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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 25.06.2013, RV/3573-W/11

Katastrophenschaden als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Irene Eberl, BIM Friedrich Nagl und Mag. Johannes Denk im Beisein der Schriftführerin Diana Engelmaier über die Berufung der Bw., Adr.Bw., vertreten durch Astoria WT-Stb. GmbH & Co KG, 3500 Krems an der Donau, Edmund-Hofbauer-Straße 1, gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel, vertreten durch ADir Josef Hiess, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 nach der am am Finanzamt Waldviertel in Krems an der Donau durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) bezieht neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (von der Pensionsversicherungsanstalt) noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

In der elektronisch übermittelten Erklärung zur Einkommensteuer für das Jahr 2010 beantragte die Bw ua die Berücksichtigung eines Betrages in Höhe von € 5.235,60 als außergewöhnliche Belastung aus einem Katastrophenschaden (ohne Selbstbehalt).

Seitens des Finanzamtes wurde telefonisch um die betreffende Rechnung hinsichtlich des in der Veranlagung geltendgemachten Katastrophenschadens ersucht.

Laut der übermittelten Rechnung (A. datiert vom ) sind nachstehende Arbeiten durchgeführt worden:

Schadensbehebung nach Eisstoß:


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Menge
Bezeichnung
Preis EUR
Betrag EUR
4,00 Stk.
Erneuern der beschädigten Holzteile beim Schieber. Die Kanthölzer bestehen aus Lärche, damit ein natürlicher Holzschutz gegeben ist. Durch Schrauben werden die Schieber verbunden. -1/2 Anteil
875,00
3.500,00
1,00
Erneuern der beschädigten Holzpfosten beim Übergang. Die Pfostenkonstruktion ist nicht mehr tragfähig und Einsturz gefährdet. Es besteht Gefahr in Verzug. Das Betreten ist verboten. Größe ca. 400/40-280 - 1/2 Anteil
420,00
420,00
Zusatzarbeiten
8,00 Stk.
Herstellen von neuen Flacheisen für den Wasserschieber Eisenstärke: 8 mm, Länge 90 cm, B= 60 mm Die Lochbohrung für die Befestigung der Hölzer ist im Preis enthalten. Demontage + Anschweißen - 1/5 Anteil
42,50
340,00


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2,00 Stk.
Erneuern der verrosteten Metallstreben beim Übergang großen Wasserschieber bestehend aus Formrohr 50/50/5 inkl. Der erforderlichen Schweißarbeit - ½ Anteil
59,00
118,00
Gesamtbetrag
4.378,00
20,00% MWSt
875,60
Endbetrag
5.253,60

Mit Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 datiert vom wurden die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung aus einem Katastrophenschaden nicht anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass nur für Wohnhäuser bzw. Wohnungen die der üblichen Lebensführung zugerechnet werden können, die Kosten für eine Sanierung nach Katastrophenschäden absetzbar seien. Nicht absetzbar seien daher die Kosten für die Sanierung der Wehranlage.

Mit Eingabe vom erhob der steuerliche Vertreter der Bw gegen den oa Bescheid Berufung. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß Randziffer 838c LStR unter anderem auch Kosten für die Reparaturen von Hochwasserschutzbauten anzuerkennen seien.

Abschließend wurde für den Fall, dass die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt wird der Antrag auf eine Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gemäß § 282 BAO sowie eine mündliche Verhandlung gemäß § 284 BAO gestellt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass es richtig sei, dass in LStR/Rz 838c als Vermögensgegenstände, deren Reparatur- und Sanierungskosten im Rahmen der Beseitigung eines Katastrophenschadens steuerlich absetzbar seien, beispielshaft auch Hochwasserschutzbauten genannt seien. Bei der sanierten Wehranlage handle es sich aber zweifelsfrei um keinen Hochwasserschutzbau, sondern diese Anlage diene vielmehr der Versorgung eines oberhalb des Wehres abzweigenden Kanals zur Nutzung der Wasserkraft. Eine Anlage also, die auch nicht - wie von der Rechtsprechung für die Absetzbarkeit der Sanierungskosten gefordert - für die übliche Lebensführung benötigt werden würde. Die Prüfung der Frage, ob es sich beim gegenständlichen Schadensereignis um ein durch eine Katastrophe herbeigeführtes Schadensereignis von allgemeiner Tragweite, oder lediglich um ein (örtlich begrenztes) katastrophenähnliches Ereignis gehandelt habe, bei welchem die Aufwendungen zur Beseitigung der Schadensfolgen nur insoweit steuerlich zu berücksichtigen gewesen wären, als diese den Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG überstiegen würde, (vgl. zB , , RV/0029-L/09), erübrige sich daher.

Mit Eingabe vom stellte die Bw "den Antrag auf Entscheidung der Berufungsvorentscheidung erster Instanz über Anerkennung der Reparaturkosten für den Hochwasserschutz der Wehranlage" (wohl gemeint: stellte die Bw den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die Abgabenbehörde II. Instanz).

Begründend wurde ausgeführt:

"Die Reparaturen wurden nicht am Wehrkörper sondern an

- der Eiswand * (wurde bei Springflut zerschlagen),

- den in das Gebäude Schulgasse führen Fallen (wurde durch das Aufbrechen der Eiswand eingedrückt was zur Überflutung des Erdgeschosses und des Gartens - Kremsseitig - führte

und

- an Hochwasserschutzfälle* (ist zu Öffnen bei einem bestimmten Hochwasserstand)

* mit Mauer zu Nachbargärten

In Behandlung des Antrages schlage die Bw vor, der zuständige Sachbearbeiter möge sich vor Ort über den Sachverhalt überzeugen."

Dem Antrag legt die Bw eine Skizze über den tatsächlichen Bau der Wehranlage bei.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die oa Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Im Zuge des Verfahrens vor dem Unabhängigen Finanzsenates teilte die Bw mit Schreiben vom auf Grund eines Vorhaltes vom mit, dass bei der 50%igen Mitbesitzerin der Liegenschaft Frau B. der 50%ige Rechnungsbetrag bereits steuermäßig anerkannt worden sei.

Frau B. wie auch Herr D. könnten beide als Zeugen angeführt werde, da sie unmittelbar nach dem Eisstoss am Ort des Geschehens waren.

Die Flacheisen hätten erneuert werden müssen, da bei der "Falle LINKS" diese aus der Führung gedrückt und beschädigt worden sei.

Die "Falle RECHTS" sei zertrümmert worden und das Flacheisen ebenfalls beschädigt worden.

Nach der Feststellung des Leiters der Reparaturgruppe wäre dieses Flacheisen (2 Stück) innerhalb kürzester Zeit unbrauchbar geworden. Die Flacheisen würden zur "Fixierung" der Fallenhölzer und zum "Heben und Senken" derselben dienen.

Die Überflutung des Gartens und sonstige Verschmelzungen seien in Eigenregie und Kosten beseitigt worden.

In der am am Finanzamt abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

"Auf dem Grundstück in E. befindet sich eine ehemalige G.. Der Vater der Bw. unterhielt dort bis in die 1970iger Jahre ein Unternehmen, in welchem auch die Bw. mitarbeitete. Hierbei handelt es sich um ein großes Gebäude, in welchem auch einige Wohnungen untergebracht sind. Derzeit wohnen zwei Familien in dem Komplex.

Der Vater der Bw. hat das Haus seinen beiden Töchtern vererbt.

Die Bw. hat in dem Haus gemeinsam mit ihrem Ehegatten ihren Hauptwohnsitz.

Das Gesamtgrundstück ist lt. Grundbuch rd. 4.500m² groß.

Vom F. aus wird ein Wehrbach gespeist. Mit dessen Wasser wurden seinerzeit die Turbinen des Werks angetrieben. Der Wehrbach geht mitten durch den Garten.

Der Wehrbach hat derzeit keine Funktion, da die Lichtmaschinen beim Hochwasser (2002) ruiniert wurden. Die Bw. verfügt über das Wasserrecht.

Im Frühjahr 2010 kam es zu einem Hochwasser zunächst auf der H. und auf dem I. und deren Zubringern. Dadurch führte auch der Wehrbach Hochwasser. Die Fallen waren wegen des Hochwassers geschlossen. Ab einem gewissen Pegelstand würde die Hochwasserfalle geöffnet, damit Wasser abfließen kann und die Oberlieger nicht gefährdet werden. Durch Treibgut des hochwasserführenden Werkbaches wurde die Eiswand und die Einlauffalle wie beschrieben eingedrückt. Es hat sich nicht um einen Eisstoß gehandelt, sondern um den Schaden durch die herangetriebenen Baumstämme. Die Rechnung ist insoweit unzutreffend. Es sind dann die in der Rechnung angegebenen Reparaturarbeiten durchgeführt worden.

Es gab in der Umgebung damals eine Reihe von Hochwasserschäden, vor allem im I..

Das Wehr wurde wie beschrieben repariert. Hätte es keine Reparatur gegeben, hätte es bei jedem Hochwasser Schäden gegeben und wäre das Wehr in weiterer Folge gänzlich kaputt gegangen.

Eine versicherungsmäßige Deckung gab es nicht, Kostenersätze von der Gemeinde oder vom Land ebenfalls nicht, da es sich um einen relativ geringen Schaden handelt. Beim Hochwasser 2002 betrug der Schaden mehr als € 100.000,00, damals gab es einen Zuschuss vom Land.

2010 war innerhalb kürzester Zeit durch einen Starkregen der Wasserstand stark angestiegen.

Die Fallen waren damals zu, da wir diese immer zumachen, wenn wir weggehen. Daher konnten wir nicht rechtzeitig reagieren.

Um das Haus vor Hochwasser zu schützen, ist es entweder notwendig, die Wehr in Stand zu halten, oder das Wasserrecht aufzugeben und mit wesentlich höheren Kosten die Wehranlage zurückzubauen.

Am Haus wurden auch Baumaßnahmen gesetzt, um dessen ungeachtet Hochwasserschäden hintanzuhalten.

Der Vertreter des FA ist der Ansicht, es handle sich um keinen Katastrophenschaden, weil der Nachweis hiefür fehle.

Nach Ansicht einer Kollegin des Vertreters des FA, die in der Nähe wohne, habe es 2010 keinen Hochwasserschaden gegeben.

Die Bw. erklärt, dass die Nachbarn gegebenenfalls den Schaden bezeugen können.

Das Wasserrecht sei mit dem Haus verbunden, seit dem 16. Jahrhundert bestand dort eine Mühle. Bei Aufgabe des Wasserrechtes müsste kostenintensiv zurückgebaut werden.

Früher gab es ein Elektrizitätswerk, das die Fabrik und die umliegenden Häuser versorgt hat. Die Turbinen gingen beim Hochwasser 2002 kaputt. Die Bw. überlegt, ob nicht die EVN hier ein Kleinkraftwerk betreiben könnte.

Nach Ansicht des FA wären mit der Aufgabe des Wasserrechtes keine Kosten verbunden, nach Ansicht der Bw. im Hinblick auf den erforderlichen Rückbau schon."

Im Anschluss daran wurde ein Lokalaugenschein am streitgegenständlichen Grundstück vorgenommen und Nachstehendes festgestellt:

Die Liegenschaft befindet sich am Ende einer Sackgasse. Das ehemalige Werksgebäude ist als solches von außen nicht unmittelbar zu erkennen. Das Gebäude besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, die durch einen Innenhof verbunden sind. In beiden Teilen befinden sich Wohnungen. In einer Wohnung, die besichtigt wurde, sind noch die Hochwasserschäden des Jahres 2002 ersichtlich, da der Verputz im unteren Mauerteil abblättert. Auch von innen ist von dem ursprünglichen Gewerbebetrieb nur mehr wenig zu sehen. Das gesamte Ensemble ergibt das Bild eines größeren Wohnhauses.

Das Gebäude ist von einem Garten umgeben. Das streitgegenständliche Grundstück grenzt an die Krems an. Von der Krems zweigt ein Kanal Richtung Haus ab. Dieser Kanal führt durch die gesamte Liegenschaft und ist in den Garten des Hauses integriert. Mit der Wehranlage wird der Wasserstand des Kanals reguliert.

Die Wehranlage wird besichtigt und festgestellt, dass Reparaturen wie von der Bw beschrieben ausgeführt wurden.

Zwischen dem Wehrkanal und der Krems befindet sich auf dem Grundstück ein nicht mehr genutztes Schwimmbecken, das früher ein öffentliches Bad war.

Im Übrigen wird auf die angeschlossenen Fotos verwiesen.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage stellt das Finanzamt außer Streit, dass die streitgegenständliche Beschädigung an der Wehranlage im Zuge eines Hochwassers erfolgt ist.

Das Finanzamt vertritt allerdings weiterhin die Ansicht, dass die Reparatur der Wehranlage nicht für die Lebensführung erforderlich gewesen wäre, sondern dass das Wehr zur Beibehaltung des Wasserrechts repariert worden ist.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Die Berufungsbehörde geht auf Grund der Aktenlage sowie der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung und des vorgenommenen Augenscheins von folgendem Sachverhalt aus:

Der Hauptwohnsitz der Bw befindet sich in Adr.Bw.. Auf diesem Grundstück wurde vom Vater der Bw eine G. bis in die 1970iger Jahre betrieben, in welcher auch die Bw mitgearbeitet hat. Der Vater hat das Gebäude seinen beiden Töchtern vererbt. Auf dem - laut Grundbuch - rund 4.500m² großen Grundstück sind einige Wohnungen untergebracht. Derzeit wohnen zwei Familien in dem Komplex.

Der Wehrbach, der mitten durch den Garten geht, wird vom F. aus gespeist. Seinerzeit wurden mit dem Wasser die Turbinen des Werkes angetrieben. Die Bw verfügt über das Wasserrecht, welches mit dem Haus verbunden ist, da seit dem 16. Jahrhundert dort eine Mühle bestand hat. Da die Lichtmaschinen beim Hochwasser 2002 ruiniert wurden, hat der Wehrbach derzeit keine Funktion.

Der Wehrkanal ist in die Gartenanlage integriert und führt teilweise unmittelbar neben dem Wohnhaus der Bw vorbei. Bei Fehlen einer funktionstüchtigen Wehranlage wären Haus und Garten regelmäßig hochwassergefährdet.

Im Frühjahr 2010 ist es zu einem Hochwasser zunächst auf der H., auf dem I. und deren Zubringern gekommen. Durch das Treibgut (herangetriebene Baumstämme) der H. wurde an der Wehranlage des Wehrbaches die Eiswand und die Einlauffalle eingedrückt. In der Umgebung hat es damals eine Reihe von Hochwasserschäden gegeben.

Fest steht somit, dass es sich entgegen der Bezeichnung auf der Rechnung nicht um einen Schaden infolge eines Eisstoßes, sondern um einen Schaden durch das herangetriebene Treibgut des hochwasserführenden Wehrbaches gehandelt hat.

Die an der Wehranlage entstandenen Schäden wurden dann wie auf der Rechnung angeführt mit Gesamtkosten von € 10.506,00 repariert.

Im Zuge des Lokalaugenscheines wurde seitens des Vertreters des Finanzamtes ausdrücklich außer Streit gestellt, dass der Schaden durch ein Hochwasser hervorgerufen wurde.

Da die Bw Miteigentümerin des Grundstückes ist, wurde die Hälfte der Kosten für die Behebung des Schades im Jahr 2010 von der Bw getragen. Die entstandenen Schäden wurden nicht durch eine Versicherung abgedeckt und die Bw erhielt auch keine Kostenersätze von der Gemeinde oder vom Land.

Ohne Reparatur der Wehranlage wären bei jedem Hochwasser Schäden zu erwarten oder es müsste das Wasserrecht aufgegeben werden und mit wesentlich höheren Kosten die Wehranlage zurückgebaut werden.

2. Rechtliche Ausführungen:

§ 34 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Von höchstens 7.300 Euro
6%
mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro
8%
mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro
10%
mehr als 36.400 Euro
12%

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt:

- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,

- für jedes Kind (§ 106)......

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungen...".

Rechtlich stellt sich zunächst die Frage, ob der gegenständliche Schaden durch eine Naturkatastrophe oder durch ein allgemeines, katastrophenähnliches Schadenseriegnis ausgelöst wurde.

Katastrophenschäden i.S. § 34 Abs. 6 TS 1 EStG 1988 liegen nur dann vor, wenn der Schaden durch eine Naturkatastrophe ausgelöst wurde (vgl. ), also durch ein Elementarereignis (vgl. ). Diesfalls kommt ein Selbstbehalt nicht zum Tragen.

Aufwendungen i.Z.m. einem allgemeinen, katastrophenähnlichen Schadensereignis (zB Brand, Überflutungen oder Verwüstungen durch Einbrecher, vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 EStG 1988, Einzelfälle: Schadensfälle), das nicht durch eine Naturkatastrophe ausgelöst wurde, fallen nicht hierunter, aber unter die allgemeine Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1988 (außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt, vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm. 42 m.w.N.).

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen steht fest, dass es im Frühjahr 2010 zunächst auf der H., dem I. und deren Zubringern und somit auch am Wehrbach, der mitten durch das Grundstück (Garten) der Bw geht, zu einem Hochwasser gekommen ist und es in Folge des herangetriebenen Treibgutes zu einer Beschädigung (Endrücken) der Eiswand und der Einlauffalle gekommen ist. Der entstandene Schaden wurde von der Bw - wie in der Rechnung beschrieben - behoben. Auch in der Umgebung hat es eine Reihe von Hochwasserschäden gegeben.

Der Gesetzesbegriff "Katastrophenschaden" im § 34 Abs 6 EStG umfasst - wie aus der beispielhaften Aufzählung der vom Gesetzgeber diesem Begriff zugeordneten Schadensfälle hervorgeht - auch den Hochwasserschaden.

Der bei der Bw im Frühjahr 2010 entstandene Hochwasserschaden stellt somit ein unvorhersehbares Schadensereignis größeren Umfangs dar, welches für die Bw eine unabwendbare Vermögenseinbuße nach sich zog.

Hochwasserschäden sind im Gesetz (§ 34 Abs. 6 EStG 1988 TS 1) ausdrücklich als Katastrophenschäden genannt. Daher sind Aufwendungen zur Beseitigung dieser Schäden ohne Selbstbehalt als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Hochwasserschäden sind nicht nur Schäden durch eindringendes Wasser (und in weiterer Folge durch Schlamm), sondern etwa auch Schäden, die durch Treibgut - wie hier Baumstämme - verursacht werden, das erst auf Grund der mit einem Hochwasser verbundenen Naturgewalten zu einer Gefahrenquelle wurde.

In Bezug auf Katastrophenschäden hat sich durch das HWG 2002 die Rechtslage geändert.

Während bis zum HWG 2002 die Wiederbeschaffung durch eine Katastrophe beschädigter Sachen selbst zwangsläufig sein musste und nur notwendige Sachen betreffen durfte, dem Steuerpflichtigen also bis zum HWG 2002 die weitere Lebensführung ohne die Wiederbeschaffung der zerstörten Sachen unzumutbar sein musste (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm. 44 m.w.N), erfolgte mit dem HWG 2002 aus Anlass der Hochwasserkatastrophe vom August 2002 mit Wirksamkeit ab der Veranlagung 2002 eine Neuregelung der steuerlichen Absetzbarkeit von Aufwendungen im Zuge von Katastrophenschäden. So sind Aufwendungen für die Reparatur und die Sanierung beschädigter, aber weiter nutzbarer Sachen dann abzugsfähig, wenn diese für die übliche Lebensführung benötigt werden (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm. 46d m.w.N). Judikatur, die zu Sachverhalten, die zur Rechtslage bis zur Veranlagung 2001 ergangen ist, ist daher nur teilweise auf die aktuelle Rechtslage anzuwenden.

"Erforderlich" geht über die "Zwangsläufigkeit" .S.d. § 34 Abs. 1 EStG 1988 hinaus; "erforderlich" ist auch nicht so eng wie etwa "nötig", "notwendig" oder "unerlässlich", allerdings auch nicht so weit wie etwa "angemessen" (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm. 46m).

Nach den getroffenen Sachverhaltsdarstellungen ist die beschädigte Wehranlage Teil des Grundstückes der Bw, das dieser als Hauptwohnsitz dient. Um das Haus und den Garten vor Hochwasser zu schützen, ist es entweder notwendig, die Wehr in Stand zu halten, oder das Wasserrecht aufzugeben und mit wesentlich höheren Kosten die Wehranlage zurückzubauen.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde war es für die Bw jedenfalls erforderlich, darüberhinaus aber auch notwendig, die Wehranlage instandzusetzen, um das Grundstück weiter als Hauptwohnsitz nutzen zu können.

Selbst nach der Rechtslage vor dem HWG 2002 wäre der Bw die weitere Lebensführung mit der beschädigten Wehranlage nicht zumutbar gewesen. Erst recht nach der für den Berufungszeitraum geltenden Rechtslage ist die Erforderlichkeit der Reparatur des infolge des Hochwassers 2010 kaputt gegangenen Wehres i.S.d. Gesetzes klar ersichtlich:

Wird das beschädigte Wehr nicht repariert, besteht die ständige Gefahr von Überflutungen des Gartens und des Eindringens von Hochwasser in das Wohngebäude.

Die vom Finanzamt angesprochene Alternative eines Rückbaus des Wehrkanals und der Aufgabe des Wasserrechts wäre ebenfalls mit Kosten verbunden gewesen.

Dass die Bw (und ihre Schwester) den Weg der Reparatur der vorhandenen Wehranlage unter Beibehalt der bestehenden Gartengestaltung anstelle eines Totalumbaus gewählt haben, liegt in deren Dispositionsfreiheit.

Kosten für die Reparatur durch eine Katastrophe beschädigter, aber weiter nutzbarer Sachen sind steuerlich absetzbar, wenn diese für die übliche Lebensführung benötigt werden (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm. 46d; LStR 2002 Rz 838c).

Dies ist hier der Fall.

Die Hälfte der entstandenen Aufwendungen (die andere Hälfte wurde von der zweiten Grundstücksbesitzerin getragen) sind daher als außergewöhnliche Belastung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abzugsfähig. Kostenersätze von Dritten wurden nicht geleistet.

Es war daher aus oa Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Ergeht auch an Finanzamt

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 1988, § 34, Anm. 44
Zitiert/besprochen in
StExp 2013/231

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at