Befreiung von Schulden des Erben gegenüber der Erblasserin
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1280-W/03-RS1 | Die Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z. 3 ErbStG kann auch bei der gesetzlichen Erbfolge zur Anwendung kommen. Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn die Passiva im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin die Aktiva übersteigen. Bei der Bewertung ist vom Verkehrswert (gemeinden Wert) auszugehen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des MU, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom zu ErfNr.xxx betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit dem angefochtenen Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber Herrn MU (dem nunmehrige Berufungswerber, kurz Bw.) Erbschaftsteuer in Höhe von € 5.654,75 für den Erwerb von Todes wegen nach seiner am verstorbenen Mutter, Frau PM, fest. Bei Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerb des Bw. in Höhe von € 83.559,88 wurde als Aktivum ua. eine Forderung der Erblasserin an den Bw. in Höhe von S 1.132.600,02 (entspricht € 75.041,97) angesetzt.
In der dagegen eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass der Betrag von S 1.032.600,02 irrtümlich als sonstige Forderung zur Bemessungsgrundlage hinzugerechnet worden sei. Dieser Betrag sei von seiner Mutter dazu verwendet worden, seine Firma zu sanieren und diese aufrecht zu erhalten. Im Rahmen seiner Erbschaft müsse dieser Betrag daher gesondert berechnet werden.
Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz führte der Bw. ergänzend aus, dass es sich beim Betrag von S 1.032.600,02 um Beträge handle, welche dem Bw. von der Erblasserin in Entsprechung des § 15 Abs. 3 ErbStG (Anm: gemeint wohl § 15 Abs. 1 Z. 3 ErbStG) zum Zwecke der Beseitigung einer Überschuldung und der Weiterführung des Gewerbebetriebes übergeben worden seien. Die etwas unglückliche Formulierung in der Berufung hätte richtigerweise lauten sollen: "Meine Mutter übergab mir die Beträge für die Sanierung und Aufrechterhaltung meines Betriebes."
Bei der Vorlage der Berufung an den unabhängigen Finanzsenat verwies das Finanzamt bloß auf das Vorbringen in der Berufung und gab als bezughabende Norm § 19 Abs. 1 ErbStG an, ohne auf den Inhalt des Vorlageantrages bzw. die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 3 ErbStG einzugehen. Insbesondere wurden keine Ermittlungen darüber durchgeführt, ob der Bw. im Zeitpunkt des Todes seiner Mutter überschuldet war.
Deshalb beauftragte der unabhängige Finanzsenat am damit, noch Ermittlungen über die Vermögenslage des Bw. im Zeitpunkt des Anfalls durchzuführen und Feststellungen darüber zu treffen, ob eine Überschuldung des Bw. vorgelegen ist und wenn ja, in welchem Ausmaß.
Über entsprechende Aufforderung teilte der Bw. dem Finanzamt mit Schreiben vom (eingelangt beim Finanzamt am ) mit, dass sich sein Vermögensverhältnis zum wie Folgt dargestellt habe (alle Beträge in Euro):
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1. Privatvermögen | |
Div. geringwertige
Wirtschaftsgüter | 2.000,00 |
Auto Volvo | 1.000,00 |
2. Firmenvermögen | |
Anlagevermögen zum Anschaffungswert von
bis | 32.795,44 |
Kautionen für Lokal 1 | 12.097,27 |
Baukostenzuschuss für Lokal 2 am
| 7.920,00 |
Anzahlung Lokal 3 am | 21.801,85 |
Darlehen von Frau PM | - 75.041,97 |
Dazu wurden ein Anlageverzeichnis, Kontendrucke "sonstige Forderungen" 2001, Saldobestätigung Darlehen Fr. PM von 1998 - 2001 und Bilanz zum des Einzelunternehmens des Bw. vorgelegt.
Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem unabhängigen Finanzsenat mit, dass seiner Ansicht nach keine Überschuldung des Bw. zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin vorgelegen sei. Zu der vom Bw. vorgelegten Aufstellung sei zu bemerken, dass einge Positionen in der Bilanz enthalten und daher nicht extra anzusetzen seien. Von der Position "Darlehen von Frau PM" im Betrag von € 75.041,97 scheine in der Bilanz lediglich ein Betrag in Höhe von S 328.000,00 (€ 23.836,69) auf. Das Darlehen von Frau PM hafte per Todestag mit € 75.041,97 aus (dieser Betrag sei im eidesstättigen Vermögensbekenntnis aktiviert worden). Unter Berücksichtigung dieser Umstände habe das Finanzamt - ausgehend von den Bilanzwerten, wobei der Buchwert des Anlagevermögens durch Teilwerte ersetzt worden sei - ein Aktivvermögen in Höhe von € 99.776,07 und Schulden in Höhe von € 79.191,09 (€ 27.985,81 Betriebspassiva laut Bilanz zuzüglich € 51.205,28 restliches Darlehen PM) ermittelt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. Die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten nach § 20 Abs. 2 ErbStG als nicht erloschen.
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 ErbStG bleibt die Befreiung eines Steuerpflichtigen der Steuerklassen I, II von einer Schuld gegenüber dem Erblasser, soweit durch den Anfall lediglich die Beseitigung einer Überschuldung erreicht wird, steuerfrei.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nach § 15 Abs. 1 Z 3 ErbStG auf die Überschuldung des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Anfalles an und die Worte " die Beseitigung einer Überschuldung " in der zitierten Gesetzesstelle sind keineswegs im Sinn "die Beseitigung einer zwischen Erben und Erblasser bestehenden Überschuldung " zu lesen (vgl. ).
Aus dem eben genannten Erkenntnis vom , 89/16/0176 ergibt sich weiters, dass die Befreiungsbestimmung auch bei der gesetzlichen Erbfolge anzuwenden ist. Der Bw. ist der Sohn der Erblasserin, weshalb - bei Vorliegen einer entsprechenden Überschuldung - die Befreiungsbestimmung grundsätzlich zur Anwendung kommen könnte.
Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn die Passiva die Aktiva übersteigen, wobei bei der Bewertung vom Verkehrswert (gemeinen Wert) auszugehen ist (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, RZ 13 zu § 15 ErbStG).
Nach den vom Finanzamt durchgeführten Ermittlungen lag im Zeitpunkt des Anfalls (Todestag von Frau PM am ) keine Überschuldung des Bw. vor, weil einem Aktivvermögen von € 99.776,07 Schulden in Höhe von € 79.191,09 gegenüberstünden. Selbst wenn man der vom Bw. vorgelegten Aufstellung folgt, ergibt sich ein Überhang von positiven Vermögenswerten von insgesamt € 77.614,56 gegenüber den Schulden von € 75.041,97 und ist daher davon auszugehen, dass keine Überschuldung des Bw. vorlag. Dazu kommt noch, dass zum Nachlassvermögen eine Eigentumswohung gehörte, die im eidesstättigen Vermögensbekenntnis mit dem dreifachen Einheitswet von € 32.061,00 angesetzt wurde und die der Bw. mit Kaufvertrag vom zu einem Kaufpreis von € 189.000,00 verkauft hat.
Die durch die Vereinigung von Recht und Verbindlichkeiten eingetretene Befreiung des Bw. von einer Schuld in Höhe von € 75.041,97 gegenüber der Erblaserin diente daher nicht zur Beseitigung einer Überschuldung des Bw. und ist der Erwerb des Bw. nicht nach § 15 Abs. 1 Z. 3 ErbStG von der Erbschaftsteuer befreit.
Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 15 Abs. 1 Z 3 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte | Überschuldung Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at