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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.11.2008, RV/3674-W/07

Nachweis für pflichtgemäßes Verhalten wurde nicht erbracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Haftung auf einen Betrag in Höhe von € 144.204,37 statt bisher € 148.860,01 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) als ehemaliger Geschäftsführer der D-GmbH für deren Abgabenschulden in Höhe von insgesamt € 148.860,01 zur Haftung herangezogen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bw. vom bis Geschäftsführer der GmbH gewesen und er daher verpflichtet gewesen sei, die Abgaben aus deren Mittel zu entrichten. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass er nach den Angaben der Finanzverwaltung für im Zeitraum 2001 bis 2006 entstandene Umsatz- und Körperschaftsteuer, sowie Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zu diesen haften solle. Dies sei unrichtig und werde bestritten.

Unabhängig davon würden aus verfahrensrechtlicher Vorsicht auch die dem gegenständlichen Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheide über den Abgabenanspruch bekämpft, wobei beantragt werde, die Umsatzsteuerbescheide ab 2001 dem Bw. zu Handen des steuerlichen Vertreters zuzustellen.

Bereits jetzt werde weiters ausgeführt, dass der Bw. im fraglichen Zeitraum seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen vollständig erfüllt habe.

Im Hinblick darauf, dass der Bw. bisher zu keiner Prüfung beigezogen worden sei und ihm die gegenständlichen Bescheide nicht vorlägen, könnten auch die genauen Basisdaten für die Ermittlung vorgenannter Abgaben nicht bekannt sein. Es werde deren Höhe bestritten und deren Überprüfung sei unumgänglich.

Wenn durch Liquiditätsengpässe im fraglichen Zeitraum laufende Steuerverpflichtungen nicht erfüllt worden seien, so seien alle Gläubiger gleich behandelt worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung hinsichtlich eines Betrages in Höhe von € 936,18 (Körperschaftsteuervorauszahlungen 1. und 2. Quartal 2007, je € 437,00 und Säumniszuschlag 2006 in Höhe von € 62,18, Fälligkeitstag ) statt und wies die Berufung im Übrigen als unbegründet ab.

Das Finanzamt führte zur Abweisung begründend aus, dass die Jahresumsatzsteuerbescheide 2001 bis laufend gesondert übermittelt würden. Dazu werde noch ausgeführt, dass eine Erledigung der Berufung gegen die Abgabenbescheide erst nach Erledigung der Berufung gegen den Haftungsbescheid und dessen eingetretener Rechtskraft möglich sei, da bis dahin die Aktivlegitimation fehle.

Im Haftungsbescheid seien nach teilweiser Stattgabe nur mehr Abgabenschuldigkeiten vorhanden, die vor Konkurseröffnung fällig gewesen seien und somit in die Geschäftsführerperiode des Bw. fallen würden.

Die Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 147.923,83 würden sich im Wesentlichen aus den vom Bw. gemeldeten und nicht entrichteten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen 2002, 2004, 2005 und bis 9/2006 sowie den Umsatzsteuernachzahlungen 2001, 2003 und 2004 zusammensetzen. Hiebei sei zu beachten, dass die Veranlagungen der Umsatzsteuer 2001, 2003 und 2004 jeweils laut eingereichter Steuererklärung erfolgt seien und nicht, wie vom Bw. in der Begründung ausgeführt, Prüfungsergebnisse wären, von dem er keine Kenntnis habe.

Gemäß den Bestimmungen des UStG sei bei erklärungsgemäßer Veranlagung, die trotzdem zu einer Nachforderung führe, davon auszugehen, dass während des Kalenderjahres zumindest eine Umsatzsteuervoranmeldung nicht oder in nicht richtiger Höhe eingereicht worden sei.

Somit sei evident, dass die Behauptung, dass die Ermittlung vorgenannter Abgaben nicht bekannt seien, unrichtig sei. Den Forderungen aus Umsatzsteuer lägen ausschließlich die eigenen selbst vorangemeldeten bzw. erklärten Umsätze zu Grunde.

Weiters seien an Körperschaftsteuern nur Vorauszahlungen, jedoch keine Rückstände aus Jahresbescheiden vorhanden. Neben der Tatsache, dass dem Bw. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D-GmbH die Vorauszahlungsbescheide zugestellt worden seien, seien vierteljährlich auch Buchungsmitteilungen versendet worden, die den Bw. über Art und Höhe der zu zahlenden Köst-Vorauszahlungen informiert hätten.

Weiters seien noch Lohnabgaben für 2003, 2004 und 1-7/2005 in Höhe von insgesamt € 11.892,95 im Haftungsrückstand enthalten. Diese Abgaben seien die einzigen, die auf einem Prüfungsergebnis beruhen würden. Die gegenständlichen Bescheide würden an den Vertreter mit gesonderter Post ergehen.

Die letztlich im Haftungsrückstand enthaltenen Säumniszuschläge würden auf der Nichtentrichtung der o.a. Abgabenschuldigkeiten beruhen und deren Schicksal teilen.

Zu den Ausführungen, dass laufende Steuerverbindlichkeiten durch Liquiditätsengpässe nicht entrichtet worden seien und keine Schlechterstellung der Abgabenschulden gegenüber anderen Gläubigern vorgenommen worden sei, sei zu bemerken, dass dieser Umstand nicht nur behauptet, sondern auch nachgewiesen werden müsse. Es sei dafür kein einziger Beweis vorgelegt worden. Laut Lehre und Rechtsprechung obliege es dem Vertreter einer juristischen Person, die Gleichbehandlung aller Gläubiger darzulegen. Dies schon deshalb, da er den besten Einblick in die Gebarung der Gesellschaft habe.

Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, dass die formelhafte Begründung des Finanzamtes nicht geeignet sei, die Ausführungen des Abgabepflichtigen inhaltlich abzuweisen. Es sei ausdrücklich vorgebracht worden, dass der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer keinerlei Gläubiger benachteiligt habe und es wären diesbezüglich jedenfalls entsprechende Erhebungen erforderlich gewesen.

Zum Beweis für das gesamte Vorbringen werde die Einvernahme des informierten Vertreters der Steuerberatungskanzlei N. beantragt.

Am erließ der Unabhängige Finanzsenat nachstehenden Vorhalt:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. etwa das Erkenntnis des ).

Ihrem Begehren, einen "informierten Vertreter der Steuerberatungskanzlei einzuvernehmen", um Feststellungen dahingehend treffen zu können, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, kann nicht nachgekommen werden, da ein solcher Antrag - mangels einer konkreten Behauptung des Vertreters über die Verwendung der Mittel - auf einen Erkundungsbeweis hinausliefe. Einen Erkundungsbeweis aufzunehmen ist die Behörde nicht gehalten (Hinweis ).

Sie werden daher ersucht, den im Rahmen der einem Geschäftsführer auferlegten Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung aller liquiden Mittel und Verbindlichkeiten ab dem jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben bis zur Konkurseröffnung (somit ab bis ), wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits sowie die Verwendung der vorhandenen Mittel ankommt, wobei auch die Zug-um-Zug-Geschäfte zu berücksichtigen sind, vorzulegen.

Dieser Vorhalt wurde nicht beantwortet.

Anlässlich der Vorladung vom zu der am anberaumten mündlichen Senatsverhandlung teilte der steuerliche Vertreter mit Eingabe vom dem Unabhängigen Finanzsenat mit, dass das Vollmachtsverhältnis vom Bw. aufgelöst worden sei. Infolge Erkrankung des Bw. wurde die mündliche Senatsverhandlung vertagt und für den anberaumt.

Mit Eingabe vom zog der Bw. seinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück.

Es war daher monokratisch zu entscheiden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.

Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung vor, somit ist zunächst festzustellen, dass der Konkurs über das Vermögen der GmbH nach Verteilung an die Massegläubiger am aufgehoben und die Firma in der Folge gemäß § 40 FBG gelöscht wurde. Die Abgabenschuldigkeiten sind daher bei der Primärschuldnerin nicht einzubringen.

Aus dem Firmenbuchauszug ergibt sich weiters, dass der Bw. im Zeitraum bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen war.

Nachdem der Geschäftsführer für Abgaben, die nach Beendigung seiner Tätigkeit fällig wurden, nicht zur Haftung herangezogen werden kann, war der Berufung hinsichtlich der Körperschaftsteuervorauszahlungen 1. und 2. Quartal 2007 im Betrag von je € 437,00 und Säumniszuschlag 2006, Fälligkeitstag , in Höhe von € 62,18 stattzugeben.

Weiters kann der Bw. auch für die Umsatzsteuersondervorauszahlungen 2001 und 2002 (€ 683,37 und € 3.036,09) nicht zur Haftung herangezogen werden, da gemäß § 21 Abs. 1a UStG dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt war, entweder die Umsatzsteuersondervorauszahlung rechtzeitig zu leisten oder aber die Rechtsfolgen der Vorverlegung des Fälligkeitstages in Kauf zu nehmen (). Deren Nichtentrichtung kann daher keine für die Haftungsinanspruchnahme vorausgesetzte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten begründen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (, , 2001/16/0291). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (z.B. Körperschaftsteuer) ist grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend () (siehe Ritz, BAO-Kommentar3, § 9 Tz 10).

Auf Grund seines Vorbringens, keine Gläubiger benachteiligt zu haben, wurde der Bw. mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom zur Vorlage eines Liquiditätsstatus aufgefordert.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Da der Bw. den Nachweis für eine anteilige Befriedigung der Abgabenforderungen nicht erbracht hat, kann er gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gänze für die aushaftenden Abgabenschulden der GmbH herangezogen werden.

Hingewiesen wird auch darauf, dass es nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates des , einem Vertreter im Sinne des § 80 ff BAO als Verschulden zur Last fällt, wenn er Löhne ausbezahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt abführt.

Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er gemäß § 76 Abs.3 Einkommensteuergesetz die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.

Dem Begehren, einen "informierten Vertreter der Steuerberatungskanzlei einzuvernehmen", um Feststellungen dahingehend treffen zu können, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, konnte nicht nachgekommen werden, da ein solcher Antrag - mangels einer konkreten Behauptung des Vertreters über die Verwendung der Mittel - auf einen Erkundungsbeweis hinausliefe. Einen Erkundungsbeweis aufzunehmen ist die Behörde nicht gehalten (Hinweis ).

Ob die Umsatzsteuerbescheide 2001-2004, wie in der Berufungsvorentscheidung zum Ausdruck gebracht wurde, im Rahmen des Haftungsverfahrens gesondert zugestellt wurden ist zwar nicht ersichtlich, wäre jedoch nicht erforderlich gewesen, bzw. ist nicht erforderlich, zumal die Bescheide im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit zugestellt wurden, diese daher dem Bw. bekannt sein müssen.

Im Übrigen hat das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung darauf hingewiesen, dass die Forderungen aus Umsatzsteuer ausschließlich den vom Bw. selbst vorangemeldeten bzw. erklärten Umsätzen zu Grunde lägen.

Nach Lehre und Rechtssprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Die Berufung war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Verschulden
Nachweis
Liquiditätsstatus
Erkundungsbeweis.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at