Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 03.07.2012, RV/1336-L/11

Keine Familienbeihilfen-Gewährung bis zum 25. Lebensjahr für "langes Studium", wenn dieses erst im 20 .Lebensjahr begonnen wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes A. vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Auf Anfrage des Finanzamtes teilte der Berufungswerber (kurz Bw.) mit Schreiben vom der Behörde mit, dass bei seiner Tochter B. durch ihr langes Studium ein Verlängerungsgrund für die Gewährung der Beihilfe vorliegen würde. Das Finanzamt wies in weiterer Folge mit Bescheid vom die Weitergewährung der Familienbeihilfe für das genannte Kind dennoch "ab September 2011" ab. Begründend führt die Abgabenbehörde I. Instanz darin sinngemäß aus, dass gem. § 2 Abs. 1 lit b) FLAG für volljährige Kinder, welche sich in einer Berufsausbildung befinden würden, lediglich ein Beihilfenanspruch bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres bestünde. § 2 Abs. 1 lit j) leg. cit. regle eine Verlängerungsmöglichkeit um ein weiteres Jahr, welche jedoch u.a. daran knüpfe, dass das beihilfenanspruchsvermittelnde Kind sein Studium in jenem Jahr in dem es das 19. Lj. vollende, begonnen hätte. Da diese Voraussetzung bei der Tochter des Bw. nicht vorliegen würde, sei ab September 2011 keine Anspruchsberechtigung für die Beihilfe mehr gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung vom . Darin bringt der Bw. vor, dass die Maßnahme der Herabsetzung der Altersgrenze durch den Gesetzgeber in jenem Jahr, in dem seine Tochter ihr Studium begonnen hätte, nicht vorhersehbar gewesen wäre. Diese Änderung bringe den Bw. somit in seiner Zukunftsplanung in Schwierigkeiten. Für B. sei es nicht möglich gewesen, ihr Studium in jenem Jahr zu beginnen, in dem sie ihr 19. Lj. vollendet hätte. Bereits im Schuljahr 1999/2000 sei seine Tochter schwer erkrankt wodurch sie für eine längere Zeit am Schulbesuch gehindert gewesen wäre. Aus diesem Grund sei es notwendig und auch sinnvoll gewesen, dass sein genanntes Kind diese Schulstufe wiederholte. Weiters umfasse der von seiner Tochter absolvierte Schultyp - im Gegensatz zu anderen Schularten mit vier Jahren - der Handelsakademie fünf Jahre. Auch dies sollte bei der Zuerkennung der Beihilfe Berücksichtigung finden um Ungleichstellungen zwischen Absolventen verschiedener Mittelschulen zu vermeiden. Die restlichen Voraussetzungen für eine Gewährung der Beihilfe bis zum 25. Lj. würden allesamt vorliegen. Das Studium der C. habe eine Regelstudienzeit von 11 Semestern. Weiters gebe es hinsichtlich der Einhaltung des Studienzeitplans bei seinem Kind keine Verzögerung. Außerdem bringe eine Einstellung der Familienbeihilfe eine enorme finanzielle Belastung mit sich. Die monatlichen Ausgaben für Wohnung, Lebenshaltung, Kosten für Verkehrsmittel, Aufwendungen für Lehrmaterialien usw. würden bei größter Sparsamkeit etwa 900,00 €/Monat betragen. Neben dem Studium einer Beschäftigung nachzugehen sei auf Grund des straffen Zeitplans der Ausbildung nicht möglich. Dies sei seiner Tochter auch in den Ferien verwehrt, da dieser Zeitraum mit Ablegung von Prüfungen und Praktika ausgefüllt wäre. Die Ausübung einer Beschäftigung würde im Übrigen voraussichtlich dazu führen, dass seine Tochter die Regelstudienzeit nicht einhalten könnte. Dieses Ergebnis könne wohl kaum die Intention des österreichischen Gesetzgebers sein. Abschließend ersuchte der Bw. in dieser Eingabe, die Anspruchsberechtigung der Beihilfe neuerlich zu prüfen und dabei insbesondere die unverschuldete Krankheitsphase im Schuljahr 1999/2000, sowie die fünf Jahre dauernde Bundeshandelsakademie, als auch den bislang guten Lernerfolg seiner Tochter zu berücksichtigen.

Das Finanzamt legte den Akt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat (kurz UFS) als Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vor. In seiner ergänzenden Eingabe an den verweist der Bw. wiederholend darauf, dass das von seiner Tochter betriebene Studium eine gesetzliche Studiendauer von mehr als 10 Semester umfasse und es bislang durch den guten Lernerfolg seiner Tochter auch zu keiner Überschreitung dieser gesetzlichen Studienzeit gekommen sei. Im Übrigen habe seine Tochter diese Ausbildung nahtlos im Anschluss an die Mittelschule - nach Absolvierung der Reifeprüfung, welche sie mit Auszeichnung bestanden hätte - angeschlossen. Dem Bw. sei es demnach nicht verständlich, warum der Gesetzgeber einen Beihilfenanspruch an die Bedingung knüpfe, dass ein Studienbeginn in jenem Kalenderjahr zu erfolgen habe, in dem das Kind das 19. Lj. vollende. Gerade diese Verknüpfung diskriminiere nämlich Absolventen von Mittelschulen bei denen die Oberstufenphase fünf Jahre in Anspruch nehme - wie auch hier vorliegend bei Abschluss der HAK - gegenüber jenen mit einer Ausbildungsdauer von vier Jahren. Außerdem sei die Einführung dieser Zeitschranke zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sich die Tochter des Bw. bereits in ihrem Studium befunden habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die gegenständliche Ausbildung des Kindes eine starke finanzielle Belastung darstelle. Der Bw. könne sich nicht vorstellen, dass es der Wille der politischen Entscheidungsträger gewesen sei, durch diese Gesetzesänderung in die finanzielle Basis fleißiger Studentinnen auf so entscheidende Weise einzugreifen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG lauten in der hier anzuwendenden Fassung auszugsweise wie folgt:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) ...

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

...

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

.....

Mit BGBl 111/2010 setzte der Gesetzgeber mit Inkrafttreten die allgemeine Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe vom 26. auf das vollendete 24. Lebensjahr herab und fügte u.a. in § 2 Abs. 1 unter lit j) einen Verlängerungstatbestand bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ein. Als genereller Hintergrund dieser Abänderungen findet sich in den parlamentarischen Erläuterungen, dass auch im Bereich des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen Konsolidierungsmaßnahmen zu setzen seien.

Zur der Gesetzesbestimmung des § 2 Abs. 1 lit j) leg cit ist auszuführen, dass die sublit aa) bis cc) durch "und" verbunden sind und somit die darin aufgezählten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Im anhängigen Verfahren steht außer Streit, dass die Tochter des Bw. im Jahr 2006 ihr 19. Lebensjahr vollendete und ihr Studium im Jahr 2007 begonnen hat. Folglich liegt zweifelsfrei die unter sublit aa) normierte Voraussetzung des genannten Verlängerungstatbestandes nicht vor. Der Beihilfenanspruch beschränkt sich somit nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit b) FLAG auf die Vollendung des 24. Lj. des Kindes. Dass im anhängigen Verfahren ein anderer Verlängerungstatbestand als § 2 Abs. 1 lit j) FLAG vorliegen würde, bringt selbst der Bw. bislang nicht vor, bzw. ergibt sich diesbezüglich auch kein Hinweis aus der gegebenen Aktenlage. Die vom Bw. aufgezählten Umstände (5-jährige Oberstufe, Wiederholung einer Schulstufe durch Erkrankung), die bei seiner Tochter dazu führten, dass sie ihr Studium erst im Jahr 2007 beginnen konnte, begründen jedoch keinen Verlängerungstatbestand.

Wenn der Bw. vermeint, dass die Änderungen im FLAG für ihn nicht vorhersehbar gewesen seien und diese Maßnahmen für ihn auch eine finanzielle Belastung mit sich bringe ist auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinen Entscheidungen vom , G 6/11 und G28/11 zu verweisen. Das Höchstgericht führt darin u.a. aus, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, die Altersgrenze bis zu der ein Beihilfenanspruch grundsätzlich eingeräumt wird, nach Maßgabe familienpolitischer Zielsetzung und budgetärer Bedeckungsmöglichkeiten hinauf- oder auch wieder herabzusetzen, sofern er dabei sachlich vorgehe. Weiters stellt der VfGH darin fest, dass es sich bei der Familienbeihilfe um eine abgabenfinanzierte Transferleistung handle, bei der ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage nicht bestehe. Zum Einwand des Bw., dass gerade die Einschränkung eines Studienbeginns auf jenes Jahr in dem das Kind sein 19. Lj. vollende - § 2 Abs. 1 lit j) sublit aa) FLAG - in Anbetracht der unterschiedlichen Ausbildungsdauer der verschiedenen Oberstufentypen eine Diskriminierung darstelle, stellt der Verfassungsgerichtshof fest, dass es keine Verpflichtung des Gesetzgebers gebe, überhaupt eine Ausnahmeregelung wie jene des § 2 Abs. 1 lit j) vorzusehen. Wenn er sie dennoch verfügt, hat er sie in sich sachlich auszugestalten. Das Erfordernis, dass das Studium bis zu dem Kalenderjahr begonnen werden muss, in dem das volljährige Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, (sublit aa) deckt den typischen Fall ab. Dem Gesetzgeber ist es gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht für sich allein eine Regelung nicht unsachlich. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, auf alle Fallkonstellationen Bedacht zu nehmen, die einen späteren Studienbeginn zur Folge haben können; zumal bei späterem Studienbeginn der Beihilfenanspruch nicht zur Gänze wegfällt, sondern sich die Anspruchsdauer lediglich verkürzt.

Unabhängig zu den vorstehenden Ausführungen des genannten Höchstgerichtes ist jedoch zu den vom Bw. sinngemäß vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken, auf das in Art. 18 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) verankerte Legalitätsprinzip zu verweisen. Demzufolge bilden die bestehenden Gesetze - unabhängig von einer eventuellen Verfassungswidrigkeit - die Grundlage für jedes Verwaltungshandeln. Ist daher eine, einen abgabenrechtlich bedeutsamen Sachverhalt regelnde gesetzliche Bestimmung in Geltung, ist die Abgabenbehörde dieser Bestimmung verpflichtet, gesetzeskonform vorzugehen und einen der geltenden Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erlassen.

Abschließend ist daher festzustellen, dass die Tochter des Bw. die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Anspruchsvermittlung für die Beihilfe nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit j) FLAG nicht erfüllt. Das Finanzamt hat demnach nach den anzuwendenden Gesetzesbestimmungen dem Bw. zu Recht die Weitergewährung der Familienbeihilfe "ab September 2011" verwehrt.

Es war daher - wie im Spruch ausgeführt - zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at