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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 19.11.2008, RV/3173-W/08

Gewährung von Familienbeihilfe ab der tatsächlichen Asylgewährung nach dem Pensionsharmonisierungsgesetz

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die Fa. Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KEG, Rechtsanwaltskanzlei, 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist armenische Staatsbürgerin. Am sind sie und ihr minderjähriger Sohn nach Österreich eingereist. Am hat sie beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, einen Antrag auf Asylgewährung eingebracht. Ebenso wurde ein Asylerstreckungsantrag für den minderjährigen Sohn G, geboren am gestellt.

Mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom wurde der Berufung stattgegeben und der Bw. und ihrem minderjährigen Sohn gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt.

Am stellte die Bw. für ihr Kind einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Einreise nach Österreich. Dem Antrag ist zu entnehmen, dass sie und ihr minderjähriger Sohn am nach Österreich eingereist seien.

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag für den Zeitraum April 2005 (richtig wäre Mai 2004, diese wurde jedoch mit Bescheid gem. § 293 BAO vom korrigiert) bis Jänner 2006 als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt: "Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie um Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (...) haben.

Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967, BGBl. I Nr. 142/2004 gilt Abs. 1 nicht für Personen, die sich mindestens seit 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

Bei der Gewährung der Familienbeihilfe sind österreichischen Staatsbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 zuerkannt worden ist. Maßgebend ist das Datum des Asylbescheides.

Gemäß § 50y Abs. 2 FLAG 1967 tritt § 3 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach einem Asylgesetz gewährt wurde.

Die neue Regelung tritt rückwirkend mit in Kraft. Das heißt, es ist ab bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben ist, grundsätzlich die neue Regelung anzuwenden. Ausnahme: ist jedoch bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes (es ist dies der ) Asyl nach dem Asylgesetz gewährt worden, ist bezüglich des Anspruches auf Familienbeihilfe die "alte" Rechtslage zugrunde zu legen.

Nach der alten Rechtslage konnten Personen, denen Asyl gewährt wurde, die Familienbeihilfe rückwirkend ab dem Monat gewährt werden, in dem der Antrag auf Asyl gestellt wurde. Es wurde darauf abgestellt, ob die Person ein Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist.

Nach der neuen Rechtsgrundlage wird auf das Asylgesetz abgestellt. Die Menschen, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention Flüchtlinge, nach österreichischen Asylgesetz aber noch Asylwerber sind, bekommen rückwirkend keine Familienbeihilfe, da Asyl erst mit dem Asylbescheid gewährt wird.

Im gegenständlichen Fall erging der Asylbescheid an , somit ist in Bezug auf die Familienbeihilfe die neue Regelung anzuwenden, da für die Gewährung der Familienbeihilfe das Datum des Asylbescheides maßgeblich ist.

Bis gilt für alle Fälle die alte Rechtslage, somit konnte rückwirkend max. 5 Jahre vom Antragsdatum bis zu diesem Zeitpunkt - als vom März 2002 bis April 2004 Familienbeihilfe gewährt werden.

Da erst im Februar 2006 Asyl gewährt wurde, besteht für den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

Die Bw. brachte gegen diesen Bescheid am Berufung ein und beantragte der Berufung Folge zu geben und ihr die Familienbeihilfe für ihr minderjähriges Kind ab Dezember 2001 bis Jänner 2006 zu gewähren. Begründend führte die Bw. aus:

In den Übergangsbestimmungen des Asylgesetzes 2005 wird angeordnet, dass Asylverfahren, die am bereits anhängig waren, noch nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind (§ 75 Abs. 1 AsylG 2005). In § 55 verknüpft das Inkrafttreten des § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005 mit den Übergangsbestimmungen des NAG und jenen des Asylgesetzes 2005.

§ 55 FLAG ist dahingehend zu verstehen, dass § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtpaketes 2005 für Personen, denen gegenüber gemäß § 75 AsylG 2005 das Asylverfahren noch nach dem Asylgesetz 1997 abgeführt wird, auch für den Zeitraum ab nicht anzuwenden ist. Für diesen Personenkreis kommt daher § 3 FLAG unbeschadet zunächst noch nach der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, zur Anwendung ().

Bei korrekter rechtlicher Beurteilung wäre der Berufung Folge zugeben und die Bw. beantragte ihrem Kind für den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 die Familienbeihilfe zu gewähren.

Die Berufung gegen die im vom Rechtsanwalt eingebrachten Schreiben angeführten Zeiträume wurde hinfällig, da für diese Familienbeihilfe gewährt und ausbezahlt wurde. Mit Schreiben vom hat der steuerliche Vertreter die Berufung auf den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 eingeschränkt.

Das Finanzamt hat am einen Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO, da im Bescheid vom ein Schreibfehler betreffend das Monat und Jahr unterlaufen ist. Folglich wurde der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe vom für den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 als unbegründet abgewiesen. Weiters hat das Finanzamt darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Berufung auch als Berufung gegen diesen Zeitraum, nämlich ab Mai 2004, angesehen und dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt wird.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Bw. vorgelegten Unterlagen, dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates, dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie dem Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung.

Strittig ist nun im gegenständlichen Verfahren, ob der Bw. für den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 Familienbeihilfe zusteht.

§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet:

§ 3 Abs. 1 FLAG 1967: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs. 2 leg. cit.: Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. I des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, sowie des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1978.

Artikel 22 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004 lautet auszugsweise:

"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 110/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:

"Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Bei der Gewährung der Familienbeihilfe sind österreichischen Staatsbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 zuerkannt worden ist. Maßgeblich ist das Datum des Asylbescheides.

Nach § 38 a Abs. 3 FLAG können Empfänger von Zuwendungen nur österreichische Staatsbürger, Staatenlose mit ausschließlichem Wohnsitz im Bundesgebiet und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde, sein (PensionsharmG; BGBl. I 2004/142 ab ).

Inkrafttretensregelung des § 50y Abs. 2 FLAG 1967:

§ 50y Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38 a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

Die neue Regelung tritt rückwirkend mit in Kraft. Das heißt, es ist ab bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben ist, grundsätzlich die neue Rechtslage anzuwenden.

Die beiden Höchstgerichte haben sich bereits mit den gegenständlich strittigen Änderungen des FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 befasst.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 3295/05, die Behandlung einer entsprechenden Beschwerde gegen einen Bescheid des Zl. RV/1042-W/05, abgelehnt. Der VfGH verweist darauf, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmungen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 2006/15/0098 ausgesprochen, dass für vor dem Mai 2004 liegende Zeiträume sich der Beihilfenanspruch nach § 3 FLAG 1967, in der Fassung vor der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen, richtet. Was zur Folge hat, dass auf die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, abzustellen ist.

Hinsichtlich des Geltungsbereiches der Änderungen des BGBl. I Nr. 142/2004 ab führt der VwGH aus:

"Für die Frage, ob im Zeitraum ab Mai 2004 ein Beihilfenanspruch besteht, ist, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 leg. cit. in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung (im gegenständlichen Beschwerdefall März 2005) besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als richtig, dass die novellierte Fassung ihrem klaren Wortlaut nach für die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe darauf abstellt, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist."

Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin, stellt der Gesetzgeber - wie auch der VwGH bestätigt - mit § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 tatsächlich auf das Datum der Erteilung des Asylbescheides ab.

Der Berufung wird daher für den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2006 (dem Monat vor Ausstellung des Asylbescheides) als unbegründet abgewiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
Asylwerber
Pensionsharmonisierungsgesetz
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at