Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 06.07.2012, RV/1287-L/10

Zurückweisung eines verspäteten Wiederaufnahmeantrages

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw) erzielte im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 1989 als einer von 976 atypisch stillen Beteiligten der Fa. MIS Leasing- und Beteiligungs GmbH und Mitgesellschafter (in der Folge kurz M-GmbH und Mitges.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. An dieser Mitunternehmerschaft war auch die C GmbH beteiligt. Rückwirkend zum wurden die Gesellschaftsanteile der meisten Mitunternehmer der M-GmbH und Mitges. nach Umwandlung der C GmbH in eine AG in die C AG eingebracht. Die Möglichkeit zur Kündigung der einzelnen atypischen stillen Beteiligungen bestand erstmals zum . Ab dem erfolgten laufend Kündigungen von einzelnen Mitgesellschaftern. Zum wurden die letzten Mitunternehmer gekündigt und die Mitunternehmerschaft gekündigt.

Mit Bescheid gemäß § 188 BAO vom wurden die Einkünfte der M-GmbH und Mitges. für das Jahr 1989 vom Finanzamt Wien 6/7/15 erklärungsgemäß (hohe Verluste) einheitlich und gesondert festgestellt. Auf Grund einer Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1989 bis 1991 erließ das Finanzamt Wien 6/7/15 am ua. einen neuen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 1989, in dem der zugewiesene Verlust wesentlich vermindert wurde. Das Finanzamt Wien 6/7/15 richtete diese Erledigung an die C AG RNF der MIS Leasing- und Beteiligungs GmbH und Mitgesellschafter.

Im gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 1989 vom (lt. Antrag vom ) wurde dieses Ergebnis laut geänderter Mitteilung vom Wohnsitzfinanzamt des Bw verarbeitet und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend angepasst.

Die gegen den Feststellungsbescheid 1989 des Finanzamtes Wien 6/7/15 erhobene Berufung wurde mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde von allen Beteiligten (der Bw als Nummer xxx) der C AG RNF der MIS Leasing- und Beteiligungs GmbH und Mitgesellschafter am Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben (VwGH Zl. 2002/13/0225). In der Beschwerde (S 26) machte der ausgewiesene Vertreter (ua.) des Bw auch die Rechtsunwirksamkeit der Bescheide aus dem Jahr 1997 unter Nennung auch des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1989 vom wegen Nennung eines unrichtigen Bescheidadressaten geltend:

In der Beschwerde (S 28) wird darauf hingewiesen, dass ein Feststellungsbescheid nach § 188 BAO, der nach Beendigung der Personengesellschaft an diese ergeht keine Rechtwirksamkeit entfaltet (Hinweis auf , betreffend GmbH und stille Gesellschaft) und der gegenständliche Fall wegen Ausscheidens vieler atypisch stiller Beteiligter im Jahr 1994 vergleichbar sei. In der Beschwerde (S 29) wird geltend gemacht, dass sich der Feststellungsbescheid 1989 nicht an die einzelnen im Feststellungszeitraum beteiligten Gesellschafter gerichtet hat und deshalb nicht wirksam geworden ist (neuerlicher Hinweis auf ).

Obige Sachverhaltsfeststellungen sind der genannten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vom , 2002/13/0225, und den Schriftsätzen der beiden Parteien des gegenständlichen Berufungsverfahrens entnommen.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bw mit folgender Begründung die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO bezüglich des "gem. § 295 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheides 1989:

"Wiederaufnahmegrund: Mit Bescheid vom - eingelangt am - wurde festgestellt, dass der dem oben genannten Einkommensteuerbescheid 1989 zugrunde liegende Bescheid gem. § 188 BAO vom mangels gültigem Bescheidadressaten der Bescheidcharakter fehlt und dieser somit keine normative Kraft entfalten konnte. Es handelt sich um einen Nichtbescheid ().Die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid stellt eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar und ist als tauglicher Wiederaufnahmegrund zu qualifizieren. Wenn selbst der bescheiderlassenden Behörde die Tatsache nicht bekannt war, dass der Grundlagenbescheid nicht über Bescheidcharakter verfügte, so kann diese Tatsache im Verhältnis zum Rechtsunterworfenen nur als "neu hervorgekommen" gelten. Den Wiederaufnahmewerber trifft kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes.Die oben beschriebene Rechtsansicht wird durch die Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom geteilt. Siehe beiliegende Kopie der Erledigung.Weiters weise ich darauf hin, dass die Wiederaufnahme des rechtskräftigen Verfahrens zu einem abgeänderten Einkommensteuerbescheid 1989 führt."

In der Begründung führte der Bw aus, dass seine anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Grundlagenbescheid für das Jahr 1989 ( datiert mit ) festgestellt und ihm zugewiesen worden seien.1993 habe eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1989 bis 1991 begonnen, die bis angedauert habe (Bericht vom ). Das Finanzamt habe am - eingelangt am - einen Bescheid gemäß § 188 BAO an die C AG RNF der MIS Leasing- und Beteiligungs GmbH und Mitgesellschafter erlassen, wobei hinsichtlich des Jahres 1989 eine abweichende Feststellung gegenüber dem ursprünglichen Grundlagenbescheid getroffen worden sei.Gegen diesen Bescheid sei zeitgerecht Berufung erhoben worden, die mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden sei. Gegen diese Erledigung der Finanzlandesdirektion sei am Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben worden.

Der Bw setzte in der Begründung des Wiederaufnahmeantrages sinngemäß wie folgt fort:

Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom - eingelangt am - die Beschwerde zurückgewiesen.

Mit Bescheiddatum vom habe die Finanzverwaltung einen Zurückweisungsbescheid zur Berufung vom erlassen, wobei dieser Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 den Grundlagenbescheid 1989 vom - mangels gültigem Bescheidadressaten - zu einem Nichtbescheid erklärt und die Berufung als unzulässig zurückgewiesen habe.Aufgrund des erwähnten Nichtbescheides - erlassen durch das Finanzamt Wien 6/7/15 - wäre der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 1989 des Bw's gemäß § 295 BAO durch den vorliegenden Einkommensteuerbescheid 1989 vom 10. Feber 1997 (gemeint wohl ) ersetzt worden.Die vorgenommene Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1989 wäre auf Basis eines Nichtbescheides erfolgt und entspreche damit nicht den gesetzlichen Bestimmungen.Sein rechtliches Interesse an der Wiederaufnahme begründete der Bw damit, dass es für die Abänderung an einem tauglichen Feststellungsbescheid gefehlt habe. Da der abgeleitete Einkommensteuerbescheid 1989 somit rechtswidrig erlassen worden sei und auch ein nachträglich rechtswirksam erlassener Grundlagenbescheid diesen Mangel nicht heilen könne, sei dem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben. Da der Rechtszustand herzustellen sei, der ohne Abänderung gemäß § 295 BAO vorgelegen habe, sei der Einkommensteuerbescheid in der Fassung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides zu erlassen. Diese Neuerlassung sei auch dann zwingend, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits ein rechtswirksam erlassener Grundlagenbescheid vorliege, der im Ergebnis dem abgeänderten Einkommensteuerbescheid entspreche. Verfahrensrechtlich berechtige dieser neue Grundlagenbescheid nämlich nicht zur Abänderung des aufgrund der Wiederaufnahme neu erlassenen Bescheides.Die Wiederaufnahme ermögliche diese rechtswidrige Abänderung zu korrigieren.Hinsichtlich der Verjährung wies der Bw darauf hin, dass abgeleitete Abgabenbescheide im Gegensatz zu Feststellungsbescheiden der Verjährung unterlägen und damit dem Rechtsunterworfenen ein Rechtsverlust drohe.

Dem Wiederaufnahmeantrag wurde eine Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Finanzen vom beigelegt, wonach eine Bescheidänderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO die Erlassung eines Grundlagenbescheides voraussetze. Ergehe ein solcher nicht, könne diese Rechtswidrigkeit auch im Rahmen eines Wiederaufnahmeantrages geltend gemacht werden. Der Bewilligung der Wiederaufnahme stehe die Bemessungsverjährung nicht entgegen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom Finanzamt mit folgender Begründung als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen."Gemäß § 303 Abs. 2 BAO besteht eine Frist von 3 Monaten nach Kenntniserlangung ua von Tatsachen, innerhalb der ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt werden kann. Im betreffenden Antrag wird auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem das Feststellungsamt mittels Zurückweisungsbescheid über die damalige Berufung im F-Verfahren 1989 abgesprochen hat.

Nach Ansicht des Finanzamtes ist aber der Beginn der Kenntniserlangung über die Tatsache, dass der F-Bescheid 1989 als "Nichtbescheid" zu qualifizieren ist, schon früher eingetreten; nämlich mit der Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes - somit nach ho. Aktenlage ab dem . Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gilt dieser Beschluss mit der Zustellung an die damaligen Beschwerdeführer auch an die jeweiligen Beteiligten als zugestellt.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist allerdings aktenkundig geraume Zeit später gestellt worden. Sollten innerhalb der Informationskette zwischen dem Steuersubjekt der atypischen Gesellschaft und ihren Beteiligten irgendwelche "Informationsunzukömmlichkeiten" passiert sein, so wären diese vom letztverantwortlichen Einkommensteuerpflichtigen zu tragen. Dem Datum des Zurückweisungsbescheides (der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid nach der Betriebsprüfung im Feststellungsverfahren der Mitges) durch das Feststellungsamt kann im gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahren nicht die vom Antragsteller gewünschte B3edeutung zukommen, weil dieser Bescheid lediglich die Funktion hat, das eröffnet gewesene Berufungsverfahren betreffend Feststellung von Einkünften abzuschließen."

Mit Schriftsatz vom (der auch einen Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO und die Anregung einer amtswegigen Wiederaufnahme enthielt) erhob der Abgabepflichtige mit folgender Begründung Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom :

Der Wiederaufnahmeantrag vom wurde als nicht fristgerecht zu ruckgewiesen, weil nach Meinung des Finanzamtes bereits der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom dem Grundlagenbescheid 1989 vom jeglichen Bescheidcharakter abgesprochen hat.

Diese Aussage des Finanzamtes Ist jedoch unrichtig. In dem zitierten VwGH - Erkenntnis spricht der VwGH nur dem Bescheid vom der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederosterreich und Burgenland jeglichen Bescheidcharakter ab. Der VwGH lässt - im Gegensatz zu den Ausführungen des Finanzamtes - die Frage, ob bereits die erstinstanzlichen Bescheide vom "Nichtbescheide" seien ausdrücklich offen, wenn er schreibt (die Hervorhebung durch Fettdruck bzw. das Rufzeichen wurden vom Verfasser hinzugefügt):

"In der vorliegenden Beschwerde gegen diese Erledigung wird u.a. - in Verbindung mit der Behauptung über die mangelnde Bescheidqualität schon der erstinstanzlichen Erledigungen, worauf hier nicht eingegangen werden muss (!) ..."

Im Übrigen sei erwähnt, dass der VwGH in dieser Sachverhaltskonstellation über die Bescheidqualität der erstinstanzlichen Bescheide gar nicht absprechen kann, da nicht diese vor dem VwGH angefochten wurden, sondern die o.a. Erledigung vom der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Hätte bereits der VwGH über die Bescheidqualität der erstinstanzlichen Bescheide vom abgesprochen, hätte es im Übrigen auch keiner Zurückweisungsbescheide vom des Finanzamtes vom 6., 7. bzw. 15. Bezirkes bedurft. Erst mit diesen Zurückweisungsbescheiden wurde behördlich die Nichtigkeit der Bescheide vom festgestellt. Frühestens erst ab diesem Zeitpunkt kann daher auch der Fristenlauf für die Einbringung des Wiederaufnahmeantrages zu laufen beginnen.

Mein Antrag auf Wiederaufnahme ist (bei Rechtskraft des abgeleiteten Bescheides) folglich ein - aus Rechtsschutzüberlegungen gebotener - (zusätzlicher) Rechtsbehelf, der beispielsweise dann von Bedeutung (diesfalls aber dann aus rechtsstaatlichen Rechtsschutzüberlegungen unverzichtbar) ist, wenn das Finanzamt mit der Erlassung des abgeleiteten Bescheides säumig ist.

ln diesem Umfeld der sachlichen Gegebenheiten und des erforderlichen Rechtsschutzes kann eine verfassungskonforme Interpretation der verfahrensgegenständlichen Fristenregelung nur dazu führen, dass die Frist für einen mit Neuerungen betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung begründeten Wiederaufnahmeantrag nicht früher zu laufen beginnt als beim zuständigen Finanzamt die Verständigung über die nachträgliche Abänderung, die Aufhebung oder die Feststellung der Unwirksamkeit des Feststellungsbescheides einlangt und nach außen erkennbar in Erscheinung tritt, insbesondere auch nicht früher, als dem Abgabepflichtigen verlässlich bekannt wird, dass das zuständige Finanzamt darauf nicht mit amtswegiger Erlassung eines abgeleiteten Bescheides reagiert.

Ausdrücklich ist abschließend auch darauf zu verweisen, dass es nicht nur eine Wiederaufnahme auf Antrag, sondern auch eine Wiederaufnahme von Amts wegen gibt. Fakt ist, dass mein Einkommensteuerbescheid aufgrund eines Nichtbescheides geändert wurde und dass dies rechtswidrig war und diese Rechtwidrigkeit auch durch einen etwaigen zukünftigen gleichlautenden einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid saniert werden kann (). Damit sind auch die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme gegeben, sowie die Voraussetzung des § 295 BAO gegeben. Ganz offensichtlich erfolgt die gebotene amtswegige Änderung meines gegenständlichen Einkommensteuerbescheides nur deswegen nicht, weil sich dies zu meinen Gunsten auswirken würde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist unda) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oderb) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oderc) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurdeund die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach § 303 Abs. 2 BAO ist der Antrag gemäß Abs. 1 binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid erster Instanz erlassen hat.

Die Frist des § 303 Abs. 2 BAO beginnt mit Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes und nicht erst mit dessen Beweisbarkeit zu laufen. Sie ist nicht verlängerbar (Ritz, BAO3, § 303 Tz 27f unter Hinweis auf ). Der Bw hat sich dabei auch die Kenntnis seines Vertreters zurechnen zu lassen. Er hat gegenüber der Abgabenbehörde nämlich nicht nur seine eigenen Handlungen und Unterlassungen, sondern auch die derjenigen Personen zu vertreten, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient (vgl. ).

Ein verspäteter Wiederaufnahmeantrag ist zurückzuweisen ().

Im Wiederaufnahmeantrag beruft sich der Bw ausdrücklich darauf, die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid sei eine neu hervorgekommeneTatsache.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa ) ausgesprochen, Tatsachen im Sinn des § 303 Abs. 1 lit. b BAO seien ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände. Das sind Elemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden - sind danach keine neuen Tatsachen. Nur neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, das sind solche, die schon vor Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden (nova reperta), kommen als tauglicher Wiederaufnahmsgrund im Sinne des Neuerungstatbestandes in Betracht. Erst nach Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides entstandene Tatsachen oder Beweismittel (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe.

Die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache stellt weder eine neue Tatsache (vgl. mwN), noch ein (neu hervorgekommenes) Beweismittel im Sinn des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar, sondern basiert vielmehr selbst auf Tatsachen bzw. Beweismitteln (vgl. ).

Im Rahmen des Neuerungstatbestandes kommt daher nicht - wie vom Bw ins Treffen geführt - der Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung vom , sondern nur den Tatsachen und Beweismitteln Bedeutung zu, die zu dieser Entscheidung geführt haben (vgl. ). Der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom ist schon deshalb kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund, weil es sich dabei um ein erst nach Erlassung des letztgültigen Einkommensteuerbescheides vom neu entstandenes Faktum (novum productum) handelt.

Die Tatsache sowie Gründe der Falschadressierung des Feststellungsbescheides 1989 vom hat der Bw jedoch selbst bereits am in der Beschwerde diesen Datums an den Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2002/13/0225 als Gründe der Nichtigkeit dieses Bescheides geltend gemacht, weil der Bw als Beschwerdeführer (Nr. xxx ) in der Beschwerdeschrift aufscheint. Die Tatsache der Falschadressierung und diese begründende Umstände waren dem Bw bzw. dessen Vertreter somit schon am bekannt und die Rechtsfolge der Nichtigkeit der als Feststellungsbescheid 1989 intendierten Erledigung bewusst.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens datiert vom und wurde damit erst mehr als fünf Jahre nach der nachweislichen Kenntniserlangung der dafür behaupteten Gründe gestellt.

Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag ist daher in Ansehung der in § 303 Abs. 2 BAO geforderten Frist von drei Monaten verspätet. Das Finanzamt hat daher den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Deshalb konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Zur Entscheidung über den mit der Berufung verbundenen Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO ist der Unabhängige Finanzsenat in diesem Berufungsverfahren ebenso wenig zuständig wie für die angeregte amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 303 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at