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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 07.06.2013, RV/0229-F/13

Großes Pendlerpauschale - Werbungskostenabzug?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Gde X, A-Weg xx, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Die Einkommensteuer für das Jahr 2012 wird festgesetzt mit:Das Einkommen im Jahr 2012 beträgt:
15.643,00 €56.129,82 €
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug Pendlerpauschale lt. Lohnzettel Pendlerpauschale lt. VeranlagungSonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag Pauschbetrag für Werbungskosten
68.154,03 € 0,00 € - 696,00 €- 10.407,33 € - 132,00 €
56.918,20 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
56.918,20 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung, Genussscheine und junge Aktien (Topf-Sonderausgaben) eingeschliffen nach folgender Formel: (60.000,00 - 56.918,20) * (730,00 - 60) / 23.600 + 60 Kirchenbeitrag Kinderfreibetrag für haushaltzugehörige Kinder gem. § 106a Abs. 1 EStG 1988
- 147,49 € - 200,89 € - 440,00 €
Einkommen
56.129,82 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: (56.129,82 - 25.000,00) * 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
18.562,53 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
18.562,53 €
Verkehrsabsetzbetrag Arbeitnehmerabsetzbetrag
- 291,00 € - 54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
18.217,53 €
Gem. § 67 (1) u. (2) EStG 1988
6,00% von 9.116,57
546,99 €
Einkommensteuer
18.764,52 €
Ausländische Steuer
- 3.121,31 €
- 0,21 €
Festgesetzte Einkommensteuer
15.643,00 €

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw.) bezog im Berufungsjahr nichtselbständige Einkünfte als Grenzgänger nach XY. Er war dort ganzjährig bei der M AG, Gd Y, I-Straße yy, beschäftigt. Sein Wohnsitz befand sich im Berufungsjahr unstrittig in Gde X, A-Weg xx.

Mit seiner am beim Finanzamt eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 (L 1-2012) samt Beilagen begehrte der Bw. ua. unter dem Titel "Pendlerpauschale" einen jährlichen Pauschbetrag in Höhe von 372,00 € [= jährlicher Pauschbetrag (sog. großes Pendlerpauschale) gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 für eine einfache Fahrtstrecke ab 2 km] als Werbungskosten.

Das Finanzamt erließ in der Folge den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom ; dabei ließ es das geltend gemachte Pendlerpauschale unberücksichtigt, zumal dem Bw. bei bestmöglicher Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel ("Park and Ride") an den überwiegenden Arbeitstagen die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Strecke Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung durchaus möglich und zumutbar sei (die Benützung eines Massenbeförderungsmittels gelte auf jeden Fall als zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 90 min betrage).

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2012 vom , in concreto gegen die Nichtanerkennung der geltend gemachten Pendlerpauschale, Berufung. Begründend gab er unter Verweis auf die beiliegende Bestätigung seiner Arbeitgeberin vom sowie seine Arbeitsstundennachweise (Monatsübersichten für Jänner bis Dezember 2012) an, dass seine Arbeitszeiten als Abteilungsleiter L und D überwiegend an die Tagessituation anzupassen seien, wobei er keine gleitende Arbeitszeit habe.

Mit Einkommensteuerbescheid 2012 (Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO) vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab; begründend führte es dazu aus, dass dem Bw. die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf mehr als der Hälfte der Strecke Wohnung - Arbeitsstätte sehr wohl möglich und zumutbar sei und ihm daher keine Pendlerpauschale zustehe, zumal die einfache Wegstrecke auch weniger als 20 km betrage. Folgendes Beispiel zeigte es dazu auf: "Mit dem Auto von X nach K zum Bahnhof (10 Minuten) Regionalzug nach N: Abfahrt 05:33 Uhr, Ankunft 05:46 Uhr (13 Minuten) Buslinieyx nach B: Abfahrt 05:47 Uhr, Ankunft 05:53 Uhr (6 Minuten) BP - I-Straße: Fußweg 700 Meter (9 Minuten) Ankunft Firma: 06:02 Uhr, Wegzeit: ca. 40 Minuten." Auf dem Rückweg verhalte es sich genauso.

Mit dem als Vorlageantrag gewerteten Schreiben vom wurde die gegenständliche Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt, wodurch die Berufung wiederum als unerledigt galt. Im Vorlageantrag führte der Bw. in Erwiderung auf die obgenannte Berufungsvorentscheidung Nachstehendes aus: "Laut Ihrem Bescheid vom soll ich mit meinem eigenen Pkw von X zum Bahnhof K fahren und von dort mit Zug und Bus weiterfahren. Ich besitze mein Auto rein nur für den Weg von zu Hause zum Arbeitsplatz und, wie Sie sicher wissen, ist der Benzin und die Steuern teuer genug und ebenfalls ist das nicht gerade eine Variante für die Umwelt. Zusätzlich entstehen mir Kosten für Parkgebühr, usw.; wenn Sie eine Möglichkeit haben mit öffentlichen Verkehrsmitteln von X nach B zu gelangen ohne eigenen Pkw, bin ich sofort bereit, diese Mittel in Anspruch zu nehmen. Da ich Ihnen eine Bestätigung meines Arbeitgebers bezüglich unregelmäßiger Arbeitszeit und meine Stundenkarte von 2012 beigelegt habe, bin ich mit Ihrer Abweisung nicht einverstanden und möchte Sie bitten, diesen Bescheid noch mal zu prüfen."

Mit Vorlagebericht (Verf46) vom legte das Finanzamt der Abgabenbehörde zweiter Instanz (Unabhängiger Finanzsenat) die gegenständliche Berufung zur Entscheidung vor.

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung erwogen:

Uneinigkeit besteht im konkreten Fall darüber, ob das sog. große Pendlerpauschale für eine einfache Fahrtstrecke ab 2 km als Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 dieser Gesetzesstelle zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Intention des Gesetzgebers des EStG 1988 war es, durch Neuregelung der Absetzbarkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den bis dahin steuerlich begünstigten, aus umweltpolitischer Sicht aber unerwünschten Individualverkehr einzudämmen und die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen (, 0003). Vor diesem Hintergrund wurde § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geschaffen und ist diese Bestimmung daher so zu verstehen und auszulegen.

Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (dh. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 Kilometer und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b iVm § 124b Z 182 EStG 1988 genannten Pauschbeträge zu berücksichtigen. Danach beträgt das sog. kleine Pendlerpauschale:


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Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 20 km
696,00 €
58,00 €
1,93 €
ab 40 km
1.356,00 €
113,00 €
3,77 €
ab 60 km
2.016,00 €
168,00 €
5,60 €

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c iVm § 124b Z 182 EStG 1988 an Stelle der Pauschbeträge nach lit. b leg. cit. folgende Pauschbeträge (sog. großes Pendlerpauschale) berücksichtigt:


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Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 2 km
372,00 €
31,00 €
1,03 €
ab 20 km
1.476,00 €
123,00 €
4,10 €
ab 40 km
2.568,00 €
214,00 €
7,13 €
ab 60 km
3.672,00 €
306,00 €
10,20 €

Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. "Unzumutbarkeit" ist jedenfalls (auch und vor allem) anzunehmen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen (Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, vgl. ). Die Unzumutbarkeit kann sich außerdem auch aus einer Behinderung ergeben. Ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte solcherart möglich, ist nach den amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (621 BlgNR XVII. GP, 75) die Frage der Zumutbarkeit auf Grund der Fahrtzeiten zu prüfen. Unzumutbar sind nach den Gesetzesmaterialien jedenfalls im Vergleich zu einem Kfz mehr als drei Mal so lange Fahrtzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrtzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrtzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen. Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist demnach auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits im Nahbereich 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (vgl. ; ; -F/11, mit zahlreichen Verweisen). Darüber hinaus hat der Unabhängige Finanzsenat in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass eine Wegzeit von 90 Minuten in eine Richtung, unabhängig von der Wegstrecke, allgemein als Zumutbarkeitsgrenze anzunehmen sei (vgl. ua mit ausführlicher Begründung -F/07; -G/08; F/09; -G/08; ; -F/10; siehe dazu auch ; sowie Doralt, EStG13, § 16 Tz 107; Wanke, "Großes" Pendlerpauschale, wenn die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang wie die Fahrt mit dem Pkw dauert, in: UFS aktuell 2006, Seiten 306 ff; Ryda/Langheinrich, Behandlung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zwischen einem an der Arbeitsstätte begründeten Wohn- und dem Familienwohnsitz, FJ 2006, Seiten 271 ff). In diesem Sinne wurde nunmehr auch die von der Verwaltungspraxis bisher angewandte entfernungsabhängige Zeitstaffel (danach wurde bei einer Fahrtstrecke von unter 20 km eine Zeitdauer von 1,5 Stunden, für eine Fahrtstrecke von 20 bis 40 km eine Zeitdauer von 2 Stunden und bei einer Fahrtstrecke von mehr als 40 km eine Zeitdauer von 2,5 Stunden als Grenze erachtet) wie folgt abgeändert (vgl. LStR 2002, Rz 255, Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit): - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt. - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt. - Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrtzeit mit dem Kfz (vgl. dazu auch Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2012, Seiten 184 und 242 f).

Die Wegstrecke bemisst sich im Falle der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach den Tarifkilometern zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen. Im Falle der Unzumutbarkeit ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung heranzuziehen.

Ist die Wegzeit bei der Hin- oder Rückfahrt unterschiedlich lang, dann gilt die längere Wegzeit. Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Geh- oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrtzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten (bei Anschlüssen) usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB Park and Ride) zu unterstellen (siehe dazu auch weiter unten). Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels; dementsprechend bleiben damit zB Wartezeiten zwischen der Ankunft bei der Arbeitsstätte und dem Arbeitsbeginn unberücksichtigt. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes, wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer im Allgemeinen nicht gegeben sein [vgl. Bernold/Mertens, a.a.O., Seiten 184 und 240 ff; Schuch, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Pendler-Pauschale), in: ÖStZ 1988, Seiten 316 ff].

Die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels ist im Übrigen auch dann zumutbar, wenn man einen Teil der Wegstrecke zB mit einem eigenen Fahrzeug zurücklegen muss. Nur wenn dieser Anfahrtsweg (zB mit dem Pkw) mehr als die Hälfte der Gesamtfahrtstrecke beträgt, ist die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar. Einer derartigen Aufteilung der einfachen Fahrtstrecke in Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und privater Verkehrsmittel ist daher vor dem Hintergrund des Gesetzeswortlautes "der halben Fahrtstrecke" nicht entgegen zu treten; die Unterstellung einer optimalen Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel entspricht damit durchaus der Anordnung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 [vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz 108 ff; Bernold/Mertens, a.a.O., Frage 16/12 zu § 16 EStG 1988; Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2002, Rz 257; zur Kombination eines privaten Verkehrsmittels mit Massenbeförderungsmitteln siehe auch ; ].

Unter Zugrundelegung der obigen rechtlichen Überlegungen sind im gegenständlichen Fall für die Zurücklegung des Arbeitsweges "Wohnung - Arbeitsstätte" (die Rückfahrt stellt sich im Übrigen ähnlich dar) eine Fahrt mit dem (Privat-)Pkw (nach Routenplaner "ViaMichelin" - empfohlene Strecke: ca. 0,8 km, 1 min) zwischen der Wohnung des Bw. (X, A-Weg xx) zum Bahnhof X, weiters Fahrten mit den ÖBB vom Bahnhof X zum Bahnhof K (4 Tarifkm, 4 min mit dem Regionalzug) sowie vom Bahnhof K zum Bahnhof N (12 Tarifkm, 13 min mit dem Regionalzug), weiters eine Fahrt mit dem L-Bus vom Bahnhof N (Linieyx) nach B P (nach Routenplaner "ViaMichelin" - empfohlene Strecke: ca. 3,5 km; Fahrzeit: 6 min) sowie einen Fußweg (ca. 800 m, 8 min; vgl. http://map.search.ch/) von der Bushaltestelle B P zur Arbeitsstätte des Bw. (Y, I-Straße yy) zu unterstellen. Die Wegstrecke von K Bahnhof (xyz) bzw. K Bahnhof (Vorplatz) zu den jeweiligen Bushaltestellen in B (A bzw. P) kann im Übrigen auch mit dem Landbus (Liniexz) oder dem L-Bus (Linieyz) bewältigt werden.

Bezogen auf die Arbeitszeiten des Bw. im Berufungsjahr [entsprechend den vorgelegten Arbeitsstundennachweisen (Monatsübersichten für Jänner bis Dezember 2012) lagen seine überwiegenden Arbeitsbeginnzeiten zwischen 6.04 Uhr und 6.16 Uhr und seine überwiegenden Arbeitsendzeiten zwischen 16.45 Uhr und 17.15 Uhr; der Bw. hatte lt. der obgenannten Bestätigung seiner Arbeitgeberin keine gleitende Arbeitszeit] war im konkreten Fall daher von folgendem Arbeitsweg des Bw. (Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung) bzw. von folgenden Abfahrts- und Ankunftszeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt und bei der Arbeitsstätte) auszugehen [vgl. die Kursbücher des Verkehrsverbundes Vorarlberg, Fahrplan 12 (gültig vom bis ) sowie Fahrplan 13 (gültig vom bis ); siehe auch unter http://www.vmobil.at/, unter http://fahrplan.oebb.at/bin/query.exe/dn sowie unter http://www.liemobil.li/]:

Hinfahrt:Arbeitsbeginn zwischen 6.04 Uhr und 6.16 Uhr:Pkw (ca. 1 min) von der Wohnung zum Bahnhof X ab ca. 5.19 Uhr, Park-, Umsteige- bzw. Wartezeit (ca. 5 min), ÖBB-Regionalzug X Bahnhof ab 5.25 Uhr/ K Bahnhof an 5.29 Uhr, Umsteigezeit, ÖBB-Regionalzug K Bahnhof ab 5.33 Uhr/ N Bahnhof an 5.46 Uhr, Umsteigezeit, L-Bus ( Linieyx) N Bahnhof ab 5.47 Uhr/ BP an 5.53 Uhr, Fußweg (ca. 8 min) zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 6.01 Uhr, Wartezeit bis maximal 6.16 Uhr.

Rückfahrt:Arbeitsende zwischen 16.45 Uhr und 17.15 Uhr: - Gehweg (ca. 8 min) von der Arbeitsstätte (ab 16.52 Uhr) zur Bushaltestelle BP, Wartezeit (ca. 2 min), L-Bus ( Linieyx) BP ab 17.02 Uhr/ N Bahnhof an 17.10 Uhr, ÖBB-Regionalzug N Bahnhof ab 17.13 Uhr/ K Bahnhof an 17.26 Uhr, Umsteigezeit, ÖBB-Regionalzug K Bahnhof ab 17.31 Uhr/ X Bahnhof an 17.35 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 1 min) vom Bahnhof X zur Wohnung, Wohnung an 17.41 Uhr, - Gehweg (ca. 5 min) von der Arbeitsstätte (ab 17.01 Uhr) zur Bushaltestelle BA, Wartezeit (ca. 2 min), Landbus ( Liniexz) BA ab 17.08 Uhr/ K Bahnhof (L190) an 17.29 Uhr, Übergang (ca. 4 min), Wartezeit, ÖBB-Rex K Bahnhof ab 17.44 Uhr/ X Bahnhof an 17.47 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 1 min) vom Bahnhof X zur Wohnung, Wohnung an 17.53 Uhr, - Gehweg (ca. 8 min) von der Arbeitsstätte (ab 17.07 Uhr) zur Bushaltestelle BP, Wartezeit (ca. 2 min), L-Bus ( Linieyz) BP ab 17.17 Uhr/ K Bahnhof (Vorplatz) an 17.44 Uhr, Umsteige- bzw. Wartezeit, ÖBB-Regionalzug K Bahnhof ab 18.01 Uhr/ X Bahnhof an 18.05 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 1 min) vom Bahnhof X zur Wohnung, Wohnung an 18.11 Uhr, oder - Gehweg (ca. 8 min) von der Arbeitsstätte (ab 17.15 Uhr) zur Bushaltestelle BP, Wartezeit (ca. 9 min), L-Bus ( Linieyx) BP ab 17.32 Uhr/ N Bahnhof an 17.38 Uhr, ÖBB-Regionalzug N Bahnhof ab 17.43 Uhr/ K Bahnhof an 17.56 Uhr, Umsteigezeit, ÖBB-Regionalzug K Bahnhof ab 18.01 Uhr/ X Bahnhof an 18.05 Uhr, Umsteigezeit (ca. 5 min), Pkw (ca. 1 min) vom Bahnhof X zur Wohnung, Wohnung an 18.11 Uhr.

Angesichts dieser Verkehrsverbindungen gelangte der Unabhängige Finanzsenat zur Überzeugung, dass dem Bw. im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend (an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage) auf weit mehr als dem halben Arbeitsweg zur erforderlichen Zeit ein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung stand und damit im konkreten Fall Unzumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln wegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht vorliegt.

Mit dem Einwand des Bw., wonach er berufsbedingt überwiegend unregelmäßige Arbeitszeiten gehabt habe, war - gerade auch unter Berücksichtigung der vom Bw. vorgelegten Stundennachweise (Monatsübersichten für Jänner bis Dezember 2012) - allein schon auf Grund des Überwiegensgrundsatzes nichts gewonnen. Notwendig wäre die Feststellung gewesen, dass an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage tatsächlich die Arbeitszeit so geartet war, dass die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht möglich, somit nicht zumutbar war. Die Gewährung des sog. großen Pendlerpauschales ist ausschließlich nach objektiven Kriterien der Benützungsmöglichkeit des öffentlichen Verkehrsmittels zu beurteilen. Etwaigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wie etwa das Anfallen von Parkplatzkosten, etc, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu; eine auf derartige Umstände gestützte Auslegung des Begriffes der Unzumutbarkeit kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Die Unterstellung einer Aufteilung der einfachen Fahrtstrecke in Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und privater Verkehrsmittel ist - wie oben bereits dargelegt - durchaus gesetzeskonform. An dieser Stelle wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will.

Die Prüfung, ob Unzumutbarkeit wegen Behinderung vorliegt, erübrigt sich gegenständlich, da der Bw. laut Aktenlage nicht behindert ist und Derartiges auch nicht behauptet hat.

Zur Frage, ob gegenständlich von Unmöglichkeit wegen langer Anfahrtszeit auszugehen ist oder nicht, ist Folgendes zu sagen: Bezogen auf die oben dargestellte Rechtslage bzw. auf die der einheitlichen Verwaltungsübung dienenden Verwaltungspraxis kann im konkreten Fall - entsprechend der obigen Darstellung des Arbeitsweges des Bw. bzw. der oben angegebenen Abfahrts- und Ankunftszeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt und bei der Arbeitsstätte) beträgt die Gesamtwegzeit für die Hinfahrt max. 57 Minuten und für die Rückfahrt max. 64 Minuten - nicht davon gesprochen werden, dass die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels im fraglichen Zeitraum überwiegend bzw. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage unzumutbar gewesen wäre. Die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel bzw. bei kombinierter Benutzung öffentlicher und privater Verkehrsmittel liegt gegenständlich weder (überwiegend) über 90 Minuten noch ist diese (überwiegend) mehr als drei Mal so lang wie jene mit dem Pkw [mittels Routenplaner "ViaMichelin" (empfohlene Strecke) ermittelt sich als maßgebliche Vergleichsgröße eine (einfache) Fahrtdauer mit dem Pkw von 23 Minuten].

Angesichts dieser Ausführungen kann im Berufungsfall von der Erfüllung des Tatbestandes "Unzumutbarkeit", den der Gesetzgeber für die Zuerkennung des "großen" Pendlerpauschales voraussetzt, keine Rede sein und war daher dem diesbezüglichen Berufungsbegehren ein Erfolg zu versagen. Im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen war jedoch - entgegen der Vorgehensweise des Finanzamtes - das sog. kleine Pendlerpauschale für eine einfache Fahrtstrecke ab 20 km in Höhe von 696,00 € als Werbungskosten zu berücksichtigen [nachdem von der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels auszugehen war, wurden die Wegstrecken anhand der oben angegebenen Tarifkilometer zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen nach Aufrundung (vgl. Bernold/Mertens, a.a.O., Frage 16/22 zu § 16 EStG 1988) bemessen; dabei ergab sich eine einfache Fahrtstrecke von 22 km].

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at