass nach dem am bestätigten Zwangsausgleich die Zahlung von vier binnen 14 Tagen bzw. jeweils binnen 6, 12 und 18 Monaten nach Annahme bzw. rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches zu entrichtenen Teilbeträgen in Höhe von je 5% der angemeldeten Konkursforderungen vereinbart war, weshalb am (14 Tage nach der am erfolgten rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsausgleiches), am , sowie (6, 12, und 18 Monate nach der am erfolgten Annahme des Zwangsausgleiches) jeweils Raten in der Höhe von € 3.900,99 (insgesamt daher € 15.603,96) zu zahlen gewesen wären.

Gemäß § 156 Abs. 4 KO werden der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die der Ausgleich gewährt, für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber welchen der Schuldner mit der Erfüllung des Ausgleichs in Verzug gerät. Ein solcher Verzug ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten Mahnung nicht gezahlt hat.

Da am (€ 3.895,45) sowie am (€ 13.000,00) die Quote übersteigende Zahlungen entrichtet wurden, war der Zwangsausgleich entgegen der Ansicht des Finanzamtes als erfüllt anzusehen, da die verspätete Entrichtung mangels erfolgter Mahnung durch das Finanzamt auf Grund der Bestimmung des § 156 Abs. 4 KO zu keinen Verzugsfolgen für das gemeinschuldnerische Unternehmen geführt hatte.

In Höhe von 80% der aushaftenden und vor Konkurseröffnung fälligen Konkursforderungen (Umsatzsteuer 2002, U 2/2003 und U 3/2003, Kapitalertragsteuer 1-12/2002 und 1-4/2003 sowie Pfändungsgebühren 2003) stand die Uneinbringlichkeit entgegen der Ansicht des Bw. aber bereits mit der Annahme des Zwangsausgleiches fest, da nach derzeitiger Rechtsprechung nach Abschluss eines Zwangsausgleiches anzunehmen ist, dass der in der Ausgleichsquote nicht mehr Deckung findende Teil der Abgabenforderung uneinbringlich sein wird (). In Höhe von 20% der haftungsgegenständlichen Abgaben bestand die Haftungsinanspruchnahme daher nicht zu Recht.

Unbestritten ist, dass dem Bw. als ehemaligen Geschäftsführer der GmbH im Zeitraum vom bis zum die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall bringt der Bw. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bw. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Am Bw., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Der im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bw. jedoch nicht aufgestellt, da er lediglich eine Aufstellung zum , somit zu einem außerhalb des relevanten Zeitraumes ab der ersten Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben (U 2002: ) gelegenen Zeitpunkt, vorlegte.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Kapitalertragsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168). Hinsichtlich der bewirkten Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie bei der Lohnsteuer der Gleichheitsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.

Die vom Bw. geltend gemachten "Billigkeitsgründe", deren Berücksichtigung er bei der Ermessensübung vermisst, nämlich seine Vermögenslosigkeit, sein geringes Einkommen sowie seine bestehenden Sorgepflichten, stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Soweit der Bw. vorträgt, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten bei ihm ausgehen hätte müssen, weshalb die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der GmbH im Ausmaß von 80% der laut Haftungsbescheid ausgewiesenen Abgaben Umsatzsteuer 2002, 2/2003 und 3/2003, Kapitalertragsteuer 1-12/2003 und 1-3/2003 sowie Pfändungsgebühren 2003, daher nunmehr in Höhe von € 39.136,20 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 156 Abs. 4 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914
Schlagworte
Haftung
Geschäftsführer
Ausgleich
Konkurs
Gleichheitsgrundsatz
liquide Mittel

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAD-17919