Akzessorietät der Haftung - Rückstand am Abgabenkonto der Primärschuldnerin gelöscht.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adresse1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde die am durchgeführte Löschung von Abgabenschuldigkeiten der Fa. V-GmbH in Höhe von € 40.980,12 widerrufen.
In der Folge wurde der im gegenständlichen Berufungsverfahren angefochtene Haftungsbescheid vom erlassen und der Berufungswerber (Bw.) als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9, 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Fa. V-GmbH in Höhe von € 40.541,12, und zwar für Umsatzsteuer 2007 in Höhe von € 20.559,09, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 17.637,92, Barauslagen 2009 in Höhe von € 642,56 und Säumniszuschläge 2008 und 2009 in Höhe von € 1.701,55 in Anspruch genommen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet habe, hafte für diese Abgaben, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden könnten und er nicht beweise, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Wie im Gerichtsverfahren zur Zl. XY bekannt geworden sei, habe der Bw. als Geschäftsführer der Fa. V-GmbH, also einer juristischen Person, zu deren Vertretung er berufen gewesen sei, fungiert. Er sei damit verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mittel zu bezahlen.
Die Umsatzsteuer sei nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet worden, wobei seitens der Abgabenbehörde erster Instanz dazu auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Nachweis des Nichtvorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung und zur Gläubigergleichbehandlung hingewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Berufung des Bw. vom , mit welcher die Aufhebung des Haftungsbescheides nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wird.
Zur Begründung wird vorgebracht, dem Bw. sei ein Gerichtsverfahren zur Zl. XY nicht bekannt. Auch von welchem Gericht ein Verfahren mit dieser Nummer geführt worden sei oder noch werde, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Er habe auch nicht Kenntnis davon erlangt, dass er in einem Gerichtsverfahren als Geschäftsführer der Fa. V-GmbH genannt wurde.
Somit erscheine die Begründung unrichtig und der Bescheid mit einer erheblichen inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese betreffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Aus der Aktenlage ist zunächst festzustellen, dass der mit Bescheid vom zum Zwecke der Haftungsinanspruchnahme des Bw. erfolge Widerruf der Löschung (§ 235 BAO) mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV, aufgehoben wurde, sodass die am durchgeführte Löschung des Abgabenrückstandes der Fa. V-GmbH rechtswirksam ist.
Am Abgabenkonto der Primärschuldnerin haftet daher nunmehr kein Rückstand aus.
Die Geltendmachung einer Haftung setzt unter anderem voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden und diese noch nicht erloschen ist (vgl. z.B. ).
Durch die Löschung nach § 235 BAO erlischt der Abgabenanspruch. Für gelöschte Abgabenansprüche kann keine Haftung geltend gemacht werden ( und Ritz, BAO-Kommentar, § 235 Tz. 4).
Da somit im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung kein Abgabenanspruch gegen die Fa. V-GmbH besteht, eine neue Tatsache, auf die gemäß § 280 BAO im Berufungsverfahren Bedacht zu nehmen ist, erweist sich die Haftungsinanspruchnahme des Bw. schon aus dem Grundsatz der Akzessorietät der Haftung als rechtswidrig und es konnte daher eine Überprüfung der weiteren Haftungsvoraussetzungen unterbleiben.
Zum Antrag des Bw auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass der Bw durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem aus § 284 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass er bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at