Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 28.06.2012, RV/0175-W/10

Werbungskosten eines Pfarrers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Gabriele Krafft und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Wolfgang Six, Mag. Michael Schiller und Susanne Fazekas im Beisein der Schriftführerin Karin Nowotny über die Berufung des A, vertreten durch B, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Einkommensteuer 2007 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber A., war im Jahr 2007 hauptberuflich Militärdekan beim österreichischen Bundesheer, daneben betreute er zusätzlich die Pfarre C als Moderator. Seinen Hauptwohnsitz hatte der Bw. in D, daneben bestand auch ein Nebenwohnsitz in C..

Der Bw. bezog im Jahr 2007 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit.


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Priesterbesoldung der Erzdiözese D.
12.388,82
Bundesdienst
43.964,25

Der Bw. machte u. a. folgende Aufwendungen als Werbungskosten geltend:

1. Kosten für Bauarbeiten im Pfarrhof in Höhe von insgesamt € 21.989,75

Im Hofbereich des Pfarrhauses in C. wurden umfangreiche Baumeister- und Pflasterarbeiten von der E-Bau GmbH durchgeführt. Die Rechnung vom betraf einen Betrag vom € 16.800,- und war direkt an den Bw. per Adresse C., gerichtet.

Weiters wurde von der F GmbH an der Straßenseite des Pfarrhofes ein neuer Zaun mit Schiebetor errichtet. Die Kosten dafür betrugen insgesamt € 5.189,75. Die Rechnungen waren an das Pfarramt, C. , gerichtet.

2. Abschreibung einer Sakralorgel in Höhe von € 449,-

Der Bw. erwarb am von der Fa. G eine Sakral Orgel um 4.490,-. Dafür wurde die Absetzung einer jährlichen Abschreibung von € 449,- beantragt.

3. Kosten für Bewirtung in Höhe von € 415,75

Laut. Rechnung der Cafeteria H-Kaserne vom handelt es sich um Kosten für eine Geburtstagsfeier am .

Im Zuge einer Betriebsprüfung über die Jahre 2005 bis 2007 wurden die oben angeführten Werbungskosten nicht anerkannt.

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhob die Bw. Berufung und führte zu den strittigen Aufwendungen folgendes aus:

ad 1. Es handle sich bei diesen Aufwendungen um Reparaturen, wobei es im Hinblick auf die Ausführungen der Betriebsprüfung, dass die Liegenschaft der Pfarre gehöre, unerheblich sei, wer Grundeigentümer sei. Ein Pfarrmoderator werde vom Bischof der jeweiligen Diözese für die jeweilige Pfarre bestellt, mit der Aufgabe, die Pfarre wie ein Selbständiger zu führen. Am Vorplatz der Kirche habe sich eine kaputte Platte befunden und auch der Zaun sei stark beschädigt gewesen. Der Pfarrer trage die Verantwortung dafür, dass bei Betreten des Pfarrobjektes kein Mitglied der Pfarre zu Schaden komme, er könne auch strafrechtlich verfolgt werden. Die Erzdiözese Wien habe für solche Reparaturen kein Geld. Das entbinde jedoch nicht den jeweiligen Pfarrer diese Reparaturen auf seine Kosten herstellen zu lassen.

Über Vorhalt des Finanzamtes, das Vorliegen einer zwingenden rechtlichen Verpflichtung nachzuweisen, wurde mit Schreiben vom auf mehrere Bestimmungen des Codex Iuris Canonici (CIC)hingewiesen, wonach der Pfarrer die Verwaltung so durchzuführen habe, dass weder nach kirchlichem noch nach staatlichem Recht ein Schaden entstehen könne. Weiters wurde auf die Bestimmung des § 1319 ABGB verwiesen, nach der der Pfarrer für den ordnungsgemäßen Zustand der Liegenschaft zu sorgen habe. Diese Bestimmung sehe eine Beweislastumkehr bei Bauwerken vor. Demnach müsse der Pfarrer beweisen, dass eine Person nicht zu Schaden kommen könne.

ad 2. Bei der Orgel handle es sich um eine transportable Orgel. Diese stehe derzeit in der H.-Kaserne und werde nach der Pensionierung des Bw. in die Pfarrkirche transportiert werden. Nach der ständigen Judikatur stehe es der Behörde nicht zu, festzustellen, mit welchen Arbeitsmitteln ein Steuerpflichtiger seinen Beruf ausüben dürfe. Die Abschreibungen sein daher zu Gänze absetzbar.

ad 3. Der Bw. habe am sein 35 jähriges Priesterjubiläum in der H.-Kaserne gefeiert. Diese Feier sei wie ein Firmenjubiläum zu behandeln.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung im Punkt 2 statt, bezüglich der Punkte 1 und 3 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der Bw. beantragte daraufhin die Entscheidung der Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass der Bw. auf Grund des CIC verpflichtet sei, in der Pfarre so zu agieren, dass auch dem Bischof der jeweiligen Diözese kein wie immer gearteter Schaden entstehe oder eine strafrechtliche Verfolgung drohe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen. Werbungskosten eines Dienstnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben objektiv in Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und nicht unter ein Abzugsverbot des § 20 EStG 1988 fallen.

§ 20 Abs. 1 lit. a EStG 1988 sieht im Sinne einer Gleichbehandlung derjenigen ohne Privatleben, welches in irgendeiner Weise das berufliche berührt, mit denjenigen, welche beides miteinander verbinden können, vor, dass Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abzugsfähig sind.

Demnach stellen Aufwendungen oder Ausgaben, die sowohl durch die Berufsausübung als auch durch die Lebensführung veranlasst sind, grundsätzlich keine Werbungskosten dar (Aufteilungsverbot). Dies gilt insbesondere für Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die typischerweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen. Eine Aufspaltung in einen beruflichen und einen privaten Teil ist auch im Schätzungswege nicht zulässig. Ein Werbungskostenabzug kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn feststeht, dass solche Aufwendungen ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind.

Aufwendungen in Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nicht typischerweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen, sind bei gemischt genutzter beruflicher und privater Nutzung in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Teil aufzuspalten (Computer, Telefon,...).

Aufwendungen, die in gleicher Weise mit der Einkunftserzielung wie mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, bei denen die Behörde aber nicht in der Lage zu prüfen ist, ob die Aufwendungen durch die Einkunftserzielung oder durch die privaten Lebensführung veranlasst worden sind, darf die Behörde nicht schon deshalb als Werbungskosten anerkennen, weil die im konkreten Fall gegebene Veranlassung nicht feststellbar ist. In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung vielmehr nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (-6 und 95/14/0045-6).

Dem Abgrenzungskriterium der Notwendigkeit eines Aufwandes ist dann keine entscheidende Bedeutung beizumessen, wenn ein Aufwand seiner Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lässt.

1. Baumeister- und Pflasterarbeiten

Der Bw. betreute im Jahr 2007 die Pfarre C als Moderator, wobei ihm in dieser Funktion die gleichen Rechte und Pflichten wie einem Pfarrer zukamen. Arbeitgeber des Bw. war die Erzdiözese D.. Eigentümer der Liegenschaft KG C, EZ 80, Adresse, mit dem Kirchengebäude samt Pfarrhof ist die selbständige juristische Person "Römisch-katholische Pfarrkirche CC". Im Jahr 2007 wurden über Auftrag des Bw. der Vorplatz der Kirche wegen einer kaputten Platte erneuert und ein beschädigter Zaun durch eine neuen Zaun samt Schiebetor ersetzt. Die Kosten dafür wurden vom Bw. getragen.

§ 1319 ABGB lautet:

Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe.

Wie dem Gesetzestext zu entnehmen ist, trifft die Verpflichtung zum Schadenersatz für Verletzungen aufgrund mangelhafter Beschaffenheit eines Gebäudes den Besitzer des Gebäudes, das heißt im gegenständlichen Fall die selbständige juristische Person, die als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Der Bw., als Moderator der Pfarre, war in seiner Funktion als Verwalter verpflichtet, gegebenenfalls eine Sperre der betroffenen Bereiche zu verfügen, die für Besucher allenfalls eine Gefährdung darstellen könnten, ein Verpflichtung die Kosten für die Sanierung der betroffenen Baulichkeiten zu tragen lässt sich aber weder aus den Normen des ABGB noch des CIC ableiten.

Der vom Bw. übernommene Aufwand von € 21.989,75 übersteigt die steuerpflichtigen Bezüge aus der Tätigkeit als Pfarrer in Höhe von € 12.388,82 sehr deutlich, weiters hat der Bw. im Pfarrhof einen Nebenwohnsitz. Es sind daher auch Aspekte vorhanden, die auf einen Bezug zur privaten Lebensführung hinweisen, weil es sich bei der Übernahme der Kosten auch um eine Spende des Bw. an die Pfarre oder um die privat veranlasste Gestaltung des eigenen Wohnumfeldes handeln könnte.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse liegen daher nicht Aufwendungen vor, die ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen. In einem solchen Fall ist zu prüfen, ob die gegenständlichen Aufwendungen für die berufliche Tätigkeit notwendig waren.

Notwendig war sowohl rechtlich als auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nur eine Absicherung bzw. Sperre der gefährdeten Bereiche, nicht aber die vollständige Reparatur und Erneuerung des Kirchenvorplatzes und des Zaunes auf Kosten des Bw. als Arbeitnehmer der Erzdiözese.

Darüber hinaus wäre aber auch bei Vorliegen von Werbungskosten der Abzug der vom Bw. bezahlten Aufwendungen aus einem anderen Grund zu versagen.

Nach dem im ABGB (§§ 417ff) enthaltenen Grundsatz "superficies solo cedit" fielen die vom Bw. veranlassten und bezahlten Bauleistungen unmittelbar ins Eigentum des Liegenschaftseigentümers. Der Bw. seinerseits erwarb gemäß § 1042 ABGB einen Ersatzanspruch gegenüber dem Liegenschaftseigentümer.

Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Ein Abfluss im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG 1988 erfordert aber, dass Geldwerte aus der Verfügungssphäre eines Steuerpflichtigen tatsächlich ausscheiden und dadurch bei diesem wirtschaftlich eine Vermögensminderung eintritt.

Da den geleisteten Zahlungen für die Reparatur des Kirchenvorplatzes und des Zaunes ein gleich hoher Ersatzanspruch gegen den Liegenschaftseigentümer im Jahr 2007 gegenübersteht, wäre auch aufgrund einer fehlenden wirtschaftlichen Vermögensminderung der Werbungskostenabzug zu versagen.

2. Sakralorgel

Die vom Bw. angeschaffte transportable Sakralorgel ist ein berufstypisches Arbeitsgerät eines Priesters und lässt ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen. Die Absetzung für die Abnutzung der Sakralorgel in Höhe von € 449 war daher gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 anzuerkennen.

3. Bewirtungskosten

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden, außer der Steuerpflichtige weist nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Ausnahme vom grundsätzlichen Abzugsverbot von Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben ist von dem der Partei obliegenden Nachweis zweier Voraussetzungen - Werbezweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung - abhängig. Eine bloße Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen reicht für die Abzugsfähigkeit nicht aus (z.B. ).

Unter dem Begriff Werbung ist ganz allgemein im Wesentlichen eine Produkt- oder Leistungsinformation zu verstehen. Es ist damit ausreichend, wenn der Steuerpflichtige dartut, dass er anlässlich der Bewirtungen jeweils eine auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation geboten hat (, ).

Seitens des Bw. wurde dazu lediglich vorgebracht, dass der Bw. am sein 35 jähriges Priesterjubiläum in der H.-Kaserne gefeiert habe. Ein Nachweis eines Werbezwecks und des Überwiegens der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung wurde dadurch nicht erbracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pfarrer
Orgel
Renovierungskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at