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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 28.06.2012, RV/0274-S/11

Studiengebühren an einer Privatuniversität als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, PLZ Ort, Straße 13/12, vertreten durch Steuerberatung gegen die Bescheide des Finanzamtes FA vom betreffend Einkommensteuer 2008, vom betreffend Einkommensteuer 2009 und vom betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge: Bw.) machte in den Einkommensteuererklärungen des Streitzeitraumes unter dem Titel der außergewöhnlichen Belastung Studiengebühren für das Studium seines Sohnes an der X Privatuniversität, Aufwendungen für Fachliteratur seines Sohnes und - lediglich das Kalenderjahr 2008 betreffend - zusätzlich Kosten für einen vierzehntägigen Berufsschilehrer- und Snowboardlehrerausbildungkurs geltend. Die genannte Privatuniversität befindet sich am elterlichen Wohnort, wo auch der Sohn des Bw wohnhaft ist. Da die geltend gemachten Aufwendungen keine außergewöhnliche Belastung darstellten, versagte das Finanzamt deren Anerkennung. In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Bw vor, dass die beantragten Kosten für die Berufsausbildung seines Sohnes außergewöhnlich und wegen des geringen Einkommens des Kindes zwangsläufig wären und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigten. Die Berufsausbildung seines Sohnes wäre ebenso außergewöhnlich wie eine auswärtige Ausbildung, nur würde nicht im fernen Innsbruck, Graz oder Wien studiert, sondern an der X Privatuniversität, welche in derselben Stadt wie der Wohnort des Bw und seines Sohnes gelegen sei. Betrachtet man die Kosten für das Studium an der X Privatuniversität im Vergleich zu jenen Kosten, welche bei einem Studium in Innsbruck, Graz oder Wien anfielen (Wohnungsmiete, Verpflegungs- und Fahrtkosten und Studiengebühren), so würden sich kaum Unterschiede ergeben. In den Berufungsvorentscheidungen begründete das Finanzamt die Abweisung des Berufungsbegehrens mit dem Hinweis, dass Ausbildungskosten eines Kindes ebenso wie dessen Lebenshaltungskosten mit den dafür bestehenden allgemeinen steuerlichen Begünstigungen (Kinderabsetzbetrag, Familienbeihilfe) steuerrechtlich abgegolten wären. Als Spezialnorm sehe § 34 Abs. 8 EStG 1988 ex lege für jene über die Ausbildungskosten an sich hinausgehenden MEHR(!)kosten, die durch die auswärtige Unterbringung, Fahrtkosten und ähnliche Ausgaben auf Grund der auswärtigen Berufsausbildung eines Kindes unter bestimmten Voraussetzungen entstünden, eine pauschale Abgeltung vor. Da im gegenständlichen Fall eine auswärtige Berufsausbildung nicht vorgelegen wäre, sei die Berufung abzuweisen gewesen. In den Vorlageanträgen bzw. in der ohne Ergehen einer Berufungsvorentscheidung eingebrachten Berufung betreffend Einkommensteuer 2010 brachte der Bw vor, dass die beantragten Kosten für die Berufungsausbildung des Kindes außergewöhnlich und zwangsläufig wären und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigten. Unterhaltsleistungen seien beispielsweise die Aufwendungen für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Erholung, Freizeitgestaltung, medizinische Versorgung, aber auch die Aufwendungen für die Berufsausbildung (zB. Schulgeld und Studiengebühren). Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelten die Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag als abgegolten. Die Familienbeihilfe würde für einen "ab 19-Jährigen" EUR 152,70 monatlich betragen, der Kinderabsetzbetrag stünde in Höhe von EUR 58,40 gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 zu, somit EUR 211,10 p.m. bzw. EUR 2.533,20 p.a. Laut Ausbildungsvertrag zwischen der X Privatuniversität und dem Sohn des Bw habe der Studierende am Beginn eines jeden Studienjahres die Studiengebühren in Höhe von EUR 9.530,00 zu bezahlen. Der Bw habe durch eine vertraglich verpflichtende Haftungsübernahmeerklärung gegenüber der X Privatuniversität die persönliche Haftung für sämtliche finanziellen Verpflichtungen aus dem Vertrag übernommen. Die Privatuniversität habe auch bei Nichterreichen des Ausbildungszieles seitens des Studierenden - dies hätte das universitäre Ende zur Folge - den Anspruch auf Bezahlung der vollständigen Studiengebühren bis zum geplanten Studienende. Bei einem Nettoeinkommen von ca. EUR 30.000,00 (betreffend 2010 von EUR 27.000,00) ohne Sonderausgaben für Versicherungen würde o.g. Gebühr auf alle Fälle die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die rechtliche und sittliche Verpflichtung sei selbstredend zwangläufig, ebenso die Außergewöhnlichkeit. Dass durch die Absetz- und Beihilfenbeträge die Kosten für Nahrung, Kleidung und dergleichen als abgegolten gelten würden, erschiene verständlich (wenngleich finanziell nicht ausreichend), dass diese außergewöhnlichen, zwangsläufigen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigenden Kosten keine steuerliche Berücksichtigung fänden, beeinträchtige diese abermals.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 leg. cit.) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 leg. cit.) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist § 34 Abs. 2 EStG 1988 zufolge außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 leg. cit.) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro .....................................................6%

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro .......................................8%

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro .....................................10%

mehr als 36 400 Euro ...........................................................12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,

- für jedes Kind (§ 106).

Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 leg. cit. enthalten, dann sind gemäß § 34 Abs. 5 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 leg. cit., anzusetzen.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls durch den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a und c (ab StRefG 2009: "gemäß § 33 Abs. 3") abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf diese Beträge hat. Gemäß § 34 Abs. 7 Z. 4 leg. cit. sind Unterhaltsleistungen darüber hinaus nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten gemäß § 34 Abs. 8 dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen im Rahmen des § 34 wurde mit dem EStG 1988 ab 1989 bedeutend eingeschränkt. Verblieben sind im Prinzip vier Tatbestände, die § 34 EStG 1988 selbst und erschöpfend aufzählt:

● Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung von Kindern, näher umschrieben im § 34 Abs. 8. Keine Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4.

● Mehraufwendungen für behinderte Personen (Kinder) im Sinne des § 8 Abs 4 FLAG. Keine Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4;

● Unterhaltsleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen gewährt (erbracht) werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen (§ 34 Abs 7 Z 4), ihm also aus tatsächlichen Gründen erwachsen würden. In diesen Fällen Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 (vgl. Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 34 Abs. 6 bis 9 Tz 4)

● und ab Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.

Gesetzliche Unterhaltsleistungen kommen zwar grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung in Betracht, denn es handelt sich um Belastungen, denen sich der Steuerpflichtige aus "rechtlichen Gründen nicht entziehen kann" (§ 34 Abs. 3 EStG 1988). Das Gesetz schließt allerdings Unterhaltsleistungen im Wesentlichen als außergewöhnliche Belastung aus (§ 34 Abs. 7 EStG 1988). Auch für Unterhaltsleistungen, die sich aus moralischen und sittlichen Gründen ergeben können, gelten in diesen Fällen die Abzugsverbote genauso wie bei den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen (vgl. Doralt EStG11 § 34 Tz 56).

Die Berufsausbildung des Kindes fällt als Unterhaltsverpflichtung zwar unter die außergewöhnliche Belastung, doch ist sie regelmäßig schon deshalb als außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigungsfähig, weil es sich um Kosten handelt, die auch beim Unterhaltsberechtigten selbst grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung darstellen (§ 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988); Ausnahmen betreffen z.B. den unverschuldeten Verlust der Existenzgrundlage oder den Verlust des Berufs durch Krankheit.

Davon abgesehen ist die Berufsausbildung als Teil der Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag abgegolten, welche im Gegenstandsfall laut Datenbankabfrage die Ehegattin des Bw., A.B. im Berufungszeitraum bezogen hat (vgl. § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988). Das Schulgeld ist in der Regel schon deshalb nicht Gegenstand einer außergewöhnlichen Belastung, weil der Gesetzgeber durch eine weitgehende Schulgeldbefreiung vorgesorgt hat. (vgl. Doralt aaO Tz 62 und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs). Die Tragung der Ausbildungskosten stellt eine Unterhaltsleistung des Bw. an seinen Sohn dar. Damit wäre eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 nur dann möglich, wenn sie bei seinem unterhaltsberechtigten Sohn selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würde, da die Übernahme von Berufsausbildungskosten für nahe Angehörige nur dann eine außergewöhnliche Belastung darstellt, wenn sie unter Bedingungen erfolgte, die auch beim Steuerpflichtigen selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung geführt hätten. Kosten der Berufsausbildung würden aber beim Sohn des Bw., wäre er selbst der Steuerpflichtige, grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung darstellen. Eine außergewöhnliche Belastung könnte nur vorliegen, wenn ihm die Existenzgrundlage ohne sein Verschulden entzogen und deshalb die Berufsausbildung zur künftigen Existenzsicherung notwendig wäre, oder, wenn die (neuerliche) Berufungsausbildung durch Krankheit, Verletzung und ähnliches erforderlich wäre.(vgl. beispielsweise ; , 97/15/0047; , 95/15/0203; 2001/15/0109). Derartige Umstände liegen aber im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb die für die Ausbildung an der X Privatuniversität angefallenen Kosten ebenso wie die betreffend Einkommensteuer 2008 geltend gemachten Kosten für den Berufsschilehrer- und Snowboardlehrerausbildungkurs nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 abzugsfähig sind.

Soweit der Bw. verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen des § 34 Abs. 7 Z. 1 und 4 EStG 1988 hegt, ist aus dieser Sicht festzuhalten, dass die Prüfung hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen an haushaltszugehörige und nicht haushaltszugehörige Kinder im Inland nach der mit dem Familienpaket 2000, BGBl I 79/1998, geschaffenen Rechtslage zu dem Ergebnis führte, dass diese den verfassungsrechtlichen Erfordernissen entspricht ( vgl. Fuchs aaO und die dort angeführte Judikatur der Höchstgerichte). Hinsichtlich des Vorbringens betreffend die Höhe der gewährten Familienbeihilfe bzw. des gewährten Kinderabsetzbetrages hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich ausgesprochen, dass die von der Verfassung geforderte steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen für den Regelfall durch die Transferleistungen der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages erfolge und im Effekt zu einer hinreichenden Berücksichtigung der Unterhaltslasten führe (vgl. ).

Während die "normalen" Berufsausbildungskosten der Kinder als laufende Unterhaltsleistungen nach § 34 Abs. 7 EStG 1988 keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden können, gelten nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 die Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung von (auch volljährigen) Kindern (iSd § 106 Abs. 1 und 2 leg. cit.) außerhalb des Wohnortes als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Die näheren Voraussetzungen zur Anwendung dieser Bestimmung sind vor allem in der dazu ergangenen Durchführungsverordnung geregelt (vgl. ). Hinsichtlich des Studiums an der X Privatuniversität fehlt es jedoch für die Gewährung des Pauschbetrages gemäß § 34 Abs. 8 EStG bereits an der tatbestandsmäßigen Voraussetzung der Berufsausbildung außerhalb des Wohnortes, eine allfällige Berücksichtigung des Pauschbetrages betreffend den Kursbesuch im Rahmen der Berufsschilehrer - und Snowboardlehrerausbildung im April 2008 scheidet - zumal aus dem Akt keine unabdingbare Notwendigkeit dieser Ausbildung zur künftigen Existenzsicherung ersichtlich ist - mangels Zwangsläufigkeit aus. Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte dem Berufungsbegehren kein Erfolg beschieden sein.

Salzburg, am

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