Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 27.01.2006, RV/1005-L/02

1) Abstandnahme von der Festsetzung bei Uneinbringlichkeit der Abgabe 2) Aufhebung des Haftungsbescheides bei Uneinbringlichkeit 3) Wirksamkeit von Erledigungen


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Miterledigte GZ:
RV/1007-L/02

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 1996 bis 1998 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für den Zeitraum 1996 bis 1999 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert:

Die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1996 bis 1998 wird gemäß § 206 lit. b BAO nicht festgesetzt.

Der Bescheid betreffend die Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für den Zeitraum 1996 bis 1999 wird ersatzlos aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine 1982 gegründete GmbH, die eine Gaststätte betrieben hat. Der am verstorbene Geschäftsführer der Bw. war seit 1997 deren Alleingesellschafter. Im Zuge einer Betriebsprüfung wurden im Jahr 2000 schwere formelle und materielle Mängel in der Buchführung festgestellt. Mit den bekämpften Bescheiden nahm das Finanzamt für die Jahre 1996 bis 1998 deshalb Zurechnungen zum Umsatz und Gewinn vor und machte für die festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen an den Alleingesellschafter die Haftung der Bw. gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für die nicht einbehaltene Kapitalertragsteuer geltend. Mit Schriftsatz vom erhob die Abgabepflichtige Berufung gegen die (Haupt-) Zuschätzung von 220.000,00 S zum Entgelt bzw. Gewinn von 182.500,00 S pro Jahr sowie die anteilige Kapitalertragsteuer. Am wurde über das Vermögen der Bw. der Konkurs eröffnet. Der Konkurs wurde mit Beschluss vom gemäß § 139 KO aufgehoben. Am wurde im Firmenbuch die Funktion des Masseverwalters gelöscht. Mit Beschluss vom wurde auch der am über das Vermögen der Verlassenschaft nach dem Geschäftsführer der Bw. eröffnete Konkurs aufgehoben (Gesamtquote für Konkursgläubiger 4,5%).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 206 lit. b der Bundesabgabenordnung (BAO) idF des AbgÄG 2003, BGBl. I 2003/124, kann die Abgabenbehörde von der Festsetzung von Abgaben ganz oder teilweise Abstand nehmen, soweit im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird.

Ritz (Bundesabgabenordnung³, S 584f, Tz 1, 5 und 7) führt dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

Maßnahmen nach § 206 liegen im Ermessen der für die Abgabenfestsetzung zuständigen Abgabenbehörde (erster bzw. zweiter Instanz).Nichtfestsetzungen wegen Uneinbringlichkeit (§ 206 lit. b) werden nicht nur die Verhältnisse des Eigenschuldners, sondern auch allfälliger Haftungspflichtiger zu berücksichtigen haben (vgl. , AStN 2004/134). Sie könnten etwa erfolgen, wenn eine Verlassenschaft armutshalber abgetan wird (§ 72 AußStrG; ab 2005: § 153 AußStrG) oder die Verlassenschaft den Gläubigern an Zahlungs statt überlassen wird (§ 73 AußStrG; ab 2005: § 154 AußStrG).§ 206 betrifft nur die Festsetzung von Abgaben und gilt daher nicht zB für die Erlassung von Haftungsbescheiden (ebenso Ellinger um., BAO³, § 206 Anm. 3). Da die Erlassung von Haftungsbescheiden im Ermessen liegt, können allerdings die Gründe des § 206 bei der Ermessensübung berücksichtigt werden. Daher wird zB die Erlassung eines Haftungsbescheides dann nicht zweckmäßig (iSd § 20) sein, wenn die Abgabe beim Haftungspflichtigen mit Bestimmtheit uneinbringlich wäre (Ritz, ÖStZ 1991, 98).

Im gegenständlichen Fall ist der Abgabenanspruch wegen der Vermögenslosigkeit der Bw. nach Vollzug der Schlussverteilung (§ 139 KO) offensichtlich nicht mehr durchsetzbar. Auch die Geltendmachung der Haftung ist wegen des Todes des ehemaligen Geschäftsführers und der Überschuldung der Verlassenschaft aussichtslos. Offensichtlich deshalb hat schon das Finanzamt im gegenständlichen Fall die Abgabenschuldigkeiten von Amts wegen durch Abschreibung (§ 235 BAO) gelöscht. Die Voraussetzungen des § 206 lit. b BAO sind daher hinsichtlich der Umsatz- und Körperschaftsteuer gegeben. Wegen der fehlenden Einbringungsmöglichkeit und Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung erscheint es daher zweckmäßig, im gegenständlichen Fall von der Abgabenfestsetzung Abstand zu nehmen.

Die gleichen Erwägungen sprechen auch für die ersatzlose Aufhebung des ebenfalls bekämpften Haftungsbescheides.

Die Rechtspersönlichkeit einer GmbH besteht solange fort, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (). Im gegenständlichen Fall ist eine Löschung der Bw. im Firmenbuch noch nicht erfolgt. Wegen Aufhebung des Konkurses ist der Masseverwalter nicht mehr zur Vertretung der Bw. zuständig. Der letzte Geschäftsführer der Bw. ist verstorben. Wegen Überschuldung der Bw. erscheint die Bestellung eines Kurators im gegenständlichen Fall unzweckmäßig, da dies zu weiteren ebenfalls uneinbringlichen Kosten führen würde. Die Wirksamkeit der Erledigung (§ 97 Abs. 1 lit. a BAO) bleibt daher beschränkt (§ 276 Abs. 7 BAO).

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 27. Jänner 2006Ergeht (auch) an: Finanzamt Linz zu StNr.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 206 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Abstandnahme von der Festsetzung
Wirksamkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at