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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.06.2013, RV/0091-W/07

Schicksal des Verlustvortrages der aufnehmenden Gesellschaft bei einer Verschmelzung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Steuerberater, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend Körperschaftsteuer 2004 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

In der am elektronisch eingereichten Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2004, machte die Berufungswerberin (Bw.) unter der Kennzahl 619 einen Verlustabzug von € 1.053.184,24 geltend.

Mit Bescheid vom setzte das zuständige Finanzamt (FA) die Körperschaftsteuer fest, ohne den Verlustvortrag anzusetzen.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wird beantragt, einen der Erklärung entsprechenden Bescheid zu erlassen. Da der Körperschaftsteuerbescheid selbst keine Begründung enthalte, werde die Nachreichung der Berufungsbegründung vorbehalten.

In der Bescheidbegründung führte sodann das Finanzamt aus, dass die Verluste der übertragenden Körperschaft (B-GmbH) laut § 4 Abs. 1 lit. a UmgrStG erst ab dem dem Verschmelzungsstichtag () folgenden Veranlagungszeitraum absetzbar seien.

In einem daraufhin übermittelten Schreiben vom (Berufungsergänzung) weist die Bw. durch ihren steuerlichen Vertreter darauf hin, dass in der mit datierten, am zugestellten Bescheidbegründung ausgeführt werde, dass die Verluste der übertragenden Körperschaft (B-GmbH ) im Jahr 2004 nicht berücksichtigt werden könnten, da der Verschmelzungsstichtag der und der Verlustabzug erst im Zeitraum nach dem Verschmelzungsstichtag möglich sei. Wie aus dieser Begründung hervorgehe, sei der Bescheid aufgrund einer unrichtigen Tatsachenerhebung ergangen. Wie aus den vorgelegten Unterlagen eindeutig hervorgehe, sei der Verschmelzungsstichtag der , es werde daher der Antrag auf Erlassung eines auf den richtigen Fakten basierenden Bescheides gestellt, wobei die in der Berufung vom gestellten Anträge in vollem Umfang aufrecht erhalten blieben.

Mit weiterem ergänzenden Berufungsschriftsatz vom wird neuerlich gegen den genannten Körperschaftsteuerbescheid 2004 und zwar wegen Nichtanrechnung der Verlustvorträge der B-GmbH , mit der die Bw. zum als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen wurde, Berufung erhoben und diese wie folgt begründet:

Die Verschmelzung sei unter Anwendung der Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes erfolgt. Die nicht angerechneten Verluste würden aus dem übertragenen Betrieb stammen. Die den Verlust verursachenden Betriebe oder Betriebsteile seien am Verschmelzungsstichtag vorhanden gewesen.

Die Fusion sei zum erfolgt. Gemäß § 4 Z. 1 lit. a Umgründungssteuergesetz könnten Verluste der übertragenden Körperschaft unter den oben angeführten Voraussetzungen, wenn sie zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, ab dem den Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft verrechnet werden. Der auf den Verschmelzungsstichtag folgende Veranlagungszeitraum habe erst am geendet, sodass die vom Umgründungssteuergesetz aufgestellten Bedingungen im vollen Umfang erfüllt seien.

Die vom Finanzamt unterstellte Interpretation, nämlich dass die Verrechnung erst in Veranlagungszeiträumen, die nach dem Verschmelzungsstichtag beginnen, möglich sei, sei durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt.

Weiters seien die noch nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuervorauszahlungen der aufgehenden B-GmbH nicht auf die Körperschaftsteuerbelastung der Bw. angerechnet worden.

Sollte dem Berufungsbegehren nicht im Wege einer Berufungsvorentscheidung stattgegeben werden, werde eine mündliche Verhandlung vor dem UFS beantragt.

Der Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung insoweit stattgegeben, als die bei der Fa. B-GmbH im Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom ausgewiesene anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von € 3.101,95 angesetzt wurde. Die Bescheiderlassung erfolgte vorläufig, weil bei der genannten Gesellschaft der Körperschaftsteuerbescheid 2004 noch nicht ergangen sei und daher die Höhe der anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer noch nicht gewiss sei. Die Berufung wurde insoweit abgewiesen, soweit der Verlustabzug der übertragenden Gesellschaft beantragt wurde. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 4 Z. 1 lit. a UmgrStG ergebe sich, dass die übergehenden Verluste erstmals in jenem Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden könnten, der dem Jahr folgt, in das der Verschmelzungsstichtag fällt. Der Verschmelzungsstichtag () fiele in das Jahr 2004, sodass der Verlust erstmals im Veranlagungsjahr 2005 geltend gemacht werden könne.

Im dagegen erhobenen Antrag auf Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat wendet sich die Bw. gegen die Nichtanrechnung der Verlustvorträge der B-GmbH mit folgender Begründung: Der Wortlaut der abweisenden Begründung sei nicht gesetzeskonform. Nicht in jenem Jahr, das dem Veranlagungszeitraum folgt, in das der Verschmelzungsstichtag fällt, sei der übergehende Verlust erstmals geltend zu machen, sondern in dem auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum.

Der auf den Verschmelzungsstichtag folgende Veranlagungszeitraum würde am enden. Da Verlustvorträge in dem auf den Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen sind, sei die Verrechnung im Jahr 2004 gesetzeskonform. Da die ehestmögliche Verrechnung von Verlustvorträgen gesetzlich vorgeschrieben ist, sei ihre Berücksichtigung im Jahr 2004 sogar gesetzlich erforderlich. Anders wäre die Situation, wenn der Gesetzestext auf Veranlagungszeiträume, die nach dem Verschmelzungsstichtag beginnen, abstellen würde, was jedoch nicht der Fall sei.

Der in der Berufung gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde mit Schriftsatz vom zurückgenommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Entscheidungserheblicher Sachverhalt:

Außer Streit steht, dass die B-GmbH mit Verschmelzungsvertrag vom als übertragende Gesellschaft mit der Bw. als übernehmende Gesellschaft unter Anwendung der Bestimmungen des Art. I Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) verschmolzen wurde. Verschmelzungsstichtag war der .

Strittig ist lediglich, ob die Verlustvorträge der übertragenden Gesellschaft der B-GmbH , von der Bw. bereits im Jahr 2004 als Verlustabzug geltend gemacht werden können.

Rechtsgrundlagen:

§ 8 Abs. 4 KStG 1988 lautet: "Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen 1. Ausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 1,6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988. 2. Der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988. Der Verlustabzug steht ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Dies gilt nicht, wenn diese Änderungen zum Zwecke der Sanierung...."

§ 4 UmgrStG regelt den Verlustabzug im Bereich der Umgründungsmaßnahmen nach Art. I (Verschmelzung) und normiert (idF BGBl. Nr. 818/1993) wie folgt:

"§ 8 Abs. 4 Z 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen anzuwenden: 1.a) Verluste der übertragenden Körperschaft, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, gelten im Rahmen der Buchwertfortführung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft, als sie den übertragenen Betrieben, Teilbetrieben oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen zugerechnet werden können. Voraussetzung ist weiters, dass das übertragene Vermögen am Verschmelzungsstichtag tatsächlich vorhanden ist. b) ..... c) ..... d) ....."

Nach der Bestimmung des § 10 Z lit. a iVm § 4 Z. 1 lit. a UmgrStG kann bei der übernehmenden Körperschaft die Verwertung übernommener Verluste erst in jenem Veranlagungszeitraum erfolgen, der auf jenen folgt, in den der Verschmelzungsstichtag fällt. Für jenen Zeitraum, in den der Verschmelzungsstichtag fällt, ist das Einkommen der übertragenden Körperschaft letztmalig zu ermitteln (und dabei auch um allfällige Verlustvorträge zu kürzen) und im Rahmen der (kalenderjahrbezogenen) Veranlagung steuerlich zu erfassen.

Nach herrschender Auffassung wird als der auf die Verschmelzung folgende Veranlagungszeitraum in jedem Fall das folgende Kalenderjahr angesehen (Schwarzinger/Wiesner, Umgründungssteuer-Leitfaden, Band 1, 2. Auflage, Wien 1997, 177 und 413; Hügel-Mühlehner-Hirschler, UmgrStG, 128, Rz. 22, zu § 4 unter Hinweis auf § 2 Abs. 3; Keppert/Waitz/Ramsauer in Helbich/Wiesner/Bruckner, Art.II § 10, Abschn. 4.1.2, Rz. 10 mit Verweis auf Art. I, § 4 Abschn 3. 2; , vom , RV/1160-L/08, vom , RV/1207-L/09 und vom , RV/3985-W/09).

Das Auseinanderfallen der Begriffe Veranlagungszeitraum - Wirtschaftsjahr hat zur Folge, dass ein am Verschmelzungsstichtag noch nicht verrechneter Verlustvortrag (des untergegangenen Steuersubjektes) erst im Folgeveranlagungszeitraum (=Folgekalenderjahr) in Abzug gebracht werden kann, auch wenn ein mit dem übertragenen Betriebsvermögen erwirtschafteter Gewinn in einem Rumpfwirtschaftsjahr, das bei der übernehmenden Gesellschaft entweder durch die Verlegung des Bilanzstichtages oder wegen eines vom Regelstichtag abweichenden Verschmelzungsstichtages (wie im gegenständlichen Fall) entsteht, bei der übernehmenden Gesellschaft im Rahmen einer gesonderten Veranlagung noch im selben Jahr zu erfassen ist (Bruckner in Helbich/Wiesner/Bruckner, Art. I, § 4 Abschn 3. 2, Rz. 27 und 28).

Die Ursache für die nicht nahtlose Aneinanderreihung der Verlustverwertung liegt - wie in der Literatur (Peklar, Verluste im Umgründungssteuerrecht, Orac Verlag, Wien 2001, 107) zutreffend angeführt - nicht in der Regelung des § 4 Z 1 lit a UmgrStG, sondern in der Stellung des Verlustvortrages als Element der veranlagungszeitraumbezogenen (und somit kalenderjahrbezogenen) Einkommensermittlung und ist eine Folge der (fiskalpolitisch notwendigen) Periodisierung des Totaleinkommens.

Die Berücksichtigung des Verlustvortrages sowohl beim übertragenden als auch beim übernehmenden Rechtsträger im selben Veranlagungsjahr für jenen Zeitraum, in dem beiden Körperschaften Steuerrechtssubjektivität zukommt, würde einen (systemwidrigen) doppelten Verlustabzug in ein und derselben Veranlagungsperiode (wenn auch bei verschiedenen Steuerpflichtigen) bewirken.

Laut Verschmelzungsvertrag vom wurde die B-GmbH zum Stichtag mit der Bw. als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Der Veranlagungszeitraum für die Bw. bildet jeweils das Kalenderjahr. Da der Verschmelzungsstichtag im Veranlagungs- und Kalenderjahr 2004 liegt, ist das Jahr 2005 als der dem Verschmelzungsstichtag folgende Veranlagungszeitraum im Sinne der obigen Bestimmung anzusehen und das Finanzamt hat somit zu Recht den beantragten Verlustabzug im angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2004 nicht einkommensmindernd berücksichtigt.

Dem Begehren auf Berücksichtigung der bei der Fa. B-GmbH in den Körperschaftsteuerbescheiden für 2003 und 2004 ausgewiesenen anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer konnte antragsgemäß entsprochen werden. Die anzurechnende Mindestkörperschaftsteuer beträgt demnach € 4.851,85 (statt bisher € 3.101,85).

Der Berufung wurde sohin teilweise Folge gegeben.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verlustvortrag
Verrechnung
Verschmelzung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at