Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.01.2007, RV/1906-W/05

Kapitalertragsteuererstattung gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1906-W/05-RS1
Endbesteuerte Kapitalerträge, die im Rahmen der Veranlagung aufgrund des Günstigkeits­vergleiches gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 außer Ansatz bleiben, sind im Hinblick auf § 97 Abs. 3 EStG 1988 keine "anderen Einkünfte" im Sinne des § 41 Abs. 3 EStG 1988 und daher im Rahmen des Veranlagungs­frei­betrages nicht zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin erklärte in einer Beilage zur Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2004 Zinserträge aus Einlagen bei Kreditinstituten in Höhe von € 693,45 und beantragte die dafür einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von € 173,38 im Hinblick auf den Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 bei der Veranlagung zu berücksichtigen.

Das Finanzamt versagte die Anrechnung der Kapitalertragsteuer.

Dagegen erhob die Berufungswerberin Berufung und beantragte, wiederum unter Hinweis auf den Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988, die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei Zinserträgen aus Geldeinlagen bei inländischen Kreditinstituten im Sinne des § 93 Abs. 2 Z. 3 EStG 1988 wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag als Kapitalertragsteuer (KESt) erhoben (§ 93 Abs. 1 EStG 1988).

Mit der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% (§ 95 Abs. 1 EStG 1988), welche vom Schuldner der Kapitalerträge einzubehalten (§ 95 Abs. 3 Z. 1 und Abs. 4 Z. 4 EStG 1988) und abzuführen ist, gilt nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 für natürliche Personen die Einkommensteuer als abgegolten.

Soweit die Steuer nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 abgegolten ist, sind die Kapitalerträge bei Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen (§ 97 Abs. 3 EStG 1988).

§ 97 Abs. 4 EStG 1988 sieht als Ausnahme vor, dass in Fällen, wo die nach dem Steuertarif für Kapitalerträge nach Abs. 1 leg.cit zu erhebende Einkommensteuer geringer als die Kapitalertragsteuer ist, der allgemeine Steuertarif zur Anwendung kommt. Ist dies der Fall, so ist die Kapitalertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.

§ 41 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist von anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag bis zu "730 Euro" abzuziehen. Der Freibetrag vermindert sich um jenen Betrag, um den die anderen Einkünfte "730 Euro" übersteigen.

§ 46 EStG 1988 lautet:

(1) Auf die Einkommensteuerschuld werden angerechnet:

1. Die für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Vorauszahlungen,

2. die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen.

Eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer ist auch insoweit vorzunehmen, als die Kapitalerträge unter den Veranlagungsfreibetrag nach § 41 Abs. 3 fallen, aber ohne Anwendung des Freibetrages keine oder eine geringere Einkommensteuer zu erheben wäre. Lohnsteuer, die im Haftungsweg (§ 82) beim Arbeitgeber nachgefordert wurde, ist nur insoweit anzurechnen, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde.

(2) Ist die Einkommensteuerschuld kleiner als die Summe der Beträge, die nach Abs. 1 anzurechnen sind, so wird der Unterschiedsbetrag gutgeschrieben.

Die Höhe der von der Berufungswerberin erklärten Kapitalerträge (€ 693,45) und der einbehaltenen Kapitalertragsteuer (€ 173,38) ist unstreitig, es liegen entsprechende Nachweise vor.

Da die von der Berufungswerberin erklärten Kapitalerträge in Höhe von € 693,45 niedriger sind als der Veranlagungsfreibetrag von € 730, ergibt sich bei der fiktiven Berechnung der Einkommensteuer im Rahmen der Vergleichsrechnung gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 ( unter Berücksichtigung des Veranlagungsfreibetrages) keine andere Einkommensteuer als bei Nichteinbeziehung der Kapitalerträge in die Veranlagung.

Die im zweiten Schritt vorzunehmende Vergleichrechnung gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 2. Satz EStG 1988 (nunmehr ohne Berücksichtigung des Veranlagungsfreibetrages) ergibt bei Einbeziehung der Kapitalerträge in Höhe € 693,45 und Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer in Höhe von € 173,38 in die Berechnung der Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif eine Einkommensteuergutschrift in Höhe von € 377,81 (siehe Beilage 1). Demgegenüber steht ein Gutschrift in Höhe von € 519,94 ohne Einbeziehung der Kapitalerträge (siehe Beilage 2=ident mit Berechnung lt. angefochtenem Bescheid). Die Berechnung ohne Einbeziehung der Kapitalerträge ist somit für die Berufungswerberin günstiger.

Daher gilt die Einkommensteuer für die von der Berufungswerberin erklärten Kapitalerträge weiterhin durch den bereits erfolgten Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 als abgegolten.

Endbesteuerte Kapitalerträge, die im Rahmen der Veranlagung aufgrund des Günstigkeitsvergleiches gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 außer Ansatz bleiben sind im Hinblick auf § 97 Abs. 3 EStG 1988 keine "anderen Einkünfte" im Sinne des § 41 Abs. 3 EStG 1988 und daher im Rahmen des Veranlagungsfreibetrages nicht zu berücksichtigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilagen: 2 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kapitalertragsteuerrückerstattung
Veranlagungsfreibetrag
Zitiert/besprochen in
Obermann in SWK 32/2013, 1390

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at