Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 21.06.2013, RV/0193-K/12

Behinderungskausale Lifterrichtungskosten als außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0193-K/12-RS1
Infolge der Körperbehinderung liegen unstrittig behinderungskausal entstandene Kosten für die Errichtung eines Personenliftes vor. Aufgrund der bestehenden Miteigentumsverhältnisse (Geschwister zu je einem Drittel) liegt beim Berufungswerber hinsichtlich von 2/3 der von ihm allein zu tragenden Kosten ein verlorener Aufwand vor, da ihm im Falle einer Veräußerung - mangels Vereinbarung - nur ein Drittel des auf den errichteten Lift entfallenden Anteiles am Veräußerungserlös zukommt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr., vertreten durch Stb., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2010 wird mit € 14.327,13 festgesetzt,
bisher war Einkommensteuer in Höhe von € 53.132,62 vorgeschrieben.

Die Ermittlung der Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

A) Folgender Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage:

Der oben angeführte Berufungswerber (im Folgenden kurz Bw.) erzielte laut streitgegenständlich bekämpftem Einkommensteuerbescheid im Streitjahr Einkünfte (aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung) in Höhe von rund € 130.000,00.

Infolge eines Unfalles leidet die Gattin des Bw. seit Beginn des Jahres 2010 an einer "inkompletten Tetraplegie" (Querschnittlähmung der vier Gliedmaßen, vgl. Bestätigung der Rehabilitationsklinik Tobelbad vom , FA-Akten, AS 34, und Arztbrief des LKH B vom , FA-Akten, AS 35-39).

Mit Bescheid vom anerkannte die Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch auf Pflegegeld in der Höhe der Stufe vier ab . Das Bundessozialamt stellte den Grad der Behinderung mit 100 v.H. fest (Behindertenpass vom dat, Ausweisnummer aaa, FA-Akten, AS 31). Ebenfalls ab August 2010 bezog die Gattin des Bw. Einkünfte aus der zuerkannten Berufsunfähigkeitspension (Nettoeinkünfte 2010: € 6.954,44, 2011: € 15.021,80, 2012: € 15.400,00).

Der Bw. bewohnt mit seiner Familie (Ehegattin und drei Kinder) ein im Jahr 2006 um- bzw. ausgebautes Dachgeschoss einer Villa mit Erdgeschoss und einem (ersten) Stock, welche in einer Villenzeile mit großer Denkmaldichte gelegen ist, die Villa selbst steht nicht unter Denkmalschutz. Ein Kinderzimmer samt Sanitäreinrichtung ist im 1. Stock gelegen, sodass sich die Familienwohnung über zwei Geschosse erstreckt.

Die Villa steht auf einer Liegenschaft, welche sich in Familienbesitz befindet. Der Bw. und seine beiden Geschwister sind aufgrund des Übergabsvertrages vom zu je einem Drittel Miteigentümer. Auf jedem (Drittel-)Anteil eines Miteigentümers sind neben einem Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie einem Fruchtgenußrecht zugunsten der Übergeber (Eltern der derzeitigen Eigentümer) und eines weiteren infolge des zwischenzeitigen Ablebens der Fruchtnießerin nunmehr als gegenstandslos zu betrachtenden Fruchtgenußrechtes auch die Vorkaufsrechte jeweils der beiden anderen Geschwister einverleibt.
Auf dem Miteigentumsanteil des Bw. lastet zudem seit 2006 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten seiner Ehegattin (vgl. Grundbuchauszug vom , FA-Akten, AS 68).

Aufgrund der eingetretenen Behinderung der Ehegattin erfolgte im August 2010 ein behindertengerechter sanitärer Umbau des Bades und des WCs (Rechnung vom über € 5.910,18) sowie in den Monaten August bis Oktober 2010 die Errichtung eines Personenliftes (Herstellungskosten: € 126.000,00, FA-Akten, AS 13 - 14). Entsprechend dem Bericht des Landeskonservators vom bestanden seitens des Denkmalschutzes keine Einwände gegen die vom Bw. intendierte minimalistische Konstruktion für die Errichtung des Lifts, welche als gestalterisch gänzlich den denkmalpflegerischen Intentionen entsprechend beurteilt wurde (AS 65).

Der laut vom Bw. übermittelten Unterlagen entsprechend der Önorm als barrierefreier und behindertengerecht errichtete Lift weist eine Grundfläche 1,40 x 1,10 (Tiefe x Breite) Meter auf, der Rollstuhl der Ehegattin eine solche von 1,20 x 0,70 M. Der Lift ist ebenerdig (von außen) zu betreten bzw. zu befahren und verfügt über weitere Ausgänge im Hochparterre (= Erdgeschoß) sowie im ersten und zweiten Stock (= Dachgeschoß).

Wie im Gutachten über die Abnahmeprüfung des Liftes (Prüfbericht der TüV Austria Services GmbH vom , UFS-Akt, AS 42) an den Bw. als Errichter und Betreiber angeführt ist, handelt es sich um einen "rollstuhlgerechten" Personenlift entsprechend ÖNORM B 1600, mit welchem die Beförderung einer Nennlast von 630 kg oder von 8 Personen zulässig ist.

Die Kosten für die Errichtung des Liftes wurden vom Bw. getragen, die anderen Miteigentümer beteiligten sich finanziell nicht und wurden keine Vereinbarungen hinsichtlich einer eventuellen Abgeltung und/oder eines Kostenersatzes getroffen (Schreiben des steuerlichen Vertreters vom und vom ).

Bewertungsrechtlich fand der Zubau bzw. die Errichtung des Liftes im Einheitswertbescheid (zum ) betragsmäßig im Ausmaß von € 523,24 seinen Niederschlag (zusätzliche 9 m², vgl. FA-Akten, AS 145).

In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für 2010 begehrte der Bw. u.a. die Berücksichtigung der Umbaukosten für Bad und WC sowie für die Lifterrichtung als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988, zunächst ohne Ansatz eines Selbstbehaltes.

Diesem Begehren entsprach das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid vom (FA-Akten, AS 70 RS) zum Teil mit der Begründung nicht, der Großteil der sanitären Umbaukosten entspreche einer Badezimmerrenovierung. Von den begehrten Aufwendungen für den sanitären Umbau des Bades und des WCs im Gesamtausmaß von € 5.910,18 (vgl. Rechnung vom , FA-Akten, AS 16 und 17) wurde ein Betrag von € 742,93 im Zusammenhang mit dem Einbau eines Klappsitzes berücksichtigt.
Hinsichtlich der begehrten Lifterrichtungskosten vertritt das Finanzamt die Ansicht, dass durch den Zubau eine Wertsteigerung eingetreten ist, sodass unter Beachtung der sogenannten "Gegenwerttheorie", nach welcher im Falle, dass den monetären Aufwendungen ein entsprechender Vermögenszuwachs, also ein Gegenwert, gegenübersteht, die getätigten Aufwendungen keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG erfahren können (vgl. Vorlagebericht, UFS, AS 3).

Mit Berufung vom wendet sich der Bw. gegen die erfolgte Nichtberücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG, wobei er vehement die Entstehung eines Gegenwertes durch die Errichtung des Personenliftes verneinte.

Zum einen ist in der Erhöhung des Nutzungswertes im Zuge der Einheitswerterhöhung eine bewertungsrechtliche Beurteilung gemäß dem BewG 1955 zu erblicken, welche keinesfalls automatisch die Erhöhung eines Verkehrswertes (Gegenwert in Folge eines Umbaus ) widerspiegelt. Vielmehr kann der Verkehrswert durch einen Liftzubau wegen der wesentlichen Erhöhung der Betriebskosten des Gebäudes verschlechtert werden.

Dass der zwangsläufig notwendige Lifteinbau schon aufgrund der Grundbuchsverhältnisse betreffend die Liegenschaft Strasse, xxxx B von Anfang an als verlorene Investition (ohne Gegenwert) anzusehen war, ist in den ideellen Miteigentumsverhältnissen und in den im Grundbuch ersichtlichen Belastungen, Fruchtgenuß- sowie Vorkaufsrechten begründet. Mangels Parifizierung erweist sich die vom Bw. genutzte Wohnung im 2. Stock (= Dachgeschoß) de facto als unverkäuflich.

Unabhängig von den rechtlichen Gegebenheiten erfahre die Villa bzw. das Gesamtensemble durch Anbau des Liftes optisch und aus architektonischer Betrachtungsweise eine wesentliche Beeinträchtigung, wodurch tatsächlich eine Wertminderung eintrete.

Die Genehmigung des Liftanbaues durch das Bundesdenkmalamt (Landeskonservatorat für Kärnten) wäre unter der Prämisse, bei der Lifterrichtung eine minimalistische, demzufolge kostengünstige Lösung zu präferieren, zu erlangen gewesen.

Der Bw. und seine Gattin haben gemeinsam drei minderjährige Kinder (das jüngste ist im Jahre 2008 geboren). Nur mit dem angebauten Lift kann die Gattin des Bw. mit den Kindern gemeinsam das Haus betreten bzw. verlassen und ihren gesetzlichen Sorgepflichten entsprechen.

Hinsichtlich der begehrten Umbaukosten für Bad und WC führte das Finanzamt im Vorlagebericht aus, dass infolge der glaubhaften Darstellung in der Berufungsschrift in Verbindung mit der vorgelegten Rechnung von einem auf Grund der Behinderung der Gattin verursachter verlorener Aufwand vorliegt, welcher unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren ist. Bezüglich der Errichtungskosten für den Personenaufzug vertrat das Finanzamt unter Hinweis auf die Gegenwerttheorie hingegen weiterhin den Standpunkt, dass diese nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

Im Schreiben vom brachte der Bw. unter Hinweis auf die inzwischen ergangene Entscheidung des UFS, RV/0004-W/13 vom , sowie die hierzu von Renner getätigten Ausführungen (Behinderungsbedingter Umbau einer Wohnung als außergewöhnliche Belastung, RdW 2013/241, Seite 230- 232) vor, dass streitgegenständlich die Gegenwerttheorie unbeachtlich ist.

Hierzu verwies das Finanzamt in seiner Stellungnahme vom auf die die Gegenwerttheorie vertretende gängige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und dass auch der VfGH tritt dieser (vgl. Erkenntnis vom , B 785/02) nicht grundsätzlich entgegentritt, wenn die Schaffung eines Gegenwertes nur dann nicht angenommen werden kann, wenn realistischerweise davon ausgegangen werden muss, dass behinderungsgerechte Aufwendungen für die Errichtung oder Ausgestaltung eines Gebäudes bei einer unterstellten Verwertung des Gebäudes nicht abgegolten werden. Durch den Lifteinbau erfolgte eine Wertsteigerung, die sich auch in der infolge des Einbaus des gegenständlichen Personenlifts vorgenommenen Erhöhung des Einheitswertes der Liegenschaft zum manifestiert.
Nach Ansicht des Finanzamtes war es allerdings nicht erforderlich einen "vollwertigen" Personenlift zu errichten, der bis zu acht Personen Platz bietet. Derartige Anlagen sind manchmal nicht einmal bei großen Wohnkomplexen Standard, bei welchen Lifte mit einem Fassungsvermögen von bis zu vier Personen im Einsatz stehen. Die Kosten für ein einfacheres Modell würden bei Weitem unter den Kosten für die vom Bw. gewählte Version liegen. Daher handelt es sich bei den gegenständlichen Aufwendungen im Unterschied zum Sachverhalt in der zitierten Entscheidung des , um mehr als behinderungsbedingt notwendige Maßnahmen. Streitgegenständlich wurde ein über die notwendigen Maßnahmen hinaus relevanter Gegenwert geschaffen.

In einer weiteren Stellungnahme verwies das Finanzamt darauf, dass sich die durch den Lifteinbau eingetretene Wertsteigerung der Liegenschaft auch aus der erfolgten Erhöhung des Einheitswertes ergibt. Mit der Steigerung des Verkehrswertes geht unzweifelhaft die Möglichkeit der Realisierung eines höheren Kaufpreises im Zuge einer Veräußerung einher. Die Tatsache, dass eine Immobilie durch den Einbau eines Personenlifts eine Wertsteigerung erfährt, werde auch auf diversen Internetseiten von Unternehmen, die Personenlifte vertreiben, erwähnt (z.B. www. aaaa.de, www cccc.at).

Über die Berufung wurde erwogen:

Da das Finanzamt im Vorlagebericht die begehrten strittigen Umbaukosten von € 5.910,18 für Bad und WC zur Gänze als einen durch die Behinderung der Gattin verursachten verlorenen Aufwand qualifizierte und diesbezüglich den Antrag auf teilweise Stattgabe unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes stellte, verbleibt als einziger zwischen den Parteien strittiger Punkt, ob und sodann in welcher Höhe die begehrten Lifterrichtungskosten eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung erfahren können.

Diesbezüglich bekundete der Bw. bereits im Schreiben vom (FA-Akten, AS 61, 1. Absatz) sowie wiederholend im Schreiben vom , dass die begehrten Aufwendungen unter Anrechnung des Selbstbehaltes zu berücksichtigen sind. Im zuletzt genanntem Schreiben zog der Bw. - nach eingehender schriftlicher und mündlicher (telefonischer) Erörterung dieses Streitpunktes - seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungssenatsverhandlung zurück.

Dass die getätigte Investition, nämlich die Errichtung des Personenliftes, durch die eingetretene Behinderung der Gattin des Bw veranlasst und somit behinderungskausal ist, wird auch seitens des Finanzamtes nicht in Frage gestellt (siehe Vorlagebericht).

Im Gegensatz zu der vom Finanzamt vertretenen Ansicht vermeint der Bw., dass
1.) durch die - unstrittig durch die eingetretene körperliche Behinderung der Gattin zwangsläufig erwachsene - Errichtung des Personenliftes ein Vermögenszuwachs, also ein den hierfür getätigten Aufwendungen gegenüberstehender "Gegenwert, nicht geschaffen wurde und dass gegebenenfalls
2.) selbst bei Vorliegen eines solchen, dieser aufgrund der angeführten Entscheidungen des UFS, RV/0283-W/10 vom sowie RV/0004-W/13 vom und den hierzu von Renner verfassten Ausführungen (Behinderungsbedingter Umbau einer Wohnung als außergewöhnliche Belastung, Gegenwert mindert die Belastung nicht, RdW 2013/241, Seite 230 - 232) unbeachtlich wäre.


Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.
Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Sie darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst. Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Abgabepflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dass die getätigten Aufwendungen dem Bw. in Anbetracht der zu Beginn des Streitjahres aufgetretenen massiven körperlichen Behinderung zwangsläufig iSd § 34 EStG erwuchsen, ist auch seitens des Finanzamtes unstrittig, ebenso, dass diese - mangels entsprechender Einkünfte der Ehegattin im Streitjahr - dessen verfügbares Einkommen wesentlich belasten.

ad 1.)

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Keine bloße Vermögensumschichtung liegt jedenfalls vor, wenn Sachen angeschafft werden, die wegen ihrer Beschaffenheit (zB Rollstühle) oder ihrer individuellen Gebrauchsmöglichkeit (zB Prothesen, Seh- oder Hörhilfen) keinen oder nur einen eingeschränkten Verkehrswert haben. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen demnach dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird (vgl. ). Demnach kommt die Gegenwerttheorie dann nicht zum Tragen, wenn durch die Aufwendungen kein am Verkehrswert zu messender Gegenwert geschaffen wird.

Streitgegenständlich führt der Bw. ins Treffen, dass durch die Errichtung des Personenliftes eine Wertsteigerung nicht eingetreten ist.

Soweit hierzu der Bw. unter Verweis auf die Ausführungen im Erkenntnis des , vermeint, dass durch den Lifteinbau die Entstehung eines Gegenwertes zu verneinen sei, ist auszuführen, dass der dem genannten Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt ein anderer ist. In dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt wurde in ein Zweifamilienhaus mit Erdgeschoß und einem ersten Stockwerk ein elektrischer Personenaufzug eingebaut. In dem Umstand des Einbaus eines elektrischen Liftes in dieses einstöckige Haus erblickte das Höchstgericht deswegen keine Werterhöhung, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein potentieller Käufer in ähnlicher Weise körperbehindert ist und daher einen Aufzug dringend benötigt, derart gering ist, dass diese vernachlässigbar ist.
Der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem streitgegenständlich vorliegenden nicht vergleichbar, handelt es sich hier um eine Altbauvilla mit drei Wohnebenen und praktisch um vier Etagen, die mit dem Lift befahren werden können (Aus-/Einstieg auf Parkplatzebene von außen, Erdgeschoß (=Hochparterre), erster Stock, sowie Dachgeschoß).

Entgegen der Ansicht des Bw. ist bei der streitgegenständlichen Sachlage realistischerweise davon auszugehen, dass bei einer unterstellten Verwertung dieses Gebäudes ein potentieller Käufer durchaus einen Wertfaktor in dem nunmehr vorhandenen Personenlift sieht. Dies deshalb, weil der Lift die Möglichkeit bietet, von der Parkplatzebene (vom Autoausstieg) bis in den "dritten Stock" (= Dachgeschoß) zu fahren. Gerade im Umstand des Vorhandenseins eines Liftes für die Befahrbarkeit von vier Etagen (Außeneinstieg bis Dachgeschoß) vermag ein potentieller (auch nicht körperlich behinderter) Käufer einen absoluten Vorteil ja sogar einen mitentscheidenden Kaufgrund zu erblicken. Das Vorliegen des - geforderten - "verlorenen Aufwandes", der bei einer unterstellten Verwertung nicht abgegolten wird, ist unter diesem Blickwinkel zu verneinen.

Diesbezüglich ist der Ansicht des Finanzamtes zu folgen, dass der vorhandene Lift im Falle eines Verkaufes als positiver (wertsteigernder) Faktor bewertet werden kann. Bei dem in der dargestellten Weise errichteten Lift kann nämlich nicht von einem Wirtschaftsgut gesprochen werden, welches wegen seiner Beschaffenheit nur für Behinderte als geeignet (zB Rollstühle) zu betrachten ist oder welches auch nur über einen vernachlässigbaren Verkehrswert verfügt.

Auch dem Vorbringen des Bw. , dass durch den Zubau des Liftes eine optische - archtitektonische Wertminderung (durch Beeinträchtigung des Charakters bzw. des Baustils der Villa) eingetreten ist, kann nicht gefolgt werden, wurde der Zubau des Liftes in einer auf den Baustil der Villa bzw. auf die Außenanlage abgestimmten Glas- und Stahlkonstruktion und wie vom Bw. selbst ins Treffen geführten minimalistischen Konstruktion errichtet, die zudem als gestalterisch gänzlich den denkmalpflegerischen Intentionen entsprechend angesehen werden kann. Dass durch die getroffene Lösung des Liftzubaus das Gesamtensemble keinesfalls eine Beeinträchtigung erfährt, zeigen auch die im Akt einliegenden Fotos.

Dem Einwand des Bw., wonach die Erhöhung des Einheitswertes nur eine Grundlage für die Erhöhung der von diesem abhängigen Steuern und keine Erhöhung des Verkehrswertes darstelle, ist zu entgegnen, dass eine Erhöhung des Einheitswertes, insbesondere eine Wertfortschreibung iSd BewG, sehr wohl eine Änderung des Wertes des Grundstückes in einem bestimmten Ausmaß zur Voraussetzung hat. Aufgrund des Umstandes, dass sich der gemäß § 53 Abs. 3 BewG ermittelte Gebäudewert vom Neuherstellungswert nach Bauweise und Ausstattung bei Unterstellung von Durchschnittspreisen für den umbauten Raum - auch unter Berücksichtigung eines Abschlages für das Alter des Gebäudes - ableitet, bringt die aufgrund des Liftzubaus erfolgte Erhöhung des Einheitswertes sehr wohl eine eingetretene Werterhöhung zum Ausdruck.

ad 2.)

Soweit der Bw. unter Verweis auf die Entscheidungen des UFS, RV/0283-W/10 vom sowie UFS, RV/0004-W/13 vom und den hierzu von Renner verfassten Ausführungen (Behinderungsbedingter Umbau einer Wohnung als außergewöhnliche Belastung, Gegenwert mindert die Belastung nicht, RdW 2013/241, Seite 230 - 232) die Anwendung der Gegenwerttheorie im Falle der Entstehung eines Vermögenszuwachses bzw. eines Gegenwertes als unbeachtlich qualifiziert sehen möchte, ist Folgendes auszuführen:

Mit der erstgenannten Entscheidung war zu beurteilen, ob behinderungsbedingte Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG Berücksichtigung zu erfahren hatten. Entgegen der vom Bw. vertretenen Ansicht kann aus dieser Entscheidung eine Verneinung der Gegenwerttheorie nicht abgeleitet werden, handelt es sich bei den als außergewöhnliche Belastung berücksichtigten angeführten Aufwendungen um solche, durch welche ein Vermögenszuwachs typischerweise nicht entsteht (Maklerprovision, Mietvertragsgebühr, Transportkosten, Mehraufwendungen für die Ersatzwohnung), welche also als verlorener Aufwand anzusehen sind.

Auch in der zweitgenannten Entscheidung RV/0004-W/13 findet sich keineswegs die generelle Aussage, dass die Gegenwerttheorie im Falle (aller!) behinderungsbedingter Aufwendungen unbeachtlich wäre. Es waren die Berücksichtigung von behinderungsbedingten Umbaukosten einer Wohnung sowie der Kosten für die behinderungsgerechte Gestaltung eines Bades und einer (nicht behinderungsspezifischen) Küche strittig, deren Anerkennung als aufgrund der Behinderung "erforderlichen" Maßnahmen ebenfalls nach Ausscheiden eines sogenannten "Luxusfaktors" (zB Marmorverfliesung anstatt normaler Fliesen) im Ausmaß von 25% der beantragten Aufwendungen erfolgte.

Selbst den zur zuletzt angeführten Entscheidung von Mag. Bernhard Renner in RWD 2013/241, Seiten 230 - 232, verfassten Ausführungen ist eine solche generelle Aussage nicht zu entnehmen. So verweist Renner in seiner rechtlichen Würdigung eingangs auf die gängige Rechtsprechung des VwGH, wonach eine "Belastung" nur dann vorliegt, wenn Ausgaben getätigt werden, die einen endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr, somit eine Vermögensminderung bewirken, denn bloße Vermögensumschichtungen führen - sofern es sich nicht um Sachen mit eingeschränktem Verkehrswert handelt, nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung.

Im Wesentlichen zielen die Schlussfolgerungen Renners darauf hin, dass auch ein zwar behinderungskausaler (behinderungsbedingter) aber nicht zwingend behinderungsgerechter Wohnungsumbauaufwand Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zu finden hat. Er erachtet hinsichtlich dieses behinderungskausalen Aufwandes eine "großzügige" sowie "logische" auf dem Kausalitätsprinzip beruhende Betrachtungsweise als zutreffend.
Der Autor unterlässt es aber keineswegs darauf hinzuweisen, dass durch diese Aufwendungen für die Eigentümerin infolge des Umstandes, dass diese über eine eigene Wohnung verfügt, zumindest aktuell kein Gegenwert entstanden ist.

Im Hinblick auf diese Ausführungen erfährt die Gegenwerttheorie in den vom Bw. ins Treffen geführten Entscheidungen sowie in den Ausführungen Renners keine generelle Absage.

Allerdings kommt dem Berufungsvorbringen, wonach die vom Bw. getragenen Lifterrichtungskosten aufgrund der bestehenden ideellen Miteigentumsverhältnisse an der Liegenschaft sowie aufgrund der im Grundbuch ersichtlichen Belastungen, Fruchtgenuß- sowie Vorkaufsrechte eine verlorene Investition darstellen würden, teilweise Berechtigung zu.

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit verlorener Aufwand vorliegt, knüpft daran an, wie ein etwaiger Veräußerungserlös im Falle eines Verkaufes aufzuteilen wäre. Ausgehend vom derzeitigen Grundbuchsstand und den aus diesem ersehbaren Miteigentumsanteilen steht im Falle eines Verkaufes jedem der drei Miteigentümer 1/3 des erzielten Verkaufspreises zu. Ein in dem erzielten Verkaufspreis enthaltener auf den Lift entfallender Anteil (des Gegenwertes laut Punkt 1.)) würde rechtlich betrachtet demnach ebenfalls anteilsmäßig aufzuteilen sein, das heißt zu je einem Drittel jedem Miteigentümer zufließen. Da entsprechend der Darlegung des Bw. die Miteigentümer von vornherein eine finanzielle Beteiligung an den Lifterrichtungskosten ablehnten und auch eine Vereinbarung einer diesbezüglichen späteren Abgeltung oder Schadloshaltung nicht getroffen wurde, würde dem Bw. im Falle einer Veräußerung lediglich ein Drittel des auf den Lift entfallenden Verkaufspreises zukommen. Unter diesem Blickwinkel ist das Vorbringen des Bw., dass verlorener Aufwand vorliegt, hinsichtlich eines Anteils von 2/3 der von ihm getragenen Lifterrichtungskosten zutreffend.

Dass mangels Parifizierung die vom Bw. genutzte Wohnung im 2. Stock (= Dachgeschoß) de facto als unverkäuflich anzusehen sei, vermindert - nach dem jetzigem Grundbuchsstand - nicht den rechtlichen Anspruch des Bw. auf den ihm zustehenden Anteil eines etwaigen Verkaufspreises im Falle eines Verkaufes. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass theoretisch bei einer entsprechenden Willenseinigung bei Einverständnis aller Miteigentümer und aller Grundbuchsberechtigten natürlich auch jeder Miteigentümer seinen Anteil veräußern könnte.

In dem Umstand, dass ein Lift in den genannten Ausmaßen und nicht in einer "kleineren" Version errichtet wurde, erblickt die Referentin keinen Grund für das Ausscheiden eines im Übrigen vom Finanzamt auch nicht betragsmäßig bezifferten "über die notwendigen Maßnahmen hinausgehenden geschaffenen Gegenwertes", denn unbestrittenermaßen benötigt die an einer Querschnittlähmung der vier Gliedmaßen leidende Ehegattin zur Benützung des Liftes mit ihrem Rollstuhl mindestens eine Begleitperson. Berücksichtigt man die Grundausmaße des Rollstuhls (1,20 x 0,70 m) verbleibt neben der erforderlichen Begleitperson noch Raum für etwa zwei Personen. In diesem Umstand ist jedoch von der Referentin kein Grund zu erblicken, wie vom Finanzamt angesprochen, wegen der Größe einen zwar behinderungskausalen aber "über die notwendigen Maßnahmen hinausgehenden geschaffenen Gegenwert" auszuscheiden, zumal selbst das Finanzamt nur von einer Überdimensionierung und nicht von einer - hier auch nicht vorliegenden bzw. der Aktenlage nicht entnehmbaren - Luxustangente spricht.

Gerade eine solche Beurteilung würde auch als eine von Renner am Ende seines oben zitierten Kommentars abschließend als absolut zu vermeidende überspitzte Vorgehensweise zu qualifizieren sein. Denn warum sollte es der - ohnehin - körperlich behinderten Gattin des Bw. verwehrt sein, den Personenlift gemeinsam mit ihren Kindern zu nutzen?

Auf Basis all dieser Ausführungen und Erwägungen war im hier zu entscheidenden Einzelfall spruchgemäß zu entscheiden.

Als außergewöhnliche Belastung sind daher zu berücksichtigen:


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in Euro
2/3 der Lifterrichtungskosten
84.000,00
Rg. Fa. D GmbH zur Gänze
5.910,18
FA bisher 1.620,66 minus 742,93 aus Rechnung D
877,73
gesamt
90.787,91

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
StExp 2013/215
Zorn/Doralt in RdW 2016/331

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at