Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.08.2010, RV/1970-W/10

Keine EU-Widrigkeit der Kammerumlage 1

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wien, vertreten durch Leitner + Leitner GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 1030 Wien, Am Heumarkt 7, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Kammerumlage gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz 1998 für das 1. Quartal 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt setzte die Kammerumlage für das erste Quartal 2010 entgegen der von der Berufungswerberin (idF Bw.) erfolgten Selbstberechnung von Null Euro mit € 13.713,26 fest.

Im Berufungsschriftsatz vom , in dem eine Festsetzung der Kammerumlage mit Null beantragt wird, heißt es begründend wie folgt:

"1. Gemäß § 122 WKG ist die Umlage in einem Tausendsatz von jenen Beträgen zu berechnen, die

a. auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

b. als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,

c. auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.

2. Die Abgabepflichtige ist eine Steuerpflichtige im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("MWSt-Systemrichtlinie").

3. Nach Art 168 MWSt-Systemrichtlinie ist ein Steuerpflichtiger berechtigt, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a. die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

b. die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet wird, die der Lieferung von Gegenständen bzw. dem Erbringen von Dienstleistungen gemäß Artikel 18 Buchstabe a MWSt-Systemrichtlinie sowie Artikel 27 MWSt-Systemrichtlinie gleichgestellt sind;

c. die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i MWSt-Systemrichtlinie geschuldet wird;

d. die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellte Umsätze gemäß den Artikeln 21 und 22 MWSt-Systemrichtlinie geschuldet wird;

e. die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist.

4. Die Bestimmung des Art 168 MWSt-Systemrichtlinie ist eindeutig, genau und unbedingt und erfüllt daher die Voraussetzungen dafür, dass sich ein Einzelner vor den nationalen Behörden und Gerichten auf diese Bestimmung berufen kann (vgl. zur Vorgängerbestimmung Art 17 der Sechsten Richtlinie des Rates 77/388/EWG schon , Lennartz).

5. Wie der EuGH in ständiger Rechtsprechung ausführt, folgt aus dem Mehrwertsteuersystem, dass die Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung sofort ausüben dürfen, sofern es keine Vorschrift gibt, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestattet. Da derartige Einschränkungen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten müssen, sind Ausnahmen nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl. , Lennartz, Rz 27 und , Kommission/Frankreich, Rn 16 und 17).

6. Die Behörde vermeint, dass die Kammerumlage zu keiner rückwirkenden Verkürzung der gemäß Art 168 MWSt-Systemrichtlinie gewährten Vorsteuer führt. Demgegenüber vertritt die Abgabepflichtige die Rechtsmeinung, dass ein Verstoß von § 122 WKG gegen Art 168 MWSt-Systemrichtlinie vorliegt. Der Verstoß liegt darin, dass Art 168 MWSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsieht, während § 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterzieht und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränkt, die nach der MWSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen ist.

7. Die Behörde argumentiert, dass auch kein Verstoß gegen Art 401 MWSt-RL (damals 6. MWSt-RL) gegeben sei, weil die Kammerumlage keine der Mehrwertsteuer ähnliche Abgabe sei. Dem wird entgegen gehalten, dass zwar die Frage, ob die KU 1 eine der Umsatzsteuer vergleichbare Steuer ist, abschließend vom EuGH beantwortet wurde, die Frage, wie weit ein Mitgliedstaat bei der Einschränkung des Vorsteuerabzuges gehen kann, jedoch als offen betrachtet werden muss (vgl. Sedlacek, Die KU 1 "hält", SWK 1998 S 253).

8. Weiters vermeint die Behörde, dass keine Verletzung des Beihilfenrechts vorläge. Demgegenüber vertritt die Abgabepflichtige die Rechtsmeinung, dass die extrem ungleiche und unverhältnismäßige Lastenverteilung durch Kammerumlagen nach § 122 WKG stark belastete Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, was eine gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe iSd Art 87 EG-Vertrag darstellt."

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Unabhängige Finanzsenat (idF UFS) hat bereits mehrfach entschieden, dass die Kammerumlage 1 (§ 122 Wirtschaftskammergesetz WKG) gemeinschaftsrechtskonform ist (vgl. ua Berufungsentscheidungen vom , RV/0439-L/09, , RV/0428-L/09, , RV/0427-L/09, , RV/0462-L/09, , RV/0282-F/09, , RV/2231-W/09, , RV/2105-W/09 bzw. insbesondere , RV/3264-W/09, RV/3263-W/09, RV/3262-W/09, RV/3638-W/09, , RV/0520-W/10, sowie , RV/0970-W/10, betreffend die Bw.).

Der UFS kam in seinen Entscheidungen zum Schluss, dass die Einforderung der Umlage keine "Rückgängigmachung" der gemäß Art 168 MWSt-Systemrichtlinie gewährten Vorsteuer darstellt, dass ein Verstoß gegen Art 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (neu Art 401) nicht gegeben ist, weil die Kammerumlage keine der Mehrwertsteuer ähnliche Abgabe ist und dass auch die Niederlassungsfreiheit und das Beihilfenrecht durch das WKG in diesem Zusammenhang nicht verletzt werden.

In diesen Entscheidungen hat der UFS zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (vgl. dazu auch Laudacher in SWK 2009, T 145, und die dort zitierte Lehre und EuGH-Rechtsprechung):

1.) Regelung der Kammerumlage:

Mit Bundesgesetz vom , BGBl Nr 661/1994, wurde die Kammerumlage (KU 1) nach dem Auslaufen des Gewerbesteuergesetzes in § 57 Abs. 1 bis 8 Handelskammergesetz (HKG) neu geregelt. Die Kammerumlagen sind seither Abgaben iSd § 3 BAO, deren Erhebund dem Bund obliegt. Mit trat das Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl I Nr 103/1998, in Kraft. In § 2 Abs. 1 WKG ist die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer geregelt.

Gemäß § 122 Abs. 1 WKG idgF kann zur Bedeckung nicht gedeckter Aufwendungen von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden. Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die

Z 1: auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

Z 2: als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist (Reverse Charge),

Z 3: auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.

Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen gemäß Z 1 bis 3. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen. Für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern können abweichende Bemessungsgrundlagen bestimmt oder Teile der Bemessungsgrundlagen außer Ansatz gelassen werden.

Gemäß § 122 Abs. 5 WKG sind die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 126 Abs. 2 WKG sind Kammerumlagen Abgaben iSd BAO, deren Verfahrensvorschriften insoweit anzuwenden sind, als das WKG nichts Abweichendes normiert.

2.) Vergleich zwischen der 6. MWSt-RL und der MWSt-Systemrichtlinie:

Aus einem Vergleich zwischen der 6. MWSt-RL und der MWSt-Systemrichtlinie ergibt sich Folgendes: Art 17 Abs. 2 wurde durch Art 168 und Art 33 Abs. 1 durch Art 401 ersetzt. Ein Wortvergleich der bezeichneten Bestimmungen zeigt auf, dass jeweils nur einzelne Worte ersetzt, der Sprachgehalt verbessert und teilweise die Reihenfolge der Absätze geändert wurde, der Sinngehalt jedoch gleichgeblieben ist.

3.) Zuständigkeit bei Berufungen:

Die Regelung des § 122 Abs. 5 Z 5 WKG zur Zuständigkeit bei Berufungen ist praktisch wortident mit der ursprünglichen Regelung in § 57 Abs. 1 Z 3 HKG. Wie im Erkenntnis des , ausgeführt wird, war § 57 Abs. 1 Z 3 HKG so zu verstehen, dass Rechtsmittel über die persönliche Umlagepflicht in die Zuständigkeit des Präsidenten der Landeskammer fallen (Rechtsmittel im Zusammenhang mit der Frage der Kammerzugehörigkeit und der daraus abgeleiteten Umlagepflicht an sich), also Rechtsmittel, mit denen bestritten wird, dass eine bestimmte Tätigkeit die Kammermitgliedschaft dem Grunde nach oder im angenommenen Umfang begründet hat. Dies gilt nicht für Rechtsmittel, die sich auf eine behauptete Verfassungswidrigkeit der Kammerumlage stützen; in diesen Fällen wird die Festsetzung der Abgabe bestritten. Auch bei Geltendmachung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kammerumlage ist die Finanzbehörde zuständig.

4.) Prüfung des Vorliegens einer umsatzsteuerähnlichen Abgabe (Art 33 der 6. MWSt-RL bzw. Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie):

a) Zulässigkeit anderer Abgaben/Steuern neben der Mehrwertsteuer:

Die bezeichneten Artikel regeln die Zulässigkeit anderer Abgaben und Steuern neben der Mehrwertsteuer. Ein Mitgliedstaat kann Steuern, Abgaben und Gebühren beibehalten oder einführen, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, sofern diese im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Die KU 1 ist keine Abgabe iSd Finanzverfassung, weil die Wirtschaftskammer keine Gebietskörperschaft ist. Da eine Prüfung der österreichischen Kammerumlage am Maßstab des Art 33 bereits mit , Spar, erfolgte, geht der UFS davon aus, dass derartige Geldleistungen von Art 33 der 6. MWSt-RL bzw. Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie auch miterfasst sind. Mit der Mehrwertsteuer konkurrierende Regelungen sind grundsätzlich zulässig, nationale Gerichte prüfen Verstöße gegen Art 33 bzw. Art 401.

b) Vier charakteristische Merkmale:

Der EuGH hat in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, in welcher Form der Umsatzsteuercharakter nationaler Abgaben, Steuern und Gebühren zu untersuchen ist. Er unterscheidet vier wesentliche Merkmale, die charakteristisch für eine der Mehrwertsteuer gleiche Abgabe oder Steuer sind:

- eine allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte;

- die Festsetzung der Höhe der Steuer proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung erhält;

- die Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe;

- der Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer (dh Bezug auf den Mehrwert und die Belastung des Verbrauchers).

Schon das Fehlen zweier Merkmale kann dazu führen, dass ein Verstoß gegen Art 33 der 6. MWSt-RL bzw. Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie nicht vorliegt. Seine Judikaturlinie hat der EuGH in weiteren grundlegenden Judikaten bestätigt. Die KU 1 weist mehrere dieser wesentlichen Merkmale nicht auf: Weder wird sie von den Umsätzen der Gegenstände und Dienstleistungen des umlageverpflichteten Kammermitglieds bemessen, noch kann eine proportionale Zuordnung zum Preis von Gegenständen und Dienstleistungen vorgenommen werden. Die Abgabe wird auch nicht auf der Einzelhandelsstufe erhoben und belastet nicht den (Letzt-) Verbraucher. Diese Einstufung entspricht der bereits vom EuGH getroffenen Einschätzung zur Kammerumlage.

c) Gesamtbetrachtung:

Anzustellen ist - neben der Prüfung der vier Merkmale - auch eine Gesamtbetrachtung. Auch diese führt nicht zur Auffassung einer mehrwertsteuergleichen Abgabe. Die Belastungskonzeption der Kammerumlage zielt nicht - wie dies eindeutige Intention der 6. MWSt-RL bzw. der MWSt-Systemrichtlinie ist - auf den Letztverbraucher. Auch die Besteuerungstechnik der Bemessung von den an das Unternehmen erbrachten Umsätzen weist nicht auf eine von Art 33 der 6. MWSt-RL verbotene Abgabe hin. Soweit darauf einzugehen ist, ob die Kammermitglieder durch die Abgabe Nachteile im gemeinsamen Markt haben, ist darauf zu verweisen, dass die Dienstleistungen der Kammer sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Kammermitglieder auswirken und auch in anderen EuGH-Verfahren ähnliche (angebliche) Wettbewerbsnachteile verneint wurden. Die Abgabe wird zudem auch in anderen Ländern erhoben, sodass eine das Funktionieren des Binnenmarktes beschränkende Belastung nicht erkennbar ist.

d) Kein Verstoß gegen Art 33 der 6. MWSt-RL bzw. Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie:

Da die Abgabe auch nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden ist, verstößt die Kammerumlage nicht gegen Art 33 der 6. MWSt-RL bzw. Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie.

5.) Verstoß gegen Art 17 Abs. 2 der 6. MWSt-RL bzw. Art 168 der MWSt-Systemrichtlinie:

Die Bw. geht infolge der Umlageverpflichtung von einer "Einschränkung des Vorsteuerabzuges" aus und hat damit Teile der Argumentation des VwGH aus dem Vorlagebeschluss zur Kammerumlage übernommen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung zur Rs Spar den Aspekt der Beeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems nicht direkt aufgegriffen und eine von Art 33 getrennte Betrachtung des Art 17 der 6. MWSt-RL abgelehnt. Diesem Urteil des EuGH kann nach Ansicht des UFS entnommen werden, dass eine Abgabe nicht per se zu einer Einschränkung des Vorsteuerabzuges nach Art 17 der 6. MWSt-RL (Art 168 der MWSt-Systemrichtlinie) führen kann, sondern diese Frage nur dann einen Sinn erhält, wenn gleichzeitig Art 33 der 6. MWSt-Rl (Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie) geprüft und bejaht wird. Weist eine Abgabe die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht auf, so zieht sie auch keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach sich. Weist sie diese Merkmale nicht auf, kann von vornherein keine Einschränkung des Vorsteuerabzuges iSd Art 17 der 6. MWSt-RL bzw. Art 168 der MWSt-Systemrichtlinie vorliegen.

6.) Kumulierung mehrerer Steuern:

Soweit die Kritik der Lehre darauf abstellt, dass ein Belastungscocktail mehrerer Steuern einen Verstoß gegen das Mehrwertsteuersystem darstellt, dh Umsatzsteuer und Kammerumlage und eventuell weitere Abgaben im Gesamten betrachtet werden sollten, so hat der EuGH mehrfach klargestellt, dass eine gehäufte Belastung durch mehrere Steuern zulässig ist. Auf die Frage der Wettbewerbsverzerrung durch die zusätzliche Steuer ging der EuGH dabei idR nicht ein.

7.) Funktionsbeeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems und Einheitlichkeit der Rechtsordnung:

Die in der Vorabentscheidung zur Kammerumlage intendierte Einheitsbetrachtung der Umsatzsteuer auch mit nicht mehrwertsteuerähntlichen Abgaben und Steuern kommt nach Ansicht des UFS nicht in Betracht, ist doch Ziel der Mehrwertsteuerrichtlinie die Harmonisierung der Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und indirekten Steuern. Der EuGH ist einer solchen Auffassung bisher nicht nähergetreten. Sie würde auch einen erhöhten Prüfungsmaßstab bedingen, der über die bisher in der Rechtsprechung des EuGH angewandten Maßstäbe - wesentliche Merkmale und Gesamtbetrachtung - weit hinausgehen würde. Für die Notwendigkeit eines solchen Prüfungsmaßstabes sind aber keine Gründe erkennbar.

8.) Keine Verletzung der Niederlassungsfreiheit:

Der UFS kommt diesbezüglich zum Schluss, dass die Niederlassungsfreiheit nicht verletzt sein kann, da auf die Nationalität der Unternehmen im WKG nicht abgestellt wird. Die Zahlungsverpflichtung betrifft Mitglieder der Wirtschaftskammer bzw. Unternehmen, die der Gewerbeordnung unterliegen oder in der Anlage zum WKG angeführt sind. Ausländische Unternehmen werden nicht schlechter gestellt als inländische.

9.) Keine Verletzung des Beihilfenrechts:

Das Beihilfenrecht ist nicht verletzt. Diesbezüglich ist grundsätzlich von einer "Altbeihilfe" auszugehen, da die Kammerumlage unverändert in § 122 WKG übernommen wurde, sodass sich die Bw. nicht auf Art 87 EGV berufen kann.

Der Referent schließt sich dieser Rechtsauffassung an, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Art. 168 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 401 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1

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