Abfertigungszahlungen sind keine Betriebsausgaben bei unentgeltlichem Betriebsübergang
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Stockhammer & Stellnberger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH, 4400 Steyr, L.-Werndl-Straße 9, gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einkommensteuer 2004 und 2005 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Angefochten sind die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum 2003 bis 2005 traf die Betriebsprüferin im Wesentlichen folgende Feststellungen (BP-Bericht vom ):
Abfertigung (Tz. 1):
Mit Wirkung wurde der Betrieb an den Sohn des Berufungswerbers im Schenkungswege übertragen und per das Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst. In diesem Zusammenhang wurden Abfertigungszahlungen geleistet (Abfertigung 13.965,00 € bezahlt am , freiwillige Abfertigung 12.568,50 € bezahlt am ).
Abfertigungsbeträge, die nahen Angehörigen zufließen, können nur insoweit als Entgelt (Entlohnung) für eine Dienstleistung angesehen werden, als sie unter gleichen Voraussetzungen auch Fremden gezahlt worden wären. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung erscheint es ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber einem mit ihm nicht im nahen Angehörigenverhältnis stehenden Arbeitnehmer seinen Betrieb unentgeltlich überlässt und zusätzlich noch eine Abfertigung bezahlt. Daran vermag auch der Umstand, dass der Sohn als Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf Bezahlung der Abfertigung gehabt hätte, nichts zu ändern; in Ansehung an die unentgeltliche Betriebsübertragung wäre eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses unter Verzicht auf die Abfertigung üblich gewesen (vgl. ).
Die Abfertigungszahlungen sind daher nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen.
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2004 | 2005 | |
Kürzung Abfertigungsaufwand | 13.965,00 €
| 12.568,50 €
|
Das Finanzamt nahm das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2004 und 2005 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und kürzte entsprechend der Feststellungen der Betriebsprüfung die Betriebsausgaben um die obigen Abfertigungszahlungen (Bescheide vom ).
Gegen diese Bescheide erhob der Berufungswerber (Bw) durch seine steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) Berufung und beantragte die Anerkennung der Abfertigungszahlungen iHv 13.965,00 € (2004) und 12.568,50 € (2005).
Hinsichtlich der näheren Ausführungen wird auf die Berufungsschrift verwiesen.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob die an den Sohn des Bw geleisteten Abfertigungszahlungen betrieblich oder privat veranlasst waren.
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Bw ist Zivilingenieur für Bauwesen und betrieb seit 1972 ein Ziviltechnikerbüro; in diesem Büro war der Sohn des Bw vom bis als leitender technischer Angestellter beschäftigt. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses erhielt er eine gesetzliche Abfertigung iHv 13.965,00 € (Auszahlung 12/04) und eine freiwillige Abfertigung iHv 12.568,50 € (Auszahlung 1/05).
Das Dienstverhältnis zur einzigen weiteren Mitarbeiterin N.N. wurde mit einvernehmlich gelöst und ihr ebenfalls sowohl eine gesetzliche als auch eine freiwillige Abfertigung bezahlt.
Der Bw schloss am mit seinem Sohn folgenden Schenkungsvertrag ab:
Erstens: Herr DI XX betreibt am Standort O, B Str. ZZ ein Ziviltechnikerbüro für Bauwesen. Herr DI XX ist Alleineigentümer.
Zweitens: DI XX, geboren 00.00.0000, schenkt und übergibt hiermit seinem Sohn DI YY, geboren 11.11.1111, und dieser übernimmt von dem Ersteren den Betrieb des Ziviltechnikerbüros, samt allen Aktiven und Passiven soweit in diesem Vertrag keine anderen Vereinbarungen getroffen werden mit Wirkung .
Drittens: Von der Schenkung ausgenommen ist die im Betriebsvermögen des Herrn DI XX befindliche Liegenschaft in O, B Str. ZZ, sowie das KFZ Audi A6 und das Bankkonto Nr. YYYYY, BLZ AAAA bei der Bank, Region Z.
Viertens: DI YY nimmt diese Schenkung dankend an. Der Geschenkgeber verzichtet darauf, diese Schenkung aus welchem Grund auch immer zu widerrufen.
Fünftens: Der Geschenknehmer erwirbt das Zivilingenieurbüro mit allen Rechten und Pflichten, die dem abtretenden bisherigen Alleineigentümer zustehen beziehungsweise obliegen.
Sechstens: Die Übergabe und Übernahme des Zivilingenieurbüros erfolgt mit Unterfertigung dieses Vertrages und daher gehen von diesem Zeitpunkt angefangen alle Nutzungen und Rechte, aber auch alle Lasten und Gefahren auf den Geschenknehmer über, soweit keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden.
Siebentens: Die Vertragsparteien erklären im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes, dass innerhalb der letzten zehn Jahre keine schenkungsweise Zuwendung von Seiten des Geschenkgebers an den Geschenknehmer erfolgt ist.
Achtens: Die mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren trägt der Geschenknehmer.
Neuntens: Von diesem Schenkungsvertrag können den beteiligten Parteien über Verlangen auch wiederholt Ausfertigungen erteilt werden.
Abfertigung:
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Damit werden Abfertigungszahlungen an Arbeitnehmer, welche gemäß § 67 Abs. 3 EStG begünstigt zu besteuern sind, als abzugsfähig qualifiziert.
Nach ständiger Rechtsprechung finden Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen - selbst wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechtes entsprechen - im Steuerrecht nur dann Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizität), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter denselben Bedingungen abgeschlossen worden wären ().
Es erscheint im Rahmen des für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gebotenen Fremdvergleiches ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber einem mit ihm nicht verwandten Arbeitnehmer seinen Betrieb unentgeltlich überlässt und dann auch noch eine Abfertigung bezahlt (Jakom/Lenneis, EStG 2013, § 4 Rz 344). Daran vermag auch der Umstand, dass der Sohn des Bw als Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch auf Bezahlung der Abfertigung gehabt hätte, nichts zu ändern, weil in Ansehung der unentgeltlichen Betriebsübergabe eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses unter Verzicht auf die Abfertigung üblich gewesen wäre (; ).
Die Ausführungen des Bw, die Judikatur betreffe Veranlagungszeiträume vor 2003, der vorliegende Fall hingegen beziehe sich auf Rechtsvorgänge nach dem , wo die Rechtslage durch die Einführung der Mitarbeitervorsorgekasse eine völlig andere sei, geht nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ins Leere:
Richtig ist, dass sämtliche Dienstnehmer, welche ab dem ein neues Dienstverhältnis begründen, in einer Mitarbeitervorsorgekasse erfasst sind und Abfertigungsansprüche erwerben (Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz - BMVG, in Kraft getreten am ; Grundlegend dabei ist die Auslagerung der bisherigen Abfertigungsverpflichtung des Arbeitgebers auf rechtlich selbständige Mitarbeitervorsorgekassen.). Für Arbeitsverhältnisse, die vor diesem Zeitpunkt begonnen haben, gilt das alte Abfertigungsrecht weiter; es besteht für die Arbeitnehmer jedoch die Möglichkeit, vom alten in das neue System umzusteigen.
Ein solcher Umstieg ist im gegenständlichen Fall nicht erfolgt, sodass die alte Rechtslage anzuwenden ist und die oben zitierte Judikatur zum Tragen kommt.
Wenn ein Vater seinem Sohn ein Einzelunternehmen schenkt und noch zusätzlich eine Abfertigung zahlt, beruht eine solche Abfertigungszahlung nicht auf einer, auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen vorgenommenen Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer.
Die geleisteten Abfertigungszahlungen sind daher privat veranlasst und nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Im Übrigen verneint der Unabhängige Finanzsenat nicht, dass das Dienstverhältnis des Sohnes fremdüblich gewesen sei; ansonsten wären bereits die Gehaltszahlungen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen.
Die Sonderstellung des Sohnes des Bw ist dadurch gegeben, dass er als einziger Dienstnehmer zusätzlich zur Abfertigung den Betrieb unentgeltlich erhalten hat.
Es war daher abweisend zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at