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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 25.01.2007, RV/0751-W/06

Haftung, wenn Grundlagenbescheid angefochten und Aussetzung der Einhebung beantragt?

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 405/07 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0104 (früher 2007/15/0263) eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/1339-W/10 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kittinger und die weiteren Mitglieder ADir. Helmut Hummel, Gottfried Hochhauser und Reinhold Haring im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufung des Bw.., Adresse, vertreten durch FINCONSULT WirtschaftstreuhandgmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 1160 Wien, Weinheimergasse 2/11, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes H., vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Haftungsausspruch auf einen Betrag in Höhe von € 797.250,65 (statt bisher € 876.408,06) reduziert.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) gemäß § 9 BAO in Verbindung mit § 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der S-GmbH in Höhe von insgesamt € 876.408,06 zur Haftung herangezogen.

Diese Abgaben setzen sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Rückstandsbetrag
abzl. 20% Zwangsausgleich
Haftungsbetrag
Umsatzsteuer
1998
9.178,47
1.835,69
7.342,78
Umsatzsteuer
2000
54.373,52
10.874,70
43.498,82
Umsatzsteuer
2002
6.096,94
1.219,39
4.877,55
Umsatzsteuer
2003
666,78
133,36
533,42
Umsatzsteuer
2004
6.287,75
1.257,55
5.030,20
Umsatzsteuer
03/05
0,03
0,01
0,02
Lohnsteuer
03/05
2.164,65
432,93
1.731,72
Kapitalertragsteuer
1998
23.056,13
4.611,23
18.444,90
Kapitalertragsteuer
1999
464.289,92
92.857,98
371.431,94
Kapitalertragsteuer
2000
47.235,48
9.447,10
37.788,38
Kapitalertragsteuer
2001
29.435,24
5.887,05
23.548,19
Körperschaftsteuer
1998
80.664,23
16.132,85
64.531,38
Körperschaftsteuer
1999
70.846,86
14.169,37
56.677,49
Körperschaftsteuer
2000
99.476,25
19.895,25
79.581,00
Körperschaftsteuer
2001
89.267,18
17.853,44
71.413,74
Körperschaftsteuer
2002
1.437,21
287,44
1.149,77
Körperschaftsteuer
2003
27.608,59
5.521,72
22.086,87
Körperschaftsteuer
2004
2.676,51
535,30
2.141,21
Dienstgeberbeitrag
03/05
750,50
150,10
600,40
Dienstgeberbeitrag
05/05
221,03
44,21
176,82
Dienstgeberzuschlag
03/05
70,05
14,01
56,04
Dienstgeberzuschlag
05/05
72,54
14,51
58,03
Anspruchszinsen
2000
15.183,28
3.036,66
12.146,62
Anspruchszinsen
2001
4.332,97
866,59
3,466,38
Anspruchszinsen
2002
81,37
16,27
65,10
Anspruchszinsen
2003
705,54
141,11
564,43
Aussetzungszinsen
2004
426,98
85,40
341,58
Aussetzungszinsen
2005
52.262,40
10.452,48
41.809,92
Pfändungsgebühr
2005
883,11
176,62
706,49
Pfändungsgebühr
2005
3,75
0,75
3,00
Stundungszinsen
2003
5.754,82
1.150,96
4.603,86
1,095.510,08
219.102,02
876.408,06

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw. seit handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH und damit verpflichtet gewesen sei, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Es sei Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 BAO angenommen werden dürfe. Demnach hafte der Geschäftsführer für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch denn, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, nicht ausgereicht hätten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Da der Bw. seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der Gesellschaft im Ausmaß des Abgabenausfalles uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtswidrig sei, weil zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Höhe der uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten noch gar nicht festgestanden sei: Nachdem die Haftung für 80% der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht worden sei und der Zwangsausgleich aber gemäß Protokoll über eine besondere Prüfungs-, Schlussrechnungs- und Zwangsausgleichstagsatzung vom , AZ xxx/05, mit einer Quote von 25% angenommen worden sei, werde mit dem angefochtenen Haftungsbescheid eine Haftung für Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht, welche gar nicht uneinbringlich sei, weil sie von der Firma S-GmbH als Primärschuldner im Rahmen der Ausgleichsquote zu bezahlen sei.

Nachdem am der Zwangsausgleich mit einer Quote von 25% angenommen und bestätigt worden sei, sei die Firma S-GmbH als Primärschuldner von der Verpflichtung zur Entrichtung des übersteigenden Teiles der Abgabenschuldigkeiten befreit. Nach dem Grundsatz der Akzessorietät wirke diese Befreiung auch für jeden prinzipiell Haftenden, weshalb der angefochtene Haftungsbescheid in Berufungsverfahren ersatzlos aufzuheben sei.

In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 95/16/077 vom verwiesen, aus welchem folgender Rechtssatz abgeleitet werde:

"Nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleiches und Entrichtung der Ausgleichsquote ist der Schuldner von den die Quote übersteigenden Verbindlichkeiten befreit (Hinweis E , 92/15/0041). Die Geltendmachung der Haftung ist in einem solchen Fall unzulässig. Aber auch im Falle einer Berufung gegen einen Bescheid, mit dem vor diesem Zeitpunkt die Haftung geltend gemacht wurde, hat die Berufungsbehörde die in der Zwischenzeit eingetretene Befreiung des Primärschuldners von den Verpflichtungen zu berücksichtigen. Im Abgabenverfahren verlangt nämlich die Akzessorietät, dass die Abgabenschuld entstanden ist, also ein Abgabentatbestand hinsichtlich seiner persönlichen (steuersubjektbezogenen) und sachlichen (steuergegenstandbezogenen) Komponente verwirklicht und der Abgabenanspruch aufrecht ist, unabhängig davon, ob beim Erstschuldner die Möglichkeit der Geltendmachung oder der Einbringung besteht oder mangelt. Ist jedoch der Steuergegenstand sachlich oder sind die Abgabenschuldner persönlich befreit und ist eine Abgabenschuld erst gar nicht entstanden, kann auch ein prinzipiell Haftender nicht zur Haftung herangezogen werden (Hinweis Stoll, BAO Kommentar 105; abweichend hievon E VS , 96/15/0049, RS 8, 9, 10; gegenteilig auch E , 89/15/0106, RS 2; E , 89/08/0198, RS 7; E , 89/08/0321, 0322, RS 1; E , 95/08/0290, RS 4)."

Der diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 95/16/0077 vom zugrunde liegende Sachverhalt stimme mit dem Sachverhalt, welcher dem jetzt ergangenen und angefochten Haftungsbescheid über € 876.408,06 zugrunde liege, vollständig überein. Auch damals sei der Haftungsbescheid vor Annahme und Bestätigung des gerichtlichen Zwangsausgleiches erlassen worden und es sei mit diesem Haftungsbescheid auch eine Haftung für Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht worden, welche vom Primärschuldner im Rahmen der Ausgleichsquote zu tilgen wären und daher gar nicht uneinbringlich gewesen seien. Im Rahmen der Berufungsentscheidung - welche nach Annahme und Bestätigung des gerichtlichen Zwangsausgleiches ergangen sei - sei die in der Zwischenzeit eingetretene Befreiung des Primärschuldners von den Verpflichtungen zur Zahlung dieser Abgabenschuldigkeiten (im Ausmaß der die Ausgleichsquote übersteigenden Beträge) nicht berücksichtigt und diese Vorgangsweise sei - nach dem Wortlaut des oben zitierten VwGH-Erkenntnisses - rechtswidrig.

Eine Berufungsentscheidung, welche den mit dieser Berufung angefochtenen Haftungsbescheid über € 876.408,08 nicht ersatzlos aufhebe, sondern nur hinsichtlich des Betrages abändere, wäre gemäß dem nachfolgend dargestellten Wortlaut des oben zitierten Erkenntnisses

"Aber auch im Falle einer Berufung gegen einen Bescheid, mit dem vor diesem Zeitpunkt die Haftung geltend gemacht wurde, hat die Berufungsbehörde die in der Zwischenzeit eingetretene Befreiung des Primärschuldners von den Verpflichtungen zu berücksichtigen. Im Abgabenverfahren verlangt nämlich die Akzessorietät, dass die Abgabenschuld entstanden ist, also ein Abgabentatbestand hinsichtlich seiner persönlichen (steuersubjektbezogenen) und sachlichen (steuergegenstandbezogenen) Komponente verwirklicht und der Abgabenanspruch aufrecht ist, unabhängig davon, ob beim Erstschuldner die Möglichkeit der Geltendmachung oder der Einbringung besteht oder mangelt. Ist jedoch der Steuergegenstand sachlich oder sind die Abgabenschuldner persönlich befreit und ist eine Abgabenschuld erst gar nicht entstanden, kann auch ein prinzipiell Haftender nicht zur Haftung herangezogen werden (Stoll, aaO, 105)."

rechtswidrig und könne mit Erfolg beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.

Die nach dem Gesetzeswortlaut des § 9 Bundesabgabenordnung geforderten Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung lägen im gegenständlichen Fall nicht vor:

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 9 Bundesabgabenordnung würden die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die sie treffenden Abgaben insoweit haften, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten.

Eine Inanspruchnahme des Vertreters im Haftungswege sei nach der Rechtsprechung - vgl. z.133. den Kommentar zur Bundesabgabenordnung von Ritz - nur zulässig, wenn

  • dieAbgaben objektiv uneinbringlich geworden seien,

  • eine Pflichtverletzung des Vertreters vorliege, wobei es sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um die Verletzung einer abgabenrechtlichen Pflicht handeln müsse,

  • ein Verschulden des Vertreters vorliege, wobei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allerdings keine bestimmte Schuldform gefordert sei und daher auch leichte Fahrlässigkeit als Verschulden anzusehen sei,

  • Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit vorliege und

  • die Haftung nur insoweit - anteilig - bestehe, als bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Abgabenausfall nicht in dieser Höhe entstanden wäre.

Dass die Abgaben objektiv uneinbringlich geworden seien, sei infolge des am beschlossenen Zwangsausgleiches unstreitig. Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang aber nochmals, dass gemäß Protokoll über eine besondere Prüfungs-, Schlussrechnungs- und Zwangsausgleichstagsatzung des Landesgerichtes K. vom , Aktenzeichen xxx/05, die Gläubiger 25% ihrer Forderungen erhalten würden und daher mit dem angefochtenen Bescheid - rechtswidrig - eine Haftung für Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht werde, welche gar nicht uneinbringlich seien und vom Primärschuldner S-GmbH im Rahmen der Ausgleichsquote entrichtet werden müsse.

Die übrigen vorstehend angeführten Voraussetzungen lägen im gegenständlichen Fall auch nicht vor, weshalb die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtigen gemäß §§ 9 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma S-GmbH im Ausmaß von € 876.408,06 - oder auch nur mit € 821.632,56 (= 75% von € 1.095.510,09) rechtswidrig sei.

Abgabenrechtliche Pflichten seien durch den Bw. nicht verletzt worden:

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehöre gemäß § 80 Abs. 1 Bundesabgabenordnung insbesondere "dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden".

Werde eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquide Mittel habe, so verletze der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht. Verfüge der Vertretene über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so dürfe der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden. Es könne aber nicht verlangt werden, der Vertreter müsse den Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigen. Er habe die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz).

Im gegenständlichen Fall handle es sich bei den aushaltenden und infolge der Insolvenz der Firma S-GmbH teilweise uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten ausschließlich um vorn Unternehmen bestrittene Abgabennachforderungen auf Grund der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 sowie daraus entstandenen Nebenansprüche wie Stundung- und Aussetzungszinsen, Pfändungsgebühren und Barauslagenersätze und Körperschaftsteuer-Nachforderungen für die Jahre 2000 bis einschließlich 2004, welche von der FirmaS-GmbH ebenfalls bestritten worden seien, weil diese Nachforderungen ausschließlich aus der - nach Ansicht des Unternehmens unrechtmäßigen - Nichtberücksichtigung von Verlustvorträgen resultieren würden.

Die Abgabenachforderungen aus der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 seien erstmalig bescheidmäßig in den Monaten Juni und Juli 2003 festgesetzt und im September 2003 nach Einbringung der dagegen eingebrachten Berufungen antragsgemäß mit einem Gesamtbetrag von € 1.368.343,76ausgesetzt worden. Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, GZ. RV/1596 W/05 vom sei den Berufungen teilweise stattgegeben worden, trotzdem sei gegen diese Berufungsentscheidung - nachdem die strittigen Abgabennachforderungen auch in der Berufungsentscheidung großteils aufrecht erhalten wurden - am Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht worden.

Obwohl auf Grund der eingebrachten Beschwerde mit Einleitungsverfügung vom das Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof eingeleitet worden sei, sei mit Beschluss vom der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben worden. Nach Zustellung dieses Beschlusses vorn betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung mittels Telefax vom seien von der Firma S-GmbH unverzüglich alle notwendigen Schritte zur Prüfung der Frage eingeleitet worden, ob der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit vorliege und - nachdem sich diese Vermutung auf Grund eines zum Stichtag erstellten Vermögensstatus bewahrheitet habe - am der Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit beantragt worden.

Während also alle übrigen Abgaben wie Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum FLAF und Zuschlag zum DB sowie alle zu Recht vorgeschriebenen Ertragsteuern in voller Höhe und insbesondere auch in den Jahren 1998 bis einschließlich 2005 in voller Höhe entrichtet worden seien, seien diese strittigen - und nach Ansicht der Firma S-GmbH rechtswidrig vorgeschriebenen Abgaben, weshalb alle ordentliche Rechtsmittel ausgeschöpft worden seien und auch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei - Abgaben nicht entrichtet worden, weil deren Einhebung zunächst gemäß § 212a Bundesabgabenordnung ausgesetzt gewesen sei und die Firma S-GmbH bzw. deren Geschäftsführer, der Bw., bis zum auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof vertraut habe.

Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass auch die nachstehend aufgeführten Lohnabgaben


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lohnsteuer 03/2005
2.164,65 €
Dienstgeberbeitrag zum FLAF 03/2005
750,50 €
Zuschlag zum DB 03/2005
70,05 €
von insgesamt
2.985,20 €
sowie
Dienstgeberbeitrag zum FLAF 05/2005
221,03 €
Zuschlag zum DB 05/2005
72,54 €
von insgesamt
293,57 €

von der Firma S-GmbH in voller Höhe und rechtzeitig zum Fälligkeitstermin entrichtet worden seien, nämlich die Lohnabgaben 03/2005 mit der Gutschrift aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung 02/2005 in Höhe von € - 2.985,20 (gebucht am in Buchungsmitteilung Nr. 16) und die Lohnabgaben 05/2005 mit der Gutschrift aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung 04/2005 in Höhe von € - 293,56 (gebucht am in Buchungsmitteilung Nr. 21); in der Berechnung der Haftungsschuldigkeiten, welche dem angefochtenen Haftungsbescheid vom als Beilage angeschlossen sei, würden diese Lohnabgaben für die Monate März und Mai 2005 nur deshalb als nicht entrichtet und daher im teilweise uneinbringlich gewordenen Rückstand enthalten aufscheinen, weil vom Finanzamt A. bei der Verbuchung dieser Gutschriften aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Februar und April 2005 die erteilten Verrechnungsanweisungen nicht beachtet worden sei.

Es seien daher in den Jahren 1998 bis einschließlich 2005 - bis zum , an dem der Konkursantrag infolge Zahlungsunfähigkeit gestellt worden sei - von der Firma S-GmbH sämtliche Abgaben - mit Ausnahme der strittigen Abgabennachforderungen gemäß Betriebsprüfung 1997-1999 - pünktlich zum Fälligkeitstermin und in voller Höhe entrichtet worden.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen isei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, bestimme sich danach, wann die Abgaben bei der Achtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Nach dem Kommentar von Ritz zur Bundesabgabenordnung bzw. den dort genannten Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes sei dieser Zeitpunkt bei Selbstbemessungsabgaben der Zeitpunkt der Fälligkeit - unabhängig davon ob und wann diese Selbstbemessungsabgaben bescheidmäßig festgesetzt worden seien- und sei bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben wie z. B. der Körperschaftsteuer grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend.

Bei undifferenzierter Betrachtungsweise könnte daraus abgeleitet werden, dass - nachdem diese strittigen Abgabenschuldigkeiten schon in den Monaten Juni und Juli 2003 festgesetzt worden seien bzw. z. B. die Umsatzsteuer für das Jahr 1998 spätestens am fällig gewesen sei - eine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflicht zur Entrichtung dieser Abgaben schon allein deshalb vorliege, weil in den Zeiträumen zwischen der sich aus der erstmaligen bescheidmäßigen Festsetzung bzw. bei Selbstbemessungsabgaben dem gesetzlich vorgeschriebenen Fälligkeitszeitpunkt und dem Stichtag der Konkursanmeldung im Juli 2005 andere Verbindlichkeiten befriedigt worden seien und daher dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entsprochen worden sei, worin ein - haftungsbegründendes - Verschulden des Geschäftsführers erblickt werden könne.

Einesolche Beurteilung wäre aber unrichtig und rechtswidrig, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; , 98/17/0038) nicht verlangt werden könne, der Vertreter müsse den Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigen. Nach dem Gleichbehandlungsgrandsatz habe der Vertreter den Abgabengläubiger mit allen anderen Gläubigern gleichzustellen und dürfe ihn nicht schlechter stellen als andere Gläubiger, müsse ihn aber auch nicht besser stellen als andere Gläubiger.

Nun habe der Bw. als Vertreter der Firma S-GmbH in den Jahren 1998 bis einschließlich 2005 bis zum - alle unstreitigen und fälligenForderungen seiner Gläubiger befriedigt. Forderungen ohne gültige Rechtstitel seien nicht honoriert worden und wenn zur Bezahlung gültiger Forderungen ein Zahlungsaufschub gewährt worden sei, dann sei dieses zusätzliche Zahlungsziel genützt und die Forderung erst zum späteren - hinausgeschobenen - Zeitpunkt befriedigt worden.

Wenn aber nun diese strittigen Abgabenschuldigkeiten von € 1,095.510,09 bis zum (= dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof) nicht beglichen worden seien, dann sei dabei der Abgabengläubiger nicht schlechter gestellt als andere Gläubiger. Diese Forderung sei strittig und die Fälligkeit sei hinausgeschoben worden, nämlich zunächst durch die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung und in weiterer Folge durch die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Sofort nach Kenntniserlangung über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung habe der Bw. als Vertreter der Firma S-GmbH versucht, zusätzliche liquide Mittel zur Entrichtung dieser nunmehr fälligen Abgabenschuldigkeiten für die Firma S-GmbH zu erhalten und habe - nachdem diesbezügliche Verhandlungen erfolglos geblieben seien und damit auch mittelfristig eine Erfüllung aller finanzieller Verpflichtungen der Gesellschaft mbH unmöglich gewesen sei - innerhalb der gesetzlichen Frist Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit angemeldet.

Der Bw. als Vertreter der Firma S-GmbH habe damit genau jene Vorgangsweise gewählt, welche von einem ordentlichen Kaufmann und sorgfältigen Geschäftsführer gefordert werde. Er habe zunächst unter sorgfältiger Prüfung der damit verbundenen Kosten und Risken alle rechtlichen Schritte gesetzt und die nach Ansicht der Firma S-GmbH rechtswidrige Abgabennachforderung abzuwenden und - nachdem erkennbar geworden sei, dass diese Abgabenforderungen entrichtet werden müssten, obwohl über die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Bescheide vom Verwaltungsgerichtshof noch gar nicht abgesprochen worden sei und voraussichtlich auch erst in einigen Jahren abgesprochen werde - nach sorgfältiger Überlegung den einzigen rechtlich richtigen Schritt gesetzt und innerhalb der 60-Tage-Frist der Konkursordnung den Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Nachdem er mit dieser Vorgangsweise den gesetzlichen Vorschriften buchstabengetreu gefolgt sei, könne ihm jedenfalls kein Verschulden vorgeworfen werden und sei damit eine Inanspruchnahme im Haftungswege gemäß § 9 Bundesabgabenordnung ausgeschlossen.

Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Bestimmung des § 212a Bundesabgabenordnung als Reaktion des Gesetzgebers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 119/86, geschaffen und damit überhaupt erst die Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung einer strittigen Abgabe bei gleichzeitiger Einbringung einer Berufung gegen den zugrunde liegenden Abgabenbescheid geschaffen worden sei, weil in dem genannten Erkenntnis der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 254 Bundesabgabenordnung, wonach durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten werde, als verfassungswidrig aufgehoben worden sei. Diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass es nicht angehe, Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten.

Wenn nun aber der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 212a Bundesabgabenordnung dem Abgabepflichtigen und damit im gegenständlichen Fall der Firma S-GmbH ausdrücklich durch Schaffung einer eindeutigen gesetzlichen Bestimmung die Möglichkeit eingeräumt habe, im Falle der Einbringung einer Berufung gegen eine potentiell rechtswidrige behördliche Entscheidung die Aussetzung der Einhebung der strittigen Abgabe nach Forderung zu beantragen und damit den Zeitpunkt der Entrichtung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels hinauszuschieben, dann könne es dem Vertreter der Gesellschaft - im gegenständlichen Fall dem Bw. als Geschäftsführer - nicht als Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten vorgeworfen werden, wenn er diese vom Gesetzgeber ausdrücklich ermöglichte und gewollte Möglichkeit zum Hinausschieben des Entrichtungszeitpunktes in Anspruch nehme.

Eine Auslegung der Judikatur zur Haftung des Geschäftsführers in der Form, dass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vorliege, wenn nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Abgabenfälligkeit andere - anerkannte und unstreitige - Verbindlichkeiten wie z.B. Lieferverbindlichkeiten in voller Höhe befriedigt würden und gleichzeitig die - durch Einbringung einer Berufung bestrittenen - Abgabenschuldigkeiten weder gänzlich noch teilweise entrichtet würden, weil einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung von der Abgabenbehörden stattgegeben und der Termin des Zeitpunktes der Verpflichtung zur Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten damit hinausgeschoben wurde, wäre - nachdem mit einer solchen Auslegung wiederum der Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zu endgültigen Erledigung des Rechtsmittels belastet werde - verfassungswidrig.

Außerdem stünde eine solche Auslegung im direkten Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Wenn der Verwaltungsgerichtshof ausführe, dass der Abgabengläubiger im Rahmen der gebotenen Gleichbehandlung jedenfalls nicht besser gestellt werden dürfe als die übrigen Gläubiger, dann sei daraus zwingend abzuleiten, dass der Vertreter aus den Mitteln der Gesellschaft jedenfalls nur fällige und unstreitige Abgabenschuldigkeiten - und jedenfalls nicht vor dem ausdrücklich vereinbarten letztmöglichen Tilgungstermin - tilgen dürfe und müsse, weil er sonst den Abgabengläubiger im Vergleich zu den übrigen Gläubigem bevorzugen und besser stellen würde, weil deren Forderungen eben nur dann getilgt würden, wenn sie unstreitig seien und die vereinbarten Zahlungsziele im höchstmöglichen Ausmaß ausgenützt worden seien.

Aus der Treuepflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft sei überdies sogar eine Verpflichtung zur vorläufigen Nichtentrichtung von strittigen Abgabenschuldigkeiten, bei denen die Verpflichtung zur Entrichtung nach erfolgreicher Einbringung eines Aussetzungsantrages gemäß § 212a Bundesabgabenordnung bis zur Erledigung der eingebrachten Berufung hinausgeschoben worden sei, abzuleiten. Nachdem im Falle einer Stattgabe der eingebrachten Berufung zwar die strittigen Abgabenschuldigkeiten wieder gutgeschrieben und im Falle einer vorherigen Entrichtung auch in voller Höhe wieder rückbezahlt würden, dem Unternehmen aber trotzdem ein Schaden - und zwar in Höhe der entgangenen Zinsen zwischen dem Zeitpunkt der ursprünglichen Entrichtung und der Rückzahlung nach Stattgabe der Berufung - erwachse, hätte ein Geschäftsführer durch die Entrichtung von strittigen Abgabenschuldigkeiten seiner Gesellschaft einen Schaden zugefügt und damit gegen seine Verpflichtung zur Führung der Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verstoßen. Ein ordentlicher Kaufmann gewähre niemandem - auch nicht der Abgabenbehörde - zinsenlose Kredite und ein Vertreter als Verwalter fremden Vermögens sei daher auf Grund seiner Verpflichtung zur Führung der Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht nur berechtigt sondern in Wahrheit sogar verpflichtet, im Falle der Einbringung einer Berufung gegen Abgabennachforderungen, welche sowohl nach seiner als auch der Meinung von fachkundigen Steuerexperten rechtswidrig vorgeschrieben worden seien, einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung einzubringen und - wenn diesem Aussetzungsantrag stattgegeben werde - die strittigen Abgabennachforderungen bis zur abschließenden Erledigung der eingebrachten Berufung und dem Widerruf der Aussetzung der Einhebung nicht zu entrichten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hafte der Vertreter nur, wenn er abgabenrechtlicher Pflichten schuldhaftverletzt habe, wobei allerdings auch leichte Fahrlässigkeit als Verschulden anzusehen sei.

Nun liege - wie oben ausgeführt - eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertreters der S-GmbH überhaupt nicht vor, weshalb sich die Frage nach einem Verschulden eigentlich erübrige.

Wenn aber im Gegensatz zur obigen Ausführungen in der gänzlichen bzw. auch nur teilweisen Nichtentrichtung der strittigen Abgabenschuldigkeiten ein Verstoß gegen abgabenrechtliche Pflichten unterstellt werde, dann treffe den Bw. trotzdem kein Verschulden. Diese strittigen Abgabenschuldigkeiten seien von ihm aus den Mitteln der Firma S-GmbH ausschließlich deshalb nicht entrichtet worden, weil er von seinem steuerlichen Vertreter wiederholt und auch noch im Zeitraum zwischen dem 2. Juni und dem dahingehend informiert worden sei, dass er - bis zum infolge der zunächst beantragten Aussetzung der Einhebung und nach deren Aufhebung infolge des an den Verwaltungsgerichtshof gleichzeitig mit der eingebrachten Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates gestellten Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und danach unter Verweis auf den Umstand, dass im Falle des tatsächlichen Vorliegens der vermuteten Zahlungsunfähigkeit allfällige Zahlungen an die Abgabenbehörde im Zuge eines Insolvenzverfahrens vom Masseverwalter jedenfalls rückgefordert würden - diese strittigen Abgabenschuldigkeiten jedenfalls nicht entrichten müsse bzw. nach dem 2. Juni 2005weder gänzlich noch teilweise entrichten dürfe.

Zu verweisen sei in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 85/15/0069 vom 9. Juni 1985, in welchem ausgeführt werde, dass den Geschäftsführer kein Verschulden treffe, wenn sein Handeln ausschließlich durch eine unrichtige Rechtsbelehrung seines Steuerberaters - welcher in voller Kenntnis des richtigen Sachverhaltes war - veranlasst worden sei. Die in diesem Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen Ausführungen seien auf den gegenständlichen Fall eindeutig anwendbar, weshalb den Bw. - auch wenn von ihm abgabenrechtliche Pflichten verletzt worden wären - jedenfalls kein Verschulden treffe und daher eineInanspruchnahme zur Haftung auch aus diesem Grund rechtswidrig sei.

Im übrigen könne ein Verschulden des Bw. auch schon deshalb nicht vorliegen, weil die bloße Anerkennung der strittigen Abgabenschuldigkeiten oder die gänzliche Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten unweigerlich den Konkurs der Firma S-GmbH nach sich gezogen hätte (auf die beiliegende Aufstellung "Entwicklung der liquiden Mitteln und des Eigenkapitals in den Jahren 1999-2005" und die Ausführungen unter "D" werde verwiesen). Nachdem eine gänzliche Entrichtung der strittigen Abgabenschuldigkeiten mangels vorhandener liquider Mittel im gesamten Zeitraum 1998 bis 2005 unmöglich gewesen sei und jeder Versuch einer Entrichtung unweigerlich den Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit nach sich gezogen hätte und damit der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger sogar höher als jetzt im Rahmen des beschlossenen Zwangsausgleiches gewesen wäre, sei der Höchstbetrag einer allenfalls möglichen Haftung des Bw. mit Null anzusetzen. Wenn aber der Bw. auf Anraten seines Steuerberaters die gesetzlich für den Fall des Bestreitens von Abgabenschuldigkeiten geschaffene Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung gemäß 212a Bundesabgabenordnung in Anspruch nehme und daher diese Abgabenschuldigkeiten nicht entrichte, könne ihm das nicht als - haftungsbegründendes - Verschulden zur Last gelegt werden, wenn es gleichzeitig die einzige Möglichkeit sei, einen Konkurs der Firma S-GmbH und damit einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil für das Unternehmen - und einen noch höheren Nachteil als den jetzt im Zwangsausgleich erlittenen Forderungsausfall von 75% für den Abgabengläubiger - abzuwenden.

Nachdem - wie schon oben ausgeführt - eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Bw. überhaupt nicht vorliege, sei eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit in der Form, dass die Pflichtverletzung zur Uneinbringlichkeit geführt habe, denkunmöglich.

Überdies wäre aber der Forderungsausfall zumindest in gleicher Höhe entstanden, wenn die oben genannten strittigen Abgabennachforderungen schon zum sich aus der erstmaligen bescheidmäßigen Festsetzung oder - bei Selbstbemessungsabgaben - dem Gesetz ergebenden Fälligkeitszeitpunkt entrichtet worden wären, weil in diesem Fall ein Konkursantrag infolge Zahlungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt gestellt werden hätte werden müssen.

In diesem Zusammenhang werde auf die nachstehenden Ausführungen zur Frage des Umfanges der Haftung des Bw. verwiesen und auf die beiliegenden Berechnungen, aus denen hervorgehe, dass der Versuch einer Entrichtung dieser strittigen Abgabennachforderungen nach deren Festsetzung auf Grund der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 in den Monaten Juni und Juli 2003 schon damals infolge nicht ausreichender liquider Mittel unweigerlich zur Insolvenz der Firma S-GmbH geführt hätte und der Forderungsausfall des Abgabengläubigers in diesem Fall zumindest gleich hoch gewesen wäre, weshalb eine Haftung des Bw. zum einen infolge fehlender Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit nicht in Frage komme und zum anderen schon auf Grund der umfänglichen Beschränkung der Vertreterhaftung nicht Platz greifen könne, weil der Vertreter bei Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes - auch diese Voraussetzung lägen aber im gegenständlichen Fall gar nicht vor - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in den Erkenntnissen 94/17/0122 vom und 96/15/0128 vom nur insoweit hafte, als die Abgabenschuldigkeiten bei der Haftung des Gleichheitsgrundsatzes zu entrichten gewesen wären und der Forderungsausfall des Abgabengläubigers aus Verschulden des Vertreters (= Kausalität ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme zur Haftung) höher geworden sei.

Nachdem eine gänzliche Entrichtung der strittigen Abgabenschuldigkeiten mangels vorhandener liquider Mittel im gesamten Zeitraum 1998 bis 2005 unmöglich gewesen sei und jeder Versuch einer Entrichtung unweigerlich den Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit nach sich gezogen hätte und damit der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger sogar höher als jetzt im Rahmen des beschlossenen Zwangsausgleiches gewesen wäre, sei der Höchstbetrag einer allenfalls möglichen Haftung des Bw. mit Null anzusetzen.

Wie schon oben ausgeführt, sei der Bw. auch nach dem Gleichbehandlungsgebot nicht verpflichtet gewesen, die strittigen Abgabenschuldigkeiten zu entrichten, weil er den Abgabengläubiger mit Entrichtung dieser strittigen Abgabennachforderungen gegenüber den übrigen Gläubigem der Firma S-GmbH - deren strittige Forderungen nicht beglichen worden seien - bevorzugt hätte, weshalb ihn kein Verschulden treffe und schon allein aus diesem Grund die Geltendmachung einer Haftung rechtswidrig sei.

Die Geltendmachung einer Haftung bzw. der angefochtene Bescheid sei aber auch deswegen rechtswidrig, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - verwiesen werde auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vorn , 94/17/0122 und vom , 96/15/0128 - und nach herrschender Lehre bei Verletzung der Gleichbehandlungspflicht die Haftung nur anteilig und zwar höchstens mit jenem Teilbetrag bestehe, welcher bei Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entrichten gewesen wäre (vgl. den Kommentar zur Bundesabgabenordnung von Ritz, zweite Auflage, S. 27).

Nachdem der Bw. - wie sich aus der beiliegenden Aufstellung " Entwicklung der liquiden Mitteln und des Eigenkapitals in den Jahren 1999-2005" ergebe - im gesamten Zeitraum 1999 bis einschließlich 2005 nicht über ausreichende liquide Mittel zur gänzlichen Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten verfügt habe, eine gänzliche oder auch nur teilweise Entrichtung oder auch nur die bloße Anerkennung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten vielmehr unweigerlich den Konkurs der Firma S-GmbH zur Folge gehabt hätte und entsprechend der beiliegenden Aufstellung die sich ergebende rechnerische Konkursquote in all diesen Jahren niedriger als die jetzt im Zwangsausgleich beschlossene Quote von 25% gewesen sei - der Forderungsausfall des Abgabengläubigers daher in diesem Fall sogar höher als 75% gewesen wäre - ist eine allenfalls bestehende Haftung höchstens mit Null anzusetzen.

Die beiliegende Aufstellung "Entwicklung der liquiden Mitteln und des Eigenkapitals in den Jahren 1999-2005" beweise folgende Tatsachen:

Schon aus der Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva zu Buchwerten aus den jeweiligen Jahresabschlüssen ergebe sich - noch ohne Berücksichtigung der strittigen Abgabennachforderungen - in den Jahren 1999 und 2001 ein negatives Eigenkapital der Firma S-GmbH . Wenn der Bw. zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem diesestrittigen Abgabennachforderungen als Schuld anerkannt hätte, dann wäre die Firma S-GmbH zu diesem Zeitpunkt unweigerlich nicht nur buchmäßig sondern tatsächlich überschuldet gewesen und hätte - infolge Überschuldung - Konkurs anmelden müssen. Ebenso hätte eine Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten unweigerlich zum Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit geführt, weil in diesem Fall die übrigen Gläubiger nicht mehr termingerecht - oder mit vertretbarer Verzögerung - befriedigt werden hätte können (anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass - wie sich ebenfalls aus der beiliegenden Aufstellung ergebe - im gesamten Zeitraum 1999 bis 2005 eine Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten weder zur Gänze noch mit einem nennenswerten Teilbetrag möglich gewesen sei, weil die Firma S-GmbH die ausreichenden liquiden Mittel nicht zur Verfügung gehabt habe und solche Mittel weder von Eigenkapitalgebern noch mangels ausreichender zur Besicherung dienender Vermögenswerte von Kreditinstituten oder sonstigen Fremdkapitalgebern erlangen habe können).

Aus der beiliegenden Aufstellung "Entwicklung der Liquiden Mitteln und des Eigenkapitals in den Jahren 1999-2005" ergebe sich vor allem auch, dass die sich ergebende rechnerische Konkursquote im gesamten Zeitraum zwischen 1999 und 2004 nicht über 20% gelegen sei und daher der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger jedenfalls noch höher als der jetzt im Zwangsausgleich erlittene Forderungsausfall von 75% gewesen wäre.

Es sei damit bewiesen, dass der Bw. im gesamten Zeitraum 1999 bis einschließlich 2005 diese strittigen Abgabenschuldigkeiten mangels vorhandener liquider Mittel aus dem von ihm verwalteten Vermögens der Firma S-GmbH jedenfalls nicht zur Gänze entrichten habe können. Es sei weiters bewiesen, dass schon die bloße Anerkennung dieser Abgabenachforderungen als Schuld zu einer tatsächlichen und nicht nur buchmäßigen Überschuldung und damit zum Konkurs der Firma S-GmbH geführt hätte. Es sei weiters bewiesen, dass im Falle eines Konkurses der Firma S-GmbHder Forderungsausfall für den Abgabengläubiger noch höher als der jetzt im Zwangsausgleich erlittene Forderungsausfall von 75% gewesen wäre.

Daraus ergebe sich aber unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die herrschende Lehre, dass - auch wenn eine Haftung des Bw. allenfalls dem Grunde nach zu bejahen wäre - infolge der betraglichen Beschränkung der Haftung höchstens mit jenem Betrag, welcher bei der Achtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entrichten gewesen wäre, der Höchstbetrag der Haftung mit Null anzusetzen sei.

Zusammenfassend werde namens des Bw. daher festgehalten, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtswidrig sei, weil einerseits

-zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Höhe der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten noch gar nicht festgestanden sei und mit dem angefochtenen Haftungsbescheid eine Haftung - rechtswidrig - auch für Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht worden sei, welche im Rahmen der Ausgleichsquote von der Firma S-GmbH als Primärschuldner zu entrichten seien und

-durch Annahme des Zwangsausgleiches mit einer Quote von 25% am die Firma S-GmbH als Primärschuldner von der Verpflichtung zur Entrichtung des übersteigenden Teiles der Abgabenschuldigkeiten befreit worden sei, nach dem Grundsatz der Akzessorietät diese Befreiung auch für jeden prinzipiell Haftenden wirke, weshalb der angefochtene Haftungsbescheid im Berufungsverfahrens ersatzlos aufzuheben sei und

andererseits von den nach dem Gesetz bzw. der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefordertenVoraussetzungen für die rechtmäßige Geltendmachung einer Haftung, nämlich

eine Pflichtverletzung des Vertreters

ein Verschulden des Vertreters und

Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit

den obigen Ausführungen entsprechend im vorliegenden Fall keine einzige Voraussetzung erfüllt sei und außerdem - wenn man ein Verschulden des Bw. unterstellen wollte und dieses als kausal für den Forderungsausfall des Abgabengläubigers betrachte - eine Geltendmachung der Haftung betragsmäßig höchstens mit Null erfolgen dürfte, weil eine Anerkennung beziehungsweise Entrichtung der strittigen Abgabennachforderungen durch den Bw. im gesamten Zeitraum 1999 bis einschließlich 2005 unweigerlich den Konkurs der Firma S-GmbH zur Folge gehabt hätte und der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger in diesem Fall noch höher als 75% gewesen wäre und außerdem durch Annahme des Zwangsausgleiches die Firma S-GmbH als Primärschuldner von der Verpflichtung zur Entrichtung des die Ausgleichsquote übersteigenden Teiles der Abgabenschuldigkeiten befreit worden sei und diese Befreiung nach dein zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 95/16/077 vom auch für den Bw. wirke.

Namens des Bw. werde daher werde der Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides vom betreffend Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma S-GmbH im Ausmaß von € 876.408,06 gestellt und ersucht - falls dieser Betrag seinem Abgabenverrechnungskonto angelastet worden sei - diesen Betrag seinem Abgabenverrechnungskonto zu St. Nr.: 123/4567 wieder gutzuschreiben.

Im Falle der Vorlage dieser Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz werde Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Vorhalt vom forderte der Unabhängige Finanzsenat den Bw. auf, einen Liquiditätsstatus vorzulegen.

In Beantwortung dieses Vorhaltes führte die steuerliche Vertreterin des Bw. mit Schreiben vom aus, dass - nach Rücksprache mit dem Bw. - die angeforderten Unterlagen (Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zu jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben) nicht vorlegen würde und diese Nichtvorlage der angeforderten Unteralgen wie folgt begründet werde:

Wie im Ergänzungsvorhalt vom zutreffenderweise ausgeführt, hafte der Vertreter - nur - dann, wenn er schuldhaft seine Pflicht verletzt habe, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen. Es sei daher zur Klärung der Frage, ob der Bw. für die infolge Konkurs bzw. Zwangsausgleich der GmbH teilweise uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten zur Haftung herangezogen werden könne, zunächst und primär die Frage zu klären, ob er als Vertreter der FirmaS-GmbH schuldhaft eine abgabenrechtliche Pflicht zur Abgabenentrichtung verletzt habe. Wie von uns schon in der Berufung vom gegen den Haftungsbescheid vom über EUR 876.408,06 ausgeführt, habe der Bw. erst mit Zustellung des Beschlusses vom betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof und damit erst am (= Zeitpunkt der Zustellung durch Telefax) von dem Umstand Kenntnis erlangt, dass die von ihm vertretene S-GmbH die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenschuldigkeiten - welche aus Sicht des Klienten bzw. der von ihm vertretenen Firma S-GmbH zu Unrecht vorgeschrieben worden seien - infolge Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung bezahlt werden müssten (obwohl über die eingebrachte Beschwerde gegen die zu Grunde liegenden Abgabenbescheide vom Verwaltungsgerichtshof voraussichtlich erst in einigen Jahren entschieden werde) und habe in weiterer Folge innerhalb der gesetzlichen Frist von 60 Tagen ab Kenntnis des Insolvenzgrundes am für die S-GmbH Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit beantragt.

Wie ebenfalls schon in der Berufung vom gegen den Haftungsbescheid vom über EUR 876.408,06 ausgeführt, habe der Bw. durch die Nichtentrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten nicht nur keine abgabenrechtliche Pflicht verletzt (weil er infolge der Aussetzung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung zu einer Entrichtung vor endgültiger bescheidmäßiger Erledigung der strittigen Abgabenschuldigkeiten nicht verpflichtet gewesen sei), sondern er sei aus seiner Treuepflicht des Geschäftführers gegenüber der Gesellschaft sogar zur Nichtentrichtung der strittigen Abgabenschuldigkeiten verpflichtet gewesen, weil eben ein ordentlicher Kaufmann strittige Verbindlichkeiten vor endgültiger Klärung der rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung der Verbindlichkeiten nicht bezahle.

Wenn aber nun - wie oben nochmals kurz dargestellt schon in der Berufung vom ausführlich dargelegt - dem Vertreter keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne, weil er genau die vom Gesetz vorgezeichnete Vorgangsweise eingehalten habe, dann lägen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Haftung des Vertreters überhaupt nicht vor und es sei aber daher müßig über den Umfang einer - dem Grunde nach gar nicht zulässigen - Haftung des Vertreters zu diskutieren.

Nachdem es sich bei den dem Haftungsbescheid vom über € 876.408,06 zu Grunde liegenden Abgabenschuldigkeiten durchwegs um strittige Abgabenschuldigkeiten der S-GmbH gehandelt habe, deren Einhebung zunächst gemäß § 212a Bundesabgabenordnung ausgesetzt gewesen sei und hinsichtlich derer zugleich mit der erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde eingebracht worden sei, seien die im Ergänzungsvorhaltes vom zur Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO angeforderten Unterlagen (Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben zu verschiedenen teilweise schon in den Vorjahren liegenden Fälligkeitszeitpunkten) zur Klärung der Frage, ob überhaupt eine Haftung des Bw. vorliege, untauglich. Nachdem der Geschäftsführer infolge der bewilligten Aussetzung der Einhebung und dem eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof zur Entrichtung der Abgaben an den im Vorhalt genannten Fälligkeitsterminen gar nicht verpflichtet gewesen sei, sei die Frage ob und in welchem Ausmaß ihm zu diesen Terminen die notwendigen Mittel zur Verfügung standen zur Klärung der Frage der Rechtsmäßigkeit einer Inanspruchnahme zur Haftung und des Umfanges einer allfälligen Haftung nicht geeignet.

Außerdem sei eine Inanspruchnahme zur Haftung des Bw. dem Grunde nach unzulässig - weil er entsprechend unseren Ausführungen in der Berufung vom keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen habe - und daher eine Klärung der Frage eines möglichen Umfanges der (dem Grunde nach gar nicht bestehenden) Haftung unnötig und schon aus verfahrensökonomischen Gründen zu unterlassen.

Hinsichtlich der in der Aufstellung der Fälligkeitszeitpunkte im Ergänzungsvorhalt vom zur Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO und insbesondere hinsichtlich der Aussagen zum Zeitpunkt, hinsichtlich dessen zu beurteilen sei, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe (der Ergänzungsvorhalt sei nachstehend wörtlich zitiert)

"Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Dies ist der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (z.B. Körperschaftsteuer) ist die erstmalige Festsetzung maßgebend.

Die Körperschaftsteuer 1998 und 1999 wurde erstmalig mit Bescheiden vom und festgesetzt. Hinsichtlich dieser Bescheide wurde keine Berufung eingebracht.

Hinsichtlich der weiteren bescheidmäßig festzusetzenden, nunmehr haftungsgegenständlichen Abgaben wurde das Vorbringen betreffend § 212a BAO berücksichtigt und die Zahlungsfrist angeführt.

Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz gelten für Abfuhrabgaben, insbesondere Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer (, , 95/15/0046). Für diese Abgaben ist daher kein Liquiditätsstatus zu erbringen."

seien nur der Vollständigkeit halber folgende Anmerkungen zu machen:

Die Fälligkeitszeitpunkte hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 1998, 2000, 2002, 2003 und 2004 seien unrichtig; nachdem die Firma S-GmbH auch bei der Umsatzsteuer nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr veranlagt werde, welches am 31. März ende, könne der Fälligkeitszeitpunkt einer Umsatzsteuer-Nachzahlung jedenfalls nicht im Monat Februar liegen.

Der Umstand, dass hinsichtlich der Bescheide hinsichtlich Körperschaftsteuer 1998 vom und Körperschaftsteuer 1999 vom keine Berufung eingebracht worden sei, sei bei Klärung der Frage, zu welchem Zeitpunkt von der Firma S-GmbH die jeweils nach Wiederaufnahme des Verfahrens mit Bescheid vom festgesetzten Nachforderungen an Körperschaftsteuer 1998 und Körperschaftsteuer 1999 bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären, unmaßgeblich. Nachdem es sich dabei auch um strittige Abgabenschuldigkeiten handle - die Körperschaftsteuer-Nachforderungen 1998 und 1999 seien mit der am eingebrachten Berufung angefochten - und die Bestimmung des § 212a Bundesabgabenordnung geschaffen worden sei, weil es der Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig angesehen habe, dem Abgabenpflichtigen einseitig alle Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung aufzubürden, könne der bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften maßgebliche Zeitpunkt der Entrichtung - unter Berücksichtigung der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung - kein anderer als jener bei den übrigen bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (=Zeitpunkt des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung) sein.

Nachdem es sich bei den Nachzahlung für Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer) ebenfalls um strittige Abgabenschuldigkeiten handle, könne auch hinsichtlich dieser Nachzahlungen für Selbstbemessungsabgaben bei der Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften maßgebliche Zeitpunkt der Entrichtung - unter Berücksichtigung der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung - kein anderer als jener bei den übrigen bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (=Zeitpunkt des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung) sein, weil es jedenfalls keinen sachlichen Grund dafür gebe, Nachforderungen an Selbstbemessungsabgaben hinsichtlich der Frage "es sei verfassungswidrig, dem Abgabenpflichtigen einseitig alle Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung aufzubürden" anders zu behandeln als Nachforderungen an bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben.

Hinsichtlich der Aussage "Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz gelten für Abfuhrabgaben, insbesondere Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer (, , 95/15/0046). Für diese Abgaben ist daher kein Liquiditätsstatus zu erbringen." sei einerseits nochmals auf die Ausführungen in der Berufung vom zu verweisen, wo schon dargelegt wurde, das von der Firma S-GmbH alle von ihr als rechtmäßig anerkannten und unstrittigen Abfuhrabgaben in voller Höhe zum Fälligkeitstermin entrichtet wurden (insbesondere Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum FLAG und Zuschlag zum DB für die Monate März bis Mai 2005). Hinsichtlich der Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis einschließlich 2001 würden die schon oben getroffenen Ausführungen zu Nachforderungen an Selbstbemessungsabgaben, nämlich dass es keinen sachlichen Grund dafür gebe, Nachforderungen an Selbstbemessungsabgaben hinsichtlich der Frage "es ist verfassungswidrig, dem Abgabenpflichtigen einseitig alle Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung aufzubürden" anders zu behandeln als Nachforderungen an bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben, gelten.

Ein Abstellen auf die teilweise deutlich vor dem Ergehen der Berufungsentscheidung im Jahr 2005 gegen die Bescheide über die Abgaben-Nachforderungen aus der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis einschließlich 1999 liegenden Fälligkeitszeitpunkte zur Beurteilung der Frage, ob und in welchem Ausmaß der Bw.zur Haftung herangezogen werden könne, wäre auch aus folgendem Grund rechtswidrig: Sollte von der Abgabenbehörde eine Haftung des Geschäftsführers für den gesamten Forderungsausfall unterstellt werden, weil zu den im Ergänzungsvorhalt vom zur Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO genannten Fälligkeitszeitpunkten keine Unterlagen (Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben) vorgelegt würden, dann müsste daraus der Umkehrschluss gezogen werden, der Bw. hätte sich der Haftung für den Forderungsausfall nur durch Entrichtung von - immer noch strittigen und beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen - Abgabenschuldigkeiten zu diesen im Ergänzungsvorhalt vom genannten Fälligkeitszeitpunkten entziehen können. Eine andere Möglichkeit sich der Haftung zu entziehen bestünde nämlich im vorliegenden Fall nicht, weil zum einen der Beibringung der im Ergänzungsvorhalt vom geforderten Unterlagen (Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zu verschiedensten Fälligkeitstagen) schon am damit verbundenen Arbeits- und Kostenaufwand scheitere und es zum anderen für den Bw. schon im Hinblick auf die relative Geringfügigkeit der Beträge z.B. hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 von EUR 9.178,47 und der Umsatzsteuer 2002 von EUR 6.096,94 unmöglich sein dürfte einen Nachweis zu erbringen, dass zum jeweils im Ergänzungsvorhalt vom genannten Fälligkeitszeitpunkt die liquiden Mittel der Firma S-GmbH zu einer Entrichtung nicht ausreichten.

Dazu sei auch festzuhalten, dass zum Beispiel die Kapitalertragsteuer-Nachforderung für das Jahr 1997 in Höhe von EUR 131.398,23 durch die Berufungsentscheidung im Jahr 2005 zur Gänze weggefallen sei und die Kapitalertragsteuer-Nachforderung für das Jahr 1998 von EUR 326.392,52 auf EUR 23.056,13 und die Körperschaftsteuer-Nachforderung für das Jahr 2000 von EUR 190.616,99 auf EUR 99.476,25 durch die Berufungsentscheidung reduziert worden sei. Nachdem gleichzeitig in der Berufungsentscheidung im Jahr 2005 aber zum Beispiel die Kapitalertragsteuer für das Jahr 1999 deutlich höher als bisher mit EUR 464.289,92 (statt EUR 40.848,67) festgesetzt worden sei und damit der Bw. überhaupt keine Möglichkeit gehabt habe, diese Abgabe zum Fälligkeitszeitpunkt - laut Ergänzungsvorhalt vom "1 Woche ab Zufließen" und damit irgendwann im Jahr 1999, dh zu einem Zeitpunkt, zu welchem er weder von dem Bestehen noch von der Höhe dieser Abgabenschuld Kenntnis gehabt habe - zu entrichten, bestünden (wenn alle bisher von uns vorgebrachten Argumente als Nachweis des Umstandes, dass dem Bw. kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden könne und er daher schon deshalb nicht zur Haftung herangezogen werden dürfe) im Endergebnis eine verschuldensunabhängige Haftung des Geschäftsführers für alle Abgabenschuldigkeiten, welche - aus welchen Gründen immer - von der Abgabenbehörde bei der von ihm vertretenen Gesellschaft nicht eingetrieben werden können; eine solche verschuldensunabhängige Haftung des Geschäftsführers wäre aber verfassungswidrig.

Namens des Bw. weise die steuerliche Vertreterin nochmals ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den Abgabenschuldigkeiten, für welche der Bw. mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom in Haftung gezogen werden solle, ausschließlich um strittige Abgabennachforderungen aus der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis einschließlich 1999 handle, welche durch Berufung angefochten worden seien und deren Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung bis zur abschließenden Erledigung der Berufung ausgesetzt gewesen sei. Wie schon oben bzw. in der Berufung vom ausgeführt, sei die Bestimmung des § 212a Bundesabgabenordnung vom Gesetzgeber deshalb geschaffen worden, weil der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 254 Bundesabgabenordnung, wonach durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt werde, als verfassungswidrig aufgehoben habe und die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet habe, dass es nicht angehe, Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten. Nachdem aus der Formulierung "es ist verfassungswidrig, Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten" abgeleitet werden müsse, dass es dabei keinen Unterschied mache, ob es sich um Nachforderungen aus bescheidmäßig zu veranlagenden Abgaben oder um solche aus zu niedrig abgeführten Selbstbemessungsabgaben handle - weil es für eine solche Unterscheidung keine sachliche Rechtfertigung gebe - sei für den gegenständlichen Fall abzuleiten, dass für die Firma S-GmbH bis Mai 2005 (=bis zum Zeitpunkt des Ablaufes der beantragten Aussetzung der Einhebung) jedenfalls keine Verpflichtung zur Entrichtung dieser strittigen Abgabenschuldigkeiten bestanden habe und demgemäß aber in der Nichtentrichtung kein "schuldhaftes Verhalten" - welches eine Haftung begründen könnte - des Bw. erblickt werden könne.

Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang auch, dass eine beantragte Aussetzung der Einhebung nicht bewilligt werden dürfe, wenn die Berufung nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheine. Nachdem aber im vorliegenden Fall dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung stattgegeben worden sei, sei eindeutig dokumentiert, dass die Berufung im gegenständlichen Fall eben nicht "wenig Erfolg versprechend" erschienen sei und es sich daher um eine potentiell rechtswidrige behördliche Entscheidung gehandelt habe (dieser Umstand wird auch durch die Tatsache erhärtet, dass der Berufung vom Unabhängigen Finanzsenat teilweise stattgegeben worden sei). Wenn der Bw. im Zuge der Einbringung einer Berufung gegen seiner Ansicht nach zu Unrecht vorgeschriebene Abgaben auch einen Aussetzungsantrag einbringe und dieser von der Abgabenbehörde bewilligt werde (und er damit den vom Gesetzgeber bzw. dem Verfassungsgerichtshof vorgezeichneten Weg beschreite, nämlich strittige Abgabenschulden vor abschließender Erledigung des Rechtsmittels nicht zu entrichten), dann könne ihm dieses Verhalten nicht in weiterer Folge als schuldhaft und haftungsbegründend zur Last gelegt werden. Ein Verschulden an der Nichtentrichtung könnte allenfalls der Abgabenbehörde vorgeworfen werden, wenn sich nämlich bei nachträglicher Beurteilung herausstellen sollte, dass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung in Wahrheit abgewiesen hätte werden müssen.

Es ist aber damit bewiesen, dass es sich bei den angefochtenen Abgabenbescheiden um potentiell rechtswidrige behördliche Entscheidungen gehandelt habe und damit der Antrag auf Aussetzung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung durch den Bw. als Geschäftsführer der Firma S-GmbH zu Recht - den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend - eingebracht worden sei. Wenn aber die Einbringung des Antrages auf Aussetzung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung rechtmäßig gewesen sei, dann könne nicht die Nichtentrichtung der strittigen Abgabenschuldigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt als dem Zeitpunkt des Ablaufes der bewilligten Aussetzung der Einhebung - welche eine direkte Rechtsfolge der Bewilligung des Antrages auf Aussetzung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung gewesen sei - ein schuldhaftes und damit haftungsbegründendes Verhalten des Bw. darstellen (auch wenn der Antrag gemäß § 212a Bundesabgabenordnung zu Unrecht eingebracht worden wäre, könnte man kein Verschulden des Geschäftsführers unterstellen, weil in diesem Fall die Abgabenbehörde den Antrag auf Aussetzung der Einhebung abweisen hätte müssen).

Festzuhalten sei, dass im Mai 2005 zwar der Ablauf der Aussetzung der Einhebung ausgesprochen worden sei, aber in der Nichtentrichtung der strittigen Abgaben nach diesem Zeitpunkt auch kein schuldhaftes Verhalten des Bw. erblickt werden könne, weil gegen die abschließende Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates innerhalb offener Frist eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden sei und gleichzeitig ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Nachdem der Bw. zunächst von einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgehen habe dürfen (die aufschiebende Wirkung sei nur deshalb nicht zuerkannt worden, weil im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom Beschwerdeverfasser keine ziffernmäßige Begründung dargelegt worden sei, dass bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Einbringlichkeit des Rückstandes nicht gefährdet sei) und erst am von der abweisenden Entscheidung betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde Kenntnis erlangt habe, habe er - den gesetzlichen Bestimmungen und auch dem Sinn jenes Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses entsprechend, welches zur Einführung des § 212a Bundesabgabenordnung geführt habe - diese strittigen Abgabenschuldigkeiten nicht entrichtet. Sofort nachdem der Bw. unter Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Kenntnis erlangt habe, habe er ohne unnötigen Aufschub innerhalb der 60-Tage-Frist der Konkursordnung einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit eingebracht.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergebe sich, dass der Bw. die gesetzlichen Bestimmungen genau eingehalten habe und ihm daher kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden könne, weshalb eine Inanspruchnahme zur Haftung nicht erfolgen dürfe.

Ergänzend sei aber darauf hinzuweisen, dass allfällige Zahlungen zwischen dem Zeitpunkt des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung (=Mai 2005) und dem Zeitpunkt des Antrages auf Konkurseröffnung (=) vom Masseverwalter der Firma S-GmbH jedenfalls angefochten worden wären und daher von der Abgabenbehörde wieder an die Masse bezahlt werden hätten müssen. Daraus ergebe sich, dass eine Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß diese strittigen Abgabenschuldigkeiten zum Stichtag (= dem im Ergänzungsvorhalt vom genannten Stichtag) von der Firma S-GmbH bezahlt werden hätten können, aus zwei Gründen unterbleiben könne:

Erstens liegt ein schuldhaftes Verhalten des Bw. überhaupt nicht vor, weshalb eine Inanspruchnahme zur Haftung rechtswidrig sei und

zweitens aber wäre der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger auch bei gänzlicher oder teilweiser Zahlung dieser Abgabenschuldigkeiten zum Stichtag in gleicher Höhe eingetreten, weil eben - wie oben ausgeführt - alle Zahlungen zwischen Mai und dem Stichtag der Konkurseröffnung (=) vom Masseverwalter angefochten worden wären und daher an die Masse rückbezahlt werden hätten müssen.

In Ergänzung der Berufung vom sei noch darauf hinzuweisen, dass der Haftungsbescheid vom über EUR 876.408,06 auch deshalb rechtswidrig sei, weil es sich bei der Geltendmachung einer Haftung um eine Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde handle und das Ermessen im Haftungsbescheid begründen werden müsse. Nachdem im angefochtenen Haftungsbescheid jegliche Begründung hinsichtlich der Ermessensübung fehle, ist der Bescheid auch aus diesem Grund rechtswidrig. Falls der von uns am eingebrachten Berufung gegen diesen Haftungsbescheid nicht vollinhaltlich stattgegeben werde, ersuchen werde dem Grundsatz des Parteiengehörs entsprechend noch vor Erlassung der endgültigen Berufungsentscheidung um Mitteilung der Begründung hinsichtlich der Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde, damit dazu Stellung genommen werden könne.

Abschließend werde namens des Bw. zu den Ausführungen der Abgabenbehörde im Beiblatt zu Verf46 (St.Nr123/4567 ) anlässlich der Vorlage der Berufung vom an den Unabhängigen Finanzsenat wie folgt Stellung genommen (zur leichteren Lesbarkeit seien die zitierten Ausführungen der Abgabenbehörde als kursiv formatierter Text eingefügt):

"Der GF S- hat darüber hinaus im April 2005 ein unbelastetes Grundstück in H (Schätzwert ca. 150.000€) seiner Gattin I. geschenkt. Dieser Schenkungsvertrag wird nach Rechtskraft des Haftungsbescheides durch die Finanzprokuratur angefochten."

Diese Grundstücksschenkung sei außerdem mit Notariatsakt vom (= Aufhebungsvertrag) von den seinerzeitigen Vertragsparteien einvernehmlich vollinhaltlich aufgehoben bzw. rückgängig gemacht worden; außerdem sei sie für die Beurteilung der Frage, ob der Bw. für die Abgabenschuldigkeiten in Höhe von EUR 876.408,06 (oder nach teilweiser Stattgabe infolge Erhöhung der Ausgleichsquote nur mehr (EUR 821.632,56) der Firma S-GmbH zur Haftung herangezogen werden dürfe und in welchem Umfang eine solche Haftung bestehe, vollkommen unmaßgeblich.

"Weiters wird auf die Berufungsentscheidung durch den UFS Wien, Senat 8, vom verwiesen. Gegen diese BE sei durch den steuerlichen Vertreter Beschwerde an den VwGH eingebracht worden.

Aus dieser Berufungsentscheidung sei eindeutig die schuldhafte Pflichtverletzung abzuleiten - durch die nicht ordnungsgemäße bzw. zeitgerechte Meldung der dadurch entstandenen Abgaben (KöSt, KESt, USt) erfolgte zweifelsfrei eine Benachteiligung des Abgabengläubigers - der Geschäftsbetrieb war jedenfalls bis zur Konkurseröffnung aufrecht, worauf auf eine teils volle Befriedigung anderer Gläubiger (z.B. Telekom, NN) bis knapp davor geschlossen werden kann, lt. Anmeldeverzeichnis wurden insgesamt 3,413.902,77 € angemeldet (Bl. 57 - Insolvenzakt), davon Abgabenschulden von 1,194.667,09. Neben der Finanzamtsforderung ist noch eine zweite große Forderung (PN 56 S. 76 - Insolvenzakt) von rund 700.000 € bestritten."

Es sei widersinnig und logisch nicht haltbar, eine schuldhafte Pflichtverletzung in der nicht zeitgerechten Meldung von Abgaben (KösS, KESt, USt) zu sehen, welche nach - logisch nachvollziehbar und umfassend begründeter - Rechtsmeinung des Abgabepflichtigen bzw. seines Vertreters zu Unrecht vorgeschrieben worden seien (auf die Ausführungen in der gegen die Berufungsentscheidung eingebrachten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof werde verwiesen). Wenn diese Rechtsansicht der Abgabenbehörde richtig wäre, dann könnte jeder Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft zur Haftung für alle Abgaben herangezogen werden, welche von ihm als rechtswidrig bekämpft und in weiterer Folge zum Konkurs bzw. Zwangsausgleich der Gesellschaft führen würden (und zwar zu einem Zeitpunkt, zu welchem vom Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde gegen die bekämpften Abgabenbescheide überhaupt noch nicht entschieden sei). Damit stehe aber diese Rechtsansicht eindeutig im direkten Widerspruch zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes, welche zur Einführung der Gesetzesbestimmung des § 212a Bundesabgabenordnung geführt habe, dass es nämlich verfassungswidrig sei, Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten. Außerdem sei schon in der Berufung vom dargelegt worden, dass von der Firma S-GmbH bis zur Eröffnung des Konkurses nur die unstreitigen Forderungen der Gläubiger befriedigt worden seien und daher kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und damit kein haftungsbegündendes schuldhaftes Verhalten des Geschäftsführers S- vorliege.

"Auf die anonyme Anzeige vom wird besonders hingewiesen (Bl. 19 - Einbringungsakt), in der die illegalen Geschäfte der Fa. Ssowie die damit verbundenen Schwarzgelder beschrieben werden."

Zu dieser absolut haltlosen - und ebenfalls zur Klärung der Frage des Bestehens einer Haftung des Bw. ungeeigneten - Anschuldigung sei festzuhalten, dass dem Bw. und dessen steuerlichen Vertreter der Inhalt dieser anonymen Anzeige noch nie zur Kenntnis gebracht worden sei und daher auch keine Möglichkeit bestanden habe, dazu Stellung zu nehmen. Gleichzeitig sei aber auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 - welche sich über mehrere Jahre hingezogen habe - gemäß Prüfungsauftrag vom um eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 147 (1) Bundesabgabenordnung i.V.m. § 99 (2) Finanzstrafgesetz gehandelt habe (und gleichzeitig sei mit Bescheid vom ein Finanzstrafverfahren gegen den Bw. wegen des Verdachtes einer vorsätzlichen Verkürzung von Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer eingeleitet worden). Nachdem aber im Zuge dieser Prüfung keine Hinweise auf ein Finanzvergehen des Bw. - und auch keine Geldzuflüsse, obwohl durch Einleitung des Finanzstrafverfahrens das Bankgeheimnis durchbrochen worden sei und die Abgabenbehörde damit Einblick in sämtliche Bankkonten des Bw. hätten nehmen können - gefunden worden seien, sei die Rechtsgrundlage der Prüfung am auf § 147 (1) Bundesabgabenordnung bzw. § 144 (1) Bundesabgabenordnung geändert worden.

Zusammenfassend werde daher nochmals festgehalten, dass der Bw. im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma S-GmbH alle gesetzlichen Bestimmungen - und insbesondere alle abgabenrechtlichen Bestimmungen - buchstabengetreu befolgt habe und ihm daher kein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden könne, weshalb eine Haftung als Vertreter gemäß §§ 9 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 BAO für die aushaftendenden Abgabenschuldigkeiten der Firma S-GmbH schon dem Grunde nach nicht vorliege, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür fehlen würden. Außerdem wäre aber eine allfällige Haftung dem Umfang und der Höhe nach mit genau EUR 0,00 (Null) anzusetzen, weil - ausführlich dargelegt - die Firma S-GmbH zunächst infolge der beantragten Aussetzung der Einigung bzw. dem eingebrachten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an den Verwaltungsgerichtshof zu einer Entrichtung der strittigen Abgabenschulden nicht verpflichtet gewesen sei und außerdem im Falle einer Entrichtung nach dem Ablauf der Aussetzung der Einhebung (aber noch vor Konkursanmeldung) alle bezahlten Beträge vom Masseverwalter im Konkurs der Firma S-GmbH zurückgefordert worden wären und damit der Forderungsausfall für den Abgabengläubiger genauso hoch wie jetzt im Zwangsausgleich gewesen wäre. Schlussendlich werde auch auf die Ausführungen in der Berufung vom und die vorgelegten Berechnungen, aus denen erkennbar sei, dass die Firma S-GmbH auf jeden Fall und zu jedem Zeitpunkt seit dem Jahr 1999 Konkurs anmelden hätte müssen, wenn die strittigen Abgabenschulden vom Bw. als zu Recht vorgeschrieben anerkannt und bezahlt worden wären und der Haftungsausfall auch in diesem Szenario für den Abgabengläubiger in gleicher Höhe eingetreten wäre.

Es werde daher nochmals den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides vom betreffend Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma S-GmbH gestellt.

Mit Ergänzungsschreiben vom brachte der steuerliche Vertreter des Bw. vor, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2006/14/0026, wörtlich ausgeführt habe:

"In der Gegenschrift vertritt die belangte Behörde den Standpunkt, die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens sei ohnedies nicht relevant, weil der Tag, an dem die Abgabenschuld fällig geworden sei, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen als Fälligkeitstag unberührt bleibe und ein nach Eintritt der Fälligkeit eingebrachtes Ratenansuchen nichts daran ändere, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abgabenentrichtung vorliege (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , 89/17/0083, und vom , 95/14/0034).

Auch hier übersieht die belangte Behörde - ähnlich wie bereits oben zur Lohnsteuer -, dass es sich bei den Abgaben, für die der Beschwerdeführer im gegenständlichen Haftungsverfahren in Anspruch genommen wurde, um solche handelte, deren Fälligkeit bereits vor dem Beginn der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers eingetreten war, und dass der frühere Geschäftsführer auch am ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht hatte, das mit der offenkundig damit nach § 230 Abs. 3 BAO verbundenen Vollstreckungssperre auch eine Art "Zahlungsaufschub" bewirkte (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0208). Lag solcherart für den Beschwerdeführer aber keine Verpflichtung zur Entrichtung der strittigen Abgaben während der Zeit seiner Funktion als Geschäftsführer vor, kann ihm insoweit auch keine zur Verwirklichung des Haftungstatbestandes nach § 9 Abs. 1 BAO notwendige schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten angelastet werden."

Wenn aber in diesem Erkenntnis der Verwaltungsgerichtshof eindeutig - der angefochtene Bescheid sei wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden - eine Haftung des Geschäftsführers verneine, weil in der Nichtentrichtung gestundeter Abgaben kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und damit keine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers gesehen werden könne, dann könne auch im gegenständlichen Fall dem Bw. keine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten vorgeworfen werden, wenn er Abgaben nicht entrichtetet habe, deren Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt gewesen sei.

Nachdem die Aussetzung der Einhebung in gleicher Form wie die Stundung eine Art "Zahlungsaufschub" bewirke, sei eine Verpflichtung des Geschäftsführers zur Entrichtung dieser mit Berufung angefochtenen Abgabenschuldigkeiten - und nur diese seien vom Bw. nicht entrichtet worden - bis zum Ablauf der Aussetzung der Einhebung jedenfalls nicht vor. Da gleichzeitig mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen die teilweise Abweisung der eingebrachten Berufung gegen die strittigen Abgabenschuldigkeiten am auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht worden sei und der Bw. erst am von dem Umstand Kenntnis erlangt habe, dass diesem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom Verwaltungsgerichtshof nicht stattgegeben worden sei, sei eine Verpflichtung zur Entrichtung dieser Abgabenschuldigkeiten erst am vorgelegen.

Nachdem der Bw. danach unverzüglich alle vom Insolvenzrecht gebotenen Schritte zur Prüfung der Frage des Vorliegens eines Konkursgrundes gesetzt habe und am - und damit noch innerhalb der 60-Tagefrist Konkurs infolge Zahlungsunfähigkeit beantragt habe, könne ihm kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden und es lägen daher die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung nicht vor.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bw. entschieden in Abrede gestellt werde. Im Gegenteil habe er sich in vorbildlich gesetzeskonformer Weise verhalten. Es handle sich im gegenständlichen Fall um strittige Abgabenschuldigkeiten auf Grund einer Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999, wobei gegen die BP-Bescheide das Rechtsmittel der Berufung erhoben worden sei. In der Folge sei eine Aussetzung der Einhebung bis zur Berufungsentscheidung (BE) erwirkt und nach Ergehen der BE fristgerecht eine VwGH-Beschwerde mit Antrag auf aufschiebende Wirkung eingebracht worden. Dieser Antrag auf aufschiebende Wirkung sei deswegen abgewiesen worden, weil der Bw. für den Fall der Abweisung der VwGH-Beschwerde, die Möglichkeit der vollen Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten nicht nachweisen habe können. Im Übrigen sei die VwGH-Beschwerde noch offen.

Mangels Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung bedürfte es auch nicht der Vorlage einer Liquiditätsrechnung, welche im Übrigen einen unzumutbaren Aufwand an Arbeits- und Kostenbelastung verursacht hätte. Im gesamten Zeitraum des Rechtsmittelverfahrens bis zum heutigen Tage wäre die GmbH nie in der Lage gewesen, eine höhere Quote als die Zwangsausgleichsquote in Höhe von 25% zu bezahlen. Wenn man hier das Gesetz so auslegen wollte, dass die Aussetzungsantrag nach § 212a keine aufschiebende Wirkung habe und daher für das Verschulden des Geschäftsführers nicht entscheidungsrelevant sei, dann wäre in diesem Fall der Geschäftsführer einer GmbH mit den negativen Folgen einer potenziell rechtswidrigen Entscheidung der Abgabenbehörde belastet. Eine solche Auslegung wäre daher verfassungswidrig.

Über die Berufung wurde erwogen:

»§ 9 Abs. 1 BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass der Bw. seit Geschäftsführer der S-GmbH ist und somit zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann.

Der Beschwerdeführer behauptet, infolge des rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleiches seien alle Schulden der GmbH, demnach auch die Abgabenschulden erloschen.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Bw. keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049, in Abkehr von seiner vorherigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die Haftung des Geschäftsführers nur insofern akzessorisch, als sie das Bestehen von Abgabenschulden zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhaltes voraussetzt. Ob ein Erlöschen der Abgabenschulden auch dem als Geschäftsführer Haftenden zugute kommt, ist hingegen nach dem Zweck der den Schulderlöschungsgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen. Davon ausgehend stellt ein Zwangsausgleich keinen Grund für die Befreiung des Geschäftsführers als Haftenden dar. Nach der Aktenlage ist der die Haftung auslösende Sachverhalt im Zeitraum 1999 bis 2005 verwirklicht worden. Der nachträgliche Schulderlöschungsgrund (Bestätigung des Zwangsausgleiches) am steht der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftenden somit nicht entgegen ().

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung. Zu diesen Pflichten gehört u.a. neben der zeitgerechten Einreichung von Abgabenerklärungen, die Führung einer ordnungsgemäßen Buchhaltung sowie die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht.

Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des Geschäftsführer darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mittel der Gesellschaft Sorge zu tragen, so hat die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel auf zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführung für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze ().

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter eine Pflicht zur Abgabenentrichtung getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre.Dies ist der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (z.B. Körperschaftsteuer) ist die erstmalige Festsetzung maßgebend.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bw. nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 90/13/0143) aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Dem Vorbringen, dass die Lohnabgaben vollständig entrichtet worden seien, ist entgegenzuhalten, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftenden und der Abgabenbehörde darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, sind nicht im Haftungsverfahren, sondern in einem durch einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO ausgelösten Verfahren zu entscheiden ().

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG - binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) - dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie auch bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , 91/13/0037, 0038) eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.

Der vom Unabhängigen Finanzsenat angeforderte Liquiditätsstatus wurde vom Bw. nicht vorgelegt. Daher ist auch die Einwendung, dass die vom Unabhängigen Finanzsenat angeführten Fälligkeitszeitpunkte für die Umsatzsteuer unrichtig seien, da die GmbH nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr veranlagt werde, für diese Entscheidung unwesentlich, zumal auch der Irrtum für den Bw. leicht erkennbar war. Angemerkt wird, dass die der Berufung angeschlossene Entwicklung der liquiden Mittel und des Kapitals in den Jahren 1999 bis 2005 nicht ausreichend war, daraus eine Beurteilung der Beachtung oder Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten zu entnehmen.

Der Bw. bringt in seiner Berufung vor, dass es sich bei den haftungsgegenständlichen Abgabenschulden um strittige Abgabennachforderungen aus der Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 handle, welche durch Berufung angefochten und deren Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt gewesen sei. Nach Ergehen der Berufungsentscheidung sei eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und ein Antrag auf aufschiebende Wirkung eingebracht worden, der abgewiesen worden sei. Unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses des VwGH über die Abweisung des Antrages auf aufschiebende Wirkung sei ein Konkursantrag eingebracht worden.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Bw. allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides auf, zumal die Fälligkeitstage der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zweifelsfrei in die Geschäftsführerzeit des Bw. gefallen sind. DieVerpflichtung zur Entrichtung der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuern und Kapitalertragsteuern ist im gegenständlichen Fall bereits längst vor der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung ex lege eingetreten (vgl. ).

Das vom Bw. angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/14/0026, ist für den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da diesem ein anderer Sachverhalt zu Grunde liegt. Während im vom Bw. zitierten Fall aufgrund eines Zahlungserleichterungsansuchens des früheren Geschäftsführers bereits im Zeitpunkt der Übernahme der Funktion ein Zahlungsaufschub vorlag, wurden im vorliegenden Fall sämtliche haftungsgegenständliche Abgaben erst im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Bw. fällig.

Die Körperschaftsteuer 1998 und 1999 wurde erstmalig am (Fälligkeitstag ) und (Fälligkeitstag ) festgesetzt.

Da sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften, zu entrichten gewesen wären und bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend ist, ist auch bei diesen Abgaben die Fälligkeit längst vor Einbringung des Aussetzungsantrages eingetreten, zumal vom Bw. die im wiederaufgenommenen Verfahren durch die Betriebsprüfung erlassenen Abgabenbescheide vom angefochten wurden.

Hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2000 und 2001 wurden dieErstbescheide angefochten, weshalb die Aussetzung der Einhebung von Bedeutung ist. Mit dem diesbezüglichen Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung wurde eine Zahlungsfrist bis gesetzt. Es wäre daher vom Bw. hinsichtlich dieser Abgaben der Liquiditätsstatus zu diesem Termin zu erbringen gewesen.

Bei seinen Berufungsvorbringen scheint der Bw. zu übersehen, dass über die Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1997-2001 und Umsatzsteuer 1998, 2000 und 2001 und Kapitalertragsteuer 1997 bis 2001 mit Berufungsentscheidung vom durch den unabhängigen Finanzsenat entschieden wurde und dass diese Entscheidung für das gegenständliche Haftungsverfahren maßgeblich ist, da im Abgabenverfahren die Berufungsbehörde grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat.

In dieser Berufungsentscheidung vertrat der Unabhängige Finanzsenat die Rechtsauffassung, dass durch einen Vergleich der Buchungen auf dem in der Buchhaltung der GmbH für deren Kunden, die Firma B., geführten Kundenkonto mit den Buchungen auf dem in der Buchhaltung der Firma B. für die GmbH geführten Lieferantenkonto festgestellte Abweichungen von der GmbH nicht verbuchte Geschäftsvorfälle und daher zur Schätzung berechtigende sachliche Mängel darstellen; Haftungen, die die GmbH für von der XY., Tschechien, deren Gesellschafter der Bw. war, aufgenommene Kredite nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren und die auf Grund dieser Haftungen geleisteten Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen an den Bw. zu beurteilen sind und dass die Abschreibung von gegenüber der XY begründeten Lieferforderungen in Höhe von rund ATS 5,6 Mio. als gesellschaftlich veranlasst anzusehen und als verdeckte Gewinnausschüttung an den Bw. zu werten ist.

Die schwerwiegenden Mängel der Buchführung (nicht verbuchte Geschäftsvorfälle und die verdeckten Gewinnausschüttungen) stellen eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers dar.

Der Umstand, dass der Bw. gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom eine Beschwerde sowie einen Antrag auf aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hat, kann an der Beurteilung nichts ändern, da die angefochtenen Bescheide mit der Verkündung der Berufungsentscheidung wirksam und da es sich um eine letztinstanzliche Entscheidung handelt, zu diesem Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen sind. Eine Anfechtung vor den Höchstgerichten hat auf die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluss; die Voraussetzungen der Erwirkung eines Vollzugsaufschubes auf Grund einer an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gerichteten Beschwerde richten sich ausschließlich nach den Gesetzen, die das Verfahren vor diesen Gerichtshöfen regeln (§ 85 Abs. 2 VerfGG und § 30 Abs. 2 VwGG), wobei dem Antrag nach § 30 VwGG noch keine aufschiebende Wirkung zukommt. Diese würde erst mit Beschluss des VwGH über die diesbezügliche Zuerkennung eintreten.

Nach Auffassung der Abgabenbehörde zweiter Instanz greifen insolvenzrechtliche Vorschriften für die Abgabenentrichtung erst ab Eröffnung des Konkursverfahrens und können bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens nur die abgabenrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Entrichtung der Abgabennachforderungen maßgeblich sein. In der Konkursordnung finden sich keinerlei Bestimmungen, wonach Abgaben, deren Fälligkeit bzw. Zahlungsfrist bereits vor Konkurseröffnung gelegen ist, bereits ab dem (früheren) Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nur mehr nach Maßgabe insolvenzrechtlicher Vorschriften zu entrichten wären.

Wenn der Bw. wiederholt ausführt, dass zahlreiche Abgaben mit Fälligkeiten innerhalb der 60 Tagefrist vor Konkurseröffnung gelegen sind, in denen keinerlei Zahlungen mehr geleistet werden durften, dass somit gemäß § 69 Abs. 2 KO innerhalb von 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit das Konkursverfahren zu beantragen und es daher in diesem Zeitraum dem Bw. nicht mehr erlaubt gewesen sei, zu zahlen, ist zu entgegnen, dass durch diese Vorschrift keinesfalls eine abgabenrechtliche Zahlungsverpflichtung vor Konkurseröffnung aufgehoben wird. Auch bietet eine eventuell gegebene spätere Anfechtungsmöglichkeit solcher Abgabenzahlungen durch den Masseverwalter kein Argument gegen das Aufrechtbleiben sämtlicher abgabenrechtlicher Zahlungsverpflichtungen bis zur Konkurseröffnung. Vielmehr setzt eine Anfechtung durch den Masseverwalter im Konkurs das Bestehen und die Erfüllung einer auf abgabenrechtlichen Vorschriften beruhenden Zahlungsverpflichtung sogar voraus, sodass das diesbezügliche Vorbringen ins Leere geht.

Zum Berufungsgrund, dass dem angefochtenen Bescheid jegliche Begründung hinsichtlich der Ermessensübung fehle, wird festgestellt, dass das Finanzamt sowohl die Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgaben als auch das Verschulden des Bw. am Abgabenausfall festgestellt und somit die Begründung ihres bei der Geltendmachung der Haftung geübten Ermessens dargelegt hat.

Der Bw. kann für jene Abgaben, die nach Konkurseröffnung () fällig wurden, nicht zur Haftung herangezogen werden, da er für deren Abfuhr nicht mehr verpflichtet war.

Die Heranziehung des Bw. zur Haftung für die Körperschaftsteuer 2002 (FT ) in Höhe von € 1.437,21, Körperschaftsteuer 2003 (FT ) in Höhe von € 27.608,59, Körperschaftsteuer 2004 (FT ) in Höhe von € 2.676,51, sowie die Anspruchszinsen 2002 und 2003 (FT ) in Höhe von € 81,37 und € 705,54. Es wurden hier jeweils die gesamten Rückstandsbeträge angeführt.

Der haftungsgegenständliche Rückstandsbetrag reduziert sich daher von € 1.095.510,08 auf € 1,063.000,86.

Wie das Finanzamt im Vorlagebericht vom zutreffend festgestellt hat, wurde der Zwangsausgleich von 20% auf 25% verbessert. Somit verringert sich der Abgabenausfall und damit auch die Haftungssumme auf € 797.250,65.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aussetzung der Einhebung
Pflichtverletzung
Zwangsausgleich

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at