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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 26.06.2012, RV/0585-I/11

Berufsschulbesuch nach vorzeitigem Lehrabbruch

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0585-I/11-RS1
Einen Berufsschulbesuch, welcher nach vorzeitigem Abbruch der Lehrausbildung lediglich an einem Tag der Woche absolviert wird, als Berufsausbildung iSd FLAG zu werten scheitert bereits daran, dass dieser nicht die volle Zeit der Berufungswerberin in Anspruch nimmt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, Wohnort, Straße, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am langte das an die Beihilfenempfängerin im Eigenbezug versendete Schreiben zur Überprüfung des Familienbeihilfenbezuges an das Finanzamt zurück. Damit wurde dem Finanzamt bekannt, dass das den Beihilfenbezug begründende Lehrverhältnis durch einvernehmliche Auflösung bereits Ende Feber 2011 vorzeitig beendet wurde. Aus dem in der Folge vom Finanzamt eingeholten Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass das Lehrverhältnis sozialversicherungsrechtlich mit beendet wurde.

Das Finanzamt forderte die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Mai bis September 2011 zurück. Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 wurde festgehalten, dass die Lehre mit April 2011 abgebrochen worden sei, weshalb die Familienbeihilfe für die im Spruch angeführten Monate rückgefordert werden müsse.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung begehrte die Beihilfenempfängerin die Familienbeihilfe nicht zurückzahlen zu müssen, da sie in der betreffenden Zeit in Berufsausbildung gestanden sei. Im September 2011 habe sie erfolgreich die Lehrabschlussprüfung absolviert. In den Monaten vorher habe sie die Berufsschule besucht und ein umfangreiches Lernprogramm absolvieren müssen. Auch beziehe sie sich auf Auskünfte, die ihr im Infocenter des Finanzamtes gegeben worden seien und auf welche sie vertraut habe.

Das Finanzamt verfasste daraufhin einen Vorhalt und hielt fest, dass nach den vorliegenden Informationen das Lehrverhältnis mit Ende Feber 2011 vorzeitig aufgelöst worden sei. In der Folge wäre weiterhin noch bis Juli 2011 die Berufsschule an einem Tag pro Woche besucht worden. Die Lehrabschlussprüfung wäre im August 2011 abgelegt worden. Mangels praktischer Ausbildung nach dem Wegfall der Lehrstelle fehle es an der notwendigen Zeitintensität für den Bezug der Familienbeihilfe. In der Berufung werde angegeben, dass ein umfangreiches Lernprogramm zu absolvieren gewesen sei. Um Vorlage diesbezüglicher Nachweise werde gebeten. Sollte die im Mai 2011 begonnene neue Beschäftigung Voraussetzung für das Antreten zur Lehrabschlussprüfung gewesen sein, wäre dies nachzuweisen. Mit dem Vorhalt werde Gelegenheit geboten, entsprechende Unterlagen inklusive einer eventuellen Stellungnahme nachzureichen.

Telefonisch teilte die Berufungswerberin dem Finanzamt mit, dass keine weiteren Unterlagen nachgereicht würden. Das Finanzamt legte dem Unabhängigen Finanzsenat die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund des abgeführten Verwaltungsverfahrens ist von folgendem relevanten Sachverhalt auszugehen:

An die im streitgegenständlichen Zeitraum volljährige Berufungswerberin wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Eigenbezug ausbezahlt. Diese stand in einem Lehrverhältnis, welches mit Ende Feber 2011 vorzeitig aufgelöst wurde. In der Folge bezog die Berufungswerberin Arbeitslosengeld und begann Mitte Mai 2011 ein Dienstverhältnis als Angestellte. Ein Nachweis, dass dieses Dienstverhältnis im Zusammenhang mit der davor betriebenen Lehre gestanden ist, wurde nicht erbracht und auch nicht behauptet. Daneben wurde die Berufsschule weiterhin besucht. Der Unterricht fand an einem Tag pro Woche statt. Über die Zeitintensität des in der Berufung behaupteten "umfangreichen Lernprogrammes" wurden keine weiteren Angaben gemacht. Dem Prüfungszeugnis ist zu entnehmen, dass die Lehrabschlussprüfung im August 2011 bestanden wurde.

Nach § 6 Abs 5 iVm Abs 2 lit a FLAG 1967 haben volljährige Kinder bis zum Erreichen der Altersgrenze bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof (vgl ) weist in seiner Rechtsprechung darauf hin, dass das Gesetz (außerhalb der Sonderbestimmungen dieses Tatbestandes betreffend Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBI Nr 305, genannte Einrichtung besuchen) eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" nicht enthält. Unter diesen Begriff seien aber alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird. Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung jedenfalls mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes, auch wenn für den konkreten Arbeitsplatz noch eine spezifische Einschulung erforderlich sein mag, wie dies - ungeachtet der Qualität der vorangegangenen Berufsausbildung - regelmäßig der Fall sein wird. An dieser Begriffsumschreibung hat der VwGH auch in seinem Erkenntnis vom , 87/14/0031 festgehalten.

Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist jedoch nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren (zeitlicher) Rahmen. Dies äußert sich nicht nur im regelmäßigen Besuch von Lehrveranstaltungen und der Ablegung der vorgesehenen Prüfungen, sondern auch in der zeitlichen Intensität der Maßnahme. Nur eine Ausbildung, die nach Art und Dauer die volle oder (zumindest) überwiegende Zeit in Anspruch nimmt, vermittelt den Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 36, sowie , und ). Dieser Ansicht folgend ergibt sich zwangsläufig, dass eine den Beihilfenanspruch vermittelnde Berufsausbildung nur vorliegen kann, wenn sich die auszubildende Person primär der Ausbildung widmet und diese mit vollem zeitlichen Einsatz zielstrebig abzuschließen bemüht ist. Steht hingegen die Ausübung einer Berufstätigkeit im (zeitlichen) Vordergrund oder wird eine Ausbildung nur einige wenige Stunden pro Woche oder Monat betrieben, fehlt es jedenfalls an der zeitlichen Intensität und eventuell auch an der geforderten Zielstrebigkeit (vgl zB -I/10).

Die Berufungswerberin absolvierte eine Lehre und brach diese vorzeitig ab. In der Folge besuchte sie bis Juli 2011 die Berufsschule. Diesen Berufsschulbesuch als Berufsausbildung iSd FLAG zu werten scheitert jedoch bereits daran, dass dieser nicht die volle Zeit der Berufungswerberin in Anspruch genommen hat. In diesem Zusammenhang ergibt sich nämlich aus der Aktenlage, dass der Schulbesuch nur einmal wöchentlich stattfand und demnach diese Ausbildung die Berufungswerberin keinesfalls die volle Zeit binden konnte, da der Berufsschulbesuch im Regelfall neben der (zeitlich überwiegenden) praktischen Ausbildung in einem Lehrbetrieb zu absolvieren ist. Fällt aber der praktische Teil der Ausbildung durch Auflösung des Lehrverhältnisses weg, kann folgerichtig keine volle oder überwiegende Zeit mehr gebunden sein (vgl dazu zB ). Im Übrigen ist festzustellen, dass die Berufungswerberin ab Mai (bis Oktober) 2011 eine, nicht mit der Lehrausbildung zusammenhängende (wie sich aus den Bezügen eindeutig ableiten lässt, nicht nur geringfügige) Tätigkeit als Angestellte ausübte, was ebenfalls dagegen spricht, dass durch den Berufsschulbesuch die volle oder zumindest überwiegende Zeit für den Abschluss der Lehrausbildung ausgewendet werden musste. Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt zudem mittels Vorhalt versucht, die zeitliche Auslastung festzustellen. Die Berufungswerberin hat die ihr gebotene Möglichkeit entsprechende Vorbringen zu erstatten nicht genutzt.

Die ausgeübte Angestelltentätigkeit selbst kann schon alleine deshalb nicht als Berufsausbildung angesehen werden, da sie bereits die Ausübung eines bestimmten Berufes an einem konkreten Arbeitsplatz darstellt. Das im Rahmen dieser Berufsausübung besuchte eintägige Seminar stellt - ungeachtet der kurzen Dauer - eine spezifische Einschulung für diese Berufsausübung dar.

Als Folge der vorstehenden Ausführungen ergibt sich für den Unabhängigen Finanzsenat, dass sich die Berufungswerberin weder in den Monaten Mai bis Juli (Zeit des Berufsschulbesuches) noch im Monat August (Monat der Ablegung der Lehrabschlussprüfung) und auch nicht im Monat September (ausschließlich Berufsausübung) in Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 befand.

Da das Vorliegen einer Berufsausbildung im vorliegenden Fall den einzigen möglichen Grund für den Anspruch auf Familienbeihilfe darstellen würde, eine solche jedoch im vom bekämpften Bescheid umfassten Zeitraum nicht vorgelegen ist, erfolgte die Rückforderung zu Recht (§ 26 Abs 1 FLAG 1967). Hinsichtlich der Rückforderung der ausbezahlten Kinderzuschläge ist auf § 33 Abs 3 EStG 1988 zu verweisen.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise



VwGH, 87/14/0031
-I/10

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at