Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.11.2008, RV/3526-W/08

Mangels an Beweisen für die Ursächlichkeit von Heimkosten in Krankheiten sind Kosten für Verpflegung und Beherbergung in einem Pensionistenwohnheim mit angeschlossenen Pflegestationen generell nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinn des § 34 in Verbindung mit § 35 Abs.5 EStG anzuerkennen

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0003 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/2911-W/12 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., 0000 ----, A-Str. 00, vertreten durch Dr. Rebekka Stern, 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 15/1/30, vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch Ing. Mag. (F.H.) Martin König, vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist Pensionistin, wohnhaft in der A. B. C., das ist ein Pensionistenwohnheim mit angeschlossenen Pflegestationen.

Amtsbekannt ist, dass auf den Betreuungsstationen dieses Heims vorwiegend Bewohner ab einer Mindesteinstufung der Pflegestufe 3 im Sinne des Pflegegeldgesetzes betreut und gepflegt werden. Personen mit überdurchschnittlichem Pflegebedürfnis sowie Personen, deren Erkrankung eine dauernde ärztliche Anwesenheit oder besondere medizinische Voraussetzung (z.B. Beatmung) erfordert, können in diesem Wohnheim nicht untergebracht werden.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 wurde dem Finanzamt eine mit datierte Bestätigung der Landesstelle Niederösterreich des Bundessozialamts vorgelegt, derzufolge der bei der Bw. festgestellte Grad der Behinderung von 60 % zumindest seit 2007 bestehe. Anstelle des pauschalen Freibetrages im Sinn des § 35 EStG 1988 wurden tatsächliche Kosten von € 15.318,50, bestehend aus Kosten wegen Pflegebedürftigkeit in Höhe von (Pflegeheimkosten von € 16.530,72 abzüglich Haushaltsersparnis € 1.883,52 =) € 14.647,20 sowie Kosten der Heilbehandlung in Höhe von (Apothekerkosten € 464,70 + Fahrtkosten € 181 + Heilmittel € 25,60=) € 671,30, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.

Mit dem zur Vorlage beim Finanzamt bestimmten Schreiben vom bestätigte die Heimleitung, dass für die Bw. für das Jahr 2007 Kosten für Beherbergung und Verpflegung in Höhe von € 16.467,20 und sonstige medizinische Kosten in Höhe von € 63,52 jeweils inkl. MWSt. angefallen seien und diese Beträge auch entrichtet worden seien.

Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 anerkannte das Finanzamt zwar außergewöhnliche Belastungen unter den Titeln "Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) - € 294" und "Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen - € 63,52", versagte jedoch den in Rede stehenden Heimkosten die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung gem. § 34 Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 35 Abs. 5 EStG 1988 mit der Begründung:

Kosten für die Unterbringung in einem Seniorenheim seien grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988. Die Unterbringung könne nur dann eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn die Pflegebedürftigkeit erhöhte Aufwendungen verursache. Von Pflegebedürftigkeit sei auszugehen, wenn die tatsächliche Unterbringung in einem Pflegeheim oder in einer Pflegestation erfolge.

Laut Bestätigung der A. B. C. seien im Kalenderjahr 2007 lediglich Kosten für Beherbergung und Verpflegung verrechnet worden. Die medizinischen Kosten in Höhe von € 63,52 seien als zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit der Behinderung berücksichtigt worden.

Mit der Berufung gegen den oben genannten Bescheid brachte Dr. Rebekka Stern als steuerliche Vertreterin vor:

Die Bw. sei aufgrund ihres künstlichen Kniegelenkes gehbehindert. Die Bw., die ihren Haushalt nicht mehr allein bewältigen habe können, sei von ihrer berufstätigen Enkelin versorgt worden, die die einzige Verwandte in Österreich sei. Ein Schlaganfall habe die gesundheitliche Situation verschlechtert. Es sei daher eine Lösung gesucht worden, die eine Rundumversorgung der Bw. gewährleistet habe. Da die erforderlichen Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen nur von einem Senioren- und Pflegeheim abgedeckt würden, sei die Bw. im Dezember 2006 in das Senioren- und Pflegeheim der N. XXXXXXXXXXXXXX übersiedelt.

Das Bundessozialamt habe der Bw. eine 60%ige Behinderung bescheinigt.

Der Bw. seien aufgrund ihrer körperlichen Behinderung Aufwendungen entstanden, die sowohl außergewöhnlich und zwangsläufig seien und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen würden. Da ihre Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit Anlass für ihre Unterbringung in einem Senioren- und Pflegeheim sei, seien die Verpflegungs- und Unterbringungskosten im Heim außergewöhnliche Belastungen.

Im vorliegenden Einkommensteuerbescheid seien die Kosten der Unterbringung in einem Pflegeheim von der Finanzbehörde nicht berücksichtigt worden, obwohl die Bw. die steuerrechtlichen Voraussetzungen vollinhaltlich erfülle.

Mit der abweisenden Berufungsvorentscheidung wiederholte das Finanzamt die Bescheidbegründung und fügte dieser ergänzend hinzu: Von Pflegebedürftigkeit sei (Einfügung des Referent: auch) auszugehen, wenn Pflegegeld bezogen werde.

Laut der vorliegenden Bestätigung der A. B. C. (Seniorenwohnen der N. XXXXXXXXXXXXXX) handle es sich bei den Kosten von € 16.467,20 um die Kosten für Beherbergung & Verpflegung. Kosten für besondere Betreuung- und Hilfeleistung seien nicht angefallen. Am Jahreslohnzettel sei kein Pflegegeldbezug ausgewiesen.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Mit dem Vorlageantrag vom führte die steuerliche Vertreterin ins Treffen: Die Bw. sei geh- und sehbehindert und auf die Betreuung in einem Pflegeheim angewiesen. Ihre Behinderung sei vom Bundessozialamt bestätigt worden.

Gemäß § 35 EStG stünden dem Steuerpflichtigen, der aufgrund seiner körperlichen Behinderung Aufwendungen habe, die steuerlichen Begünstigungen in § 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 EStG 1988 zu.

In der Begründung der Berufungsvorentscheidung werde darauf hingewiesen, dass von einer Pflegebedürftigkeit auszugehen sei, wenn die Unterbringung in einem Pflegeheim erfolge. Die Seniorenwohnanlage der N. XXXXXXXXXXXXXX umfimiert in A. B. C. sei ein Senioren- und Pflegeheim, wobei der Pflegebereich wegen des großen Bedarfes in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut worden sei.

Weiters werde in der Bescheidbegründung angemerkt, dass Kosten für besondere Betreuungs- und Hilfeleistung nicht angefallen seien. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Betreuungs- und Hilfeleistungen, wie sie im Pflegegeldgesetz angeführt seien, bereits in den Unterbringungs- und Verpflegungskosten enthalten seien und nicht separat fakturiert würden.

Würden sich aufgrund einer körperlichen Behinderung Mehraufwendungen wie Heimaufenthaltskosten ergeben, so seien diese gemäß § 35 Abs. 5 EStG steuerlich abzugsfähig. Eine bedingende Verknüpfung mit einem Pflegegeldbezug sei ausdrücklich gegen die gesetzliche Bestimmung des § 35 EStG 1988.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 34 EStG 1988 BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung des BGBl. I Nr. 71/2003 lautet:


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"(1)
Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1.
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2)
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3)
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4)
...
...
...
(6)
Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
-
...
-
Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
-
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

§ 35 EStG 1988 BGBl. Nr. 400/1988 BGBl. Nr. 400/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2005 lautet:


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"(1)
Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
-
durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
-
bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3) oder
-
bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe)Partners auf den Kinderabsetzbetrag durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1.
in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2.
in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für eine Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(3)
Es wird jährlich gewährt bei einer Minderung
der Erwerbsfähigkeit
ein Freibetrag von
Von
Euro
25% bis 34%
75
35% bis 44%
99
45% bis 54%
243
55% bis 64%
294
65% bis 74%
363
75% bis 84%
435
85% bis 94%
507
ab 95%
726.
(4)
...
(5)
Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).
(6)
...
(7)
Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.
(8)
..."

Ein Altersheim ist eine Wohneinrichtung zur Betreuung und Pflege alter Menschen, deren Hilfebedarf bei einzelnen Verrichtungen des täglichen Lebens meistens nur schwach ausgeprägt ist. Im Gegensatz zu einem Altenpflegeheim, in dem die stationäre Pflege ausgeprägt pflegebedürftiger Menschen in den Einrichtungen rund um die Uhr im Vordergrund steht, besteht bei einem Altersheim eine (noch) geringere Pflegebedürftigkeit, das selbstbestimmte Leben

überwiegt. Dienstleistungen wie Säubern und Aufräumen im Zimmer, Speisenversorgung werden regelmäßig in Anspruch genommen. Es wird kein eigener Haushalt geführt.

Die Kosten der Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim sind keine außergewöhnlichen Belastungen, wenn die Unterbringung lediglich aus Altersgründen erfolgt. Außergewöhnliche Belastungen können aber gegeben sein, wenn Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besondere Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/13/0084, und , 97/14/0102). Ist aus einem dieser Gründe die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten, so sind auch die Kosten der Unterbringung absetzbar; ansonsten sind nur die tatsächlichen Krankheits- und Pflegekosten - und nicht auch die Unterbringungskosten - abzugsfähig (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/ Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, "Alters- und Pflegeheim"; Doralt, EStG11, § 34 Tz 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, "Alters- und Pflegeheim").

Aus folgenden Gründen war die Berufung als unbegründet abzuweisen:

Der Begriff Sehbehinderung wird verwendet, wenn die Sehkraft ohne Aussicht auf Verbesserung unter einem gewissen Prozentrang liegt. Die Maximalform einer Sehbehinderung ist die Blindheit. Einer Sehbehinderung können unterschiedliche organische Störungen zugrundeliegen.

Eine Gehbehinderung ist eine individuelle körperliche Behinderung eines Menschen, ein physiologisches Defizit oder Handicap.

Das Kniegelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk. Es besteht aus zwei Einzelgelenken, dem Kniescheibengelenk, welches sich zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe befindet, und dem Kniekehlgelenk, welches zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf liegt. An der Hinterseite des Kniegelenkes liegt die Kniekehle, in deren Tiefe wichtige Blutgefäße und Nerven verlaufen. Zudem sind hier die Kniekehllymphknoten ausgebildet.

Als Schlaganfall wird eine plötzlich auftretende Erkrankung des Gehirns bezeichnet, die zu einem anhaltenden Ausfall von Funktionen des Zentralen Nervensystems führt und durch kritische Störungen der Blutversorgung des Gehirns verursacht wird. Werden Patienten mit einem Schlaganfall (oder dem Verdacht auf selbigen) ohne zeitliche Verzögerung ärztlicher Behandlung zugeführt, so wird mittels intravenöser oder intraarterieller Gabe von speziellen Medikamenten (Thrombolyse) ein eventuell vorhandenes Blutgerinnsel aufgelöst und das Gehirn vor einem dauerhaften Schaden bewahrt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 86/13/0084, ausgeführt hat, sind die von einem Pensionisten für seine Unterbringung in einem Pensionistenheim zur tragenden Aufwendungen so lange nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, als mit ihnen nicht auch besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht werden. Die Bw. hatte zwar im Administrativverfahren behauptet, in den von ihr im Streitjahr für ihr Appartement bezahlten Betrag seien eine Vielzahl von Betreuungs- und Hilfeleistungen, wie sie im Pflegegeldgesetz angeführt sind, bereits in den Unterbringungs- und Verpflegungskosten enthalten, wies jedoch darauf hin, dass diese Leistungen nicht separat fakturiert würden. Damit ist der Charakter der Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 nicht nachgewiesen, weil bei rechtzeitiger Behandlung eines Schlaganfalls das Gehirn vor einem dauerhaften Schaden bewahrt wird und die Implantation eines künstlichen Kniegelenks nicht zwangsläufig Ursache für eine Gehbehinderung ist; im Fall einer Sehbehinderung könnte ein optisches Gerät, z. B. Brillen, Kontaktlinsen, Lupen, Ferngläser, Monokel und ein Bildschirmlesegerät, zum Ausgleich von Fehlsichtigkeit eingesetzt werden.

Außer Streit steht, dass die Bw. kein Pflegegeld in den Streitjahren bezogen hat. Obwohl das Schreiben der Landesstelle Niederösterreich des Bundessozialamts vom den Bestand des bei der Bw. festgestellten Grades der Behinderung von 60 % zumindest seit 2007 bescheinigt hatte,wies es die Gehbehinderung/Schlaganfall/Sehbehinderung als Ursache der in Streit stehenden Heimkosten im Streitjahr nicht nach. Da Personen mit überdurchschnittlichem Pflegebedürfnis sowie Personen, deren Erkrankung eine dauernde ärztliche Anwesenheit oder besondere medizinische Voraussetzung (z.B. Beatmung) erfordert, in diesem Wohnheim der N. XXXXXXXXXXXXXX nicht untergebracht werden können, war der Anfall der Heimaufenthaltskosten nicht ohne weiteres als Folge einer Krankheit anzuerkennen, wenn ein Zahlungsnachweis betreffend eines Entgelts, das sich im Bereich der stationären Betreuung aus einem fixem Wert je nach Zimmerkategorie (= Grundpreis) und einer individuellen pflegebedarfsabhängigen Komponente (Pflegeaufschlag) zusammensetzt, gefehlt hatte.

Nicht nur amtsbekannt ist, dass das in Rede stehende Heim ein Wohnheim mit angeschlossenen Pflegestationen ist. Obwohl die steuerliche Vertreterin weiß, dass die Kosten für Beherbergung und Verpflegung in einem Wohngebäude, das vornehmlich dem Wohnen dient, Folgekosten eines zwischen der Heimverwaltung und der Bw. abgeschlossenen Vertragsverhältnisses waren, wurden die Kosten in der Beilage zur Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2007 fälschlicherweise als "Pflegeheimkosten" bezeichnet, die als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 Abs. 1 EStG 1988 zu werten seien. Aus der irreführenden Falschbezeichnung war für die Bw. nichts zu gewinnen, weil die Bw. bei Geltendmachung höherer Beträge als der Pauschbeträge als außergewöhnliche Belastung verpflichtet gewesen wäre, rechtzeitig Vorsorge für Beweismittel zum Beweisthema der Bw. im gegenständlichen Berufungsverfahren zu treffen. Infolge Verletzung dieser Beweisvorsorgepflicht hatte die Bw. die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen.

Der Verweis im § 35 Abs. 5 EStG 1988 darauf, dass anstelle der Pauschbeträge gem. Absatz 3 auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können, ändert nichts an der Tatsache, dass in solchen Fällen ein entsprechender Nachweis zu erbringen ist. Die bloße Glaubhaftmachung wird nur in Ausnahmefällen zuzulassen sein, weil die im Gesetz vorgesehenen Pauschbeträge von langjährigen Erfahrungswerten ausgehen. Aufgrund der Aktenlage hatte das Finanzamt wegen der Mitteilung des Bundessozialamts vom betreffend Bestätigung eines bei der Bw. festgestellten Grades der Behinderung von 60 % zumindest seit 2007 zwar den Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG) von € 294, jedoch nicht die Kosten für Beherbergung und Verpflegung von € 16.467,20 als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 im angefochtenen Einkommensteuerbescheid anzuerkennen gehabt. Aus Mangel an Beweisen für die Ursächlichkeit der im Jahr 2007 angefallenen Heimkosten in Erkrankungen wie der in der Berufung thematisierten Gehbehinderung/Schlaganfall sowie der im Vorlageantrag nur allgemein umschriebenen Geh- und Sehbehinderung vermochte sowohl die Berufung, als auch der Vorlageantrag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Form der Verletzung einfach-gesetzlich gewährleisteter Rechte offen zu legen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Altersheim
Pensionistenwohnheim
Pflegeheim
Betreuungsstationen
Pflegeheimkosten
Kosten für Beherbergung und Verpflegung
Schlaganfall
Kniegelenk
Sehbehinderung
Gehbehinderung

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