Schädlicher Studienwechsel oder Wechsel der Studieneinrichtung?
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2010 bis September 2010 sowie Abweisung des Antrags auf Familienbeihilfe ab Oktober 2010 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungsbewerber (Bw.) brachte am einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab für seinen am XX.XX.XXXX geborenen Sohn A ein.
Mit Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom forderte das Finanzamt die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum März 2010 bis September 2010 zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass nach einem Studienwechsel nach dem jeweils dritten Semester ein Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann bestehe, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt habe. Daher seien alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen und für die Familienbeihilfe bezogen worden sei, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen. Für die Studien in Linz und München seien sechs Semester Familienbeihilfe bezogen worden, daher bestehe eine Wartezeit von sechs Semestern für eine weitere Auszahlung der Familienbeihilfe. Durch die Anrechnung der Prüfungen im Ausmaß von 45 ECTS-Punkten verkürze sich die Wartezeit um zwei Semester auf vier Semester. Eine weitere Auszahlung könnte daher erst mit März 2012 erfolgen. Nachdem für März 2010 bis September 2010 kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe, werde sie für diesen Zeitraum zurückgefordert.
Weiters wies das Finanzamt mit Abweisungsbescheid vom den Familienbeihilfenantrag ab Oktober 2010 ab. Da durch die Wartezeit von vier Semestern eine weitere Auszahlung erst mit März 2012 erfolgen könnte, für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr überschritten hätten, aber keine Familienbeihilfenauszahlung erfolgen könne, werde der Antrag auf eine weitere Auszahlung abgewiesen.
Gegen diese beiden Bescheide erhob der Bw. Berufung.
Mit Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom seien bereits Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Oktober 2009 bis Februar 2010 zurückgefordert worden. Für den Zeitraum März 2010 bis September 2010 sei keine Rückforderung gestellt worden. Der Rückforderungsbescheid vom verstoße gegen den prozessualen Grundsatz, dass über eine Rechtssache nur einmal rechtskräftig entschieden werden dürfe. In den bekämpften Bescheiden sei das Toleranzsemester vergessen worden. Der erste Studienabschnitt in München dauere mindestens vier Semester zuzüglich eines Toleranzsemesters, somit fünf Semester. Als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis sei der Tod der Ehegattin des Bw. im Jahr 2007 anzuführen. Der Tod seiner Mutter nach schwerer Krankheit habe die Leistungsfähigkeit des Sohnes sicher beeinflusst. Nachdem sein Sohn die Prüfung "Seminar der Biochemie/Molekularbiologie" in München nicht bestanden habe, sei ihm wegen des modularen Studienbetriebes in München nicht erlaubt gewesen, weitere Prüfungen in München abzulegen. Auch hierin könne ein Grund für die Verlängerung der Anspruchsgrundlage gesehen werden.
Bei der Auslegung des Begriffes des Studienwechsels sei auch die Rechtsprechung zu berücksichtigen, wonach die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ersichtlich darauf abstelle, dass sich das Kind einer Berufsausbildung mit dem ernstlichen und zielstrebigen, nach außen erkennbaren Bemühen um den Ausbildungserfolg unterziehe. Ein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, der beim Wechsel vom Studium einer Studienrichtung zum Studium einer anderen Studienrichtung vorliege, sei vom Wechsel der Studieneinrichtung zu unterscheiden. Der Wechsel von Humanmedizin zu (Human-)Genetik könne nicht als Wechsel der Studienrichtung gewertet werden (VwGH 2005/13/0142), sondern vielmehr als Spezialisierung. Im Hinblick auf die Berufsausbildung könne von einer Gleichwertigkeit dieser beiden Studien ausgegangen werden und der Wechsel der Studieneinrichtung sei nicht als Studienwechsel anzusehen. Es liege somit kein zweiter Studienwechsel vor.
Zum Abweisungsbescheid sei weiters vorzubringen, dass hier nicht nur die inskribierten Semester zu berücksichtigen seien, sondern die erbrachte Leistung. Ein Studienwechsel sei nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt habe. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzten diese Wartezeiten; dabei sei auf ganze Semester aufzurunden. Laut beiliegendem Studienerfolgsnachweis könnten von seinem Sohn bereits jetzt für die ersten sechs Semester des Bachelorstudiums Genetik Leistungsnachweise vorgelegt werden, wobei die Anrechnungen bereits nachgewiesen worden seien, wobei er laufend weitere Prüfungen ablege. Auch sei die Bachelorarbeit bereits eingereicht und beurteilt, weshalb der Sohn gemäß seiner erbrachten Leistungen nun im siebten Semester des Studiums sei. Auch ersuche er nochmals um Berücksichtigung des Toleranzsemesters. Darüber hinaus könnte das Studium in München auch als nachgewiesenes Auslandsstudium gewertet werden. Auch sei die Herabsetzung der Altersgrenze der Gewährung der Familienbeihilfe erst ab zu berücksichtigen, die Studienwahl sei aber im Vertrauen auf die damalige Altersgrenze erfolgt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde Folgendes ausgeführt: Der Sohn des Bw. habe von Oktober 2006 bis September 2007 das Studium der Technischen Chemie in Linz und von Oktober 2007 bis September 2009 das Studium der Humanmedizin in München betrieben. Da von der Universität Salzburg für das Bachelorstudium Genetik von den vorigen Studien nur Prüfungen im Ausmaß von 45 ECTS-Punkten angerechnet worden seien und der Sohn bisher bereits sechs Semester Familienbeihilfenbezug studiert habe, liege eine Wartezeit von vier Semestern für den Familienbeihilfenbezug für das neue Studium Genetik vor. Die Berücksichtigung eines Toleranzsemesters sowie unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse sei nur hinsichtlich der vorgesehenen Studienzeit relevant. Bezüglich der Beurteilung, ob ein beihilfenschädlicher Studienwechsel vorliege, seien diese Punkte nicht maßgebend. Da den Studien Humanmedizin und (Human-)Genetik nicht derselbe Studienplan zugrunde liege, handle es sich um zwei verschiedene Studienrichtungen und der Wechsel zwischen diesen Studien gelte als Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG. Da mit dem Rückforderungsbescheid vom nur über den Familienbeihilfenbezug für den Zeitraum März 2010 bis September 2010 (richtig: Oktober 2009 bis Februar 2010) abgesprochen worden sei, handle es sich um keine entschiedene Sache hinsichtlich des Familienbeihilfenbezuges für den Zeitraum März 2010 bis September 2010.
Daraufhin stellte der Bw. einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend brachte er vor, dass laut dem beigelegten Bachelorzeugnis vom 186 ECTS-Punkte nachgewiesen werden könnten. Diese Leistung müsse somit vor dem erbracht worden sein.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der am XX.XX.XXXX geborene Sohn des Bw. nahm mit Beginn des Wintersemesters 2006/07 das Studium Technische Chemie an der Universität Linz auf. Ab dem Wintersemester 2007/08 studierte er an der Universität München Humanmedizin und wechselte im Sommersemester 2010 an die Universität Salzburg. Dort inskribierte er das Bachelorstudium Genetik, das er am abschloss. Aus den Vorstudien wurden ihm Prüfungen im Ausmaß von 48 ECTS-Punkten angerechnet.
Der Bw. bezog für seinen Sohn Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Monate ab dem Wintersemester 2006 bis September 2010. Mit Rückforderungsbescheid vom wurden zunächst die im Zeitraum Oktober 2009 bis Februar 2010 bezogene Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen mangels Vorlage der angeforderten Unterlagen zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen zurückgefordert.
Strittig ist, ob infolge des im April 2010 seitens des Sohnes vorgenommenen Studienwechsels die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum März bis September 2010 sowie die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Oktober 2010 bis Juli 2011 durch das Finanzamt zu Recht erfolgt ist.
Nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wurde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich "58,40" € für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuwenden.
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 in den für den Streitzeitraum maßgebenden Fassungen lautet auszugsweise:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben,a) ...
b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr (ab : das 24. Lebensjahr) noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. ....... Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Der mit "Studienwechsel" überschriebene § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) lautet auszugsweise:
§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn.....
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) .....
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Zunächst ist dem Einwand des Bw., der Rückforderungsbescheid vom verstoße gegen den prozessualen Grundsatz, dass über eine Rechtssache nur einmal rechtskräftig entschieden werden dürfe (Grundsatz "ne bis in idem"), Folgendes zu entgegnen:
Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 des FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Mit dem rechtskräftigen Bescheid vom hat das Finanzamt nur über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010 entschieden. Nicht entschieden hat das Finanzamt über den vom nunmehr bekämpften Rückforderungsbescheid vom umfassten Zeitraum März 2010 bis September 2010. Das Vorbringen, der Grundsatz "ne bis in idem" sei durch diesen Bescheid verletzt, geht daher ins Leere.
Weiters wurde eingewendet, in den Begründungen der beiden bekämpften Bescheide sei ein Toleranzsemester für den ersten Studienabschnitt des Medizinstudiums in München vergessen worden. Hier ist darauf zu verweisen, dass die gegenständlichen Bescheide den Zeitraum ab März 2010 betreffen, in welchem einzig das Bachelorstudium Genetik an der Universität Salzburg betrieben wurde. Ob für das Medizinstudium in München ein Toleranzsemester zu gewähren gewesen wäre, ist für die im gegenständlichen Berufungsverfahren zu klärende Frage, ob der im April 2010 vorgenommene Studienwechsel als schädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 zu beurteilen ist, ohne jede Relevanz.
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die im Zusammenhang mit dem begehrten Toleranzsemester in München genannten Umstände - der Tod der Mutter im Jahr 2007 als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, weiters eine nicht bestandene Prüfung in München, welche es dem Sohn wegen des modularen Studienbetriebes nicht erlaubt hätte, weitere Prüfungen abzulegen - in einer Berufung gegen den rechtskräftigen Rückforderungsbescheid vom zu erstatten gewesen wären, in welchem die Familienbeihilfe für das Wintersemester 2009/10 (fünftes Semester des Medizinstudiums) zurückgefordert wurde.
Der Bw. hat zur Untermauerung seines Standpunktes, es liege lediglich ein Wechsel der Studieneinrichtung und kein Wechsel der Studienrichtung vor, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/13/0142, angeführt. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt: Bei Auslegung des Begriffes des Studienwechsels im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ist aus dem Gesamtzusammenhang des FLAG auch die hg. Rechtsprechung zu berücksichtigen, wonach die Gewährung der Familienbeihilfe für volljährige Kinder nach den näheren Regelungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ersichtlich darauf abstellt, dass sich das Kind einer Berufsausbildung mit dem ernstlichen und zielstrebigen, nach außen erkennbaren Bemühen um den Ausbildungserfolg unterzieht. Ein Studienwechsel im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, der beim Wechsel vom Studium einer Studienrichtung zum Studium einer anderen Studienrichtung vorliegt, ist vom Wechsel der Studieneinrichtung zu unterscheiden. So unterscheidet § 2 Abs. 1 lit. b vorletzter Satz FLAG ausdrücklich zwischen dem Wechsel der Einrichtung und dem Wechsel des Studiums. Im Übrigen regelt auch § 50 Abs. 2 Z 3 StudFG idF des BGBl. I Nr.76/2000 das Erlöschen des Anspruchs auf Studienbeihilfe, wenn der Studierende "ein anderes Studium" aufnimmt, und lässt diese Regelung für den (auch dort vom Studienwechsel zu unterscheidenden) Wechsel der Studieneinrichtung gelten (arg.: "dies gilt auch für den Wechsel der in § 3 Abs. 1 genannten Einrichtungen"). Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof in der Folge festgestellt, dass nicht allein der Wechsel der Einrichtung ausschlaggebend ist. Zu prüfen ist vielmehr, ob damit auch die Studienrichtung gewechselt wurde. In dem vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Fall wechselte der Sohn des Beschwerdeführers vom Konservatorium für Musik und Kunst an die Universität für Musik und darstellende Kunst. Dabei hätte das konkret betriebene Studium am Konservatorium zur Lehrbefähigung geführt und diese den ersten Studienabschnitt und die erste Diplomprüfung des konkret betriebenen Studiums an der Universität ersetzt. Insoweit war die Gleichwertigkeit der beiden Studien gegeben. Weil mit einem Wechsel der Studieneinrichtung dasselbe Ausbildungsergebnis (Lehrbefugnis durch Absolvierung des Studiums am Konservatorium oder Lehrbefugnis durch Absolvierung des ersten Studienabschnittes an der Universität) erreicht wurde, erblickte der Verwaltungsgerichtshof im Wechsel der Studieneinrichtung keinen Studienwechsel.
Dieser Fall ist mit dem gegenständlich zu beurteilenden aber nicht zu vergleichen. Der Sohn des Bw. begann im Wintersemester 2007/08 das Studium der Humanmedizin an der Universität München und nahm an dessen Stelle ab dem Sommersemester 2010 das Studium der Genetik an der Universität Salzburg auf. Wie im zitierten Erkenntnis ausgeführt wird, liegt ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vor, wenn vom Studium einer Studienrichtung zu einem Studium einer anderen Studienrichtung gewechselt wird. Dies trifft auf den gegenständlichen Fall ohne jeden Zweifel zu. Es erfolgte ein Wechsel von der Studienrichtung Humanmedizin zur Studienrichtung Genetik. Wenn der Bw. die Auffassung vertritt, der vorgenommene Studienwechsel sei als Spezialisierung zu werten, übersieht er, dass diesen Studien unterschiedliche Studienpläne zu Grunde liegen und sie, anders als im zitierten Erkenntnis, zu unterschiedlichen Ausbildungsergebnissen führen. Eine Gleichwertigkeit der Studien würde nur dann bestehen, wenn, wie in § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG gefordert, die gesamten Vorstudienzeiten des Medizinstudiums für die Anspruchsdauer des Bachelorstudiums Genetik berücksichtigt würden, weil sie diesem Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind. Diese Voraussetzung ist trotz teilweise gleicher Ausbildungsinhalte nicht erfüllt. Dementsprechend wurden nach den vorgelegten Bescheiden und Zeugnissen aus dem Medizinstudium nicht die gesamten Vorstudienzeiten, sondern lediglich einzelne Prüfungen im Ausmaß von 45 ECTS-Punkten für das Bachelorstudium Genetik anerkannt.
Es liegt somit kein bloßer Wechsel der Studieneinrichtung, sondern ein schädlicher Wechsel zwischen zwei unterschiedlichen Studienrichtungen vor, bei welchem der Familienbeihilfenanspruch für das neue Studium im Ausmaß der bereits insgesamt zurückgelegten Studiendauer entfällt, soweit dafür Familienbeihilfe bezogen wurde. Der Sohn des Bw. hat während seiner Vorstudien für sechs Semester Familienbeihilfe bezogen. Diese Wartezeit von sechs Semestern wird nach § 17 Abs. 4 StudFG lediglich durch anerkannte Prüfungen aus den Vorstudien (Technische Chemie und Humanmedizin) verkürzt. Abgelegte Prüfungen aus dem neuen Studium (Genetik) stellen keine Vorstudienleistungen dar und verkürzen nicht die Wartezeit für den neuerlichen Anspruch auf Familienbeihilfe. Dementsprechend verringerte sich die Wartefrist durch die Anrechnung von 48 ECTS-Punkten aus den Vorstudien um zwei Semester (1 bis 30 ECTS-Punkte entsprechen einem Semester) auf vier Semester.
Der Sohn des Bw. beendete das Bachelorstudium Genetik noch während dieser verkürzten Wartezeit im August 2011. Dass dieses Studium zielstrebig verfolgt wurde und innerhalb kürzester Zeit erfolgreich abgeschlossen werden konnte, kann an den im Streitzeitraum fehlenden Anspruchsvoraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug nichts ändern. Der Sohn des Bw. hatte während seiner Vorstudien bereits für einen Zeitraum von sechs Semestern Familienbeihilfe bezogen, was auch der gesetzlichen Studiendauer für das Bachelorstudium Genetik entspricht. Unabhängig vom ausgezeichneten Studienfortschritt im neuen Studium, auf Grund dessen sich der Sohn des Bw. im Zeitpunkt der Berufung nach seinen Angaben bereits im siebten Semester befand, endete die Wartezeit von vier Semestern für den neuerlichen Anspruch auf Familienbeihilfe erst nach dem tatsächlichen Ablauf des Zeitraums von vier Semestern.
Die weiteren Ausführungen des Bw. hinsichtlich Toleranzsemester und Auslandsstudium sind nur hinsichtlich der vorgesehenen Studiendauer relevant. Für die Beurteilung der Frage, ob ein schädlicher Studienwechsel vorliegt, sind sie nicht maßgebend und bedürfen daher keiner weiteren Erörterung. Dies gilt auch für das Vorbringen, die Studienwahl sei im Vertrauen auf die vor dem geltende Altersgrenze erfolgt, nicht zielführend. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof die Herabsetzung der Altersgrenze für den Anspruch auf Familienbeihilfe im Erkenntnis G6/11, als verfassungskonform angesehen.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass für den berufungsgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht bestand. Das Finanzamt hat daher die zu Recht die ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2010 bis September 2010 zurückgefordert und den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Oktober 2010 bis Juli 2011 abgewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Salzburg, am
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Materie | |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 |
Verweise | G6/11 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at