Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 17.08.2010, RV/0309-F/09

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten eines alleinstehenden Steuerpflichtigen bei Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W., S. 18/8, vertreten durch einsplus Steuerberatung, Heinzle, Matt, Nosko & Trunk Steuerberatungspartnerschaft, 6840 Götzis, Hauptstraße 5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2008 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Das Einkommen im Jahr 2008 beträgt:Die festgesetzte Einkommensteuer im Jahr 2008 beträgt:
45.941,24 €- 13.294,31 €
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: S.G.ges.m.b.H S.A. AG Großhandel Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte Einkünfte aus selbständiger Arbeit
65.120,12 € 5.816,65  - 24.782,50 €
46.154,27 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
46.154,27 €
(Topf-)Sonderausgaben eingeschliffen nach folgender Formel: (50.900,00 € - 46.154,27 €) * 345,35 € / 14.500,00 € Kirchenbeitrag
- 113,03 € - 100,00 €
Außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) Selbstbehalt
- 3.141,07 € 3.141,07 €
Einkommen
45.941,24 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: (45.941,24 - 25.000,00) * 11.335,00 / 26.000,00 + 5.750,00
14.879,58 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
14.879,58 €
Unterhaltsabsetzbetrag
- 1.375,20 €
Verkehrsabsetzbetrag
- 291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
- 54,00 €
Steuer sonstige Bezüge wie zB 13. und 14. Bezug (220) nach Abzug der darauf entfallenden SV-Beiträge (225) und des Freibetrages von 620,00 € mit 6 %
495,38 €
Einkommensteuer
13.654,76 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
- 26.949,07 €
Festgesetzte Einkommensteuer
- 13.294,31 €

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw.) machte in der elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 unter dem Titel "Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten" Werbungskosten in Höhe von insgesamt 31.113,70 € geltend. Im Einzelnen handelt es sich um Umzugskosten in Höhe von 5.607,88 €, Miet- und Betriebskosten in Höhe von 12.650,00 €, Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von 2.907,25 € und Kosten für die Einrichtung der Wohnung in Höhe von 9.948,57 €.

Mit Bescheid vom wurde diesen Aufwendungen die Anerkennung mit der Begründung verwehrt, eine Berücksichtigung als Werbungskosten sei nur möglich, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorlägen. Fahrten zum Besuch der Eltern seien, auch wenn diese der Krankenbetreuung einer pflegebedürftigen Mutter dienten, gemäß § 20 EStG 1988 ausschließlich der privaten Lebensführung zuzurechnen und fielen somit unter das Abzugsverbot. Da der bisherige Wohnsitz nicht aufgegeben worden sei, könnten auch keine Umzugskosten anerkannt werden.

In der fristgerecht eingebrachten Berufung wurde eine erklärungsgemäße Berücksichtigung aller Werbungskosten beantragt. Zur Begründung wurde sinngemäß ausgeführt, der Bw. habe, wie aus den beigebrachten Meldebestätigungen zu ersehen ist, seinen Hauptwohnsitz in K., A. 3, und seit dem seinen beruflich bedingten Nebenwohnsitz in W, S. 18/8. Im gemeinsamen Haushalt in K lebe die 85-jährige Mutter des Bw., die derzeit bereits Pflegegeld der Stufe 1 beziehe. Das Haus in K stelle den "Familienstammwohnsitz" dar, an dem die Mutter des Bw. ihr Leben lang gewohnt habe. Das Eigentum an dieser Liegenschaft sei vor einigen Jahren an den Bw. unter der Auflage übertragen worden, dass er sich am gemeinsamen Familienwohnsitz um seine Eltern kümmere. Gleichzeitig hätten die Eltern sich damals ein lebenslanges Wohn- und Fruchtgenussrecht zurückbehalten. Zudem sei die Liegenschaft mit einem Veräußerungsverbot bis zum Ableben beider Elternteile belegt worden. Eine Übersiedlung von K nach Wt. und die Neubegründung eines Haushaltes würden für die 85-jährige Mutter des Bw. eine physisch und psychisch nicht zumutbare Belastung bedeuten, die entsprechende gesundheitliche Risiken mit sich bringen würde. Da nach Lehre und Judikatur die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unter anderem dann unzumutbar sei, wenn pflegebedürftige Angehörige nicht mit übersiedelt werden könnten (Doralt, EStG13, § 4 Tz 347 mit Verweis auf ), seien gegenständlich die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte, beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung erfüllt. Anzumerken sei zudem, dass der Grund, weshalb Familienheimfahrten und Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten steuerlich absetzbar sei, seine Ursache auch im Bereich der privaten Lebensführung haben könne, weshalb diesen Aufwendungen nicht mit der Begründung die Anerkennung versagt werden könne, diese seien rein der privaten Lebensführung zuzuordnen (Doralt, a.a.O., § 4 Tz 352 mit Verweis auf mehrere Judikate des VwGH, z.B. ).

Aber selbst wenn einem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes aus steuerlicher Sicht zugemutet werden könne, seien Kosten für die beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Wohnsitzes am Beschäftigungsort zumindest vorübergehend zu berücksichtigen. Im Allgemeinen werde bei einem allein stehenden Arbeitnehmer eine Frist von sechs Monaten als angemessen erachtet, sodass zumindest für diesen Zeitraum die Kosten für die Übersiedlung und der Einrichtung der Wohnung am Beschäftigungsort sowie die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten anzuerkennen (gewesen) wären (siehe dazu Doralt, a.a.O., § 16 Tz 220 und § 4 Tz 346 ff).

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Umzugskosten in Höhe von 5.607,88 € im erklärten Ausmaß als Werbungskosten Anerkennung fanden. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. In der gesondert übermittelten Begründung wurde sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, laut Zentralem Melderegister sei der Bw. in den letzten Jahren unter folgenden Adressen gemeldet gewesen: Vom bis zum in B., L. 3 (Hauptwohnsitz), vom bis zum in B. , T.K. 24 (Hauptwohnsitz), vom bis laufend in K, A. 3 (Hauptwohnsitz) und vom bis laufend in Wt., S. 18/8 (Nebenwohnsitz). Unter der Adresse "K, A. 3, seien zudem folgende Meldungen ersichtlich: Die ehemalige Gattin des Bw., Frau A.K., geb. xxx, geb. Sr., vom bis zum (Hauptwohnsitz), die Mutter des Bw., Frau F.K., geb. yyy, vom bis laufend sowie die Schwester des Bw., Frau Dr. E.M.K., geb. yyyy, vom bis laufend (Hauptwohnsitz). Der Bw. sei weiters laut interner Aktenlage in den letzten Jahren bei folgenden Arbeitgebern beschäftigt gewesen: Vom bis zum bei Fa. "So." in Lu. und vom bis laufend als Niederlassungsleiter bei der Fa. "S.G. GmbH" in G.. Die Liegenschaft in K., A. 3, sei dem Bw. bewertungsrechtlich ab dem als Eigentümer zugerechnet worden.

In Würdigung der der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beigelegten Unterlagen, der Berufungsausführungen und der obig dargelegten Ergebnisse der finanzbehördlichen Erhebungen hat das Finanzamt folgende Feststellungen getroffen: Der Bw. sei seit 1996 Eigentümer der Liegenschaft in B. (richtigerweise in K), A. 3. Dort habe er bis zu seinem am erfolgten Umzug in die L. 3 in B. gemeinsam mit seiner ehemaligen Gattin, mit der er vom bis zum verheiratet gewesen sei, und seinen Kindern auch seinen Familienwohnsitz gehabt. Ab dem habe der Bw. von seiner ehemaligen Gattin getrennt gelebt und er habe auch nicht mehr mit seiner Mutter zusammengelebt. Die geschiedene Gattin des Bw. habe mit ihren Kindern noch bis zur Scheidung im September 2001 im Hause des Bw. mit dessen Mutter zusammengewohnt. Nach dem Auszug der geschiedenen Gattin und den Kindern sei im Oktober 2001 die Schwester des Bw. in das Haus in K, A. 3, eingezogen, wo sie noch heute zusammen mit der Mutter lebe. Mit habe der Bw. seinen Hauptwohnsitz von der L. 3 in B. in die T.K. 24, ebenfalls in B., verlegt. Diesen Hauptwohnsitz habe er - im Wissen, dass er einen neuen Arbeitsplatz in V. erhalten werde und in B. bis auf weiteres keine eigene Wohnung mehr benötige - bis zum beibehalten. Mit habe er seinen Hauptwohnsitz in sein Haus in K, A. 3, umgemeldet. Der Bw. habe bis zur Aufgabe seines in der T.K. 24 in B. gelegenen Hauptwohnsitzes somit gar nicht bei seiner Mutter gewohnt. Um die Mutter des Bw. habe sich dessen Schwester gekümmert, die dies offenkundig immer noch tue. Der Bw. spreche daher völlig sachverhaltswidrig von einem nicht zumutbaren Umzug seiner pflegebedürftigen Mutter. Ein solcher sei bei der geschilderten Sachlage wohl nie angedacht gewesen und könne daher auch nicht die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Vorarlberg für den Bw. begründen. Abgesehen davon sei die Mutter in Pflegestufe 1 eingestuft und bedürfe somit einer Pflegeleistung im Ausmaß von 50 bis 75 Stunden monatlich bzw. einer täglichen Hilfestellung für ca. 1,5 bis 2,5 Stunden. Mit einem einmaligen Besuch pro Monat könne der Bw. den Pflegebedarf der Mutter daher nicht abdecken. Gesamthaft sei somit davon auszugehen, dass der Bw. seinen eigentlichen, persönlichen "Hauptwohnsitz" in der T.K. 24 in B. in Anbetracht seines zukünftigen Dienstverhältnisses in Vorarlberg schon am aufgegeben habe.

Der Bw. habe bezüglich der Unzumutbarkeit der Übersiedlung auf ein Erkenntnis des , verwiesen. In diesem Erkenntnis habe der Gerichtshof zu beurteilen gehabt, ob die Pflegebedürftigkeit der Mutter des Beschwerdeführers und die beabsichtigte (Wieder)Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit am Ort des Familienwohnsitzes gewichtige Gründe für die Beibehaltung dieses Wohnsitzes darstellten. Der VwGH habe die Rechtsmeinung vertreten, dass die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung in eine übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten haben könne. Infolgedessen habe er nicht nur die beabsichtigte (Wieder)Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit am Ort des Familienwohnsitzes als einen gegen eine Wohnsitzverlegung sprechenden Unzumutbarkeitsgrund beurteilt, sondern auch die Pflegebedürftigkeit der Mutter des Beschwerdeführers. Der Einwand des Bw., das Finanzamt habe nicht erkannt, dass die Pflegebedürftigkeit seiner Mutter ein geeignetes Sachvorbringen für das Vorliegen einer Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung sei, sei somit berechtigt. Allerdings sei der dem zitierten Erkenntnis des VwGH zugrunde liegende Sachverhalt nicht identisch mit dem gegenständlichen. Abgesehen davon, dass in dem erwähnten Erkenntnis der Beschwerdeführer auf eine mögliche Wiederaufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit am Familienwohnort verwiesen habe, habe dessen Ehegattin seine pflegebedürftige Mutter am Familienwohnsitz betreut, sodass bei Aufgabe des Familienwohnsitzes eine Übersiedlung der Mutter erforderlich gewesen wäre. Im Unterschied dazu habe der Bw. jahrelang räumlich getrennt von seiner Mutter gelebt, erst nach Kenntnis von seinem neuen Arbeitsort seinen eigenen Haushalt in der T.K. 24 in B. aufgegeben und an der Adresse des Wohnsitzes seiner Mutter seinen Hauptwohnsitz angemeldet. Zudem habe der Bw. selbst seine pflegebedürftige Mutter offenkundig noch zu keinen Zeitpunkt betreut.

Der VwGH habe überdies zum Ausdruck gebracht, dass, sofern als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung die Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger angeführt werde, das "Bestehen einer besonders gelagerten Pflegenotwendigkeit" bzw. die (ärztlich attestierte) Gefahr für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Pfleglings" im Falle einer Wohnsitzverlegung darzulegen sei (; ). Der Bw. habe aber weder dargetan, welcher Pflege in welchem Ausmaß seine Mutter bedürfe, noch zur Kenntnis gebracht, wer die eventuell erforderlichen Pflegeleistungen erbringe. Bekanntgegeben worden sei lediglich, dass die Mutter des Bw. in Pflegestufe 1 eingestuft worden sei. Zur Auslegung des Begriffes "Pflegebedarf" werde daher auf die Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. I Nr. 110/1993 idgF, zurückgegriffen, dessen Art. 2 § 4 Abs. 1 diesen als "ständige(n) Betreuungs- und Hilfsbedarf auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung" definiere. Die Begriffe "ständiger Pflegebedarf" "Betreuung" und "Hilfe" würden in der in Ausführung zum Bundespflegegeldgesetz ergangenen Einstufungsvorordnung, BGBl. II Nr. 37/1999 idgF erläutert. Danach liege ein "ständiger Pflegebedarf" dann vor, wenn dieser täglich oder zumindest mehrmals wöchentlich regelmäßig gegeben sei. Unter "Betreuung" seien alle in relativ kurzer Folge notwendigen Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffen würden und ohne die der pflegebedürftige Mensch der Verwahrlosung ausgesetzt wäre. Zu diesen Verrichtungen zählten insbesondere solche beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, der Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Einnahme von Medikamenten und der Mobilitätshilfe im engeren Sinn. Unter "Hilfe" seien aufschiebbare Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die den sachlichen Lebensbereich betreffen würden und zur Sicherung der Existenz erforderlich seien. Hilfsverrichtungen seien die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens, die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Pflege der Leib- und Bettwäsche, die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial und die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn.

Bei Zugrundelegung der obig dargelegten Bestimmungen auf den vorliegenden Fall vertrete die Abgabenbehörde die Ansicht, dass der Bw. Betreuungsleistungen iSd Bundespflegegeldgesetzes und der dazu ergangenen Verordnung gegenüber seiner in Pflegestufe 1 eingestuften Mutter nicht im Rahmen der monatlichen Besuche erbringen könne und somit den Voraussetzungen für eine aus der Sicht des Bw. bestehende "besonders gelagerte Pflegenotwendigkeit" iSd Judikatur des VwGH nicht entsprochen werde. Zudem sei nicht einmal klar, ob der Bw. die Besuche bei seiner Mutter mit beruflich bedingten Reisen zum Sitz seines Arbeitgebers in Wien verbunden habe. Auch ergäbe sich aus der Wohnsitzverlegung des Bw. deshalb keine Veranlassung für eine Mitübersiedlung der Mutter, weil die Schwester des Bw. mit der Mutter im selben Haushalt lebe und ein Bruder des Bw. im 65 km entfernten Graz.

Der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen könne der Verweis auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach die Verlegung des Heimatwohnsitzes bei Alleinstehenden "für eine gewisse Übergangszeit" unzumutbar sei und deshalb während dieses Zeitraumes anfallende Kosten für die Zweitunterkunft am Arbeitsort sowie für in gewissen Zeitabständen unternommene Fahrten zum Heimatwohnsitz Werbungskosten darstellten. Abgesehen davon, dass der Zeitrahmen für diese Übergangsphase nicht von vorneherein festgelegt sei, sondern sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles bestimme, gelte dieser Grundsatz dann nicht, wenn es bereits zu einer Verlegung des Familien- bzw. Heimatwohnsitzes an den Arbeitsort gekommen sei. Von einer solchen Verlegung sei auszugehen, wenn am Dienstort eine den Wohnbedürfnissen des allein stehenden Dienstnehmers entsprechende Wohngelegenheit zur Verfügung stünde (z.B. ; ; ). Da der Bw. seinen eigenen Haushalt in der Sk. mit aufgegeben habe und in V. in Wt. eine 83qm-Wohnung bewohne, sei von einer Verlegung des Lebensmittelpunktes und damit des ständigen Wohnsitzes nach V. auszugehen. Kosten für einen Zeitwohnsitz seien daher ebenso wenig anzuerkennen wie Aufwendungen für Familienheimfahrten.

Unter dem Titel "Umzugskosten" seien weiters Aufwendungen für "Wohnungssuche" und "Übersiedlung" geltend gemacht worden. Solche Kosten seien nur bei beruflicher Veranlassung des Umzuges steuerlich absetzbar. Eine berufliche Veranlassung läge beispielsweise beim erstmaligen Antritt eines Arbeitsverhältnisses, beim Wechsel des Dienstgebers oder im Falle einer dauernden Versetzung durch den gegenwärtigen Dienstgeber vor. Ein Umzug setze aber in allen Fällen die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes voraus. Werde der bisherige Wohnsitz nicht aufgegeben, komme allenfalls eine Berücksichtigung dadurch bedingter Aufwendungen aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung" in Betracht (LStR 2002, Rz 341). Da der Bw. seit bei einem neuen Dienstgeber beschäftigt sei und seinen eigenständigen Haushalt in der Sk. mit aufgegeben habe, seien die gegenständlichen Kosten im erklärten Ausmaß (in Höhe von 5.607,88 €) als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag, mit dem der Antrag auf erklärungsgemäße Veranlagung der Werbungskosten im Streitjahr aufrecht erhalten wurde, wurde im Wesentlichen nochmals betont, die 1997 stattgefundene Übertragung des Eigentums am Familienwohnsitz an den Bw. sei unter der mit seinen Geschwistern vereinbarten Bedingung erfolgt, dass der Bw. sich um seine Eltern kümmern werde. Daraus resultiere eine nach wie vor bestehende moralische und sittliche Verpflichtung, der der Bw. immer nachgekommen sei, auch wenn deren Erfüllung durch die weiter entfernte Berufsausübung nicht einfacher geworden sei.

Unter Hinweis auf das ebenfalls bereits erwähnte, zugunsten der Eltern intabulierte lebenslange Wohn- und Fruchtgenussrecht sowie das Veräußerungsverbot (siehe dazu oben) wurde weiters die Annahme des Finanzamtes, ab Juni 1999 hätte sich die ehemalige Gattin des Bw. und ab Oktober 2001 die Schwester des Bw. ausschließlich um die Betreuung der Mutter gekümmert, als unzutreffend bezeichnet. Unrichtig sei auch die Feststellung des Finanzamtes, der Bw. habe bereits im Jahr 1999 den Bezug zu seinem Familienwohnsitz in K, A. 3, und zu seiner Mutter aufgegeben sowie im November 2007 seinen "eigentlichen, persönlichen Hauptwohnsitz" in B. aufgegeben.

Lebensmittelpunkt des Bw. sei immer (sowohl in den Jahren 1999 bis 2007 als auch im Streitjahr sowie gegenwärtig) der Familienwohnsitz in K gewesen. Die Trennung des Bw. von seiner Gattin sei erst im Sommer 2001 erfolgt, woraufhin die Gattin mit den Kindern vorübergehend zu ihren Eltern gezogen sei. Die Meldung des Bw. ab Juni 1999 in B. habe berufliche Gründe gehabt. Der dortige Wohnsitz habe die Betreuung der Mutter in K keineswegs ausgeschlossen oder unmöglich gemacht, da die Entfernung dieser Orte zueinander nur knapp 5 km betrage. Zudem scheine die Annahme des Finanzamtes, die ehemalige Gattin des Bw. hätte sich noch nach der Trennung um ihre Schwiegermutter gekümmert, doch ziemlich realitätsfremd. Die Schwester des Bw. sei schon seit vielen Jahren im auswärtigen Dienst tätig. In den letzten Jahren habe sie in Afrika (Ke. und M.) gelebt und gearbeitet. Da sie aber ihre Wurzeln zu Österreich nicht ganz verlieren wollte und sich auch immer wieder kurzfristig in Österreich aufhalte, habe sie noch einen Wohnsitz in K, A. 3, angemeldet. Als Betreuungsperson für die Mutter des Bw. komme sie aber definitiv nicht in Betracht.

Dass der Bw. seinen Hauptwohnsitz im November 2007 wieder am Familienwohnsitz in K angemeldet habe, habe mehrere Ursachen gehabt. Zum einen habe der Bw. seine Tätigkeit in B. beendet, zum anderen sei seiner Mutter im Oktober 2007 Pflegegeld der Stufe 1 zuerkannt worden. Unrichtig sei die Unterstellung des Finanzamtes, dem Bw. sei zu diesem Zeitpunkt bereits klar gewesen, dass er eine neue Stelle in V. antreten würde. Richtig sei vielmehr, dass der Bw. bis Ende März 2008 sein Gehalt weiter von der Fa. "So." bezogen hätte und bis zum Ende des Dienstverhältnisses dienstfrei gestellt worden sei. Dass der Bw. bereits im Februar 2008 ein neues Dienstverhältnis bei der Fa. Se. in G. annehmen würde, sei erst im Dezember 2007 festgestanden. Daraus sei dann auch der Bedarf nach einem zweiten Wohnsitz in V. resultiert, den sich der Bw. im Jänner 2008 gesucht habe.

Nochmals erwähnt wurde zudem, dass das gegenständliche Haus in K der Familienstammwohnsitz des Bw. und seiner Mutter sei, an dem diese ihr Leben lang gewohnt habe. Die Übersiedlung von K nach Wt. und die Neubegründung eines Haushaltes würden für die 85-jährige Mutter des Bw. eine physisch und und psychisch nicht zumutbare Belastung bedeuten, die entsprechende gesundheitliche Risiken mit sich bringen würde. Aus der Sicht des Bw. seien daher alle Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte, beruflich veranlasste Haushaltsführung erfüllt.

Mit Ergänzungsersuchen des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde der Bw. um Mitteilung ersucht, welche gewichtigen Gründe es erforderlich gemacht hätten, neben dem Wohnsitz in K einen weiteren, nur knapp 5 km entfernten Wohnsitz in B. zu begründen. Weiters wurde der Bw. aufgefordert, jene Personen (Namen und Adressen) bekannt zu geben, die die erforderlichen Pflegeleistungen (z.B. Körperpflege, Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, Mobilitätshilfe) und Hilfsverrichtungen (z.B. Einkauf, Reinigung der Wohnung und der Wäsche, Gartenpflege, etc.) für seine Mutter während seiner Abwesenheit im Streitjahr erbracht hätten bzw. gegenwärtig erbringen würden. Mitzuteilen sei ferner, ob bzw. welche Betreuungsleistungen der Bw. im Rahmen seiner monatlichen Besuche erbringe. Weiters werde um Auskunft ersucht, ob in dem im Alleineigentum des Bw. stehenden Haus in K, A. 3, neben der Mutter des Bw. und seiner Schwester ab dem Jahr 2007 bis gegenwärtig weitere Personen einen Wohnsitz gehabt hätten bzw. gegenwärtig haben würden. Bekannt zu geben sei auch, ob bzw. welche Räumlichkeiten (abgeschlossene Wohnung oder ein bzw. mehrere Zimmer im Wohnungsverband) dem Bw. im gegenständlichen Haus in K zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stünden. Anhand von Belegen (Bankauszüge, etc.) sei weiters anzugeben, welche Personen in welchem Ausmaß die im Jahr 2008 für das Haus in K angefallenen Kosten (Betriebskosten, Kreditrückzahlungen, etc.) getragen hätten.

Im Antwortschreiben teilte der Bw. mit, dass er in den Jahren vor seinem Umzug nach V. im Gemeinderat der Stadtgemeinde B. tätig gewesen sei. Die Ausübung dieser politischen Funktion sei an die Voraussetzung geknüpft gewesen, dass der Bw. seinen Wohnsitz von K nach B. ummelde. Die Wohnsitznahme in B. sei somit rein aus dem dargelegten Grund erfolgt, den Lebensmittelpunkt und seinen Familienwohnsitz habe der Bw. zu diesem Zeitpunkt faktisch jedoch noch nicht aufgegeben.

Die Pflegeleistungen und Hilfsverrichtungen, die die Mutter des Bw. in Anspruch nehmen müsse, beschränkten sich hauptsächlich auf Hilfsverrichtungen. Die täglichen Alltagsverrichtungen (z.B. Körperpflege, Kochen, Mobilität in und ums Haus) habe diese noch selbst erledigen können und könne es auch gegenwärtig noch. Der Bw. sei daher insbesondere für Hilfsverrichtungen wie Großeinkäufe, Instandhaltung von Haus und Garten, Reinigung des Hauses, Wäschewaschen, Behördengänge und andere Erledigungen zuständig. Diese Aufgaben würden während der Besuche des Bw. gebündelt erledigt. Hierzu sei noch erwähnt, dass der Bw. seine Besuche immer derart gestalte, dass er sich zumindest drei Tage in K aufhalte ("verlängertes Wochenende") und dass im Bedarfsfall auch mehr als ein Besuch pro Monat erfolge. Steuerlich würde lediglich ein Besuch pro Monat geltend gemacht, da auf Grund der Aussagen in den LStR die steuerliche Anerkennung von mehr als einer Familienheimfahrt pro Monat von vornherein als aussichtslos erachtet werden würde und sowieso die Deckelung durch das große Pendlerpauschale greife. Während der Abwesenheit des Bw. würden für seine Mutter kleinere Besorgungen und Erledigungen von den Nachbarn im Rahmen der Nachbarschaftshilfe bewerkstelligt.

Das Haus in K sei ein zweistöckiges Wohnhaus, in dem sich zwei voneinander getrennte, in sich geschlossene Wohnungen befänden. Im Erdgeschoss befände sich eine separate, in sich geschlossene Wohnung, die von der Mutter des Bw. bewohnt werde. Im Obergeschoss befände sich eine separate Wohnung, die ausschließlich dem Bw. zur Verfügung stünde. Außer dem Bw. und seiner Mutter sei auch die Schwester des Bw. in diesem Haus gemeldet. Wie aber bereits dargelegt worden sei, wohne letztere tatsächlich nicht in diesem Haus, da sie schon seit etlichen Jahren beruflich im diplomatischen Dienst im Ausland tätig sei und auch im Ausland lebe. Der Schwester der Bw. diene der Wohnsitz in K lediglich als Unterkunft, wenn sie nach Hause zu Besuch komme.

Die Kosten für das im Alleineigentum des Bw. stehenden Hauses in K würden überwiegend vom Bw. getragen. Einerseits trage dieser die kompletten, auf seine Wohnung entfallenden Betriebskosten (Strom, Wasser, Kanal, Müll, Heizung, Grundsteuer, etc.), andererseits trage er auch sämtliche Kosten für die Instandhaltung des Hauses und des Gartens. Die auf die Wohnung der Mutter des Bw. entfallenden anteiligen Betriebskosten trage diese selbst. Als Nachweis über die Betriebskostenzahlungen läge diesem Schreiben ein Bankkontoauszug für das Jahr 2008 bei. Fremdmittelrückzahlungen würden für das Haus keine mehr anfallen.

Über die Berufung wurde erwogen:

In Streit steht, ob die unter dem Titel "Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten" geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten zu qualifizieren sind oder ob es sich dabei um nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung handelt.

Als Sachverhalt steht fest, dass der im Streitjahr alleinstehende Bw. mit Übergabevertrag vom das Alleineigentum an seinem Elternhaus (GB XX, EZ X, GST-Nr. XXX, GST-Adresse: K ,A. 3) erworben hat. Die Eltern des Bw. haben sich ein lebenslanges Wohn- und Fruchtgenussrecht zurückbehalten. Zudem ist die Liegenschaft mit einem Veräußerungsverbot bis zum Ableben beider Elternteile belegt worden. Sonstige Verbindlichkeiten (wie Darlehen, etc.) sind aus dem Lastenblatt des Grundbuches nicht ersichtlich. Bis zum hat der Bw. mit seiner ehemaligen Gattin, mit der er vom bis zum verheiratet gewesen ist, und seinen Kindern in seinem Elternhaus seinen Familienwohnsitz gehabt. Vom bis zum hat der Bw. laut Zentralem Melderegister in B., L. 3 seinen Hauptwohnsitz gehabt. Vom bis zum war der Hauptwohnsitz des Bw. in B., T.K. 24. Seit hat der Bw. seinen Hauptwohnsitz wiederum in seinem Elternhaus in K. In diesem Haus wohnten im Streitjahr auch die damals 85-jährige Mutter des Bw., die in diesem Jahr Pflegegeld der Stufe 1 bezog sowie - laut Melderegister - seine Schwester. Letztere ist nach Angaben des Bw. im diplomatischen Dienst im Ausland tätig und kommt nur auf Besuch nach K.

Im Haus in K ist zweistöckig und hat zwei separate, in sich geschlossene Wohnungen, von denen sich eine im Erdgeschoss und die andere im Obergeschoss befindet. Die Wohnung im Erdgeschoss wird von der Mutter des Bw. bewohnt, die auch die auf diese Räumlichkeiten entfallenden Betriebskosten trägt. Für die auf die Wohnung im Obergeschoss entfallenden Betriebskosten, wie Strom, Wasser, Kanal, Müll, Heizung und Grundsteuer, ist laut beigelegtem Bankkontoauszug nachweislich der Bw. aufgekommen. Der Unabhängige Finanzsenat hält es daher auch für glaubhaft, dass diese Wohnung im Streitjahr ausschließlich dem Bw. zur Verfügung stand.

Seit ist der Bw., der bis zu diesem Zeitpunkt bei der Fa. "So." beschäftigt war, als Niederlassungsleiter für die Fa. "S.G. GmbH" in G. in V. tätig. Mit selbem Datum hat der Bw. in Wt., S. 18/8 eine 83 m² große Wohnung angemietet, die er als Nebenwohnsitz angemeldet hat.

Dieser Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu würdigen:

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsstätte vom Familienwohnort so weit entfernt ist, dass die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist, die Arbeitsstätte somit außerhalb des Einzugsbereichs des Familienwohnsitzes liegt, und deswegen am Dienstort ein weiterer Wohnsitz begründet werden muss (vgl. ; , 99/14/0340 u.v.a.).

Der VwGH sieht die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für einen weiteren Haushalt am Dienstort und für Familienheimfahrten dennoch ausnahmsweise als Werbungskosten berücksichtigt werden können, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als eine Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstätte nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit kann unterschiedliche Ursachen haben, die sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines Ehegatten begründet sein können. Die Ursachen für die Unzumutbarkeit müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem, objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann auch eine auf Dauer angelegte, doppelte Haushaltsführung gerechtfertigt sein. Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (z.B. ; , 2006/15/0047; , 2005/15/0011; , 2000/13/0083 u.a. sowie Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 16 Abs.1 Z.6, Tz.3, mit Hinweisen auf weitere VwGH-Judikatur).

Sowohl in der Judikatur als auch in der Lehre wird einhellig davon ausgegangen, dass auch bei alleinstehenden Steuerpflichtigen Umstände vorliegen können, die die Verlegung eines bestehenden, ständigen Wohnsitzes am Heimatort an einen (unüblich weit entfernten) Arbeitsort für vorübergehend oder auch dauerhaft unzumutbar machen (; ; -G/08; Doralt, EStG13, § 16 Tz 200/1 ff). Unabdingbare Voraussetzung für die Berücksichtigung von Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung ist aber, dass der (alleinstehende) Steuerpflichtige am Heimatwohnsitz seinen Lebensmittelpunkt hat und dass er dort nicht lediglich in einem fremdem Haushalt eingegliedert ist, sondern einen "eigenen Haushalt" führt.

Der Unabhängige Finanzsenat sieht den Heimatwohnsitz des Bw. im Jahr 2008 aus folgenden Gründen als jenen Ort an, zu dem dieser die engsten persönlichen Beziehungen hatte: Zum einen hat der Bw. seine nichtselbständige Tätigkeit in V. erst im Februar 2008 angetreten und auch seine Wohnung in V. mit selbem Datum angemietet. Es ist daher davon auszugehen, dass er im Jahr 2008 noch keinen Freundes- oder Bekanntenkreis in V. aufbauen konnte. Zum anderen lebt am Wohnsitz in K nicht nur die Mutter des Bw., auch seine drei zum damaligen Zeitpunkt fünfzehn-, sechzehn- und achtzehnjährigen Kinder haben im Streitjahr in derselben Gemeinde gelebt. Weiters verbringt die im Ausland lebende Schwester des Bw. an diesem Ort ihren Urlaub und auch der Wohnort des Bruders ist bloß 65 km entfernt.

Indizien für die Annahme eines "eigenen Haushalts" sind insbesondere eine regelmäßige und angemessene Beteiligung an den Haushaltskosten, eine maßgebliche persönliche Mitwirkung bei der Wirtschaftsführung im Sinne einer Mitbestimmung bei den wesentlichen Haushaltsentscheidungen, ein Rechtstitel zur Nutzung der Räumlichkeiten (z.B. Eigentum oder Miete) sowie die Häufigkeit der tatsächlichen Nutzung (Wanke, Doppelte Haushaltsführung, wenn sich der Familienwohnsitz bei den Eltern befindet?, in UFSjournal 3/2009, 102 ff; Demal, Doppelte Haushaltsführung: Ist nur ein Singlehaushalt ein "richtiger" Haushalt? In UFSjournal 5/2009, 168 ff).

Wie obig bereits dargelegt wurde, hat der Bw. aus der Sicht des Unabhängigen Finanzsenates glaubhaft dargetan, dass ihm im Streitjahr im Obergeschoss des Elternhauses eine separate, in sich geschlossene Wohnung zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stand. Er ist auch nachweislich für die auf diese Räumlichkeiten entfallenden Betriebskosten aufgekommen. Als glaubhaft wird zudem angesehen, dass der Bw. zumindest einmal monatlich (im Bedarfsfall auch öfter), ein verlängertes Wochenende an seinem Wohnsitz in K verbracht hat. Gesamthaft sieht es der Unabhängige Finanzsenat daher als erwiesen an, dass der Bw. im Jahr 2008 in seinem Elternhaus einen "eigenen Hausstand" im Sinne der obigen Ausführungen geführt hat.

Der Bw. hat die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung mit Pflege- und Betreuungspflichten gegenüber seiner Mutter begründet. Dazu wurde ausgeführt, dem Bw. sei das Eigentum am Familienwohnsitz unter der Auflage übertragen worden, dass er sich um seine Eltern kümmere. Daraus resultiere eine moralische und sittliche Verpflichtung, der der Bw. immer nachgekommen sei, auch wenn deren Erfüllung durch die weiter entfernte Berufungsausübung nicht einfacher geworden sei. Für die Mutter des Bw. (diese war im Streitjahr 85 Jahre alt und bezog Pflegegeld der Stufe 1) würde eine Übersiedlung von K nach Wt. und die Neubegründung eines Haushaltes eine physisch und psychisch nicht zumutbare Belastung bedeuten, die entsprechende gesundheitliche Risiken mit sich bringen würde.

Bereits in der Berufungsvorentscheidung wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichthofes die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nur zu bejahen ist, wenn im Einzelfall eine "besonders gelagerte Pflegenotwendigkeit" besteht ( bzw. ). Dem Bw. wurde auch zur Kenntnis gebracht, dass aus der Sicht des Unabhängigen Finanzsenates das in der Einstufungsverordnung (EinstV, BGBl. II Nr. 37/1999 idgF) zum Bundespflegegeldgesetz (BPGG, BGBl. Nr. 110/1993 idgF) dargestellte Verständnis von "Pflegebedürftigkeit" als taugliches Instrumentarium für die Interpretation des Begriffs "besonders gelagerten Pflegenotwendigkeit" anzusehen ist (siehe dazu auch -G/08).

Nach Art. 2 § 4 Abs. 1 BPGG iVm § 5 EinstV ist unter "Pflegebedarf" ein ständiger, d.h. ein regelmäßig täglich oder zumindest mehrmals wöchentlich zu erbringender Betreuungs- und Hilfsbedarf auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung zu verstehen. "Betreuung" wird in § 1 EinstV definiert als vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffende notwendige Verrichtungen, die in relativ kurzer Folge durch andere Personen zu erbringen sind und ohne die der pflegebedürftige Mensch der Verwahrlosung ausgesetzt wäre. Zu diesen Verrichtungen zählen insbesondere solche beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, der Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Einnahme von Medikamenten und der Mobilitätshilfe im engeren Sinn. Unter "Hilfe" sind laut § 2 EinstV aufschiebbare Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die den sachlichen Lebensbereich betreffen und zur Sicherung der Existenz erforderlich sind. Hilfsverrichtungen sind die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens, die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Pflege der Leib- und Bettwäsche, die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial und die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn.

Grundsätzlich wäre nun aus dem Umstand, dass die Mutter des Bw. im Streitjahr Pflegegeld der Stufe 1 bezogen hat und ihr damit behördlicherseits gemäß Art. 2 § 4 Abs. 2 BPGG ein Pflegebedarf von mehr als 50 Stunden monatlich bescheinigt wurde, auf einen ständigen Betreuungs- und Hilfsbedarf zu schließen. Allerdings hat der Bw. auf Verlangen mitgeteilt, dass seine Mutter die täglichen Alltagsverrichtungen (z.B. Körperpflege, Kochen, Mobilität in und ums Haus) noch selbst erledigen könne. Hilfe werde insbesondere bei Großeinkäufen, bei der Instandhaltung von Haus und Garten, bei der Reinigung des Hauses, beim Wäschewaschen, bei Behördengängen und bei ähnlichen Verrichtungen benötigt. Diese Aufgaben würde der Bw. im Rahmen seiner monatlichen, im Bedarfsfall auch häufigeren Besuche übernehmen, wobei er sich immer für zumindest drei Tage in K aufhalte ("verlängertes Wochenende"). Während seiner Abwesenheit würden kleinere Besorgungen und Erledigungen von den Nachbarn im Rahmen der Nachbarschaftshilfe bewerkstelligt.

Der Unabhängige Finanzsenat sieht nun keine Veranlassung, das Vorbringen des Bw. zum Pflegebedarf seiner Mutter in Zweifel zu ziehen. Wird diese Darlegung aber für glaubhaft erachtet, ist ein ständiger Pflegebedarf im Sinne der obig wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen und damit das Bestehen einer "besonders gelagerten Pflegenotwendigkeit" zu verneinen. Denn diese setzen einen täglichen oder zumindest mehrmals wöchentlich zu erbringenden Betreuungs- und Hilfsbedarfs voraus. Von einem solchen kann aber nicht gesprochen werden, wenn sämtliche Alltagsverrichtungen noch selbst erledigt werden können (d.h. keine Betreuungsleistungen iSd § 1 EinstV in Anspruch genommen werden müssen), und die Mutter des Bw. im Wesentlichen lediglich auf eine einmal monatlich beschränkte Unterstützung bei körperlich anstrengenden Haus - und Gartenarbeiten (Instandhaltungsarbeiten von Haus und Garten, Reinigung des Hauses, Wäschewaschen) sowie bei Besorgungs- und Transportdiensten (Großeinkauf, Behördengänge) angewiesen ist.

Da der Bw. im Streitjahr ab Februar, wie obig dargelegt, nach Rechtsmeinung des Unabhängigen Finanzsenates zwei Wohnsitze hatte (einen "Familienwohnsitz" in K und einen Wohnsitz in Wt.) ist aber im Folgenden zu prüfen, ob trotz Verneinung der Voraussetzungen für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung die durch die Führung zweier Haushalte verursachten Mehraufwendungen dennoch "für eine gewisse Übergangszeit" Anerkennung finden können. Der Grund, weshalb Kosten der doppelten Haushaltsführung für eine angemessene Frist als abzugsfähig erachtet werden, liegt darin, dass die Beschaffung eines Wohnsitzes am Beschäftigungsort sowie die Auflösung des bisherigen Wohnsitzes üblicherweise eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen. Die Verwaltungspraxis (LStR 2002 Rz 346) und auch der UFS (; -K/09) sehen in der Regel bei alleinstehenden Steuerpflichtigen für die Verwirklichung der Umzugsbereitschaft einen Zeitraum von sechs Monaten als ausreichend an, wobei je nach Einzelfall auch ein längerer Zeitraum akzeptiert wird (beispielswiese wenn sich die Wohnungssuche als besonders schwierig gestaltet; siehe dazu Kofler, Die steuerliche Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung, in taxlex 2008, S. 8 ff).

Der Bw. hat im Februar 2008 seine nichtselbständige Tätigkeit in V. angetreten und mit selben Datum eine 83qm große Wohnung angemietet. Aus den Akten ist nicht zu entnehmen, dass diese Wohnung nicht objektiv zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse des Bw. geeignet ist. Der Unabhängige Finanzsenat erachtet daher die Auflösung des Wohnsitzes in K innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten als zumutbar, weshalb die mit der Beibehaltung dieses Wohnsitzes verbundenen Mehrkosten für Zeiträume danach nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Aus dem Titel der "doppelten Haushaltsführung anerkannt werden die Kosten des Umzuges in Höhe von 5.607,88 €, die Kosten für Einrichtungsgegenstände in Höhe von 9.948,57 €, die Mietkosten für Februar 2008 bis einschließlich Juli 2008 in Höhe von 6.144,00 € (die Monatsmiete beträgt 1.024,00 €) sowie die Betriebskosten für Februar 2008 bis einschließlich Juli 2008 in Höhe von 756,00 €. Da das Vorliegen der Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung für einen Zeitraum von sechs Monaten bejaht wurde, werden auch die Aufwendungen für die in diesem Zeitraum getätigten Familienheimfahrten insoweit anerkannt, als sie das auf den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum umgerechnete höchste Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 nicht überschreiten (für Zeiträume bis einschließlich betrug das höchste Pendlerpauschale jährlich 2.931,00 € und monatlich 244,25 €, sodass für den Zeitraum - Kosten in Höhe von 1.221,25 € zu berücksichtigen sind; für Zeiträume nach dem betrug das höchste Pendlerpauschale jährlich 3.372,00 € und monatlich 281,00 €; insgesamt sind somit für den Zeitraum bis einschließlich Kosten in Höhe von 1.502,25 € zu berücksichtigen).

Aufstellung der aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung" sowie "Familienheimfahrten" anzuerkennenden Werbungskosten


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kosten des Umzuges
5.607,88 €
Kosten für Einrichtungsgegenstände
9.948,57 €
Mietkosten
6.144,00 €
Betriebskosten
756,00 €
Aufwendungen für Familienheimfahrten
1.502,25 €
23.958,70 €

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Lebensmittelpunkt
eigener Haushalt
besonders gelagerte Pflegenotwendigkeit
ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at