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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.01.2006, RV/2198-W/05

Familienbeihilfe ab Zeitpunkt zu dem Asyl nach dem Asylgesetz zuerkannt wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W., vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt, 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4, gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt, betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für I.Af. für den Zeitraum Feber 2003 bis Juni 2005 und für I.Az. für den Zeitraum vom März 2004 bis Juni 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am wurde vom Bw. ein Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für seine beiden mj. Kinder I.Af. ab Februar 2003 und für I.Az. ab März 2004 gestellt.

Der Bw. führte aus: "Gemäß § 3 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz haben anerkannte Asylwerber Anspruch auf Familienbeihilfe für ihre Kinder. Ich bin am aufgrund meiner Verfolgung im Sudan nach Österreich eingereist. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat in seiner Entscheidung vom bestätigt, dass mir gemäß § 12 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Diese Eigenschaft habe ich bereits bei meiner Einreise besessen, weil ich vor der Bestrafung mit Steinigung durch ein islamisches Gericht geflohen bin bzw. nicht erst nach meiner Einreise nach Österreich asylrelevante Taten gesetzt habe. Af. wurde bereits am , Az. am geboren. Da mir somit bereits ab in Österreich Asyl zugekommen ist, wäre für meine Töchter ab dem Kalendermonat ihrer Geburt Familienbeihilfe zu gewähren gewesen. Dass das Administrativverfahren vor dem Bundesasylamt bzw. dem Unabhängigen Bundesasylsenat fast drei Jahre gedauert hat, ist nicht mir vorzuwerfen."

Das Finanzamt erließ einen Bescheid mit dem das Ansuchen des Bw. betreffend Familienbeihilfennachzahlung für I.Af. ab 02/2003 und für I.Az. ab 03/2004 abgewiesen wurde.

"Lt. Bundesministerium f. Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (GZ: BMSG-510103/0002-V/1/2005 vom ) wurde festgestellt, dass für die Gewährung der Familienbeihilfe für Kinder von Flüchtlingen das Datum des letzten, das Asylverfahren positiv abschließenden Bescheides, maßgebend ist.

Ergeht dieser Bescheid vor dem bzw. am (Datum der Kundmachung der "Flüchtlingsregelung" des § 3(2) FLAG 1967, ist die "alte" Rechtslage (Asylantragstellung) anzuwenden; ergeht dieser Bescheid nach dem gilt die "neue" Rechtslage. Da Ihre Bescheide betreffend Asylgewährung erst am "" ergangen sind, ist die neue Rechtslage anzuwenden und Familienbeihilfe ab diesem Kalendermonat zu gewähren. Es musste daher spruchgemäß entschieden werden"

Gegen diesen Bescheid wurde Berufung eingebracht:

"Der bekämpfte Bescheid stützt sich auf einen Erlass des BM für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, wonach für die Gewährung der Familienbeihilfe für Kinder von Flüchtlingen das Datum des letzten das Asylverfahren positiv abschließenden Bescheides maßgebend sei. Sei dieser Bescheid vor dem bzw. am , dem Datum der Kundmachung der neuen Flüchtlingsregelung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 ergangen, sei die alte Rechtslage (Asylantragstellung) anzuwenden. Sei dieser Bescheid erst nach dem ergangen, gelte die neue Rechtslage. Da meine Bescheide betreffend Asylgewährung erst am ergangen seien, sei die neue Rechtslage anzuwenden und Familienbeihilfe ab diesem Monat zu gewähren.

Dieser Bescheidbegründung ist zunächst entgegen zu halten, dass Erlässe keine nach außen wirksame Rechtsvorschriften sind , sondern generelle Weisungen an untergeordnete Verwaltungsbehörden. Mit ihnen können daher keine Bescheide begründet werden.

Der Wortlaut der Neuregelung des § 3 Abs. 2 FLAG: "Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde." (BGBl. 2004 I/142, Art. 22) unterscheidet sich inhaltlich nicht von dem bisherigen Wortlaut: "Flüchtlinge im Sinne des Art. I des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge." Insbesondere fehlt es an einer Aussage des Gesetzgebers, dass den "Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz gewährt wurde", die Familienbeihilfe erst ab dem Monat der Asylgewährung zustehe, wie die der oben genannte Erlass des BMSG vermeint. Im Zweifel dürfte daher die gegenständliche Neureglung nicht zum Nachteil der Flüchtlinge interpretiert werden.

Die gegenständliche Neuregelung war in der Regierungsvorlage 653 BlgNR 22. GP noch nicht enthalten, sodass Erläuterungen zwangsläufig fehlen. Auch der Ausschussbericht 694 BlgNr 22 GP kennt die Neuregelung noch nicht. Erst im Rahmen eines (umfangreichen) Abänderungsantrages (AA-106, 22 GP gemäß § 53 Abs. 3 GOGNR) wurde die gegenständliche FLAG-Änderung dem "Pensionsharmonisierungsgesetz" beigefügt (87ProtNR 22.GP, 159 mit Begründung 164). In dieser Begründung heißt es: "Seit ist für alle Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens eine Grundversorgung sichergestellt. Es wird daher für die Bedürfnisse der Asylwerber und deren Familienangehörigen aus Mitteln der öffentlichen Hand gesorgt. Dem trägt die Anpassung des FLAG 1967 Rechnung."

In formaler Hinsicht fehlt es diesem Abänderungsantrag an dem von GOGNR (Größenschluss für die spätere Gesetzgebungsphase aus § 27) geforderten inhaltlichen Zusammenhang mit der Gesetzesinitiative (=hier Regierungsvorlage), sodass die Änderung verfassungswidrig zustande gekommen ist (da in der zweiten Lesung gestellte Abänderungsanträge den Großteile des Gesetzgebungsverfahrens "versäumt" haben, ist für ihre Zulässigkeit ein besonders strenger Maßstab anzulegen). Vgl. hiezu die ironische Bemerkung der Oppositions-Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits in der zitierten Sitzung (Seite 187): "Zwischen dem Familienlastenausgleichsgesetz und der Pensionsharmonisierung wird schon ein Zusammenhang bestehen."

In inhaltlicher Hinsicht bedeutet die zitierte Begründung der Neuregelung, dass mir die Familienbeihilfe zumindest für die Zeit vor dem Mai 2004 zusteht. Mangels ausdrücklicher gesetzlichen Anders-Regelung (siehe oben C) steht mit jedoch die Familienbeihilfe für den gesamten geltend gemachten Zeitraum zu."

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung.

Begründend wurde ausgeführt:

Beim, in der Berufung angeführten Erlass vom , handelt es sich um eine Erläuterung des Bundesgesetzes (Vorgangsweise).

Bei Gewährung der Familienbeihilfe sind österreichischen Staatbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem Ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 zuerkannt worden ist. Maßgeblich ist das Datum des Asylbescheides.

Mit Bundesgesetz, BGBl. I Nr.142/2004 wurde nach Artikel 22 eine Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 herbeigeführt.

Darin sind u.a. angeführt:

§ 3 (2) lautet:

(2) Abs.1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

§ 38a(3)lautet:

(3) Empfänger von Zuwendungen können nur österreichische Staatbürger, Staatenlose mit ausschließlichen Wohnsitz im Bundesgebiet und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde, sein.

§ 50y(2) wurde eingefügt und besagt:

(2) Die §§3 (2) und 38a (3) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl.I.Nr.142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Der Bw. stellte den Antrag die Berufung der Abgabenbehörde 2. Instanz vorzulegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967, BGBl. I Nr. 142/2004, gilt Abs.1 nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

Bei der Gewährung der Familienbeihilfe sind österreichischen Staatsbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 zuerkannt worden ist. Maßgeblich ist das Datum des Asylbescheides.

§ 38 a Abs. 3 FLAG können Empfänger von Zuwendungen nur österreichische Staatsbürger, Staatenlose mit ausschließlichen Wohnsitz im Bundesgebiet und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde, sein. (PensionsharmG, BGBl. I 2004/142 ab )

Inkrafttretensregelung des § 50y Abs. 2 FLAG 1967:

§ 50y Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

"(2) die §§ 3 Abs. 2 und 38 a Abs.3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Die neue Regelung tritt rückwirkend mit in Kraft. Das heißt, es ist ab bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben ist, grundsätzlich die neue Rechtslage anzuwenden.

Ausnahme: Ist jedoch bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes (es ist dies der ) Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt worden, ist aus Gründen des Vertrauensschutzes die Entscheidung über einen Anspruch auf Familienbeihilfe die "alte" Rechtslage zugrunde zu legen.

Dieser Erlass (interne Regelung) erging zugunsten des Asylwerber.

Nach der alten Rechtslage konnte Personen, denen Asyl gewährt wurde, die Familienbeihilfe rückwirkend ab dem Monat gewährt werden, in dem der Antrag auf Asyl gestellt wurde. Es wurde darauf abgestellt, ob die Person ein Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Nach der neuen Rechtslage wird auf den Zeitpunkt des Ausstellung des Asylbescheides abgestellt. Asyl wird mit dem Asylbescheid gewährt, ab Gewährung von Asyl steht Familienbeihilfe zu.

Im gegenständlichen Fall erging der Bescheid am mit dem dem Bw. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt wurde. Gemäß § 12 leg. cit. wurde festgestellt, dass dem Bw. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die alte Rechtslage kann nicht mehr angewendet werden. Nach der Neuregelung des § 3 Abs. 2 FLAG, BGBl. I Nr. 142/2004 ist für die Gewährung der Familienbeihilfe das Datum des Asylbescheides maßgeblich. Die Familienbeihilfe ist daher ab Juli 2005 laufend, nicht aber rückwirkend zu gewähren.

Die Berufung war daher abzuweisen.

Zu weiteren in der Berufung vorgebrachten Einwendungen, wird folgendes festgehalten:

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß § 12 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremde von Amts wegen, auf Grund Asylantrages oder auf Grund Asylerstreckungsantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Auf Grund der Gesetzesänderung; BGBl. I Nr. 142/2004 stellt nun § 3 Abs. 2 FLAG auf das Asylgesetz, ab. Die Mensche, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention Flüchtlinge, nach österreichischen Asylgesetz aber noch Asylwerber sind, bekommen rückwirkend keine Familienbeihilfe. Maßgeblich ist das Datum des Asylbescheides, ab diesem Zeitpunkt steht Familienbeihilfe zu.

Zu den Ausführungen, dass die Änderung verfassungswidrig zustande gekommen ist, wird festgehalten, dass die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten ist.

In einem gleichgelagerten Fall hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 3295/05, betreffend die Verfassungsmäßigkeit der o.a. Regelung ausgeführt: "Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt das Vorbringen in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (vgl. VfSlg. 8505/1979, VfSlg. 14694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklicher Übergangsbestimmung die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat." Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
Asylgesetz
Flüchtling

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at