Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 23.01.2007, RV/0392-G/06

Lieferung bzw. Versendung von Katalogen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0392-G/06-RS1
Ob im Einzelfall Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, ist nach dem objektiven wirtschaftlichen Gehalt des Vorganges zu entscheiden. Besteht dieser in der Verschaffung bzw. Erlangung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand, ist Lieferung anzunehmen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung an ausländische Unternehmer für das Jahr 2003 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der zu erstattende Vorsteuerbetrag für das Jahr 2003 wird mit € 1.924,89 festgesetzt.

Der angefochtene Bescheid wird wie im Spruch ersichtlich abgeändert.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw.) handelt es sich um einen A.verlag mit Sitz in Deutschland, welcher im Zusammenhang für in Österreich hergestellte und versendete Druckerzeugnisse die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Zuge des Vorsteuererstattungsverfahrens für das Jahr 2003 rechtzeitig beantragte.

Das Finanzamt wies diesen Antrag ab mit der Begründung, dass Umsatzsteuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterlägen (z.B. Leistungen nach § 3a Abs. 10 UStG 1994, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Unternehmer sei) nicht abziehbar seien, und zwar auch dann nicht, wenn sie auf Grund der Rechnungslegung geschuldet würden. Offensichtlich war das Finanzamt der Ansicht, dass hier Vorsteuern im Zusammenhang mit Werbeleistungen vorlägen.

Gegen den abweisenden Bescheid wurde mit 2. Feber 2005 das Rechtsmittel der Berufung erhoben und der Sachverhalt wie folgt dargestellt: Durch eine österreichische Druckerei seien Kataloge für die Bw. gedruckt und an in Österreich ansässige Zielgruppen ausgeliefert worden. Für diese Leistung sei österreichische Umsatzsteuer an die deutsche Niederlassung der österreichischen Druckerei in Rechnung gestellt worden, welche ihrerseits die Leistung an die Bw. mit österreichischer Umsatzsteuer weiterfakturiert und die Umsatzsteuer an das Finanzamt Graz-Stadt abgeführt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung abgewiesen mit dem Hinweis, dass Werbeleistungen (zu den Leistungen, die der Werbung dienten, gehöre auch die Werbemittelherstellung) Katalogleistungen im Sinne des § 3a Abs. 1 (wohl gemeint: Abs. 10) UStG 1994 seien. Sie würden an dem Ort ausgeführt, wo der Empfänger der Leistung sein Unternehmen betreibe und seien in Österreich nicht steuerbar.

Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die zweite Instanz. Da der Lieferant bei der Herstellung der Werbeprospekte das Papier selbst beschafft habe, beinhalte seine Leistung nicht nur die Werbemittelherstellung, sondern auch die Lieferung des Papiers. Somit liege eine Werklieferung vor, die nicht unter die Katalogleistungen falle. Vielmehr liege eine Lieferung vor, da das Papier 60 % des Rechnungspreises ausmache, und somit den Hauptstoff darstelle. Da die Ware Österreich nie verlasse, sei diese Lieferung beim Lieferanten in Österreich umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Dem Leistungsempfänger stehe daher der Vorsteuervergütungsanspruch zu.

Auf (telefonischen) Vorhalt des UFS wurde ergänzend und klarstellend ausgeführt, dass das Layout für die Kataloge von einer eigens beauftragten Werbeagentur und nicht von der österreichischen Druckerei ausgeführt worden sei. Die Versendung der Kataloge sei als ein Teil der Gesamtleistung vereinbart worden bzw. zu sehen und keine eigenständige Hauptleistung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995, ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2 und 3 durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum (unter anderem) keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art 1 UStG 1994 ausgeführt hat. Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. .... § 3 Abs. 7 UStG 1994 lautet: Eine Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. § 3 Abs. 8 UStG 1994: Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert oder versendet, so gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. ....

Ob im Einzelfall Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, ist nach dem objektiven wirtschaftlichen Gehalt des Vorganges zu entscheiden. Besteht dieser in der Verschaffung bzw. Erlangung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand, ist Lieferung anzunehmen (vgl. Ruppe, UStG 1994, 3.Auflage, § 3 Tz 97). Einheitliche Leistungen, die Elemente von Lieferungen und sonstigen Leistungen aufweisen, müssen einheitlich beurteilt werden, entscheidend ist, welche Merkmale nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Vorganges, dem Parteiwillen und der Verkehrsauffassung im Vordergrund stehen (vgl. ).

Primärer Leistungsinhalt im berufungsgegenständlichen Fall ist in objektiver Hinsicht die Lieferung von in Österreich hergestellten Katalogen nach Vorgaben des Auftraggebers. Nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren - dem im Übrigen im Zuge der Berufungsvorlage an den UFS nicht näher getreten wurde - handelt es sich hier nach dem Parteiwillen, der Verkehrsauffassung und den tatsächlichen Gegebenheiten um die Lieferung von Katalogen, die auch Elemente einer sonstigen Leistung (in Form der Versendung an die vom Auftraggeber vorgegebenen Adressaten) enthält. Nur weil die Kataloge in weiterer Folge grundsätzlich der Werbung dienen, wird die Lieferung derselben nicht zu einer Werbeleistung im Sinne des § 3a Abs. 10 Z 2 UStG 1994. Es verliert also die Lieferung von Gegenständen, welche in weiterer Folge für Werbezwecke eingesetzt werden, nicht die Qualifikation einer Lieferung und wird zu einer sonstigen Leistung in Form einer Werbeleistung, wenn wie hier nicht die Gestaltung und das Entwerfen der Kataloge sondern deren Lieferung Gegenstand der Leistung ist.

Da die Lieferung in Österreich erfolgt (die Kataloge verlassen Österreich nicht), ist die Lieferung in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Daran ändert auch die Zwischenschaltung der deutschen Niederlassung des österreichischen Lieferanten in der Lieferkette nichts, da auch dieser mit Lieferort in Österreich leistet und mit österreichischer Umsatzsteuer fakturieren muss. Im Übrigen hat der deutsche Rechnungsaussteller die (österreichische) Umsatzsteuer abgeführt. An dieser Beurteilung vermag auch die Zusatzleistung der Versendung nichts zu ändern. Diese ist vielmehr ein (unselbständiger) Teil der Hauptleistung und teilt deren umsatzsteuerliche Behandlung.

Da der Bw. die Vorsteuer aus einer an sie in Österreich erbrachten, steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferung zu vergüten ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Lieferung oder sonstige Leistung
Werbeleistung
Nebenleistung
Lieferort
Leistungsort
Verweise
VwGH, 99/13/0176
Ruppe, UStG 1994, 3.Auflage, § 3 Tz 97

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