Säumniszuschlag bei Überwachungsverschulden bzw. Organisationsmängeln
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RV/1269-L/08-RS1 | Die termingerechte Abgabenentrichtung gehört keineswegs zu den einfachen Arbeitsverrichtungen wie etwa die Aufgabe von Postsendungen, auf deren auftragsgemäße Erfüllung durch Angestellte die Partei bzw. der Parteienvertreter in der Regel ohne weitergehende Kontrollmaßnahmen vertrauen darf. Für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungsfristen gelten vielmehr jene Sorgfaltsanforderungen, die nach der Judikatur für fristgebundene Anbringen generell maßgebend sind. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der B-GmbH, vertreten durch Dr. Mayer GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 4020 Linz, Kudlichstraße 43, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000, mit dem von der Umsatzsteuer 05/2008 ein Säumniszuschlag in Höhe von 7.791,19 € festgesetzt wurde, entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Wirksamkeit wurde von der Berufungswerberin ein Betrag von 406.063,89 € auf das Finanzamtskonto zur Entrichtung der am fällig gewesenen Umsatzsteuer 05/2008 in dieser Höhe überwiesen. Die Buchung dieser per wirksamen Zahlung am Abgabenkonto erfolgte am . Zum Fälligkeitstermin wurde am Abgabenkonto ein Guthaben in Höhe von 16.504,35 € ausgewiesen.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom von der Umsatzsteuer 05/2008 in Höhe von 389.559,54 € (406.063,89 abzüglich 16.504,35) einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von 7.791,19 € fest, da die angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Überweisung der Umsatzsteuer Mai 2008 "in Höhe von EUR 389.559,54" sei nicht am Fälligkeitstag, jedoch innerhalb der Respirofrist am Freitag den als Eilüberweisung erfolgt; dies bedeute Gutschrift am selben Tag. Bei der Bank sei die Umsatzsteuerzahlung am abgebucht worden, somit müsste die Gutschreibung beim Finanzamt auch am innerhalb der Respirofrist erfolgt sei. Die Gutbuchung "auf dem Abgabenkonto" sei jedoch erst am Montag den erfolgt, wodurch der Säumniszuschlagsbescheid ausgelöst worden sei. Bei Gutschrift innerhalb der Respirofrist habe die Verspätung gemäß § 211 Abs. 2 BAO ohne Rechtsfolgen zu bleiben. Da die Berufungswerberin innerhalb der letzten sechs Monate alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet habe, und die Säumnis auch bei Gutbuchung am nicht mehr als fünf Tage (ohne Einbeziehung von Samstagen und Sonntagen) betrage, möge der Säumniszuschlag in Anbetracht des § 217 Abs. 5 BAO erlassen werden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt stellte dabei fest, dass die Gutbuchung der gegenständlichen Überweisung erst am erfolgt wäre, wodurch der Säumniszuschlag ausgelöst worden sei. Sinn der Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO sei keineswegs die Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung; vielmehr sei der Gesetzgeber erkennbar davon ausgegangen, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen könne. Im Fall der Entrichtung mittels Banküberweisung gehe das Risiko einer mehr als drei Tage späteren Gutschrift zu Lasten des Abgabenschuldners (). § 217 Abs. 5 BAO könne nicht zur Anwendung gelangen, da innerhalb der letzten sechs Monate nicht alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet worden seien.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom wurde ausgeführt, dass die regelmäßige "Überweisung der Umsatzsteuervoranmeldungen" in den Zuständigkeitsbereich einer Mitarbeiterin falle, die seit ca. zehn Jahren im Unternehmen als Buchhalterin beschäftigt sei. Sie habe sich wiederholt als gewissenhafte und äußerst sorgfältige Mitarbeiterin bewiesen, die die Umsatzsteuervoranmeldungen des Unternehmens stets zur höchsten Zufriedenheit der Gesellschaft vorgenommen habe. Aufgrund eines Versehens dieser Mitarbeiterin, welches allenfalls als leichte Fahrlässigkeit qualifiziert werden könne, sei die Umsatzsteuer für 5/2008 erst am überwiesen worden, weshalb die Zahlung erst am "am Abgabenkonto" gutgeschrieben worden wäre und in der Folge der gegenständlichen Säumniszuschlag ausgelöst worden sei. Ein Verschulden von Arbeitnehmern eines Abgabepflichtigen sei jedoch nicht gleichzusetzen mit grobem Verschulden des Abgabepflichtigen selbst. Ein an der Fristversäumnis schuldhaftes Verhalten sei der Berufungswerberin nur dann zuzurechnen, wenn sie selbst oder ihr Vertreter dieses Verhalten gesetzt habe, wobei das Verschulden insbesondere auch in einem Unterlassen der Organisationspflicht und der Überwachungspflicht bestehen könne. Der Umfang der zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflicht sei stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, wobei diese Pflichten nicht überspannt werden dürften. Eine Überwachung der Mitarbeiter "auf Schritt und Tritt" sei nicht nötig, wenn grundsätzlich Maßnahmen gesetzt würden, die die Fristenwahrung ermöglichen und sichern (vgl. ). Die diesbezügliche Überwachungspflicht gehe jedoch nicht so weit, jede einzelne einfache Arbeitsverrichtung der Angestellten zu kontrollieren. Die Überweisung der monatlichen Umsatzsteuer gehöre zu den Arbeitsverrichtungen, auf deren auftragsgemäße Erfüllung vertraut werden dürfe, es sei denn, dass Veranlassung bestünde, das pflichtgemäße Verhalten des Angestellten in Zweifel zu ziehen (vgl. ). Die Veranlassung einer monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung inklusive Überweisung der daraus resultierenden Abgabenverbindlichkeit sei durch die Mitarbeiterin bereits über mehrere Jahre hinweg stets fristgerecht durchgeführt worden und es sei bislang zu keiner verspäteten Zahlung der Umsatzsteuer gekommen. Auch Ritz (Herabsetzung und Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen, SWK 2001, S 337 ff) führe aus, dass es etwa dem Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht zumutbar sei, die zeitgerechte Durchführung aller Abgabenentrichtungen stets persönlich zu kontrollieren. Durch die Beschäftigung der Mitarbeiterin allein, die sich als verlässliche und äußerst gewissenhafte Mitarbeiterin bereits über Jahre hinweg bewiesen habe, könne der Berufungswerberin kein grobes Auswahlverschulden angelastet werden. Auch ein grobes Kontrollverschulden liege nicht vor, da die zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflichten nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen seien und in diesem Fall alle erforderlichen Maßnahmen getroffen worden wären. Die verspätete Überweisung der Umsatzsteuer 5/2008 beruhe einzig und allein auf dem Verschulden der Arbeitnehmerin, welches aber für die Beurteilung des Verschuldens des Unternehmens nicht schädlich sei. Die Gewissenhaftigkeit der Mitarbeiterin zeige sich darüber hinaus auch darin, dass sie sofort nach Bemerken der Fristversäumnis am die Überweisung der Umsatzsteuer für 5/2008 veranlasst habe, um dadurch mögliche nachteilige Konsequenzen für die Berufungswerberin abzuwenden. Es werde daher beantragt, den Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen.
Für den Fall der Nichtstattgabe dieses Antrages wurde eventualiter die Nachsicht des Säumniszuschlages begehrt. Dieses Nachsichtsansuchen, über welches das Finanzamt erstinstanzlich zu entscheiden hat, wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nur wegen einer äußerst geringen Säumnis (verspätete Entrichtung von Lohnabgaben in Höhe von nur 153,48 €) innerhalb der sechsmonatigen Frist nicht zur Anwendung gelangen hätte können. Die Festsetzung des Säumniszuschlages stehe im Vergleich zu den verspätet entrichteten Lohnabgaben in keiner verhältnismäßigen Relation und sei daher sachlich unbillig.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Von der Umsatzsteuer 05/2008 (fällig am Dienstag, den ) war ein Teilbetrag von 389.559,54 € nicht fristgerecht entrichtet worden, da die am (Freitag) von der Mitarbeiterin der Berufungswerberin veranlasste Überweisung erst am (Montag) am Konto des Finanzamtes gutgeschrieben worden war.
Bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse gelten die Abgaben am Tag der Gutschrift als entrichtet (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO). Da Banküberweisungen regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, und die Abgabe erst als entrichtet gilt, wenn die Zahlung am Bankkonto des empfangsberechtigten Finanzamtes gutgeschrieben wird, würde eine Einzahlung von Abgabenschulden erst am Fälligkeitstag regelmäßig zu einer verspäteten Abgabenentrichtung führen. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund in § 211 Abs. 2 BAO eine dreitägige Respirofrist eingeführt. Erfolgt demnach die Gutschrift im Sinne des § 211 Abs. 1 lit. d BAO zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen. Die Gutschrift am Konto des Finanzamtes (nicht am Abgabenkonto) erfolgte im gegenständlichen Fall jedoch erst am (Montag), und damit nach Ablauf der dreitägigen Respirofrist, die am (Freitag) geendet hatte.
Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.
Diese Bestimmung stellt nach dem eindeutigen Wortlaut allein darauf ab, dass der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet hat. Dass eine nicht zeitgerechte Entrichtung im Sinne dieser Bestimmung darüber hinaus zur Festsetzung eines Säumniszuschlages führen müsste bzw. nur in einem solchen Fall eine nicht zeitgerechte Entrichtung im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vorläge, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. § 217 Abs. 5 BAO kann somit selbst dann keine Anwendung finden, wenn anlässlich einer innerhalb der maßgeblichen letzten sechs Monate eingetretenen Säumnis die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages auf Grund des § 217 Abs. 5 BAO nicht entstanden ist (vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 221 Abs. 1 BAO z.B. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter, 168; ). Gleiches gilt auch für den Fall, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages nur deswegen unterbleibt, weil die betragsmäßige Grenze des § 217 Abs. 10 BAO nicht überschritten wurde ().
Das Finanzamt stellte daher in der Berufungsvorentscheidung zutreffend fest, dass die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangen konnte. Innerhalb der sechsmonatigen Frist lag eine weitere Säumnis vor, da zum fällig gewesene, und im eventualiter gestellten Nachsichtsansuchen erwähnte Lohnabgaben in Höhe von 153,48 € (Dienstgeberbeitrag 12/2007 in Höhe von 142,11 € und Zuschlag zu diesem Dienstgeberbeitrag in Höhe von 11,37 €) erst mit Wirksamkeit entrichtet worden waren. Auch wenn diese Säumnis keine Festsetzung eines Säumniszuschlages zur Folge hatte, stand sie im vorliegenden Fall der Anwendung des § 217 Abs. 5 BAO aus den oben angeführten Gründen entgegen.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und ist diesfalls in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für einen im Rahmen des Vorlageantrages gestellten Antrag.
In der gegenständlichen Berufung wurde darauf hingewiesen, dass die Überweisung innerhalb der Respirofrist, nämlich am letzten Tag derselben (), als Eilüberweisung veranlasst, und an diesem Tag auch der Betrag vom Bankkonto abgebucht worden sei. Mit diesem Vorbringen wird jedoch kein fehlendes grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO aufgezeigt. Der Unabhängige Finanzsenat hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO keineswegs der Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung diene, sondern allein dem Umstand Rechnung tragen soll, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen kann (z.B. ). Die Vorgangsweise, diese Respirofrist als weitere Frist zur Abgabenentrichtung zu verwenden, und die Überweisungen erst am letzten Tag der Respirofrist durchführen zu lassen, stelle einen Missbrauch der Respirofrist und damit ein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO dar (; ).
Aber auch mit dem im Rahmen des Vorlageantrages erstatteten Vorbringen wurde kein fehlendes grobes Verschulden an der gegenständlichen Säumnis aufgezeigt. Es trifft zwar zu, dass im Rahmen des § 217 Abs. 7 BAO ein (allenfalls auch grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei oder ihres Vertreters nicht schädlich ist. Entscheidend ist diesfalls aber (ebenso wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), ob der Partei selbst bzw. ihrem Vertreter grobes Verschulden anzulasten ist (Ritz, BAO³, § 217 Tz 46). In Betracht kommen dabei auch hier (wie bei § 308 BAO) nicht nur grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, sondern auch grobe Organisationsmängel (vgl. Ritz, BAO³, § 308 Tz 17).
Einleitend ist zu dem von der Berufungswerberin ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0215, zunächst festzuhalten, dass die termingerechte Abgabenentrichtung keineswegs zu den einfachen Arbeitsverrichtungen wie etwa die Aufgabe von Postsendungen gehört, auf deren auftragsgemäße Erfüllung die Partei bzw. der Parteienvertreter in der Regel ohne weitergehende Kontrollmaßnahmen vertrauen darf. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind somit - unter der Sanktion einer andernfalls drohenden persönlichen Haftung gemäß § 9 BAO - die organschaftlichen gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft (Geschäftsführer) berufen. Bedienen sich diese dabei einer Mitarbeiterin der Gesellschaft, ist durch entsprechende Kontrollen sicherzustellen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. Wird weder im allgemeinen noch im besonderen ein (wirksames) Kontrollsystem vorgesehen, welches im Falle des Versagens der Mitarbeiterin eine Fristversäumung auszuschließen geeignet ist, liegt eine Verletzung der Aufsichtspflicht vor. Ist somit das Kontrollsystem unzureichend oder wurde das Bestehen einer solchen Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden (vgl. zu § 308 BAO etwa Stoll, BAO, 2986 und die dort zitierte Rechtsprechung; ).
Die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bzw. Zahlungstermine ist daher keine einfache Arbeitsverrichtung, die ohne nähere Kontrolle einer Angestellten überlassen werden kann. Für die abgabenrechtlichen Zahlungsfristen gelten vielmehr jene Sorgfaltsanforderungen, die nach der Judikatur für fristgebundene Anbringen generell maßgebend sind.
So hat der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Berufungswerberin erwähnten Erkenntnis vom , 98/14/0155 betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeführt:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleiangestellten verletzt hat. Der Wiedereinsetzungswerber hat im Antrag konkret darzutun, was er bzw. sein Rechtsanwalt in Erfüllung der Pflicht zur Überwachung der für ihn tätig gewordenen Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung von Fristen vorgekehrt hat. ... Zu den Aufgaben des Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit der Wahrung einer Frist gehört es, die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen und die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten obliegenden Aufsichtspflicht zu überwachen. ... Der Rechtsanwalt muss zwar die mit der Führung des Kalenders betraute Angestellte nicht "auf Schritt und Tritt" überwachen, weshalb ihn nicht die Pflicht zur sofortigen persönlichen Kontrolle jeder Eintragung trifft, doch hat er Maßnahmen vorzukehren, die Fehleintragungen verhindern oder sie rechtzeitig als solche erkennen lassen, indem er z.B. eine andere geschulte und verlässliche Angestellte mit der laufenden Kontrolle der Eintragungen betraut oder selbst regelmäßig in kurzen Intervallen geeignete Überprüfungen durchführt. ... Dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag ist in keiner Weise zu entnehmen, ob und welche Vorkehrungen der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zur Kontrolle der richtigen Eintragung von Fristen getroffen hat. Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die auf die fehlerhafte Fristeintragung zurückzuführende verspätete Einbringung des die Verbesserung der Beschwerde enthaltenden Schriftsatzes bloß auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen ist."
Die gleichen Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Zwar trifft es durchaus zu, dass von einem Geschäftsführer einer Gesellschaft in der Größe der Berufungswerberin regelmäßig nicht verlangt werden kann, die zeitgerechte Durchführung aller Abgabenentrichtungen stets und sofort persönlich zu kontrollieren. Er hat aber auch hier durch entsprechende organisatorische Maßnahmen in seinem Unternehmen sicherzustellen, dass Fehlleistungen der für die Überweisungen zuständigen Mitarbeiterin verhindert oder rechtzeitig erkannt werden.
Im gegenständlichen Fall wurde jedoch nicht aufgezeigt, welche konkreten Vorkehrungen zur Kontrolle der fristgerechten Durchführung der Überweisungen an den Abgabengläubiger getroffen wurden, sodass nicht von einem minderen Grad des Versehens an der Säumnis ausgegangen werden konnte (vgl. ). In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem grobem Verschulden an der Säumnis eine Begünstigung darstellt. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ; vgl. auch zu § 212 BAO).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2009/07 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at