Von Feststellungsbescheid abgeleiteter Einkommensteuerbescheid
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg betreffend Einkommensteuer 1993 samt Wiederaufnahe entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Beim Bw wurde eine Betriebsprüfung betreffend Umsatzsteuer 1993 und Einkommensteuer 1993 durchgeführt. Von der Betriebsprüfung wurden dabei folgende Feststellungen getroffen:
1.) Der Bw sei gerichtlich beeideter Sachverständiger. Daneben beziehe er als Beteiligter an einer Hausverwaltung (OHG) sonstige selbstständige Einkünfte. Die Höhe dieser Einkünfte sei auf Grund der Feststellungen einer Betriebsprüfung im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung mit ATS 496.221,00 (darin enthalten ATS 63,00 KEST) festgestellt worden.
2.) Die vom Bw im Jahr 1993 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien lt BP Bericht zur OHG in folgender Höhe festgestellt worden: Gewinnanteil OHG ATS 6.338.114,00 und Gewinn Einzelunternehmen lt Erklärung ATS 1.196.983,00.
3.) Im Zuge der bei der OHG durchgeführten Betriebsprüfung sei weiters festgestellt worden, dass im Jahr 1993 die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe der OHG nicht gegeben gewesen seien. Damit seien weiterhin die aus der zwischenzeitigen Vermietung erzielten Ergebnisse als (gewerbliche) Einkünfte im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu erfassen (Einkünfte aus V + V 1993 daher ATS 0,00).
Unter Hinweis auf die oa Feststellungen 2.) und 3.) wurde der Bescheid betreffend Einkommensteuer 1993 wiederaufgenommen (Tz 20 des BP Berichtes). Der Ermessensgebrauch wurde damit begründet, dass die Wiederaufnahme unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung erfolgt sei. Bei der iS des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen.
Die Betriebsprüfung bei der OHG hat festgestellt (Tz 30 ABBP zu StNr XXX/XXX, FA 01), dass sich auf Grund der vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung keine Feststellungen ergeben hätten, die zu einer Änderung der veranlagten bzw erklärten Besteuerungsgrundlagen führen würden.
Gegen die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Einkommensteuer 1993) und betreffend Einkommensteuer 1993 hat der Bw Berufung erhoben. Die Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid begründete der Bw mit dem Fehlen eines Wiederaufnahmegrundes.
Die Berufung gegen den Einkommensteuer wurde inhaltlich im Wesentlichen ident mit der Berufung der OHG, auf die im Berufungsschreiben auch verwiesen wurde, begründet.
Die Entscheidung über die gegenständliche Berufung war zum Beschwerdeverfahren der OHG zur Zl des VwGH 2001/13/0028 ausgesetzt, da der Ausgang des Verfahrens für die Entscheidung über die Berufung von wesentlicher Bedeutung war. Der VwGH hat die Beschwerde der OHG als unbegründet abgewiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Auszugehen ist von nachstehendem Sachverhalt:
Der Bw war gerichtlich beeideter Sachsverständiger. Die daraus im Jahr 1993 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv ATS 1.196.983,00 sind unstrittig.
Daneben war der Bw an der OHG beteiligt. Die aus dieser Beteiligung erzielten Einkünfte sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb deren Höhe im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung festzustellen waren. Die Höhe dieser Einkünfte wurde für 1993 mit ATS 6.338.114,00 festgestellt.
Die Einkünfte der OHG stellten nicht - wie von der OHG (und in weiterer Folge auch vom Bw) angenommen - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern vielmehr solche aus Gewerbebetrieb dar. Diese Einkünfte der OHG wurden gem § 188 BAO einheitlich und gesondert festgestellt, was zu einer Mitteilung über die gesonderte Feststellung an das Wohnsitzfinanzamt des Berufungswerbers führte ().
Auf Grund dieser Mitteilung wurde der Bescheid des Bw betreffend Einkommensteuer 1993 gem § 303 Abs 4 BAO wieder aufgenommen. Gleichzeitig wurde ein neuer Einkommensteuerbescheid 1993, der der einheitlichen und gesonderten Feststellung Rechnung trug (Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv ATS 7.535.097,00 und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ATS 0,00), erlassen (Bescheide vom ).
Die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1993 erfolgte zu Recht.
Am erfolgte eine geänderte Mitteilung über die gesonderte Feststellung, wonach die aus der OHG erzielten Einkünfte gem § 188 BAO mit ATS 7.022.596,-- (Euro 510.351,95) festgestellt wurden. Der Einkommensteuerbescheid wurde dem entsprechend gem § 295 Abs 1 BAO geändert.
Die wesentliche Feststellung, dass es sich bei den von der OHG erzielten Einkünften um solche aus Gewerbetrieb handelt, ergibt sich aus der einheiltichen und gesonderten Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1993 bei der OHG, die in Rechtskraft erwachsen ist.
Rechtlich folgt daraus:
Wiederaufnahme Einkommensteuer 1993:
Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des § 303 Abs 1 lit a und c BAO und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Nach Abs 1 lit a und c leg cit ist eine Wiederaufnahme zulässig, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen (lit a) oder der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde (lit c) und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Das dem Institut der Wiederaufnahme und dieses rechtfertigende Ziel ist es, ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis zu erreichen und unter den Voraussetzungen des § 20 BAO dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.
Im vorliegenden Fall liegen zweifelsfrei keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel vor, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätten.
Die nach Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 1993 erfolgte einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte bei der OHG stellt eine Vorfrage iS des § 303 Abs 4 iVm Abs 1 lit c BAO dar. Die Vorfrage wurde auch von der hiefür zuständigen Behörde (für die OHG zuständiges Finanzamt, bzw in letzter Instanz VwGH) im wesentlichen Punkt der Qualifikation der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb anders entschieden, was auch zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte.
Die Voraussetzungen des § 303 Abs 4 iVm Abs 1 lit c BAO für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens sind somit vorgelegen. Die Wiederaufnahme erfolgte dem gemäß zu Recht.
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1993 war daher abzuweisen.
Einkommensteuer 1993:
Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zu Grunde gelegt.
Es besteht sohin eine Bindung im Einkommensteuerverfahren an die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (zB ; , 96/15/0083).
In weiterer Folge bestimmt auch § 252 Abs. 1 BAO, dass dann, wenn einem Bescheid Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, dieser Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien.
Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO stellen Grundlagenbescheide für Einkommensteuerbescheide dar ().
Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen können nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Berufung diesbezüglich als unbegründet abzuweisen.
Im gegenständlichen Fall ist ein Feststellungsbescheid der, nach einer abweisenden Entscheidung des VwGH in Rechtskraft erwachsen ist, ergangen. Beim Einkommensteuerbescheid des Bw für das Jahr 1993 handelt es sich um einen gem § 192 BAO abgeleiteten Bescheid, der auf Grund der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides nicht wirksam mit Einwendungen, die den Grundlagenbescheid betreffen bekämpft werden kann.
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 1993 war daher abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Wiederaufnahme abgeleiteter Bescheid |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at