Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.08.2010, RV/1595-W/10

Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, W, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate September 2008 und Oktober 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurden vom Berufungswerber (Bw.) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für seine am D geborene minderjährige Tochter N für die Monate September und Oktober 2008 zurückgefordert.


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Der Rückforderungsbetrag wurde wie folgt aufgeschlüsselt:

Art der Beihilfe
Summe in €
FB
€ 392, 70
KG
€ 101,80
Rückforderungsbetrag gesamt
€ 494,50

In der Begründung führte das Finanzamt unter Verweis auf § 2 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 aus, dass die minderjährige Tochter des Bw. mit August 2008 dessen Haushalt verlassen habe, weshalb letztmalig für August 2008 ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Berufung begründete der Bw. damit, dass er sich in einem Rechtsstreit über das Sorgerecht für seiner Tochter N befinde, da diese ohne seine Erlaubnis durch dessen Großtochter nach Indien geschickt worden sei. Die Großtochter beharre darauf, seine Tochter bei sich zu behalten, obwohl diese kein Sorgerecht für sie habe.

Mit Schreiben vom wurde der Bw. aufgefordert, Unterlagen beizubringen, welche den Nachweis des Aufenthaltes seiner Tochter im gemeinsamen Haushalt bestätigen würden.

Diesem Ersuchen um Vorlage der entsprechenden Unterlagen kam der Bw. nicht nach. Er führte dazu lediglich aus, dass das Gerichtsverfahren, welches klären solle, wo die Tochter in Zukunft lebe, noch anhängig sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass der Bw. trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht habe und deshalb dem Berufungsbegehren nicht stattzugeben gewesen sei.

In dem als Vorlageantrag zu wertenden Berufungsschreiben vom behauptet der Bw., dass das Sorgerechtsverfahren noch nicht entscheiden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bw. bezog in den Monaten September und Oktober 2008 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für seine minderjährige Tochter N .

Laut Schreiben des Jugendamtes befindet sich N seit in der Obhut ihres Onkels, S, welcher vorläufig mit der Pflege und Erziehung betraut wurde. Ein Antrag auf Übertragung der Obsorge wurde zu diesem Zeitpunkt bereits gestellt und vom Jugendamt befürwortet.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom wurde die Obsorge für N ab Oktober 2009 endgültig dem Bw. entzogen und ihrem Onkel, S, übertragen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den oben genannten Unterlagen und ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für ihre minderjährigen Kinder. Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchberechtigt ist.

Gemäß § 33 Abs. 4 Zif. 3 lit. a EStG 1988 in der bis geltenden Fassung standen einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wurde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ab dem Jahr 2000 ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 50,90 € für jedes Kind zu.

Gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

Nach § 186 ABGB sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Demnach schreibt das Gesetz zwei Tatbestandsvoraussetzungen der Pflegeelternschaft vor, nämlich die tatsächliche Betreuung und eine bestimmte Qualität der Bindung. Bei Vorliegen beider Komponenten ist die Pflegeelternschaft kraft Gesetzes ohne Notwendigkeit eines rechtsgeschäftlichen oder gerichtlichen Begründungsaktes gegeben (vgl. ).

Wie bereits oben dargestellt, befand sich die minderjährige N spätestens seit in Pflege und Obsorge von Herrn S, weshalb ab diesem Zeitpunkt dessen Pflegevaterschaft im Sinne der vorigen Ausführungen als gegeben anzusehen ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a.) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b.) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c.) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt.

Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, wobei es unmaßgeblich ist, wer die Mittel für die Führung des Haushaltes zur Verfügung stellt.

Die Tochter des Bw. hielt sich nachweislich seit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Vater, dem Bw., auf, sondern gehörte als Pflegekind dem Haushalt ihres Onkels an, dem auch die Pflege und Obsorge gerichtlich übertragen wurden. Damit hatte auch ab September 2008 der Onkel der Minderjährigen als ihr Pflegevater Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge. Der Bw. hingegen, dessen Haushalt seine Tochter nicht mehr angehörte, hatte von da ab keinen dahingehenden Anspruch mehr.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen.

Die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, so ist § 33 Abs. 4 Zif. 3 lit. a letzter Satz EStG 1988 in der bis geltenden Fassung anzuwenden.

Da für den in Streit stehenden Zeitraum ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsatzbetrages in der genannten Höhe nicht bestanden hat und der Bw. die im bekämpften Bescheid angeführten Beträge damit zu Unrecht bezogen hat, sind diese auch gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 von ihm zurückzubezahlen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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