Familienbeihilfe und Verordnung (EWG) Nr 1408/71
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, W., gegen den Abweisungbescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg betreffend Familienbeihilfe ab August 2008 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Familienbeihilfe für das Kind D. X. wird ab Oktober 2008 gewährt.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob der Berufungswerberin (Bw) für ihren Sohn D., geb am 1983, die Familienbeihilfe ab Oktober 2008 zusteht.
Die Bw ist verheiratet. Sie, ihr Gatte und Sohn D. sind deutsche Staatsbürger. Die Bw. und ihr Gatte haben seit dem Jahr 2005 einen ständigen Hauptwohnsitz in Österreich (W. ). Die Bw bezieht in Österreich nichtselbständige Einkünfte. Nach Angaben der Bw arbeitet ihr Gatte in Wien, bezieht aber sein Einkommen aus öffentlichen Kassen in Deutschland. Sohn D. hat in Österreich keinen Wohnsitz. Er studiert an der Technischen Fachhochschule Berlin Architektur.
Die Bw legte folgende Unterlagen vor:
Immatrikulationsbescheinigung für das Wintersemester 2008/2009 ( - )
Wehrdienstzeitbescheinigung vom über die Ableistung des Grundwehrdienstes vom XX. 2003 bis YY. 2004.
Meldebestätigung der Bw (Hauptwohnsitz seit : W. )
Bescheid des Bundesverwaltungsamtes, Außenstelle Berlin-Lichtenberg, Familienkasse vom XX 2006, nachdem dem Gatten der Bw für D. bis Kindergeld iHv € 154,00 gewährt wird.
Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag der Bw. auf Gewährung der Familienbeihilfe mit folgender Begründung ab:
"Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.
Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.
Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Differenzbetrages (Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 in Verbindung mit Art.10 der DVO 574/72).
Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung der Differenzzahlung berücksichtigen (Artikel 76 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71)."
Die Bw erhob gegen den Bescheid fristgerecht Berufung und begründete diese wie folgt:
"Aus den Ihnen vorliegenden antragsbegründenden Unterlagen geht hervor, dass
- ich EU-Staatsangehörige bin
- ich meinen ständigen Wohnsitz in Österreich habe und hier einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe
- mein Sohn D. an der technischen Fachschule Berlin eingeschriebener Student ist
- er Grundwehrdienst geleistet hat
- und ich für ihn Familienbeihilfe ab dem und nicht bereits, wie in Ihrem Bescheid angegeben, ab August 2008 beantragt habe. Denn bis zum wird für D. Kindergeld an meinen Ehemann ausgezahlt (Nachweis darüber liegt Ihnen ebenfalls vor). Danach besteht in Deutschland kein gesetzlicher Anspruch mehr auf Kindergeld für ihn. Mein Ehemann hat ebenfalls seinen ständigen Wohnsitz in Österreich (siehe beigefügte Kopie seiner Meldebescheinigung), er arbeitet in Wien, bezieht sein Einkommen jedoch aus öffentlichen Kassen in Deutschland. Zusätzlich berufe ich mich auf das beigefügte Info-Blatt des BMGFJ..."
Der UFS stellte mit Vorhalt vom folgende Fragen an die Bw.
"1. Wo übt Ihr Ehegatte seine Tätigkeit aus? Wo ist sein ständiger Aufenthaltsort? Ist er nach wie vor im öffentlichen Dienst beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beschäftigt?
2. Hat Ihr Sohn D.X. eigene Einkünfte? Wenn ja, in welcher Höhe?
3. Wo wohnt Ihr Sohn D.X. ? Hat er seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland?
4. Wie ist der Familienstand Ihres Sohnes?
5. Wieso erhält Ihr Ehegatte kein deutsches Kindergeld mehr für Ihres Sohn D.X. ?
6. Wer trägt die Unterhaltskosten für Ihren Sohn D.X. ? Wie hoch sind diese?
7. Erhalten Sie für Ihren Sohn D.X. Unterhaltszahlungen vom Kindesvater? Wenn ja, in welcher Höhe?
8. Welches Studium absolviert Ihr Sohn D.X. ? Wie lange ist die Mindeststudiendauer und wie lange wird Ihr Sohn voraussichtlich benötigen?
Weisen Sie die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung Ihres Sohnes durch geeignete Unterlagen nach!"
Mit Schreiben vom beantwortete die Bw die Fragen wie folgt.
"Zu Punkt 1
Mein Ehegatte übt seine Tätigkeit bei der Deutschen Handelskammer in Wien aus. Er ist vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Berlin für insgesamt 5 Jahre für diese Aufgabe bestellt. Wie Sie aus der von mir im Schreiben vom beigelegten Meldebestätigung entnehmen können, ist sein ständiger Wohnsitz hier in Wien.
Zu Punkt 2
Mein Sohn D. erhält Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von zurzeit monatlich € 643,00.
Zu Punkt 3
D. wohnt in Berlin. Für die Dauer seines Studiums ist das sein ständiger Wohnsitz.
Zu Punkt 4
Mein Sohn ist ledig.
Zu Punkt 5
Nach dem Bundeskindergeldgesetz erhalten Eltern in Deutschland Kindergeld für alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr. Für Kinder in Ausbildung, die nach dem geboren sind, verlängert sich der Bezug bis zum 25. Lebensjahr. Der Anspruch auf Bezug von Kindergeld für Kinder in Ausbildung verlängert sich ggf um die Dauer geleisteten Grundwehrdienstes. D. ist am 83 geboren. Sein 25. Lebensjahr hatte er demnach am XY2008 vollendet. Da er 9 Monate Grundwehrdienst geleistet hat, endete der Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für ihn mit Ablauf des Monats September 2008. Kopie des Bewilligungsbescheides, aus der das Ende des Bewilligungszeitraums hervorgeht, liegt Ihnen vor.
Zu Punkt 6
D. erhält von mir ergänzend zur Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (s.o.) monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 350 €.
Zu Punkt 7
Der Kindesvater leistet keine Unterhaltszahlungen.
Zu Punkt 8
Wie Sie aus der von mir beigelegten Studienbescheinigung entnahmen können, studiert D. seit dem Architektur an der Technischen Fachhochschule Berlin. Die Regelstudienzeit beträgt 8 Semester. D. hat zusätzlich ein Auslandsemester absolviert. Derzeit schreibt er seine Diplomarbeit. Voraussichtlich wird er sein Studium im März 2009 abschließen. Die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung sollte ausreichend durch die Tatsache begründet sein, dass er innerhalb der Mindeststudienzeit sein Studium abschließen wird. Das freiwillige Auslandssemester diente in erster Linie dazu, seine zukünftige berufliche Qualifikation auf eine breitere Basis zu stellen, um seine Berufsaussichten nach Abschluss des Studiums zu verbessern ..."
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest.
Die Bw ist verheiratet. Sie, ihr Gatte und ihr Sohn D. sind deutsche Staatsbürger. Die Bw und ihr Gatte haben seit dem Jahr 2005 einen ständigen Hauptwohnsitz und den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich. Die Bw bezieht in Österreich nichtselbständige Einkünfte. Ihr Gatte arbeitet bei der deutschen Handelskammer in Wien. Er wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Berlin für insgesamt 5 Jahre für diese Aufgabe bestellt und bezieht sein Einkommen aus öffentlichen Kassen in Deutschland. D. , der Sohn der Bw, hat in Österreich keinen Wohnsitz. Er ist am 83 geboren, hat seinen Grundwehrdienst 2003/2004 geleistet und studiert seit an der Technischen Fachhochschule Berlin Architektur, wobei er sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt. Er wird sein Studium voraussichtlich im März 2009 abschließen. D. erhält Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von zurzeit monatlich € 643,00,-- sowie monatliche Unterhaltszahlungen von der Bw iHv € 350,--.
Der Kindesvater leistet keine Unterhaltszahlungen.
Der Gatte der Bw erhielt (deutsches) Kindergeld für D. aG der deutschen Gesetzeslage (Altersgrenze) bis .
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf folgender Beweiswürdigung.
Die persönlichen Verhältnisse sind aktenkundig und unbestritten.
Dass D. das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt, ergibt sich aus dem glaubhaften Vorbringen der Bw und aus dem im März 2009 avisierten Studienabschluss.
Die Auszahlung des Kindergeldes an den Gatten der Bw bis ist aktenkundig (Bescheid des Bundesverwaltungsamtes Außenstelle Berlin-Lichtenberg, Familienkasse vom XX 2006; zur deutschen Gesetzeslage s.u.).
Aus rechtlicher Sicht ist auszuführen wie folgt.
Gemäß § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 idgF (in der Folge: FLAG), haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe ua für volljährige Kinder bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden und bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen.
Dass sich die Bw als Unionsbürgerin iSd § 3 FLAG rechtmäßig im Inland aufhält, ist unbestritten.
Nach § 5 Abs. 3 FLAG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
§ 53 Abs 1 FLAG lautet:
"Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten."
Der Aufenthalt des Sohnes der Bw im übrigen Gemeinschaftsgebiet ist daher für den Familienbeihilfenanspruch der Bw nicht schädlich.
Dies wird auch vom FA nicht bestritten; es vertritt allerdings die Auffassung, dass der Gatte der Bw in Deutschland einen Anspruch auf Kindergeld für D. habe, weshalb der Bw kein Anspruch auf Familienbeihilfe zukomme.
Wie das FA richtig erkannt hat, ist die Frage, ob Ansprüche in Deutschland vorrangig in Betracht kommen, nach der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (im Folgenden: VO) zu beurteilen.
Das deutsche Kindergeld fällt unter den Begriff der Familienleistungen des Art 1 der VO. Diese ist damit sachlich anwendbar.
Unbestritten ist im ggstdl Fall, dass der Ehegatte der Bw sein Einkommen aus öffentlichen Kassen in Deutschland bezieht, weshalb er zweifellos nach Art 2 der VO deren persönlichen Geltungsbereich unterliegt.
Art. 13 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt, dass - vorbehaltlich hier nicht interessierender Sonderbestimmungen - Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates unterliegen. Soweit die hier nicht in Betracht kommenden Art. 14 bis 17 der zitierten Verordnung nicht etwas anderes bestimmen, gilt gemäß Art. 13 Abs. 2 Folgendes:
"a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt ..."
Der Ehegatte der Bw unterliegt somit den deutschen Rechtsvorschriften.
Dementsprechend hat er den Anspruch auf Kindergeld in Deutschland geltend gemacht und bis auch bezogen.
Die Bw ist in Österreich nichtselbständig berufstätig und unterliegt somit ebenfalls dem persönlichen Geltungsbereich der VO. Auch sachlich ist die VO anwendbar, da die Familienbeihilfe unter den Begriff der "Familienleistungen" iSd VO zu subsumieren ist.
Gem Art 13 der VO unterliegt die Bw den österreichischen Rechtsvorschriften.
Nach Art. 73 der Verordnung Nr. 1408/71 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, vorbehaltlich hier nicht interessierender Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.
Die Bw hat demnach grs Anspruch auf Familienleistungen in Österreich.
Wie das FA in der Begründung des abweisenden Bescheids richtig ausführt, regelt die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auch, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.
Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. (Beschäftigungsmitgliedstaat).
Sind die Anspruchsberechtigten - wie im vorliegenden Fall - in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen (Wohnmitgliedstaat). Dies ergibt sich aus Art 76 der VO, wonach gilt:
"(1) Sind für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, Familienleistungen aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorgesehen, so ruht der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gegebenenfalls gemäß Artikel 73 bzw. 74 geschuldeten Familienleistungen bis zu dem in den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats vorgesehenen Betrag.
(2) Wird in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, kein Antrag auf Leistungsgewährung gestellt, so kann der zuständige Träger des anderen Mitgliedstaates Absatz 1 anwenden, als ob Leistungen in dem ersten Mitgliedstaat gewährt würden."
Der Familienangehörige D. wohnt in Deutschland. Demnach trifft Deutschland die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen. Der Anspruch in Österreich ruht bis zu dem in den Rechtsvorschriften in Deutschland vorgesehenen Betrag.
Maßgeblich ist der tatsächliche Anspruch im Wohnmitgliedstaat. Wird kein Antrag gestellt, können dennoch die Leistungen, auf die Anspruch bestünde, bei der Differenzzahlung berücksichtigt werden.
Besteht allerdings in Deutschland nach den dort geltenden Rechtsvorschriften kein Anspruch (mehr), zB wegen Überschreitens der Altersgrenze, so ist der Fall nicht nach den Antikumulierungsregeln des Art 76 der VO (allenfalls iVM Art 10 der Durchführungsverordnung 574/72), sondern nach Art 73 der VO zu lösen. (Siehe Urteil des EuGH v ; Dodl, Oberhollenzer, C-543/03, Rz 63).
Nach Art 73 der VO hat die Bw grs Anspruch auf Familienleistungen wie Familienbeihilfe in Österreich.
Es ist also zu prüfen, ob es gemäß der deutschen Rechtslage in der konkreten Situation des hier zu beurteilenden Falles tatsächlich zu äquivalenten deutschen Leistungen kommen kann (s Zl 2006/13/0074).
Unbestritten ist, dass der Gatte der Bw deutsches Kindergeld für D. beanspruchte und dieses nur bis gewährt wurde. Dies entspricht der deutschen Rechtslage, wonach für D. kein Anspruch auf Kindergeld aG seines Alters mehr besteht.
Ermittlungen des UFS ergaben, dass in Deutschland betreffend der Altersgrenzen Folgendes gilt:
Kindergeld wird mindestens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Vollendung erfolgt am Vorabend des Geburtstages) gezahlt, darüber hinaus bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn das Kind sich in der Schul-, Berufsausbildung oder im Studium befindet und das eigene Einkommen des Kindes bestimmte Grenzen nicht übersteigt. Kindergeld kann bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes bezogen werden, wenn es bei der Agentur für Arbeit oder einem anderen für Arbeitslosengeld II zuständigen Leistungsträger (Arbeitsgemeinschaft/Kommune) arbeitsuchend gemeldet ist und keine mehr als geringfügige Tätigkeit ausübt.
In Einzelfällen wird gemäß § 32 Abs. 5 dEStG über das 25. Lebensjahr hinaus noch Kindergeld gezahlt. Dies ist dann der Fall, wenn ein Kind während der Schul- oder Berufsausbildung oder des Studiums den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet, sich freiwillig für nicht mehr als drei Jahre zum Wehrdienst verpflichtet oder eine vom Grundwehrdienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausgeübt hat.
Die 27-Jahre-Grenze wird gemäß § 52 Abs. 40 Satz 6 dEStG in Stufen auf 25 Jahre gesenkt:
- Geburtsjahr bis 1981: Kindergeld bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres - Geburtsjahr 1982: Kindergeld bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres - Geburtsjahr ab 1983: Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
D. wurde am 1983 geboren. Nachdem D. sich noch in Berufsausbildung befindet, stand ihm jedenfalls bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres am XY2008 Kindergeld zu. Nachdem die Ableistung des Grundwehrdienstes nach den oben zitierten Vorschriften miteinzubeziehen ist, wurde das Kindergeld bis gewährt, was durch eine Kopie des Bewilligungsbescheides nachgewiesen ist.
Es kann zu keinen deutschen Leistungen mehr kommen, da in Deutschland aG der Altersgrenze kein Anspruch mehr besteht.
Es besteht daher ein grs Anspruch auf österreichische Leistungen nach Art 73 der VO. Zu prüfen ist, ob nach den anzuwendenden österreichischen Rechtsvorschriften im gegebenen Fall ein konkreter Anspruch vorliegt.
Nach österreichischer Rechtslage kann für Studenten, die den Präsenz- oder Zivildienst vor Vollendung des 26. Lebensjahres abgeleistet habe, bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres Familienbeihilfe bezogen werden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die eigenen zu versteuernden Einkünfte des Kindes € 9.000,-- im Kalenderjahr nicht übersteigen. Auch diese Voraussetzung ist im ggstdl Fall gegeben.
Da D. das Universitäts- oder Hochschulstudium zur Gänze im Ausland absolviert, gibt es betreffend die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung keine spezifische gesetzliche Regelung. Hier ist die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zu beurteilen.
Die Bw hat glaubhaft gemacht, dass D. ernsthaft und zielstrebig studiert.
Die Familienbeihilfe ist daher bis zum Ende der Ausbildung (Studienabschluss im März 2009 avisiert) bzw solange das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, längstens jedoch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zu gewähren.
Verfahrensrechtlich ist anzumerken, dass die Bw die Familienbeihilfe ab Oktober 2008 beantragte. Offenbar irrtümlich erließ das FA den Abweisungsbescheid ab August 2008. In der Berufung führte die Bw explizit aus, dass sie Familienbeihilfe für D. erst ab beantrage, da für D. bis (deutsches) Kindergeld an den Ehemann der Bw ausgezahlt werde.
Der Berufung war daher insoweit vollinhaltlich Folge zu geben und die Kinderbeihilfe ab Oktober 2008 zu gewähren.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 13 VO 1408/71, ABl. Nr. L 149 vom S. 2 Art. 73 VO 1408/71, ABl. Nr. L 149 vom S. 2 Art. 76 VO 1408/71, ABl. Nr. L 149 vom S. 2 |
Schlagworte | Familienbeihilfe Gemeinschaftsrecht Studium |
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at