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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.07.2012, RV/1429-W/12

Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung einer deutschen Rückstandsanzeige sowie Pfändung einer Geldforderung


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Miterledigte GZ:
RV/1430-W/12

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Rechtsanwälte, vom sowie vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom sowie vom betreffend Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Rückstandsanzeige sowie Pfändung einer Geldforderung entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom richtete das Kassen- und Steueramt der Stadt Köln/ Deutschland ein Ersuchen um Vollstreckung im Rechtshilfeverkehr von rückständigen Abgaben der Berufungswerberin (Bw.) auf Grund von nachfolgenden Abgabenbescheiden in Höhe von insgesamt € 3.623.535,02 an das in Österreich zuständige Finanzamt:


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Abgabe
Betrag
Bescheiddatum
Fälligkeit
Gewerbesteuer 1996
243.909,24
Säumniszuschlag 1996
46.341,00
Zinsen gemäß § 233a AO 1996
175.608,00
Gewerbesteuer 1997
295.711,79
Säumniszuschlag 1997
56.183,00
Zinsen gemäß § 233a AO 1997
195.162,00
Gewerbesteuer 1998
283.931,63
Säumniszuschlag 1998
53.941,00
Zinsen gemäß § 233a AO 1998
170.340,00
Gewerbesteuer 1999
427.019,22
Säumniszuschlag 1999
81.130,00
Zinsen gemäß § 233a AO 1999
230.580,00
Gewerbesteuer 2000
485.482,89
Säumniszuschlag 2000
92.235,50
Zinsen gemäß § 233a AO 2000
233.016,00
Gewerbesteuer 2001
182.902,91
Säumniszuschlag 2001
34.751,00
Zinsen gemäß § 233a AO 2001
76.818,00
Gewerbesteuer 2002
154.342,00
Säumniszuschlag 2002
29.317,00
Zinsen gemäß § 233a AO 2002
55.548,00
Mahngebühr
52,00
Pfändungsgebühr
19.209,00
Portokosten
3,84

In Entsprechung dieses Ersuchens erklärte das Finanzamt Wien 1/23 am den genannten Abgabenbetrag gemäß Artikel 11 Abs. 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom , BGBl. 1955/249, in Verbindung mit § 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom , BGBl I Nr. 9/2010, Artikel 1, über den Aufbau und die Zuständigkeitsregelung der Abgabenverwaltung des Bundes (Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 - AVOG 2010) als anerkannt und für vollstreckbar, da nach Prüfung des sachlichen Anwendungsbereiches und der formellen Voraussetzungen, insbesondere des Vorliegens der Bestätigung der Vollstreckbarkeit und Bestandskraft der in der Rückstandsanzeige ausgewiesenen Abgabenforderungen sowie der ordnungsgemäßen Bescheinigung der Zuständigkeit der Stadt Köln zur Ausstellung dieser Bestätigung durch die Oberfinanzdirektion Rheinland, nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung dazu bestünde, ohne dass vorherige weitere Erhebungen auch nur zulässig gewesen wären. Das Bestehen oder die Höhe des zu vollstreckenden Anspruches wäre in Österreich nicht zu prüfen. Einwendungen dagegen wären bei der ersuchenden Behörde in Deutschland einzubringen und würden nach deutschem Recht beurteilt werden.

Dagegen brachte die Bw. am rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung ein und führte aus, dass die Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitserklärung rechtswidrig wäre, da die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom , BGBl. 249, 155, auf die sich der angefochtene Verwaltungsakt gründe, nicht erfüllt wären.

Die Voraussetzungen des Art. 11 des oben zitierten Vertrages wären nicht erfüllt, da es am grundlegenden Merkmal der in Bezug genommenen Bestimmung, nämlich an der Unanfechtbarkeit der deutschen Abgabenfestsetzungen fehle. Die Gewerbesteuerbescheide der Stadt Köln, auf denen die Gewerbesteuerrückstände beruhen würden, wären - weil nicht (separat) angefochten - zwar (formell) unanfechtbar. Sie wären aber deshalb keineswegs unabänderbar, d.h. auch materiell unanfechtbar. Denn gegen die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen als verfahrensrechtlich vorgezogene gesonderte Festsetzung von Besteuerungsgrundlagen in Form von Grundlagenbescheiden für die darauf aufbauenden Gewerbesteuerfestsetzungen schwebe das Klageverfahren vor dem Finanzgericht Köln. Sollte das Finanzgericht - wovon die Bw. ausgehe - in dem anhängigen Klageverfahren die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen des Finanzamtes zu Gunsten der Bw. ändern, würden die dortigen Änderungen von Amts wegen zu Folgeänderungen bei der Festsetzung der gemeindlichen Gewerbesteuern als Folgebescheide führen.

Aus diesem Grunde könne das Merkmal der "Unanfechtbarkeit" in § 11 Abs. 1 des bilateralen Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland nicht als erfüllt angesehen werden.

Bis zur Klärung der Angelegenheit ersuchte die Bw. ferner, von Vollstreckungs- oder Sicherungsmaßnahmen in ihre österreichischen Vermögenswerte zwecks Vermeidung von Regressansprüchen Abstand zu nehmen.

In Beantwortung eines Ersuchens der österreichischen Finanzverwaltung zur Stellungnahme beantragte das Kassen- und Steueramt der Stadt Köln mit Schreiben vom , die Berufung zurückzuweisen und die Vollstreckung gemäß dem Ersuchen durchzuführen. Begründend wurde ausgeführt, dass die dem Ersuchen zu Grunde liegenden Steuer- und Zinsbescheide unanfechtbar wären. Nach einem auch völkerrechtlich anerkannten Grundsatz der Rechts- und Amtshilfe richte sich die Zulässigkeit einer Maßnahme nach dem für die ersuchende Stelle geltenden Recht. Damit wäre der Begriff der Unanfechtbarkeit der zu vollstreckenden Verfügung als in Art. 11 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom genannter Zulässigkeitsvoraussetzung für das Vollstreckungsersuchen nach deutschen Rechtsgrundsätzen auszulegen.

Nach deutschem Recht wäre Unanfechtbarkeit mit der formellen Bestandskraft eines Bescheides, d.h. einer Verfügung im Sinne des vorgenannten Vertrages gleichzusetzen. Unanfechtbarkeit und formelle Bestandskraft wären betreffend den dem Ersuchen zu Grunde liegenden Steuerbescheid eingetreten, da die Schuldnerin gegen den Bescheid kein Rechtsmittel fristgerecht eingebracht hätte.

Ob sich gegebenenfalls infolge einer Aufhebung oder Abänderung der Grundlagenbescheide im Zuge der gegen diese laufenden Klageverfahren eine Aufhebung oder Änderung der dem Ersuchen zu Grunde liegenden Bescheide nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung ergebe, wäre allenfalls eine zukünftig eintretende Wirkung auf die materielle Bestandskraft der dem Vollstreckungsersuchen zu Grunde liegenden Bescheide und als solche nach deutschem Recht für die Beurteilung des Vorliegens der Unanfechtbarkeit unbeachtlich.

Weitere Hinderungsgründe für die Vollstreckung wären von der Bw. nicht geltend gemacht worden und wären auch ansonsten nicht erkennbar.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte nach Anführung des Art. 11 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom aus, dass die Zuständigkeiten der Finanzlandesdirektionen laut Amtshilfevertrag durch § 17a Abs. 2 AVOG idF vor BGBl. I 105/2007 an das Bundesministerium für Finanzen übertragen worden wären. Im Hinblick auf die Aufhebung dieser Bestimmung durch BGBl. I 105/2007 wären diese Zuständigkeiten mit Wirkung vom den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis zugekommen (§ 17a Abs. 1 AVOG). Das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz - AVOG, BGBl. 1975/18 idF BGBl. 52/2009 - wäre mit außer Kraft getreten. Gleichzeitig wäre das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 - AVOG 2010, BGBl. I 9/2010 - in Kraft getreten. Die Zuständigkeit des Finanzamtes zur Erlassung des in Berufung gezogenen Bescheides ergebe sich aus § 31 Abs. 1 AVOG 2010.

Der Verwaltungsgerichtshof hätte bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei Vorliegen der - durchwegs formellen - Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 des Vertrages für die nach Art. 11 Abs. 2 zuständige Finanzlandesdirektion nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung bestehe, ohne dass vorherige weitere Erhebungen auch nur zulässig wären, Rückstandsausweise anzuerkennen und vollstreckbar zu erklären (; ; ; ; ; ).

Das Vorbringen der Bw., die Voraussetzungen des Art. 11 des oben zitierten Vertrages wären nicht erfüllt, da es am grundlegenden Merkmal der in Bezug genommenen Bestimmung, nämlich an der Unanfechtbarkeit fehle, wäre nach den Bestimmungen des Vertrages jeder Überprüfung und Beurteilung durch die Behörde des um die Rechtshilfe bei der Vollstreckung ersuchten Staates entzogen. Die Stadt Köln (Kassen- und Steueramt) hätte im Zusammenhang mit dem Vollstreckungsersuchen vom die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit der in der Rückstandsanzeige vom für die Bw. ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von € 3.623.535,02 bestätigt. Die Oberfinanzdirektion Rheinland hätte die Zuständigkeit der Stadt Köln zur Ausstellung dieser Bestätigung am bescheinigt. Damit wären die Voraussetzungen für die Erlassung des in Berufung gezogenen Bescheides im Sinn des Art. 11 Abs. 1 des Vertrages erfüllt.

Da die im Art. 11 Abs. 1 des Vertrages genannten Voraussetzungen vorgelegen wären, hätte die belangte Behörde die Rückstandsanzeige anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären gehabt.

Das ersuchte Finanzamt hätte nicht zu prüfen gehabt, ob die Bw. die in der Rückstandsanzeige ausgewiesenen Abgaben schulde bzw. ob diese vollstreckbar wären. Vielmehr wären die Behörden des um die Rechtshilfe bei der Vollstreckung ersuchten Staates nach den Bestimmungen des Vertrages an die in der Rückstandsanzeige enthaltene Entscheidung über die bestehende Vollstreckbarkeit und Unanfechtbarkeit - (im Zusammenhalt mit der beigefügten Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit bestätigt werde) - gebunden ().

Einwendungen gegen das Bestehen oder die Höhe des Anspruches, dessen Erfüllung erzwungen werden solle, wären bei der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates nach dessen Recht zu verfolgen (Jirousek, Zwischenstaatliche Amtshilfe in Steuersachen, 2001, S. 157). Das Kassen- und Steueramt der Stadt Köln hätte mit Schreiben vom nochmals bestätigt, dass - entgegen den Ausführungen in der Berufung - die dem Ersuchen zu Grunde liegenden Steuer- und Zinsbescheide unanfechtbar wären.

Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der Bw. an die Bank zur Hereinbringung der (samt Pfändungsgebühren von € 36.240,79) in Höhe von € 3.659.775,81 aushaftenden Nachforderungen. Das dazu ausgestellte Verfügungsverbot wurde direkt an die Bw. zugestellt.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte die Bw. ein, dass die Rechtswidrigkeit der Grundverfügung folglich auch die Rechtswidrigkeit der ihr nachfolgenden Maßnahmen zwingend nach sich ziehe.

Ungeachtet der Berufungsvorentscheidung vom wäre die Bw. der Meinung, dass nicht auf die formelle, sondern auf die materielle Unanfechtbarkeit abzustellen wäre. Die Voraussetzungen, die formelle Bestandskraft zu beeinflussen, stehe angesichts der gesetzlichen Anordnung eines Grundlagen-Folgebescheid-Verhältnisses, wie es der deutsche Steuergesetzgeber hinsichtlich des Verhältnisses von Gewerbesteuermessbescheid (Grundlagenbescheid des Finanzamtes) und Gewerbesteuerbescheid (Folgebescheid der Gemeinde) angeordnet hätte, nicht in der Macht des Steuerpflichtigen. Der Verzicht auf die Erhebung nicht zielführender - sinnloser - Rechtsmittel (hier: Klage gegen die nachgeordneten Gewerbesteuerbescheide der Stadt Köln allein zwecks Verhinderung ihres Erwachsens in formelle Bestandskraft) dürfe einem Steuerpflichtigen nicht zum Nachteil gereichen. Insoweit könne auch keine Bindung der Behörden des anderen Vertragsstaates an die Interpretation bzw. "Bestätigung" des Merkmals der Unanfechtbarkeit im Rahmen des geschlossenen Abkommens bestehen. Abgestellt werden müsse auf die erfolgte Anfechtung der Grundlagenbescheide.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt auch die Berufung betreffend Pfändung einer Geldforderung als unbegründet ab und führte nach Zitierung des Art. 27 Abs. 3 und 6 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen aus, dass das Vorbringen der Bw., es könne keine Bindung der Behörden des anderen Vertragsstaates an die Interpretation bzw. "Bestätigung" des Merkmals der Unanfechtbarkeit im Rahmen des geschlossenen Abkommens bestehen und es müsse auf die erfolgte Anfechtung der Grundlagenbescheide abgestellt werden, ins Leere gehe, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die ersuchten Behörden an die Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit bestätigt werde, gebunden wären. Dazu werde auch auf die Begründung in der zur Berufung gegen den Anerkennungsbescheid vom ergangenen Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

Einwendungen eines Bw. betreffend den der Pfändung zu Grunde liegenden Abgabenanspruch bzw. dessen Unanfechtbarkeit könnten im ersuchten Staat (hier: Österreich) nicht geltend gemacht werden. Derartige Einwendungen wären bei der zuständigen Instanz des Staates, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hätte, daher im vorliegenden Fall Deutschland, vorzubringen.

Es wäre im gegenständlichen Berufungsverfahren lediglich zu prüfen geblieben, ob der angefochtene Pfändungsbescheid vom zu Recht erlassen worden wäre.

Gemäß § 226 BAO wären Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet würden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen würden gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht kommen. Wäre auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen (wie hier auf Grund des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom ) die Vollstreckung ausländischer Abgaben in Österreich zugelassen, dann wären die Rückstandsausweise ausländischer Abgabenbehörden den inländischen Exekutionstiteln gleichgestellt. Demnach wäre die Rückstandsanzeige in Deutschland gleichzusetzen mit dem in Österreich für vollstreckbare Abgaben (§ 226 BAO) auszustellenden Rückstandsausweis (§ 229 BAO).

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolge die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner wäre hierbei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hätte. Die Pfändung wäre gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

Zwar wäre gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel gegen Bescheide, die dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen würden, unstatthaft, doch wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel, soweit damit die gegen den Drittschuldner gemäß § 65 AbgEO erlassenen Bescheide bekämpft werden würden, zulässig ().

Dem angefochtenen Pfändungsbescheid liege die Rückstandsanzeige der Stadt Köln vom zu Grunde, die vollstreckbare Steuern und steuerliche Nebenleistungen in der Höhe von € 3.623.535,02 ausweise. Die Rückstandsanzeige wäre vom Finanzamt mit Bescheid vom anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden. Die gegenständliche Forderungspfändung wäre somit zu Recht vorgenommen worden.

Mit Schreiben vom beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung betreffend Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der deutschen Rückstandsanzeige zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte ihr bisheriges Vorbringen.

Mit Schreiben vom beantragte die Bw. auch die Vorlage der Berufung betreffend Pfändung einer Geldforderung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und verwies auf ihre entsprechenden Einwendungen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die umfangreichen und durchwegs zutreffenden Ausführungen des Finanzamtes zu den Berufungen betreffend Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitserklärung der deutschen Rückstandsanzeige sowie Pfändung einer Geldforderung entsprechen der ständigen Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates und bilden daher einen integrativen Bestandteil der zweitinstanzlichen Berufungsentscheidung.

Die Rechtslage wird wie folgt zusammengefasst:

I. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer deutschen Rückstandsanzeige

Auszüge aus dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom (ratifiziert am ), BGBl. 1955/249 (in der derzeit gültigen Fassung):

Artikel 3:

Beide Staaten verpflichten sich, in allen Abgabensachen, im Ermittlungs-, Feststellungs- und Rechtsmittelverfahren, im Sicherungs- und Vollstreckungsverfahren sowie im Verwaltungsstrafverfahren einander auf der Grundlage der Gegenseitigkeit nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen Rechtshilfe zu leisten.

Artikel 11:

(Abs. 1) Dem Ersuchen um Vollstreckung von Verfügungen, die unanfechtbar und vollstreckbar sind, ist eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates beizufügen, in der die Unanfechtbarkeit bestätigt wird. Vorbehaltlich des Artikels 13 ist die Zuständigkeit dieser Behörde durch die jeweils zuständige Oberfinanzdirektion oder Finanzlandesdirektion des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Als Grundlage der Vollstreckung können an die Stelle der im ersten Satz bezeichneten Verfügungen auch Rückstandsausweise treten.

(Abs. 2) Verfügungen (Rückstandsausweise), die den Bestimmungen des Absatzes 1 entsprechen, sind vorbehaltlich des Artikels 13 von den jeweils zuständigen Oberfinanzdirektionen oder Finanzlandesdirektionen des ersuchten Staates anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären.

(Abs. 3) Die in Absatz 2 bezeichneten Verfügungen werden durch die Finanzämter oder Gerichte gemäß der Gesetzgebung des ersuchten Staates vollstreckt.

Auszug aus dem Bundesgesetz vom über den Aufbau der Abgabenverwaltung des Bundes (Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz - AVOG):

§ 17a Abs. 1:

Soweit Abgaben von der Finanzlandesdirektion oder von Finanzlandesdirektionen wahrzunehmen waren, die nicht auf besondere Organisationseinheiten im Sinne des § 2 dieses Bundesgesetzes übertragen werden, sind diese von den in § 14 dieses Bundesgesetzes definierten Zollämtern für die ihnen übertragenen Aufgaben, in allen anderen Fällen von den in § 3 dieses Bundesgesetzes definierten Finanzämtern wahrzunehmen (BGBl. I 2007/105 ab ).

Auszug aus dem Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 (BGBl. I Nr. 9/2010, in Kraft getreten am ):

§ 31 Abs. 1:

Soweit Aufgaben von der Finanzlandesdirektion oder von Finanzlandesdirektionen (§ 2 AVOG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 124/2003) wahrzunehmen waren, die nicht auf besondere Organisationseinheiten im Sinne des § 8 Abs. 2 AVOG übertragen werden, sind diese von den in § 27 AVOG definierten Zollämtern für die ihnen übertragenen Aufgaben, in allen anderen Fällen von den in § 13 AVOG definierten Finanzämtern wahrzunehmen.

Auszug aus dem OECD-Musterabkommen 2003 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen:

Art. 27 Abs.3:

Ist der Abgabenanspruch eines Vertragsstaates nach dem Recht dieses Staates vollstreckbar und wird er von einer Person geschuldet, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Recht dieses Staates die Vollstreckung nicht verhindern kann, wird dieser Abgabenanspruch auf Ersuchen der zuständigen Behörden dieses Staates für die Zwecke der Vollstreckung von der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates anerkannt. Der Abgabenanspruch wird vom anderen Staat nach dessen Rechtsvorschriften über die Einbringung und Vollstreckung seiner eigenen Steuern vollstreckt, als handle es sich bei dem Abgabenanspruch um einen solchen des anderen Staates.

Art. 27 Abs. 6:

Verfahren im Zusammenhang mit dem Bestehen, der Gültigkeit oder der Höhe des Abgabenanspruches eines Vertragsstaates können nicht bei den Gerichten oder Verwaltungsbehörden des anderen Staates eingeleitet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei Vorliegen der - durchwegs formellen - Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 des genannten Rechtshilfevertrages für das nach Art. 11 Abs. 2 iVm § 17 Abs. 1 AVOG (nunmehr § 31 Abs. 1 AVOG 2010) zuständige Finanzamt nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung besteht, Rückstandsausweise anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, ohne dass vorherige weitere Erhebungen auch nur zulässig wären ().

Das Kassen- und Steueramt der Stadt Köln bestätigte im Zusammenhang mit dem Vollstreckungsersuchen vom die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit der in der Rückstandsanzeige gleichen Datums ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von € 3.623.535,02. Die Oberfinanzdirektion Rheinland bescheinigte am die Zuständigkeit der Stadt Köln zur Ausstellung dieser Bestätigung.

Da die im Art. 11 Abs. 1 des Rechtshilfevertrages genannten Voraussetzungen vorlagen, hatte das gemäß § 31 Abs. 1 AVOG 2010 zuständige österreichische Finanzamt die Rückstandsanzeige gemäß Art. 11 Abs. 2 des Rechtshilfevertrages anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Das Vorbringen der Bw. hinsichtlich des Nichtbestehens der dem Vollstreckungsersuchen zu Grunde liegenden Abgabenschuld sowie, dass die den gegenständlichen Abgabenbescheiden zu Grunde liegenden Gewerbesteuermessbetragsbescheide angefochten wurden, ist nach den Bestimmungen des Art. 27 Abs. 6 des OECD-Musterabkommens 2003 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen jeder Überprüfung und Beurteilung durch die Behörden des um die Rechtshilfe bei der Vollstreckung ersuchten Staates entzogen, weil diese Behörden an die Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, in der die Unanfechtbarkeit und Vollstreckbarkeit bestätigt wird, gebunden sind ().

II. Pfändung einer Geldforderung

Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Zwar ist gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel gegen Bescheide, welche dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen, unstatthaft, doch ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel, soweit damit die gegen den Drittschuldner gemäß § 65 AbgEO erlassenen Bescheide bekämpft werden, zulässig ().

Dem gegenständlichen Pfändungsbescheid liegt eine Rückstandsanzeige der Stadt Köln vom zu Grunde, der vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 3.623.535,02 ausweist.

Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, dass die Vollstreckbarkeit eingetreten ist, so hat er gemäß § 13 Abs. 1 BAO seine diesbezüglichen Einwendungen beim Finanzamt geltend zu machen. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 BAO finden sinngemäß Anwendung.

Gemäß § 12 Abs. 3 BAO müssen alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig geltend gemacht werden. Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist gemäß Abs. 4 die Vollstreckung einzustellen.

Im gegenständlichen Fall wird bestritten, dass die betriebene Abgabenforderung vollstreckbar wäre, weil die zu Grunde liegenden Gewerbesteuermessbetragsbescheide angefochten wären. Daraus lässt sich nichts gewinnen, weil im Instanzenzug die der Pfändung zu Grunde liegenden und in Deutschland vorgeschriebenen Abgaben in Österreich rechtskräftig anerkannt und für vollstreckbar erklärt wurden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Art. 11 Rechtsschutz, Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955
§ 17a Abs. 2 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
§ 31 Abs. 1 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 13 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 3 und 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at