Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 19.06.2013, RV/2308-W/09

Aufwendungen für CD's und Konzertbesuche auch bei Musiklehrer und Unterrichtendem an der Universität für Musik keine Werbungskosten, sondern Kosten der Lebensführung


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Miterledigte GZ:
RV/1365-W/13

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HRätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder HRätin Dr. Elfriede Murtinger, Werner Just und Gerald Kreuzer über die Berufung des Bw, vertreten durch Mag. Doris Grohn-Geissler, Wirtschaftstreuhänderin und Steuerberaterin, 1090 Wien, Augasse 5-7/25, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 und gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) ist Musiklehrer und unterrichtet auch an der Universität. Er erzielte aus diesen Tätigkeiten im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für 2006 machte er Werbungskosten in der Höhe von 8.186,69 Euro geltend.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2006 am entsprechend der abgegebenen Erklärung.

Im Zuge einer nachfolgenden Bescheidkontrolle wurde der Bw aufgefordert, die Werbungskosten belegmäßig nachzuweisen, insbesondere die Aufwendungen für Fachliteratur und Notenmaterial und die Aufwendungen für Weiterbildung (Konzerte). Der Bw legte die angeforderten Belege vor.

Das Finanzamt hob den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf und erließ einen neuen Sachbescheid, in dem die geltend gemachten Werbungskosten um die Aufwendungen für CD's und Konzertkarten auf 6.842,37 Euro gekürzt wurden. Dies ergab eine Nachforderung an Einkommensteuer von 586,07 Euro. Begründend wurde ausgeführt, dass diese Aufwendungen gemäß § 20 EStG (nicht abzugsfähige Ausgaben) nicht anerkannt werden könnten.

Gegen diese Bescheide wurde Berufung erhoben. Der Bw führte darin aus, dass er als Musiklehrer für verschiedene Arbeitgeber tätig sei. Es sei für ihn wichtig, Weiterbildung zu betreiben. Weiterbildung für einen Musiklehrer seien eben Konzerte und CD's. Daher besuche er häufiger als nur privat interessierte Personen Konzerte. Es könnten daher nicht alle diese Konzertbesuche pauschal als Kosten der privaten Lebensführung gelten. Er müsse als Unterrichtender an der Universität auch neuere Entwicklungen und Interpretationen von Musikstücken den Studierenden näher bringen. Er habe nur 50 Prozent der Aufwendungen für Konzerte und 70 Prozent der Aufwendungen für CD's geltend gemacht. Diese Ansätze seien in Anlehnung an eine Überprüfung des Finanzamtes im Jahre 1995 gewählt worden, wobei der Anteil der beruflich veranlassten Aufwendungen bei den CD's auf 70 Prozent erhöht worden sei, da Teile davon an Studenten verteilt worden seien. Es werde daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem gesamten Berufungssenat abzuhalten und den am ergangenen Bescheid wieder in Kraft zu setzen. Der Berufung beigelegt war der Bescheid betreffend das Jahr 1995 des damals zuständigen Finanzamtes, aus dessen Begründung ersichtlich ist, dass 50 Prozent der Aufwendungen für CD's und Konzertkarten berücksichtigt worden waren.

Über Vorhalt des Finanzamtes wurden die Belege für die Anschaffungen der CD's und die Konzertkarten vorgelegt. Der Bw führte begleitend aus, dass er seine Kenntnisse stets auf aktuellem Stand halten müsse, indem er andere Künstler bei ihrem Tun beobachte. Was für einen Arzt die Teilnahme an medizinischen Kongressen und für einen Juristen das Studium der Fachliteratur bedeute, seien für ihn die Konzertbesuche und die CD-Anschaffungen. In der Musikschule benötige er auch CD's aus dem Bereich der Popularmusik. Er kaufe diese also nicht zum eigenen Vergnügen, sondern für den Unterricht. Er habe in den letzten Jahren auch deutlich weniger gekauft, weil er verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch mache, die entsprechenden Einzeltitel im Internet per Download zu kaufen.

An der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung war der Bw verhindert teilzunehmen, ersuchte aber durch seinen steuerlichen Vertreter, die Verhandlung trotz Fernbleibens durchzuführen. Die Vertreterin des Finanzamtes erklärte unter Verweis auf die gesetzliche Bestimmung des § 20 EStG, dass hinsichtlich der geltend gemachten und nicht berücksichtigten Werbungskosten ein Abzugsverbot und ein Aufteilungsverbot bestünden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufhebung des Erstbescheides vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO:

Sachverhalt:

Der Bw bezog im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Musiklehrer.

Im Einkommensteuerbescheid vom wurden die geltend gemachten Werbungskosten laut Erklärung in Abzug gebracht.

Nach Überprüfung der Werbungskosten im Zuge einer nachprüfenden Bescheidkontrolle gelangte das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass es sich bei den geltend gemachten Werbungskosten zum Teil um nichtabzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung handelte.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Inhalt des Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt, ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 BAO nicht ausschlaggebend. Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden der Abgabenbehörde noch ein Verschulden des Bescheidadressaten voraus.

Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen und die Gründe für die Ermessensübung eingehend darzustellen. Ein Hinweis auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wird vielfach ausreichend sein.

Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur Einkommensteuer 2006 ergibt, handelte es sich bei den als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen um Aufwendungen für die Lebensführung, welche gemäß § 20 EStG 1988 nicht als Werbungskosten abgezogen werden können. Der Bescheid erwies sich daher als nicht richtig, weil er nicht den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes betreffend Aufwendungen für die Lebensführung und den Haushalt des Steuerpflichtigen entsprach. Damit wurde der Tatbestand des § 299 BAO, das Vorliegen eines nicht richtigen Bescheides, verwirklicht. Die Berechtigung zur Aufhebung des Bescheides besteht für die Abgabenbehörde erster Instanz. Auf Grund der Formulierung "kann die Abgabenbehörde........." wird der Behörde vom Gesetzgeber bei der Behebung des Bescheides Ermessen eingeräumt.

Die Ermessensentscheidung ist gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben.

Hinsichtlich Ermessensübung ist die Aufhebung des Bescheides zweckmäßig, weil mit der Aufhebung der Rechtsrichtigkeit der Vorzug gegenüber der Rechtsbeständigkeit gegeben wurde. Die Aufhebung erwies sich damit im öffentlichen Interesse, weil der Bw damit im gleichen Ausmaß besteuert wurde wie vergleichbare Abgabepflichtige. Die Aufhebung verstieß auch nicht gegen die Billigkeit, weil dem Bw keine höheren Abgabenlasten aufgebürdet wurden als vergleichbaren Abgabepflichtigen. Es bestand daher keine Veranlassung für die Abgabenbehörde, den Steuerausfall aus dem unrichtigen Bescheid der Allgemeinheit zu Gunsten des Bw aufzubürden.

Einkommensteuer 2006:

Sachverhalt:

Der Bw ist als Musiklehrer tätig und unterrichtet auch an der Universität.

Er kaufte im Jahr 2006 diverse CD's um insgesamt 166,82 Euro ein. Diese Aufwendungen machte er in der Erklärung als Aufwendungen für Arbeitsmittel als Werbungskosten geltend. Es handelte sich um nachstehende CD's: Mozart, La Clemenza die Tito; Metheny/Mehltau, Jazz; Keith Jarrett; Gulda, Klaviersonaten, Mozart Tapes und Midlife Harvest; Take 6 (Gospel Music), Live und Beautiful World;

Bei den Konzerten handelte es sich, soweit das aus den in Ablichtung vorliegenden Eintrittskarten erkennbar war, um Konzerte von allgemeinem Interesse (Klassik, Jazz, Orchester, Pianokonzerte im Musikverein Wien und im Wiener Konzerthaus). Die Summe der Aufwendungen betrug 2.355,00 Euro, davon wurden 50 Prozent unter dem Titel Fortbildung als Werbungskosten geltend gemacht.

Rechtliche Würdigung:

Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Formulierung "Aufwendungen zur ....." bringt deutlich zum Ausdruck, dass der Aufwand dem Zweck der Einnahmenerzielung dienen muss. Es muss sich um Aufwendungen handeln, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen, also beruflich veranlasst sind.

Bei den einzelnen Einkünften dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden (§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988).

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 schließt Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, vom Abzug aus, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, welche nach der dem Steuerrecht eigenen, typisierenden Betrachtungsweise im Allgemeinen und losgelöst vom besonderen Fall der Privatsphäre zugerechnet werden. Soweit sich Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig. Die Abgrenzung ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach der typisierenden Betrachtungsweise vorzunehmen. Maßgeblich ist nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung. Das Abzugsverbot besteht auch, wenn die Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Es besteht ein Aufteilungsverbot.

Diese Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen.

Im vorliegenden Fall liegt hinsichtlich der Konzertbesuche und der angeschafften CD's eine solche gemischte Veranlassung vor. Dass der Besuch von Konzertveranstaltungen oder der Kauf von CD's typischerweise einen Akt der Lebensführung darstellt und deshalb privat veranlasst ist, kann nicht zweifelhaft sein. Im Fall des Bw tritt nach den Darstellungen des Bw ein beruflicher Veranlassungsaspekt hinzu. Auf Grund des im § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bestimmten Abzugsverbotes vermag dieser Aspekt jedoch eine Abzugsfähigkeit der Aufwendungen nicht zu bewirken. Diese Aufwendungen sind zur Gänze nicht abzugsfähig, da sie ihrem Inhalt nach (sowohl die ausgewählten CD's als auch die besuchten Konzerte) einen nicht abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit ansprechen. Dass ein einschlägig gebildeter Steuerpflichtiger im Hinblick auf Konzerte und CD's allenfalls höhere Aufwendungen tätigt als ein sonstiger, allgemein gebildeter und interessierter Steuerpflichtiger, dessen Interessen ohne konkreten Schwerpunkt einem breiteren Kultur- und Freizeitangebot gelten und der daher jeder einzelnen Sparte weniger Aufmerksamkeit widmet, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und führt nicht zu einer Abzugsfähigkeit der Aufwendungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Ausfertigung der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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