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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 19.06.2013, RV/0659-G/08

Behandlung von Versicherungsbeiträgen nach § 19a ASVG

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0659-G/08-RS1
wie RV/0696-G/07-RS1
Beiträge, die ein Steuerpflichtiger, der geringfügig beschäftigt ist und in das System der gesetzlichen Sozialversicherung optiert, gemäß § 19a ASVG zu entrichten hat, stellen Werbungskosten dar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:

Der Berufung wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom stattgegeben. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 beantragte der Berufungswerber unter anderem Aufwendungen in Höhe von € 564,12 als Sonderausgaben für freiwillige Weiterversicherungen zu berücksichtigen. Er legte Zahlungsbelege vor, in denen als Einzahlerin seine Tochter B und als Empfängerin die "C Gebietskrankenkasse MVB/Selbstversicherung 19a" vermerkt waren.

Das Finanzamt verweigerte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Sonderausgaben im angefochtenen Bescheid und führte begründend aus, für die Abzugsfähigkeit von Versicherungen sei es erforderlich, dass die versicherte Person entweder selbst Versicherungsnehmer sei oder dem begünstigten Personenkreis des Versicherungsnehmers, Ehegatte oder Kind, für das Familienbeihilfe bezogen werde, angehören würde.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine gesetzliche Versicherung handle, und zwar um Beiträge für die gesetzliche Weiterversicherung sowie die Mitarbeitervorsorgekasse seiner haushaltszugehörigen, in Ausbildung stehenden Tochter B, für die Familienbeihilfe bezogen werde. Wie aus den Beträgen ersichtlich sei, könne sie diese ihr zuzuschreibenden Zahlungsverpflichtungen aus Eigenem nicht erfüllen, sodass diese zu Recht ihm zugeschrieben werden würden. Zudem sei sie nur gering(st)fügig beschäftigt, was jedoch einen Anspruch auf steuerliche Anerkennung ihrer Studiengebühren entstehen lasse.

In der andere Streitpunkte stattgebenden, den gegenständlichen Streitpunkt abweisenden Berufungsvorentscheidung bekräftigte das Finanzamt seinen Rechtstandpunkt und verwies darauf, dass die für die Tochter des Berufungswerbers an die C Gebietskrankenkasse geleisteten Beiträge in Höhe von € 564,12 Topfsonderausgaben darstellen würden und als solche anerkannt worden seien.

In dem daraufhin eingebrachten Vorlageantrag verwies der Berufungswerber auf das vom BMF herausgegebene Steuerbuch 2006, wonach Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung von wirtschaftlich haushaltszugehörigen Personen Sonderausgaben darstellen würden, die in unbeschränkter Höhe zu berücksichtigen seien. Im aktuellen Bescheid seien die dafür geltend gemachten Beiträge an die C Gebietskrankenkasse lediglich als Topfsonderausgaben (prinzipiell zu weniger als einem Viertel, diesfalls - im Hinblick auf die Einkommenshöhe - gar nicht) anerkannt worden. Er ersuche um Berichtigung.

Das Finanzamt legte die Berufung zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 sind Ausgaben für Beiträge und Versicherungsprämien ausgenommen solche im Bereich des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG) und solche im Bereich der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g) zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b), bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit a EStG 1988 sind Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung auch Werbungskosten.

Gemäß § 19a Abs. 1 ASVG können sich Personen, die von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG oder Teilversicherung nach § 7 Z 4 ASVG ausgenommen und auch sonst weder in der Krankenversicherung noch in der Pensionsversicherung nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert sind, solange sie ihren Wohnsitz im Inland haben, auf Antrag in der Kranken- und Pensionsversicherung selbst versichern.

§ 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 umfasst - von einigen Ausnahmen abgesehen - nur Pflichtbeiträge, also Beitragsleistungen, die Zwangscharakter haben (vgl. Hofstätter - Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Rz 1 zu § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 und die dort zitierte Judikatur).

Aufgrund des Umstandes, dass die in Streit stehenden Sozialversicherungsbeiträge für die Tochter des Berufungswerbers nur durch die Inanspruchnahme der Optionsmöglichkeit des § 19a ASVG in das Sozialversicherungssystem vorgeschrieben wurden, könnte man auf Grund des Erkenntnisses des , wonach es maßgebend für die Abgrenzung zwischen Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen ist, ob die Beitragsleistungen Zwangscharakter haben oder ob sie auf einem freiwilligen Entschluss des Steuerpflichtigen - insbesondere im Interesse seiner Zukunftssicherung - beruhen, der in der Außenwelt durch Abschluss eines Vertrages oder Stellung eines Antrages manifestiert werde, zur Ansicht gelangen, dass nicht Werbungskosten, sondern allenfalls Sonderausgaben vorliegen würden.

Die Intentionen des Gesetzgebers zu § 19a ASVG gingen allerdings dahin, unter dem Motto der fairen Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Sozialversicherung mit dem ASRÄG 1997, BGBL I 1997/139, auch die geringfügig beschäftigten Dienstnehmer verstärkt in die Pflichtversicherung einzubinden (vgl. Karl in ASoK 1998, 357). Es ist daher davon auszugehen, dass die durch die Zahlungen erworbenen Versicherungsleistungen, einschließlich dem im Vordergrund stehenden Erwerb von Versicherungsmonaten für die gesetzliche Pensionsversicherung, einer Pflichtversicherung zu Grunde lagen.

Hinzu kommt die Feststellung durch den Gesetzgeber in § 19a Abs. 6 ASVG, wonach die Selbstversicherung in der Krankenversicherung bezüglich der Gewährung von Leistungen sowohl nach diesem Bundesgesetz als auch nach dem Mutterschutzgesetz 1979 die gleichen Rechtswirkungen wie eine Pflichtversicherung hat. Dies gilt auch hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung. Die Option in die Selbstversicherung gemäß § 19a ASVG hat in ihrer Bedeutung mit einer freiwilligen Weiter- oder Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 nichts zu tun, sondern ist einer Pflichtversicherung gleichzusetzen.

Bezüglich des Vorbringens des Berufungswerbers im Vorlageantrag, dass nach den Ausführungen des vom BMF herausgegebenen Steuerbuches 2006 u.a. Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung von wirtschaftlich haushaltszugehörigen Personen Sonderausgaben darstellen würden, ist darauf hinzuweisen, dass als Zielgruppe für die Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 17 ASVG nur Personen anzusehen sind, die bereits in einem qualifizierten Ausmaß in der Pensionsversicherung erfasst waren (vgl. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar § 17 ASVG Rz. 1). Die Tochter des Berufungswerbers gehört nach dem Akteninhalt nicht zu dieser Zielgruppe, da ihr die Sozialversicherungsbeiträge nicht nach § 17 sondern nach § 19a ASVG vorgeschrieben wurden.

Die vom Berufungswerber beantragten Aufwendungen stellen daher nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Gänze keine Sonderausgaben für eine freiwillige Personenversicherung dar, sondern wären als Werbungskosten bei den Einkünften der Tochter des Berufungswerbers zu berücksichtigen. Diese Rechtsansicht wird uneingeschränkt von der gängigen Literatur vertreten (vgl. dazu Doralt, EStG10, § 18, Tz 80/1, Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III B, § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Tz 2).

Auch wenn der Berufungswerber die strittigen Sozialversicherungsbeiträge für seine Tochter eingezahlt hat, können sie bei ihm nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, da die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten an die Einkunftsquelle gebunden ist. Nur jener Abgabepflichtige, der Einkünfte aus einer Einkunftsquelle bezieht, kann die mit dieser Einkunftsquelle verbundenen Aufwendungen geltend machen. Die vom Berufungswerber gezahlten Beiträge für seine Tochter dienen jedoch nicht der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der von ihm erzielten Einkünfte und stellen somit beim Berufungswerber eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.

Nachdem die strittigen Aufwendungen als Werbungskosten zu beurteilen sind, können sie beim Berufungswerber auch deswegen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden, da Sonderausgaben nur vorliegen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind (vgl. § 18 Abs. 1 EStG 1988).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Werbungskosten
Sonderausgaben
geringfügig beschäftigt
gesetzliche Sozialversicherung
Pflichtversicherung
Selbstversicherung gemäß § 19a ASVG
Verweise
Hofstätter-Reichel, Kommentar EStG, § 16 Abs. 1 Z 4, Rz 1
Karl in ASoK 1998,357
Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar § 17 ASVG Rz.1
Doralt, Kommentar EStG, § 18 Tz 80/1
Hofstätter-Reichel, Kommentar EStG, § 16 Abs. 1 Z 4, Tz 2
Anmerkung
Abweichend RV/0322-K/07 vom

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at