Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 04.06.2013, RV/0987-W/11

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Peter Davidik, Mag. Johann Hameder und Peter Grüner über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag.P., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2009 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog im Jahr 2009 laut Lohnzettel steuerpflichtige Pensionseinkünfte (KZ 245) von € 28.629,84. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung machte er (neben Sonderausgaben für Personenversicherungen und Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen zur Errichtung von Wohnraum sowie Werbungskosten für Gewerkschaftsbeiträge der GPA) in der Rubrik Außergewöhnliche Belastungen als Krankheitskosten € 4.021,44 und als Begräbniskosten € 4.422,33 geltend.

Über Vorhalt des Finanzamtes wurden in Ergänzung zu der eingebrachten Erklärung eine Aufstellung über die entsprechenden Positionen der Veranlagung und die dazugehörigen Belege nachgereicht. Bezüglich der Krankheitskosten nahm der Sohn des Bw. wie folgt Stellung: "Diese sind meinem Vater zwangsläufig erwachsen aufgrund des Eheverhältnisses zu meiner Mutter, gedient hat diese Operation einer lebenswichtigen Operation, an deren Folgen meine Mutter bedauerlicherweise verstorben ist. Das Geld wurde von meinem Vater bereit gestellt, da die Einkommensverhältnisse meiner Mutter die Bezahlung nicht zugelassen haben."

Die vorgelegte Aufstellung weist folgende (berufungsrelevante) Positionen aus:


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Begräbniskosten


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P. Bestattung
€ 6.404,21
Leichenschmaus
€ 496,41
Diverse Kosten
€ 600,00
Grabstein
€ 1.150,00
Zw.Summe
€ 8.650,62
GH BA-CA
- € 2.495,14
GH FA
- € 1.510,00
GH Generali
- € 532,91
Begräbniskosten
€ 4.112,57
€ 4.112,57
Kosten für Urkunden Magistrat
€ 17,40
KH Rudolfstiftung
€ 42,88
Kosten Notar S.
1.
€ 106,68
2.
€ 110,40
3.
€ 32,40
€ 249,48
€ 249,48
Summe Begräbniskosten
€ 4.422,33


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Krankenkosten


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Evangelisches Krankenhaus
€ 4.000,00
KH Rudolfstiftung
€ 21,44
Summe Krankenkosten
€ 4.021,44

Folgende Belege (in Kopie) wurden hiezu vorgelegt:

- 3 Beschlüsse des Bezirksgerichts vom 29. Juni, 16. September und in der Verlassenschaftssache nach der am [TT.MM.JJ] verstorbenen Ehegattin des Bw., in welchen der Nachlass, bestehend aus den in der Aufstellung enthaltenen Guthaben (€ 2.495,14 + € 1.510,00 + € 532,91), der dem erblasserischen Witwer (dem Bw.) über dessen Antrag auf Abschlag der Ersatzforderung für bezahlte Begräbniskosten, Nebenauslagen und Grabstein an Zahlungs statt überlassen wird, sowie die ebenfalls in der Aufstellung aufgelisteten Gerichtskommissionsgebühren des Notars (€ 106,68 + € 110,40 + € 32,40, jeweils inkl. MwSt) ausgewiesen werden. Laut Begründung dieser Beschlüsse sind sämtliche von den §§ 154 f AußStrG für eine Überlassung an Zahlungsstatt geforderten Voraussetzungen gegeben, da die Verlassenschaft überschuldet ist, ein Antrag auf Überlassung an Zahlungsstatt gestellt wurde, keine unbedingte Erbantrittserklärung vorliegt, kein Antrag auf Überlassung der Verlassenschaft als erblos vorliegt und kein Verlassenschaftskonkurs eröffnet wurde.

- 1 Rechnung der Gaststätte P. (ohne Datum und Rechnungsempfänger) über einzeln angeführte Speisen und Getränke, in Summe € 496,41. Auf dieser Rechnungskopie befindet sich die handschriftliche Ergänzung: "Trinkgelder: 100,- Fahrtspesen: 200,- Portospesen: 50,- Trauerkleidung: 250,-"

- 1 Rechnung eines Steinmetzbetriebes vom an den Bw. betreffend "nach Beisetzung Kunststeineinfassung einrichten, verhängen und verfugen" samt Inschrift über € 1.150,00 (inkl. MwSt)

- 1 Rechnung der P.Bestattung GmbH vom an den Bw., in der drei Gruppen von Leistungen angeführt sind: -- "durch die Bestattung GmbH erbrachte Leistungen" (insbesondere: Truhe, Sargkreuz, Trauerkarten, Kuverts, Abholung, Aufbahrung, Musikanlage, Konduktpersonal etc.), Zwischensumme € 3.327,05 (exkl. 20% MwSt); -- "Blumenschmuck" (Sarggesteck € 113,64; Kranz € 154,54; Nachwurfblumen € 45,46), Zwischensumme € 313,64 (exkl. 10% MwSt) -- Leistungen der Wiener Stadtwerke (netto € 250,84), der Friedhöfe Wien (netto € 1.141,67), der Krankenanstalt Rudolfstiftung (netto € 123,40) und Nachrufredner (netto € 216,67), Zwischensumme netto € 1.732,57 Gesamtbetrag inklusive USt € 6.404,21

- 1 Vollstreckungsverfügung des Magistrats der Stadt Wien vom betreffend "Krankensanst. Rudolfstiftung Verlassenschaft nach [Gattin des Bw.]: Offener Rechnungsbetrag EUR 42,88" (mit handschriftlichem Vermerk: "Überwiesen am ")

- 1 Aufstellung des Magistrats der Stadt Wien: Anzahl der beantragten Personenstandsurkunden:


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Bundesabgabe:
Verwaltungsabg.:
Summe:
2 Urkunden
13,20
4,20
EURO 17,40

- 1 Beleg des Evangelischen Krankenhauses Wien vom : Kassa-/Bankomat-/ Kreditkarten-Eingang: € 4.000 ,- von [Familienname des Bw.] für Akonto

- 1 Rechnung des Magistrats der Stadt Wien vom betreffend stationären Aufenthalt des Bw. vom 2. bis in der Krankenanstalt Rudolfstiftung: Offener Rechnungsbetrag EUR 21,44

Im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) anerkannte das Finanzamt hinsichtlich der Begräbniskosten € 4.000,00 plus € 1.150,00 (für Grabstein) und zog davon die Nachlassaktiva von (€ 2.495,14 + € 1.510,00 + € 532,91 =) € 4.538,05 ab; das ergab einen Betrag in Höhe von € 611,95. Die beantragten Krankheitskosten in Höhe von € 4.021,44 wurden zur Gänze gewährt. Der Selbstbehalt bei Abzug der außergewöhnlichen Belastungen betrug € 3.264,99.

Die Bescheidbegründung lautete: "Die Begräbniskosten bzw. die Kosten eines Grabmals waren nach Erfahrungssätzen höchstens mit 611,95 € zwangsläufig erwachsen anzuerkennen."

Der Bw. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid Berufung und führte aus wie folgt:

"1. Im Bescheid angeführt sind außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von € 4.633,39. Anerkannt und somit in diesem Betrag enthalten sind Begräbniskosten in der Höhe von € 611,95.

Der Umfang der Begräbniskosten ist falsch.

2. Gemäß § 34 Abs. 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beinträchtigen.

3. Die Belastung ist außergewöhnlich soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Verhältnisse erwächst. Eine Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dann wesentlich beeinträchtigend, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen zwischen € 14.600,- bis 36.400,- 10 Prozent.

Alle oben aufgelisteten Kriterien werden im vorliegenden Fall erfüllt.

4. Gemäß RZ 890 Lohnsteuerrichtlinien sind Begräbniskosten insoweit zwangsläufig, als sie keine Deckung im Nachlass finden.

5. Gemäß sind Begräbniskosten, einschließlich der Errichtung eines Grabmals, daher insoweit keine außergewöhnlichen Belastungen, als sie aus dem zu Verkehrswerten angesetzten Nachlassvermögen gedeckt werden können.

Die Verlassenschaft ist überschuldet und das Erbe wurde nicht angetreten. Daraus ergibt sich, dass ein zu geringes Nachlassvermögen vorhanden ist und somit die Kosten nicht volle Deckung finden.

6. Gemäß RZ 890 Lohnsteuerrichtlinien ist die Absetzbarkeit begrenzt mit den Kosten für ein würdiges Begräbnis.

7. Die Belastungen entsprechen den Kosten für ein würdiges Begräbnis. Aufgrund des übermäßigen Übergewichtes der Verstorbenen [Gattin des Bw.] sowie der durch die Notoperation noch vergrößerten Leibesfülle war ein normaler Sarg nicht passend. Es war notwendig eine aus einfachem Holz angefertigte Truhe anzuschaffen, ohne die ein Begräbnis nicht stattfinden hätte können.

8. Die Kosten für das Grabmal waren ebenfalls zwangsläufig. Bedingt durch oben dargestellte Leibesfülle war es nach dem Begräbnis notwendig, die Einfassung zu korrigieren. Enthalten sind weiters Kosten für eine normale Inschrift.

9. Auch die diversen anderen Kosten entsprechen den Bestimmungen eines würdigen Begräbnisses und sind nicht überzogen.

10. Alle aus dem überschuldeten Nachlass erwachsenen Guthaben an Zahlungsstatt wurden von den Begräbniskosten abgezogen und ein bloß übersteigender Teil wurde in der Veranlagung geltend gemacht.

11. Der Selbstbehalt, der bei den außergewöhnlichen Belastungen zum Abzug kommt beträgt € 3.264,99.

Dieser Selbstbehalt ist nicht richtig.

12. Gemäß § 34 Abs. 4 beträgt der Selbstbehalt bei einem Einkommen von mehr als € 14.600,- bis € 36.400,- 10 Prozent.

Beweis: Brief des behandelnden Arztes Dr. F. an den Chefarzt der SVA. Aufstellung über die Zusammensetzung der außergewöhnlichen Belastungen Beleg über Bewirtung Beleg der MA 35 Beleg [Steinmetzbetrieb] Beleg P.Bestattung Beschluss BG Innere Stadt v. Beschluss BG Innere Stadt v. Beschluss BG Innere Stadt v. Einvernahme des Zeugen Dr. F. betreffend 'Zustand [Gattin des Bw.]' Einvernahme G.S. von der Firma P.Bestattung Einvernahme einer informierten Person der Firma [Steinmetzbetrieb].

13. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind für eine gültige Abzugsfähigkeit der Begräbniskosten sowie der Nebenkosten stellen wir den Antrag, die Berufungsinstanz möge

1. den Selbstbehalt korrigieren und mit dem korrekten Satz von 10 Prozentpunkten neu berechnen.

2. die außergewöhnlichen Belastungen für Begräbniskosten von bisher € 611,95 auf den korrekten Betrag von € 4.422,33 abändern. Somit würde sich, inklusive der außergewöhnlichen Belastung für Krankenkosten die anerkannt wurden, ein Gesamtbetrag der außergewöhnlichen Belastungen von € 8.443,77 ergeben.

3. der Berufung stattgeben und den oben angeführten Punkten 1. und 2. vollinhaltlich entsprechen.

4. eine mündliche Verhandlung vor dem Berufungssenat unter Würdigung der dargelegten Beweismittel durchführen."

Zusätzlich zu den bisher vorgelegten Belegen wurde der Brief des behandelnden Facharztes für Chirurgie Dr. F. vom an den Chefarzt der SVA beigeschlossen, in dem das Krankheitsbild der Gattin des Bw. beschrieben wird (morbide Adipositas - derzeitiges Gewicht 180 kg; Diabetes mellitus; Hypertonie; Herzrhythmusstörungen; COPD; Gelenkserkrankungen; Lymphstau der UE; bereits implantiertes Magenband musste wegen Komplikationen entfernt werden; Magenverkleinerung - sleeve-resection - war geplant).

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Daraufhin beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Ergänzend zum Vorlageantrag wurde mit weiterem Schriftsatz der strittige Punkt der Berechnung des Selbstbehaltes iSd § 34 Abs. 4 EStG zurückgezogen und zum zweiten strittigen Punkt des Vorlageantrages, der Höhe der anerkannten Begräbniskosten, auf den Artikel im Fachmagazin Steuer- und WirtschaftsKartei 86. Jahrgang, Ausgabe 20/21 vom Seite S 762 bis S 764 hingewiesen. In diesem Artikel wird auf das Judikat des , eingegangen, in dem abschließend über die Höhe der Begräbniskosten entschieden worden ist. Nach Erwähnung, dass laut Stand der "Begräbniskostenverordnung" zum Zeitpunkt des Ergänzungsschreibens (vom ) die Höhe der angemessenen Kosten bei € 8.000,00 liege (Anm.: Fußnote 8 dieses Artikels lautet: "Die Beerdigungskostenverordnung wurde mit BGBl. II Nr. 122/2011 letztmalig geändert. Der nunmehr geltende Höchstbetrag beläuft sich auf 8.000 Euro und beinhaltet Kosten eines Begräbnisses ... und des Grabmals. Diese Verordnung ist wesentlich für die Leistung des Versicherungsträgers im Bereich der Lebensversicherungen.") wurde seitens des Bw. ausgeführt: "Die Höhe der Begräbniskosten betrug ohne Abzug der Nachlassaktiva € 7.810,38. Darüber hinaus wurden vom Finanzamt unbestrittene Kosten für unbedingt notwendige Instandsetzungsmaßnahmen in Höhe von € 1.150,- angesetzt. Damit verbleibt nach Abzug der Nachlassaktiva ein Betrag in Höhe von € 4.422,33.

Wir ersuchen nochmals um volle Anerkennung dieses Betrags.

Als Begründung für die Höhe der Begräbniskosten weisen wir nochmals auf die außergewöhnliche Leibesfülle [der Gattin des Bw.] hin."

In der Ladung zur mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Bw. ersucht, die Mehrkosten, die infolge des hohen Übergewichtes der Verstorbenen für die eigens angefertigte Truhe angefallen sind, weil sie in einem üblichen Sarg nicht bestattet hätte werden können, sowie die im Zusammenhang mit den auf Grund der Breite der Truhe notwendigen Korrekturarbeiten an der Grabsteineinfassung stehenden Mehrkosten nachzuweisen. Für den Fall, dass keine Nachweisführung besonderer über die üblichen Beerdigungskosten hinausgehender Kosten erfolgen sollte, wurde in Aussicht gestellt, diese Mehrkosten in Höhe von € 500,00 anzusetzen.

Infolge Ablebens des Bw. vor Abhaltung der mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Antrag auf Durchführung einer solchen von seinem Sohn als Vertreter der Verlassenschaft, der auch schon zuvor als Vertreter des Bw. eingeschritten war, zurückgenommen. Des Weiteren wurden alle schon bisher im Verfahren vorgelegten im Zusammenhang mit dem Tod seiner Mutter stehenden Rechnungen nochmals übermittelt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, in welcher Höhe Begräbniskosten im weiteren Sinn (einschließlich der auf die Grabstätte entfallenden Ausgaben), die dem Bw. infolge des Todes seiner Ehefrau im Jahr 2009 entstanden sind, als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgabe sein.

Nach Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach Abs. 3 zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).

Jakom/Baldauf EStG, 2013, § 34 Rz 90, führt zu "Begräbniskosten" (auszugsweise) aus:

Begräbniskosten gehören zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten (§ 549 ABGB). Sie sind vorrangig aus vorhandenen Nachlassaktiva zu bestreiten. Ist kein ausreichender Nachlass vorhanden, haften hierfür grundsätzlich die Unterhaltsverpflichteten des Verstorbenen. - Begräbniskosten bilden somit insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie in den Nachlassaktiva (Verkehrswerten) Deckung finden (). Es genügt gegebenenfalls nicht, dass der Reinnachlass überschuldet ist; die Begräbniskosten müssen die Nachlassaktiva, von denen die Verfahrenskosten abgezogen wurden, übersteigen. - Der Höhe nach ist die außergewöhnliche Belastung mit den Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen, nicht dem Berufsstand (), gegebenenfalls aber mangelndem Vermögen Rechnung tragenden würdigen Begräbnisses sowie einfachen Grabmals begrenzt (nach Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 34 Rz 38 sowie Doralt, EStG, § 34 Rz 78: den Kosten eines "durchschnittlichen" Begräbnisses bzw. Grabmals). Nach LStR Rz 890 belaufen sich diese Kosten ab der Veranlagung 2007 auf maximal je 4.000 € (von 2002 bis 2006 auf maximal je 3.000 €) inkl. Totenmahl (nach , ist dabei aber nicht zu differenzieren, wieviel vom Gesamtbetrag auf Begräbnis oder Grab entfällt). Werden höhere Kosten geltend gemacht, ist auch die Zwangsläufigkeit nachzuweisen, z.B. auf Grund von besonderen Überführungen () oder besonderen Vorschriften betreffend die Grabmalgestaltung. - Jedenfalls bei rechtlicher Verpflichtung bestimmt sich der Umfang der zu tragenden Begräbniskosten nach § 549 ABGB: absetzbar sind dann z.B. die Kosten eines schlichten ortsüblichen Totenmahls, eines Blumengestecks am Sarg (LStR Rz 890: Blumen und Kränze) sowie von Beileiddanksagungen (; für Fälle sittlicher Verpflichtung offen gelassen, s Wanke UFSj 2011, 286). Nicht absetzbar sind Kosten der Trauerkleidung, der späteren Grabpflege (LStR 890; nach BFH , X R 14/85, BStBl II 89, 779, SA), der Sanierung () bzw. Erneuerung des Grabmals (FG Nürnberg, EFG 79, 600) und der Umbettung ( Exhumierung) sowie Reisekosten für die Teilnahme an der Beerdigung eines nahen Angehörigen (BFH , III R 42/93, BStBl II 94, 754; s aber RME zitiert in Wiesner ua § 34 Rz 78 " Begräbniskosten").

Außergewöhnliche Belastung dem Grunde nach:

Begräbniskosten stellen unstrittig eine Belastung dar, die höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst, und sind demnach außergewöhnlich im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG 1988.

Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0009 (auf das auch in der Ergänzung zum Vorlageantrag Bezug genommen wird) ist betreffend Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 zu entnehmen, dass gemäß § 549 ABGB die dem Gebrauch des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten gehören und vorrangig aus den Aktiven des Nachlasses zu tragen sind. Subsidiär haften die Unterhaltspflichtigen für die Begräbniskosten. Ist überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen.

Im gegenständlichen Fall besteht die gesetzliche Verpflichtung (§ 94 ABGB) des Bw. - dem laut den Beschlüssen des Bezirksgerichts in der Verlassenschaftssache als erblasserischen Witwer die Nachlassguthaben auf Abschlag der Ersatzforderung für bezahlte Begräbniskosten etc. an Zahlungs statt überlassen wurden - zur Tragung der (im Nachlass nicht gedeckten) Kosten des Begräbnisses seiner Ehegattin.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis auch ausgesprochen, es entspreche - wie die in diesem Verfahren belangte Behörde im angefochtenen Bescheid () zutreffend aufgezeigt habe - der Rechtsprechung des OGH, dass zu den Begräbniskosten iSd § 549 ABGB die Kosten für ein Totenmahl zählen (vgl. Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB3, § 549 Rz 1), soweit sie dem Ortsgebrauch entsprechen (siehe ). Dies gelte in gleicher Weise für die Kosten eines Trauer-Blumengesteckes am Sarg sowie von Beileidsdanksagungen.

Der wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Belastung mit Begräbniskosten wird - wie gesagt - durch die Berücksichtigung eines Selbstbehaltes Rechnung getragen (sh. Berechnungsblatt).

Zur Höhe der Begräbniskosten:

Die in den Lohnsteuerrichtlinien 2002, Rz 890, vertretene Grenze (vgl. oben) für ein durchschnittliches Begräbnis ist grundsätzlich nicht rechtsverbindlich, sondern stellt bestenfalls einen Richtwert dar. Die Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2871-W/06, und vom , RV/2469-W/07, orientieren sich an der von der Finanzmarktaufsichtsbehörde erlassenen "Beerdigungskostenverordnung" BGBl. II Nr. 600/2003, auf deren Novelle des Jahres 2011 sich der Bw. im Ergänzungsschreiben zum Vorlageantrag bezieht.

Nach der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde BGBl. II Nr. 600/2003 (Beerdigungskosten-VO) beträgt der Höchstbetrag für gewöhnliche Beerdigungskosten im Sinne des § 159 Versicherungsvertragsgesetzes (VerVG), die sich aus den Kosten eines Begräbnisses und den Kosten eines Grabmals zusammensetzen, ab € 6.000,00. Mit Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde BGBl. II Nr. 122/2011, ausgegeben am , wurde der Betrag von € 6.000,00 durch den Betrag von € 8.000,00 ersetzt. Diese Verordnung bestimmt den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten im Bereich der Lebensversicherungen.

Stellt man auf die Änderung der Beerdigungskosten-VO - die, wenngleich sie für einen anderen Rechtsbereich ergangen ist, anders als die Lohnsteuerrichtlinien 2002, Teil der Rechtsordnung ist - ab, so beträgt der Gesamtrahmen bis € 6.000,00 (und erst ab Wirksamwerden der Änderung mit € 8.000,00).

Nach , ist dabei nicht zu differenzieren, wieviel vom Gesamtbetrag auf Begräbnis oder Grab entfällt; dem Gesamtrahmen ist gegenüber einer Aufteilung auf Begräbniskosten i.e.S. einerseits und Grabmalkosten andererseits der Vorzug zu geben, da es um die insgesamt einfache, würdige Gestaltung des Begräbnisses - mit allen Vor- und Folgeaufwendungen - geht und die Aufteilung auf einzelne Komponenten sachlich nicht geboten erscheint.

Folgende Beträge (einzeln jeweils brutto/ inkl. MwSt angeführt) machte der Bw. als Begräbniskosten geltend:


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P. Bestattung, Rechnung vom :
- durch die P. Bestattung erbrachte Leistungen (Truhe, Sargkreuz, Trauerkarten, Kuverts, Abholung, Aufbahrung, Musikanlage, Konduktpersonal etc.) in der Rechnung betragsmäßig nicht aufgegliedert
3.992,46
- Blumenschmuck
Sarg-Gesteck
125,00
Kranz
170,00
50 Nachwurfblumen
50,00
345,00
345,00
- Leistungen in Ihrem Auftrag
Wiener Stadtwerke ohne Orgel
301,01
Friedhöfe Wien
1.370,00
Krankenanstalt Rudolfstiftung
135,74
Nachrufredner
260,00
2.066,75
2.066,75
6.404,21
6.404,21
Steinmetzbetrieb, Rechnung vom
Nach Beisetzung Kunststeineinfassung einrichten, verhängen und verfugen, Inschrift
1.150,00
1.150,00
Gaststätte P. (50 Zeilen)
496,41
496,41
handschriftl. Ergänzung: Trinkgelder 100,-, Fahrtspesen 200,-, Portospesen 50,-, Trauerkleidung 250,-
600,00
600,00
Vollstreckungsverfügung Magistrat der Stadt Wien vom / Krankenanstalt Rudolfstiftung
42,88
42,88
2 Personenstandsurkunden
17,40
17,40
Gesamtsumme:
8.710,90

Die Gerichtskommissionsgebühren des Notars betrugen (€ 106,68 + € 110,40 + € 32,40 =) € 249,48. Die Nachlassaktiva (Guthaben) wurden in Höhe von (€ 2.495,14 + € 1.510,00 + € 532,91 =) € 4.538,05 ausgewiesen (vgl. die Beschlüsse des Bezirksgerichtes).

Sowohl in der Berufung als auch in der Ergänzung zum Vorlageantrag wurde auf das übermäßige Übergewicht der Verstorbenen und dadurch bedingte Mehrkosten wegen der Notwendigkeit der Anfertigung einer aus einfachem Holz gefertigten Truhe anstelle eines normalen Sarges sowie der Notwendigkeit, die Grabeinfassung nach der Beisetzung zu korrigieren, hingewiesen.

Ausgehend von dem - in der für den gegenständlichen Fall herangezogenen Beerdigungskosten-VO - genannten Betrag von € 6.000,00 kommt, wie in der Entscheidung ausgeführt wird, eine Prüfung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit einzelner Aufwendungen im Rahmen eines einfachen, ortsüblichen Begräbnisses nicht in Betracht, solange insgesamt der gesetzte Gesamtrahmen eines einfachen Begräbnisses nicht überschritten wird, da die Gestaltung eines Begräbnisses zu den höchstpersönlichen Angelegenheiten des Kostenträgers gehört.

Die Kosten für Diverses (Trauerkleidung etc.) sind zum einen gemäß den obigen Rechtsausführungen nicht anzuerkennen zum anderen wurden Kosten trotz prinzipiell bestehender Nachweismöglichkeit nicht belegt.

Werden die (auch schon vom Finanzamt anerkannten) Kosten für die Instandsetzung des Grabmals als angemessen (nicht überhöht erscheinend) zugestanden, so bleibt für die Differenz auf die für ein gewöhnliches Begräbnis insgesamt anzusetzenden Kosten von € 6.000,00 unbegründet, weshalb damit, abgesehen von etwaigen Mehrkosten für eine aus einfachem Holz angefertigte Truhe, nicht das Auslangen gefunden hätte werden können. (Nach dieser Berechnung stehen ausgehend vom Gesamtrahmen von € 6.000,00 nach Abzug der sonstigen geltend gemachten, im Zusammenhang mit dem Begräbnis stehenden Kosten, soweit sie anzuerkennen sind, (€ 6.000,00 - € 1.150,00 - € 496,41 - € 42,88 - € 17,40 =) € 4.293,31 für die Bedeckung der Begräbniskosten i.e.S. zur Verfügung.)

In der Entscheidung , kam die Berufungsbehörde über Auskunftsersuchen an die Bestattung Wien GmbH zu dem Ergebnis, dass (nach den Gegebenheiten des damaligen Veranlagungsjahres 2005) € 3.000,00 eher die Untergrenze für ein einfaches und würdiges Begräbnis darstellten; für ein durchschnittliches Begräbnis wurden damals € 3.759,00 veranschlagt.

In der Entscheidung , ermittelte die Berufungsbehörde in diesem das Jahr 2006 betreffenden Fall unter Berücksichtigung der jeweils kostengünstigeren Leistungen aus zwei Rechnungen der Bestattung Wien (aus dem Jahr 2006 bzw. 2008) zwangsläufig erwachsene Begräbniskosten in Höhe von € 3.706,19.

Unter Bedachtnahme auf die Höhe dieser Begräbniskosten werden Kosten des Begräbnisses und des Grabmals, die im Jahr 2009 angefallen sind, daher in Höhe von € 6.000,00 anerkannt.

Zusätzlich sind besondere Kosten, die über die üblichen Kosten hinausgehen, und ebenfalls zwangsläufig angefallen sind, zu berücksichtigen. Das sind die Mehrkosten, die infolge des hohen Übergewichtes der Verstorbenen für die eigens angefertigte Truhe angefallen sind, weil sie in einem üblichen Sarg nicht bestattet hätte werden können. Gleiches träfe auf die Mehrkosten im Zusammenhang mit den auf Grund der Breite der Truhe notwendigen Korrekturarbeiten an der Grabsteineinfassung zu, wären diese nicht schon nach obiger Berechnung berücksichtigt worden.

Da zwar neben sämtlichen im Zusammenhang mit dem Tod der Ehegattin des Bw. stehenden Belegen auch nochmals die Rechnung der Bestattungsunternehmens vom , in welchem die durch dieses Unternehmen selbst erbrachten Leistungen - anders als die weiter verrechneten Leistungen - in einer Gesamtsumme ausgewiesen waren, vorgelegt wurden, eine betragsmäßige Aufgliederung der Gesamtsumme der Kosten für die durch die Bestattung erbrachten Leistungen nicht erfolgt ist, geht der entscheidende Senat - wie in der Ladung angeführt - mangels anderweitiger Nachweisführung von geschätzten Mehrkosten in Höhe von € 500,00 aus.

Betragen die Kosten somit insgesamt € 6.500,00 errechnet sich abzüglich der Nachlassaktiva in Höhe von € 4.538,05 - vermindert um Notarkosten in Höhe von € 249,48, das sind € 4.288,57 - ein Betrag in Höhe von € 2.211,43.

Die anzuerkennenden Begräbniskosten im weiteren Sinn betragen somit € 2.211,43 (KZ 731).

Die Krankheitskosten werden laut Erklärung bzw. Erstbescheid berücksichtigt (€ 4.021,44).

Als außergewöhnliche Belastung vor Abzug des (außer Streit gestellten) Selbstbehaltes werden daher € 6.232,87 anerkannt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at