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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 26.08.2010, RV/0405-I/10

Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Rückstandsanzeige

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. A., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom betreffend Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Rückstandsanzeige entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid anerkannte das Finanzamt Kitzbühel Lienz die Rückstandsanzeige des Kassen- und Steueramtes der Stadt Köln vom zu Einzahlkassenzeichen ... über Abgabenschuldigkeiten des Berufungswerbers (Bw.) im Betrag von insgesamt 11.645,35 € und erklärte diese für vollstreckbar. Dabei stützte sich das Finanzamt auf Art. 11 Abs. 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955 (im Folgenden: Vertrag) i. V. m. § 17a Abs. 1 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes (AVOG) i. d. F. BGBl. I 105/2007.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wurde vorgebracht, "das Schreiben über die Rückstandsanzeige" entspreche nicht den formellen Voraussetzungen eines vollstreckbaren Exekutionstitels, weil Unterschrift und Siegel fehlten. Weiters mangle es an einer Rechtsgrundlage für die Rückstandsanzeige. Abgesehen davon müsse ein Exekutionstitel zumindest schlüssig sein. Eine Steuerschuld aus den Jahren 1979 und 1980 könne nämlich nicht "von vornherein geschuldet oder...vollstreckbar sein". Auch sei kein Nachweis über eine gültige Zustellung an den Bw. vorhanden. Da der angefochtene Bescheid somit nicht gesetzmäßig sei, werde dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften wurde ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, dass bei Vorliegen der (durchwegs formellen) Voraussetzungen des Artikels 11 Abs. 1 des eingangs angeführten Vertrages für das nach Abs. 2 leg. cit. zuständige Finanzamt nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung bestehe, ohne dass vorherige weitere Erhebungen zulässig wären, Rückstandsausweise anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (vgl. ; ; ; ; ; ). Da die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 des Vertrages (im Hinblick auf die Rückstandsanzeige vom 10. 11. bzw. mit entsprechender Bestätigung der Stadt Köln samt Bescheinigung der Oberfinanzdirektion Rheinland über die Zuständigkeit) gegeben seien, habe das Finanzamt die Rückstandsanzeige anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären gehabt. Weiters wurde auf eine Stellungnahme der Stadt Köln vom zur gegenständlichen Berufung hingewiesen, wonach die Einwendungen unbegründet und die Forderungen bestandswirksam, fällig und vollstreckbar seien.

Mit Eingabe vom wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt, in welchem auf das Berufungsvorbringen verwiesen wurde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Artikel 11 des oben genannten Vertrages hat folgenden Wortlaut:

"(1) Dem Ersuchen um Vollstreckung von Verfügungen, die unanfechtbar und vollstreckbar sind, ist eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates beizufügen, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird. Vorbehaltlich des Artikels 13 ist die Zuständigkeit dieser Behörde durch die jeweils zuständige Oberfinanzdirektion oder Finanzlandesdirektion des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Als Grundlage der Vollstreckung können an die Stelle der im ersten Satz bezeichneten Verfügungen auch Rückstandsausweise treten.

(2) Verfügungen (Rückstandsausweise), die den Bestimmungen des Absatzes 1 entsprechen, sind vorbehaltlich des Artikels 13 von den jeweils zuständigen Oberfinanzdirektionen oder Finanzlandesdirektionen des ersuchten Staates anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Artikel 6 bleibt unberührt.

(3) Die in Absatz 2 bezeichneten Verfügungen werden durch die Finanzämter oder Gerichte gemäß der Gesetzgebung des ersuchten Staates vollstreckt."

Wie bereits in der Berufungsvorentscheidung zutreffend festgestellt wurde, wurden die Zuständigkeiten der Finanzlandesdirektionen laut Amtshilfevertrag durch § 17a Abs. 2 AVOG i. d. F. vor BGBl. I 105/2007 an das Bundesministerium für Finanzen übertragen. Im Hinblick auf die Aufhebung dieser Bestimmung durch BGBl. I 105/2007 kommen diese Zuständigkeiten mit Wirkung vom den Finanzämtern mit allgemeinen Aufgabenkreis zu (§ 17a Abs. 1 AVOG).

Weiters wurde in der Berufungsvorentscheidung zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach bei Vorliegen der - durchwegs formellen - Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 des Vertrages für die nach Art. 11 Abs. 2 zuständige Behörde nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung besteht, ohne dass vorherige weitere Erhebungen auch nur zulässig wären, Rückstandsausweise anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (vgl. die vom Finanzamt zitierte Judikatur).

Nach der Aktenlage hat das Kassen- und Steueramt der Stadt Köln im Zusammenhang mit dem Vollstreckungsersuchen vom die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit der in der Rückstandanzeige vom für den Bw. ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten (Gewerbesteuer 1979 und 1980) im Gesamtbetrag von 11.645,35 € bestätigt. Die Oberfinanzdirektion Rheinland hat die Zuständigkeit der Stadt Köln zur Ausstellung dieser Bestätigung bescheinigt. Damit waren die Voraussetzungen für die Erlassung des in Berufung gezogenen Bescheides im Sinn des Art. 11 Abs. 1 des Vertrages erfüllt.

Das Finanzamt hatte nicht zu prüfen, ob der Bw. die in der Rückstandanzeige ausgewiesenen Abgaben schuldet bzw. ob diese vollstreckbar sind. Vielmehr sind die Behörden des um die Rechtshilfe bei der Vollstreckung ersuchten Staates nach den Bestimmungen des Vertrages an die in der Rückstandanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit - (im Zusammenhalt mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit bestätigt wird) - gebunden (vgl. z. B. , mwN). Einwendungen gegen das Bestehen oder die Höhe des Anspruches, dessen Erfüllung erzwungen werden soll, sind bei der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates nach dessen Recht zu verfolgen (vgl. Jirousek, Zwischenstaatliche Amtshilfe in Steuersachen, 2001, Seite 157).

Der Einwand in der Berufung, "das Schreiben über die Rückstandsanzeige" weise weder eine Unterschrift noch ein Dienstsiegel auf, widerspricht insofern der Aktenlage, als auf der Rückstandanzeige vom ein Abdruck des Dienstsiegels der Stadt Köln und eine Unterschrift angebracht sind. Dass dies auf die (mit E-Mail übermittelte) "korrigierte" Rückstandsanzeige vom , mit welcher der Vorname des Bw. von der Kurzform "H" auf sämtliche Vornamen des Bw. ("K-H-H") abgeändert wurde, nicht zutrifft, ist nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz unerheblich, weil die Rückstandsanzeige vom keinen Zweifel an der Identität des Bw. erweckt. Durch die Abkürzung des Vornamens des Bw., die Anführung seines Familiennamens und die Beifügung seiner inländischen Adresse wurde vom Kassen- und Steueramt der Stadt Köln nicht zum Ausdruck gebracht, dass in der Rückstandanzeige vom eine andere Person als der Bw. hätte angesprochen werden sollen.

Der weitere Einwand, es sei kein Nachweis über eine gültige Zustellung (der Rückstandanzeige) an den Bw. vorhanden, ist für die Rechtmäßigkeit des in Berufung gezogenen Bescheides ebenfalls nicht von Bedeutung. Denn aus dem obigen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ist abzuleiten, dass die Überprüfung und Beurteilung derartiger Fragen nach den Bestimmungen des Vertrages den Behörden des um die Rechtshilfe bei der Vollstreckung ersuchten Staates entzogen ist.

Die vorliegende Berufung erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Art. 11 Abs. 1 Rechtsschutz, Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955
Art. 11 Abs. 2 Rechtsschutz, Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955
Schlagworte
Ausländischer Exekutionstitel
Rückstandanzeige
Vollstreckungsrechtshilfe
österreichisch-deutsches Amtshilfeabkommen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at