Bindung des Verlustabzuges (§ 18 Abs. 6 EStG 1988) in Folgejahren an die Höhe des Verlustes im ESt-Bescheid des Verlustentstehungsjahres
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des B, vertreten durch S, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird - wie in der Berufungsvorentscheidung - abgeändert.
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2006 festgesetzt mit 12.870,51 Euro.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber reichte für das Jahr 2006 eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt ein, in welcher er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 425.034,80 € sowie offene Verlustabzüge aus den Vorjahren in Höhe von 340.425,76 € als Sonderausgaben auswies.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 2006 fest. Hierbei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß berücksichtigt, nicht jedoch die noch offenen Verlustabzüge aus den Vorjahren als Sonderausgaben in Abzug gebracht.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vom erhob der Berufungswerber Berufung, in welcher er die Berücksichtigung von Verlusten aus den Vorjahren in folgender Höhe beantragte: 70.541,43 € (2000), 103.191,06 € (2001), 94.272,31 € (2002), 31.017,46 € (2003) und 48.972,12 € (2004).
Mit Berufungsvorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2006 insoweit ab, als Verluste aus den vorangegangenen Jahren in Höhe von insgesamt 305.620,30 € als Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
Nach der Aktenlage wurde der Verlustabzug in Höhe von 305.620,30 € vom Finanzamt wie folgt berechnet:
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Jahr | € |
2000: | 74.344,09 |
2001: | 103.191,06 |
2002: | 90.607,42 |
2003: | - 5.804,28 |
2004: | 48.972,12 |
2005: | - 5.690,11 |
305.620,30 |
Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte der Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag). Er führte in diesem aus, in der Berufungsvorentscheidung sei übersehen worden, dass für das Jahr 2003 ein vortragsfähiger Verlust in Höhe von 31.017,46 € vorliege. Es werde der Antrag gestellt, den Verlust aus 2003 in Höhe von 31.017,46 € zu berücksichtigen.
Nach der Aktenlage wurde vom Finanzamt für das Jahr 2003 wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen eine Schätzung der Steuerbemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO vorgenommen. Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom , in der Fassung des Berichtigungsbescheides (Berichtigung gemäß § 293b BAO) vom , wird das Einkommen wie folgt berechnet:
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€
| |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | 0,00 |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 7.739,04 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 7.739,04 |
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): | |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | - 60,00 |
Verlustabzug | - 5.804,28 |
Einkommen | 1.874,76 |
Nach Ergehen der Schätzungsbescheide wurde vom Berufungswerber der Jahresabschluss für 2003 mit den dazugehörigen Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht. In der Einkommensteuererklärung für 2003 war ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 31.017,46 € ausgewiesen. Der Jahresabschluss und die Steuererklärungen für 2003 wurden vom Finanzamt im Steuerakt abgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 sind als Sonderausgaben auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.
Nach ständiger Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Höhe eines Verlustes mit rechtskraftfähiger Wirkung im Einkommensteuerbescheid des Verlustjahres festgesetzt. Es wird damit im Sinne des § 92 Abs. 1 lit. b BAO eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache festgestellt. Der Ausspruch eines Verlustes oder eines negativen Gesamtbetrages der Einkünfte im betreffenden Einkommensteuerbescheid wirkt auf ein späteres Verlustabzugsverfahren derart ein, dass der ursprüngliche Verlustausspruch für den nachfolgenden Verlustvortrag betragsmäßig verbindlich wird (vgl. ; ; ; ; ).
Im gegenständlichen Fall wurden im Einkommensteuerbescheid 2003 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0,00 € festgesetzt. Im Einkommensteuerbescheid 2003 wurde damit für die Folgejahre bindend ausgesprochen, dass es keinen vortragsfähigen Verlust aus dem Jahr 2003 gibt.
Entscheidend für den nachfolgenden Verlustvortrag ist ausschließlich der Ausspruch des Einkommensteuerbescheides 2003. Dass vom Finanzamt die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2003 gemäß § 184 BAO geschätzt wurde und vom Berufungswerber in der Folge der Jahresabschluss und die Einkommensteuererklärung für 2003, aus denen sich ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von -31.017,46 € ergab, eingereicht wurden, vermag an der Nichtabzugsfähigkeit dieses Verlustes - der im Einkommensteuerbescheid 2003 nicht ausgewiesen ist - nichts zu ändern.
In der Berufungsvorentscheidung für 2006 wurden somit zu Recht nur die Verlustvorträge aus den übrigen Jahren in Höhe von insgesamt 305.620,30 € berücksichtigt.
Der Einkommensteuerbescheid 2006 wird daher in der Berufungsentscheidung wie in der Berufungsvorentscheidung abgeändert.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 18 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 18 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 92 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at