Ausbildung einer Bilanzbuchhalterin zur Shiatsu-Praktikerin (Umschulungskosten)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Abgabenfestsetzung erfolgt gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig.
Entscheidungsgründe
In der Einkommensteuererklärung 2007 machte die Berufungswerberin (Bw.), die als Bilanzbuchhalterin sowohl Einkünfte aus selbstständiger als auch nichtselbständiger Arbeit erzielte, unter Kennzahl 722 Umschulungskosten für die Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin in Höhe von 3.093,93 € geltend.
Nach einem Vorhalteverfahren wurden die Umschulungskosten vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2007 nicht als Werbungskosten anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass derzeit keine Umstände vorlägen, die über eine bloße Absichtserklärung hinausgingen. Werde in der Folge tatsächlich ein Gesamtüberschuss aus der Tätigkeit erzielt, stelle dies ein rückwirkendes Ereignis dar, das zur Bescheidänderung gemäß § 295a BAO führe. Die Veranlagung erfolge vorläufig, da eine Ungewissheit im Sinne des § 200 BAO vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Bw. aus, dass konkrete, über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehende, Umstände vorlägen. Ihr Dienstverhältnis ende mit . Ob eine Ausweitung ihrer selbständigen Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin möglich sei, sei derzeit noch nicht absehbar. Es stelle für sie jedenfalls ein vermindertes Risiko dar, wenn sie die Möglichkeit habe in zwei unterschiedlichen Berufen zu arbeiten. Demnach bemühe sie sich, den Gewerbeschein für Shiatsu so schnell wie möglich zu erlangen.
Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies neben umfangreichen allgemeinen Ausführungen damit, dass die Bw. nicht glaubhaft habe darlegen können, dass sie durch die Umschulung höhere Einkünfte erwarte und zudem derzeit keine Umstände erkennbar seien, woraus sich ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit ableiten ließe. Andererseits könne auf Grund der bereits getätigten Ausbildungsschritte eine zukünftige Berufsausübung als Shiatsu-Praktikerin auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Die Absicht, zukünftig als Shiatsu-Praktikerin steuerpflichtige Einkünfte erzielen zu wollen, könne erst an Hand der weiteren in diese Richtung tatsächlich gesetzten Aktivitäten beurteilt werden. Werde bei Nichtanerkennung der Umschulungskosten als Werbungskosten in der Folge tatsächlich ein Gesamtüberschuss aus der Tätigkeit erzielt, stelle dies ein zur Bescheidänderung gem. § 295a BAO führendes rückwirkendes Ereignis dar.
Im Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat brachte die Bw. ergänzend vor, sie habe im Jahr 2006 mit der Umschulung zur Shiatsu-Praktikerin begonnen. Die Ausbildung umfasse einen theoretischen und einen umfangreichen praktischen Teil, welche in Modulen zusammengefasst seien. Jährlich seien zwischen sechs und zehn drei- bis sechstägige Kurse zu belegen. Zudem seien mindestens 200 Behandlungen an selbständig geworbenen Personen durchzuführen, die durch Behandlungsprotokolle zu belegen seien. Nach dem - im Einzelnen dargestellten - Lehrplan des Österreichischen Dachverbandes für Shiatsu umfasse die theoretisch/praktische Ausbildung in Übereinstimmung mit der Massage-Verordnung vom mindestens 650 Unterrichtsstunden während einer Dauer von mindestens drei Jahren. Zudem seien mindestens 150 Shiatsu-Sitzungen protokolliert nachzuweisen. Allein der Ausbildungsweg und die dafür aufgewendete Zeit zeigten, dass es sich um ihre ernsthafte Absicht handle, den Beruf einer Shiatsu-Praktikerin auszuüben. Zudem habe sie ihren bisherigen Beruf als nichtselbständige Bilanzbuchhalterin mit Ende Mai 2008 aufgegeben. Auf selbständiger Basis betreue sie noch ein paar "alte" Klienten weiter, um genügend Zeit für die Ausbildung zu haben und durch eine freiere Zeiteinteilung die Ausbildungsziele besser und in kürzerer Zeit zu erreichen. Auf Grund der Umschulungsmaßnahmen habe sie weder die Zeit noch das Interesse, weitere Klienten zu werben und den Beruf der selbständigen Bilanzbuchhalterin auszubauen. Eine nachträgliche Anerkennung der Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben als rückwirkendes Ereignis würde grundsätzlich zum selben Ergebnis führen wie eine sofortige Berücksichtigung. Allerdings sei ihre Absicht als Shiatsu-Praktikerin zu arbeiten, hinreichend dargelegt, was zu einer sofortigen Berücksichtigung ihrer Kosten führen müsse. Im umgekehrten Fall könnte es sinnwidrig zu einem endgültigem Entfall ihrer Werbungskosten kommen sollte die Berufsausbildung aus einem noch nicht vorhersehbaren Grund scheitern.
In Beantwortung eines vom Unabhängigen Finanzsenat ausgefertigten Vorhaltes führte die Bw. aus, sie werde ihre Ausbildung voraussichtlich noch dieses Jahr abschließen. Ihre letzte Prüfung finde im Dezember 2009 statt. Für die Erlangung der Gewerbeberechtigung benötige sie dann noch einen Hygiene- sowie einen Erst-Hilfe-Kurs, welche sie 2010 belegen werde. Sobald sie die Gewerbeberechtigung erhalte (2010) und einen eigenen, wahrscheinlich im eigenen Wohnungsverband gelegenen, Raum für die Gewerbeausübung zur Verfügung habe, beabsichtige sie, selbständig tätig zu sein. Sie werde ihre Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin nicht aufgeben, da ihre Einkünfte als Shiatsu-Praktikerin - zumindest in den ersten Jahren - nicht ausreichen dürften. Bilanzbuchhalterin werde sie vormittags sein, nachmittags und abends werde sie Shiatsu-Termine wahrnehmen. Ihre voraussichtlichen Einkünfte könne sie momentan noch schwer abschätzen, ihr Ziel seien rund 900,00 € pro Monat. Ausgaben würden nicht allzu viele anfallen (vorgeschriebene Weiterbildungen und Bereitstellung des Massageraumes). Beigelegt waren die Teilnahmebestätigungen der in den Jahren 2008 und 2009 absolvierten Kurse. Die Ausbildungskosten des Jahres 2008 hätten keine steuerliche Auswirkung, da sie teilweise arbeitslos gewesen sei und ihre Tätigkeit als selbständige Buchhalterin erst begonnen habe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall steht in Streit, ob die von der Bw. beantragten Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zum Abzug zugelassen werden können.
Nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung zählen zu den Werbungskosten auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit einer vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Eine idente Regelung gibt es gemäß § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988 auch im Bereich der Betriebsausgaben bei betrieblichen (gewerblichen, selbständigen) Einkünften.
Im gegenständlichen Fall steht die Bw. seit dem Jahr 2006 in Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin. Die Iokai-Shiatsu-Ausbildung erstreckt sich über einen Mindestzeitraum von drei Jahren, wobei mindestens 650 theoretisch/praktische Unterrichtsstunden zu absolvieren sind und zudem mindestens 150 Shiatsu-Sitzungen protokolliert nachzuweisen sind. Die Ausbildung wird nach Ablegung der Abschlussprüfung mit Diplom abgeschlossen und berechtigt zur Ausübung des Gewerbes der Massage, eingeschränkt auf Shiatsu (Massage-Verordnung 2003). Die Bw. wird ihre Ausbildung voraussichtlich noch dieses Jahr abschließen und ihre letzte Prüfung im Dezember ablegen. Für die Erlangung der Gewerbeberechtigung benötigt die Bw. zusätzlich noch einen Hygienekurs sowie einen Erste-Hilfe-Kurs, die sie im Jahr 2010 zu absolvieren beabsichtigt. Sobald die Bw. die Gewerbeberechtigung im Jahr 2010 erhält und einen eigenen Raum für die Ausübung des Gewerbes zur Verfügung hat - voraussichtlich im eigenen Wohnungsverband - plant die Bw., selbständig tätig zu sein. Die Bw. nennt dabei als Ziel, Einkünfte in Höhe von etwa 900,00 € pro Monat zu erwirtschaften. Die Bw. geht davon aus, dass sie - zumindest in den ersten Jahren - nicht ausreichend verdienen wird und plant daher ihre Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin vormittags noch ausüben. Um ausreichend Zeit für ihre Ausbildung zu haben, hat die Bw. ihre nichtselbständige Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin Ende Mai 2008 aufgegeben. Seit Juli 2007 ist die Bw. als Bilanzbuchhalterin selbständig tätig und erzielte laut der eingereichten Einkommensteuererklärungen im Jahr 2007 Einkünfte in Höhe von 633,72 € und im Jahr 2008 in Höhe von 527,94 €.
Nach ihren eigenen Angaben plant die Bw., die zukünftige Tätigkeit als Shiatsu-Praktikerin selbständig auszuüben. Die geplante Tätigkeit wird deshalb gegebenenfalls wohl nur zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen können (§ 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988). Die damit zusammenhängenden Aufwendungen sind deshalb nach den Regeln des § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988 zu beurteilen, der dem § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 entspricht.
Wie sich aus dem Gesetzestext ergibt, setzt die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen voraus, dass die Umschulungsmaßnahme derart umfassend ist, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist.
Bei der gegenständlichen, mindestens dreijährigen, intensiven Shiatsu-Ausbildung, die mit Diplom abgeschlossen wird und zur Ausübung des Gewerbes der Massage, eingeschränkt auf Shiatsu, berechtigt, handelt es sich zweifelsohne um eine umfassende Umschulungsmaßnahme, die der als Bilanzbuchhalterin tätigen Bw. den Einstieg in einen völlig anderen Beruf ermöglicht.
Weiters setzt die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen voraus, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt.
Diese ausdrücklich genannte Tatbestandsvoraussetzung ist in Verbindung mit dem allgemeinen Abzugsverbot von Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu sehen. Die Beweggründe für eine Umschulung können durch äußere Umstände hervorgerufen werden, in einer Unzufriedenheit im bisherigen Beruf gelegen sein oder auch nur einem Interesse an einer beruflichen Neuorientierung entspringen. Der Steuerpflichtige muss aber nachweisen oder glaubhaft machen, dass er tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufes abzielt.
Der Zweck der Umschulung muss also darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen. Ob dies der Fall ist oder andere Motive der Bildungsmaßnahme des Steuerpflichtigen zu Grunde liegen (zB hobbymäßiges Verwerten), ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
Die bloße Absichtserklärung des Steuerpflichtigen, Einkünfte aus dem neuen Beruf erzielen zu wollen, reicht jedenfalls nicht aus. Es müssen vielmehr - da Umschulungskosten auf eine künftige, noch nicht ausgeübte Tätigkeit abzielen (inhaltlich also vorweggenommene Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darstellen) - Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur zukünftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. , ). Es ist also ein konkret geplanter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit nachfolgenden steuerbaren Einnahmen erforderlich, wobei die tatsächliche Absicht der Einnahmenerzielung in Zusammenhang mit einer Ausbildung je nach Ausbildung unterschiedlich schwierig zu dokumentieren ist (Vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 16 Anm. 143).
Die Bw. unterzieht sich zielstrebig einer mindestens dreijährigen theoretisch/praktischen Ausbildung, die mindestens 650 Ausbildungsstunden umfasst; zudem sind mindestens 150 Shiatsu-Sitzungen protokolliert nachzuweisen. Die Dauer der Ausbildung, die eine umfassende berufliche Qualifikation vermittelt, sowie die Höhe der anfallenden Kosten - allein in den Jahren 2007 und 2008 hat die Bw. rund 9.700 € in die Ausbildung investiert - stellen Indizien dafür dar, dass die Bw. tatsächlich die Ausübung des Berufes der Shiatsu-Praktikerin anstrebt und die Ausbildung nicht in ihrer privaten Sphäre liegt. Die Befriedigung eines bloß auf einer besonderen Neigung fußenden Interesses wäre für die Bw. auch in kürzeren, billigeren und weniger aufwendigen Seminaren möglich gewesen. Auch die Aufgabe ihres Dienstverhältnisses im Mai 2008 und die geringen Einkünfte aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin deuten auf die Absicht hin, tatsächlich als Shiatsu-Praktikerin tätig werden zu wollen.
Da die Bw. davon ausgeht, dass sie mit ihrer Tätigkeit als Shiatsu-Praktikerin - zumindest in den ersten Jahren - noch nicht ausreichend verdienen wird, beabsichtigt sie weiterhin als Bilanzbuchhalterin tätig zu sein. Geplant ist, vormittags als Bilanzbuchhalterin, nachmittags und abends als Shiatsu-Praktikerin tätig zu sein.
Der Umstand, dass die Bw. ihre bisherige berufliche Tätigkeit nicht aufgeben will, sondern mittels der neu erworbenen Kenntnisse ein zweites Berufsstandbein schaffen will, ist nach Meinung des Unabhängigen Finanzsenates für die Abzugsfähigkeit der diesbezüglichen Aufwendungen nicht schädlich. Nach dem Gesetzestext sind als Umschulungsmaßnahmen nicht nur Aufwendungen abzugsfähig, die auf einen (gänzlichen) Berufswechsel ausgerichtet sind, sondern ebenso Aufwendungen, die auf eine anders geartete Nebentätigkeit abzielen. Dabei muss aber beachtet werden, dass dies nur insoweit gelten kann, als die Betätigung ernsthaft und nicht nur hobbymäßig betrieben wird. Würde dabei ein Ausmaß angestrebt, das nur mehr als geringfügig beurteilt werden könnte, würde das jedenfalls gegen die steuerliche Abzugsfähigkeit der Ausbildungskosten sprechen (vgl. hiezu ).
Die subjektive Absicht, einen anderen Beruf ausüben zu wollen, kann nur an Hand objektiver Umstände beurteilt werden.
Nach Meinung des Unabhängigen Finanzsenates sprechen die lange, intensive, umfassende und kostspielige Ausbildung für die Absicht der Bw., den Beruf der Shiatsu-Praktikerin zu ergreifen. Allerdings ist die Ausbildung noch nicht abgeschlossen und der Umfang sowie die Ausgestaltung der künftigen Tätigkeit sind noch ungewiss. Die Absicht der Bw., mit den erworbenen Kenntnisse eine neue (zusätzliche) Einkunftsquelle zu erschließen, kann daher erst an Hand der weiteren, in diese Richtung tatsächlich gesetzten Aktivitäten abschließend beurteilt werden.
Gemäß § 200 Abs. 1 erster Satz BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.
Ist die Ungewissheit beseitigt, wird die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung ersetzt. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den bisher vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt (§ 200 Abs. 2 BAO).
Im gegenständlichen Fall liegt die Ungewissheit in der Beurteilung der subjektiven Absichten der Bw. (des Planes bzw. der Motive der Bw.), die zwar schon vorliegen, aber noch nicht ausreichend objektivierbar und damit endgültig beurteilbar sind. Die subjektive Absicht kann nämlich nur anhand objektiver Umstände beurteilt werden. Diese Beurteilung wird erst später möglich sein, wenn der subjektive Wille anhand der objektiv messbaren Ausformung klar beweisbar und damit sichtbar werden wird. Bei diesem Hervortreten der Umstände handelt es sich also nicht um Tatsachen, die die ursprünglichen Motive ändern, sondern um Tatsachen, die diese Motive beweisen. Der Sachverhalt wird dadurch nicht geändert, er wird nur "sichtbar". Die Ungewissheit liegt im bereits bestehenden Motiv und nicht in einem zukünftigen Ereignis.
Damit handelt es sich im vorliegenden Fall um einen typischen Anwendungsfall für die vorläufige Veranlagung.
Gem. § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat. Eine vorläufige Veranlagung ist bei Ungewissheiten über den Eintritt rückwirkender Ereignisse (§ 295a BAO) ausgeschlossen (vgl. Ritz, BAO3, § 200 Tz 7). Aus diesem Grunde war auch zu prüfen, ob in den noch unsicheren zukünftigen Entwicklungen solche rückwirkende Ereignisse zu erblicken sind.
Im gegenständlichen Fall liegt die Ungewissheit in der Beurteilung der subjektiven Absichten der Berufungswerberin, die auf Grund der vorliegenden objektiven Umstände trotz Durchführung aller möglichen Ermittlungen noch nicht abschließend durchgeführt werden kann. Sie wird erst möglich sein, wenn der subjektive Wille an Hand der objektiven Umstände sichtbar wird. Die Ungewissheit liegt im bereits bestehenden Motiv und nicht in einem zukünftigen Ereignis, wodurch § 295a BAO nicht angewendet werden konnte.
Entgegen der vom Finanzamt vertretenen Auffassung, kommt der Unabhängige Finanzsenat somit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zum Ergebnis, dass - zumindest derzeit - mehr Gründe dafür sprechen, dass die Bw. die erworbenen Kenntnisse tatsächlich berufsmäßig zur Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen verwerten wird und die strittigen Umschulungskosten in der Höhe von 3.093,93 € daher im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorläufig als (vorweggenommene) Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988 anzuerkennen sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at