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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.01.2006, RV/2169-W/05

Zurücknahmeerklärung einer Berufung infolge nicht rechtzeitiger Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vormals: 1120 Wien, X.Straße, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf, vom betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1993 entschieden:

Es wird festgestellt, dass die Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatz-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuer für 1993 wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom gemäß § 275 BAO als zurückgenommen gilt.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (=Bw.), eine GmbH, unterließ für das Streitjahr die Abgabe von Steuererklärungen. Das Finanzamt sah sich aus diesem Grund zur Schätzung der Bemessungsgrundlagen gezwungen. Gegen die im Zuge der Schätzung erlassenen Bescheide wurde eine Berufung eingebracht, die nicht den im § 250 Abs. 1 BAO gesetzlich festgelegten Erfordernissen entsprach. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Mängelbehebungsauftrag, in dem es der Bw. die Behebung der Mängel der Berufung, die keinen Änderungsantrag und keine Begründung enthielt, innerhalb einer festgesetzten Frist auftrug. Trotz Verlängerung der Frist bis zum , behob die Bw. die Mängel gem. 250 Abs. 1 lit. c und d BAO nicht. Im Zuge einer im Feber 1996 begonnen Außenprüfung reichte die Bw. Abgabenerklärungen ein und zwar am 1. März als auch am . Auf Grund der im Prüfungsbericht festgehaltenen Feststellungen erließ das Finanzamt eine teilweise der Berufung stattgebende Berufungsvorentscheidung. Eine als Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung bezeichnete Eingabe deutete das Finanzamt als Vorlageantrag und legte die Berufung zur Entscheidung vor. Die Finanzlandesdirektion (Berufungssenat) gab der Berufung gegen die Abgabenbescheide für 1993 im Umfang der Berufungsvorentscheidung teilweise Folge.

Die Bw. erhob Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (GZ: 2002/13/0006). Darin machte sie unter anderem die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung der Berufungsentscheidung geltend:

Nach § 275 BAO habe die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn eine Berufung nicht den im § 250 BAO Abs. 1 oder 2 erster Satz umschriebenen Erfordernissen entspreche, dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gelte.

Die Erteilung eines solchen Mängelbehebungsauftrages liege nicht im Ermessen der Behörde (vgl. ; , 87/14/0013, u.a.). Die Verpflichtung, bei behebungsbedürftigen Mängeln einer Berufung einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen, gelte im Hinblick auf die Bestimmung des § 279 Abs. 1 BAO auch für die Abgabenbehörde zweiter Instanz ().

Im vorliegenden Fall sei die Abgabenbehörde ihrer Verpflichtung zur Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages gem. § 275 BAO jedoch nicht nachgekommen und habe über die Berufung der Beschwerdeführerin auf Grundlage der "bisher bekannten Tatsachen" (Seite 6 der angefochtenen Berufungsentscheidung) entschieden. Die angefochtene Berufungsentscheidung sei sohin mit Rechtswidrigkeit belastet, weil mit ihr eine Entscheidung (Sachentscheidung) getroffen wurde, bevor eine Klärung über das Berufungsbegehren und die Berufungsbegründung erzielt worden sei (vgl. ). Mit dieser rechtswidrigen Vorgangsweise der Abgabenbehörde sei der Beschwerdeführerin die Gelegenheit genommen worden, ihr Recht, eine Berufungsbegründung nachzureichen, wahrzunehmen.

Gleichzeitig erhob die Bw. auch gegen eine Berufungsentscheidung Beschwerde an den VwGH, mit der über eine Berufung gegen einen Bescheid über die Feststellung der Zurücknahme einer Berufung gem. § 275 BAO infolge Nichterfüllung eines weiteren Mängelbehebungsauftrages abweislich entschieden worden war (GZ: 2002/13/0005).

Der angerufene Gerichtshof führte in den Entscheidungsgründen nach Zitierung des § 250 BAO und einer Darstellung des Verfahrensablaufes Folgendes aus:

"...Das der zur Zahl 2002/13/0006 protokollierten Beschwerde entnehmbare Vorbringen, die belangte Behörde hätte eine meritorische Erledigung der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1993 nicht vornehmen dürfen, erweist sich im Ergebnis als begründet. Zwar trifft es nicht zu, dass die Gestaltung des Anbringens der Beschwerdeführerin vom hinsichtlich der Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1993 die Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages nach § 275 BAO erfordert hätte, weil dieses Anbringen in jenem Umfang, in dem es sich gegen diese Bescheide gerichtet hatte, verfahrensrechtlich nicht als Berufung, sondern als Antrag auf Entscheidung über die (schon am erhobene) Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach § 276 Abs. 1 BAO zu beurteilen war, für den die Inhaltsanforderungen des § 250 BAO nicht galten und auf den die Bestimmung des § 275 BAO damit auch nicht anzuwenden war.

Die belangte Behörde hat allerdings aus dem von ihr in der Begründung des zu 2002/13/0006 angefochtenen Bescheides ohnehin referierten Verfahrensgang bis zum Ergehen der Berufungsvorentscheidung über Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für das Jahr 1993 vom nicht die rechtlich gebotene Konsequenz gezogen: Diese hatte einzig in der Erlassung eines auf § 275 BAO gestützten Bescheides zu bestehen, dass auch die gegen die Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1993 erhobene Berufung vom als zurückgenommen zu gelten habe. Die beschwerdeführende Partei war dem ihr hinsichtlich dieser Berufung mit Bescheid vom - rechtlich zutreffend - erteilten Mängelbehebungsauftrag, zu dessen Befolgung die der Beschwerdeführerin (nach antragsgemäßer Verlängerung letztmalig) gesetzte Frist am abgelaufen war, unbestritten nämlich nicht nachgekommen, was verfahrensrechtlich schon der Erlassung jener Berufungsvorentscheidung vom entgegengestanden wäre, auf welche die beschwerdeführende Partei mit ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom reagiert hatte (siehe hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0142).

Nachdem die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom gegen die Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1993 durch ihren Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom gemäß § 276 Abs. 1 BAO wieder als unerledigt galt, hatte die belangte Behörde angesichts des Unterbleibens einer fristgerechten Befolgung des Mängelbehebungsauftrages des Finanzamtes vom durch die Beschwerdeführerin nach der sie zufolge § 279 Abs. 1 BAO treffenden Obliegenheit den Eintritt der in § 275 BAO statuierten Rechtsfolge der Rücknahmefiktion (auch) dieser Berufung auszusprechen. Zur inhaltlichen Erledigung dieser Berufung kam der belangten Behörde keine Zuständigkeit mehr zu (siehe das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , 99/13/0120, mit den auch hiezu dort angeführten weiteren Nachweisen), was den zu 2002/13/0006 angefochtenen Bescheid mit - von Amts wegen wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes sind die Verwaltungsbehörden im Falle einer Stattgabe einer Beschwerde gemäß Artikel 131 oder 131a B-VG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Verfügung stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Wie sich aus den auszugsweise wiedergegebenen Entscheidungsgründen klar ergibt, war die Finanzlandesdirektion infolge der Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages zur inhaltlichen Entscheidung über die Berufung gegen die im Spruch genannten Abgabenbescheide für 1993 nicht zuständig.

Da die Befugnisse der Abgabenbehörde 1. Instanz im Berufungsverfahren gemäß § 279 Abs. 1 BAO auf die Abgabenbehörde 2. Instanz - gemäß dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz, BGBl. I 2002/97 ist dies statt den Finanzlandesdirektionen und den dort seinerzeit eingerichteten Berufungssenaten der unabhängige Finanzsenat - übergehen, war daher der unabhängige Finanzsenat gemäß § 275 BAO zur Feststellung verpflichtet, dass die Berufung (vom ) gegen den Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid für 1993 vom infolge Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages vom bis zum 29. Feber 1996 als zurückgenommen gilt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 275 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Mängelbehebungsauftrag
Zurückgenommenerklärung
Mängelbehebungsfrist

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at