Schätzung, Nichtabgabe von Steuererklärungen, unbeschränkte Steuerpflicht, Bescheidadressat
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (in der Folge mit Bw. bezeichnet) ist deutscher Staatsbürger und ist seit dem Jahre 2005 in Österreich ansässig. Dem Bw. wurden laut Aktenlage die Einkommensteuererklärungsformulare (E1) für 2008 zugesandt. Nach diesbezüglichen Erinnerungsschreiben wurden wegen Nichtabgabe der Steuerklärung 2008 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt. Bei der Schätzung wurden die Vorjahreszahlen und diverse Eingaben des Bw. berücksichtigt. Die Einkommensteuer 2008 wurde in Höhe von Euro 103,32 festgesetzt.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2008, datiert mit , brachte der Bw. das Rechtsmittel der Berufung ein. Der Bw. bringt vor, dass das Finanzamt fälschlicherweise die Nichtabgabe der Steuerklärung behauptet habe. Richtig sei hingegen, dass der Bw. "mehrmals (, , ) - zwar formlos - aber immerhin sich erklärt hat unter Angabe von Gründen für den ihn angemessenen erscheinenden Modus". Weiters habe der Bw. schon in vorausgehenden Steuererklärungen eine steuerliche Berücksichtigung bzw. Kompensation nach Art einer sogenannten "Negativsteuer" geltend gemacht. Ferner stellt der Bw. "die Besteuerung der Kapitalerträge aus einer im Ausland erwirtschafteten und angelegten bescheidenen Rücklage, die auch subsidiär zu seinem vergleichsweise geringen Renteneinkommen (für Zweipersonenhaushalt) tritt, unter Sozialvorbehalt" und beanstandet insoweit die Abgabennachforderung. Schließlich wendet sich der Bw. unter längeren Ausführungen gegen die "Degradierung" seiner Person durch die Unterdrückung seines akademischen Titels durch das Finanzamt.
In seinem Schreiben vom bringt der Bw. vor, dass die Einkommensverhältnisse gegenüber dem Jahr 2007 im Wesentlichen unverändert geblieben sind, dies betreffe die (deutsche) Knappschaftsrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung und die Zusatzversorgung "Rheinische". Hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen (Ausland) sei laut Darstellung des Bw. "unter Hinweis auf Sozialvorhalt entsprechendes Begehr zwecks Grundsatzprüfung und -entscheidung zum VerfGH auf den Weg gebracht worden". Die Ehefrau sei Hausfrau und habe kein Erwerbseinkommen. Die ebenfalls, laut Darstellung des Bw., grundsätzlich unveränderten, in vorausgehenden Steuererklärungen geltend gemachten Sonderausgaben und Werbungskosten werden für das Jahr 2008 als "Erstattungsbeträge nach dem Muster sog Negativsteuer" geltend gemacht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.
Sind nach Abs. 2 der gegenständlichen Gesetzesbestimmung amtliche Vordrucke für Abgabenerklärungen aufgelegt, so sind die Abgabenerklärungen unter Verwendung dieser Vordrucke abzugeben. Soweit Abgabenerklärungen, für die die Einreichung im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise zugelassen ist, in einer solchen Weise eingereicht werden, entfällt die Verpflichtung zur Verwendung der amtlichen Vordrucke. Die Versicherungsnummer (§ 31 Abs. 4 Z 1 ASVG), die Firmenbuchnummer (§ 30 Firmenbuchgesetz) und die Melderegisterzahl (§ 16 Meldegesetz 1991), sofern diese bekannt ist, sind anzugeben, wenn dies für die Abgabenerklärungen vorgesehen ist.
Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Der Offenlegung dienen nach Abs. 2 insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist nach Abs. 2 insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind. Zu schätzen ist nach Abs. 3 ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Entscheidungswesentlich ist u.a. dass der Bw. seit 2005 in Österreich seinen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 26 BAO hat und damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988 ist. Diese unbeschränkte Steuerpflicht bezieht sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Dem Bw. wurden laut Aktenlage die Einkommensteuererklärungsformulare (E1) für 2008 zugesandt. Zur Einreichung von Abgabenerklärungen ist u.a. verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird, wobei die Aufforderung auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen kann. Der Bw. hat trotz Zusendungen der Einkommensteuererklärungsformulare und diesbezüglichen Erinnerungen durch das Finanzamt keine Einkommensteuererklärung für 2008 abgegeben.
Der Bw. bringt vor, dass der Bw. sich "mehrmals (, , ) - zwar formlos - aber immerhin sich erklärt hat unter Angabe von Gründen für den ihn angemessenen erscheinenden Modus", wobei der Bw. u.a. darauf verweist, dass die Einkommensverhältnisse gegenüber dem Jahr 2007 im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Diese Schreiben und deren Inhalte kommen einer konkreten Übermittlung der Einkommensteuererklärung 2008 samt Bekanntgaben des konkreten Ziffernmaterials nicht gleich.
Es lag somit gemäß § 184 Abs. 1 BAO die Schätzungsberechtigung durch die Behörde vor. Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung des Vorjahres (2007) gab der Bw. bekannt, dass er eine in Deutschland zu versteuernde Knappschaftsrente von € 13.549,83 sowie eine grundsätzlich der österreichischen Steuerpflicht unterliegende betriebliche Zusatzversorgung der Stadt Düsseldorf von € 398,49 bezogen habe. Darüber hinaus habe er Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen erzielt (Zinserträge Commerzbank von € 413,28). Aufgrund der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung kann keine Rechtswidrigkeit des angefochten Bescheides darin erkannt werden, wenn das Finanzamt die Einkommensverhältnisse 2008 analog der Vorjahresverhältnisse geschätzt hat. Die jeder Schätzung innewohnende Unsicherheit muss aber der, der begründeten Anlass zur Schätzung gibt, hinnehmen, und zwar auch dann, wenn sie zufällig oder ungewollt gegen ihn ausschlagen sollte. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 ergab sich hinsichtlich der betrieblichen Zusatzversorgung der Stadt Düsseldorf unter Berücksichtigung von Sonderausgaben und Absetzbeträgen eine Einkommensteuer von Null. Die analog zum Vorjahr geschätzten Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen in Höhe von € 413,28 wurden mit € 103,32 besteuert.
Über die steuerliche Behandlung u.a. der deutschen Knappschaftsrente des Bw. hat der UFS bereits mit Entscheidung vom , GZ. RV/1210-W/08, GZ. RV/3241-W/07, entschieden (Besteuerungsrecht kommt der BRD zu). Die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Artikel 11 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland, BGBl III 2002/182, waren in Österreich zu versteuern, wobei diese Kapitalerträge nach § 37 Abs. 8 EStG 1988 mit dem besonderen Steuersatz von 25 % zu besteuern sind. Ein Abzug von Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 ist hierbei nicht zulässig und ein laut Bw. vorgebrachter "Sozialvorbehalt" ist nicht vorgesehen. Weiters sieht das EStG 1988 keine Möglichkeit vor, Werbungskosten oder Sonderausgaben in Form einer "Negativsteuer" einem Abgabepflichtigen zu erstatten. Betreffend verfassungsgesetzlicher Bedenken ist zu bemerken, dass der UFS gemäß Artikel 18 des Bundes-Verfassungsgesetzes verpflichtet ist, die geltenden Gesetze zu vollziehen. Das Finanzamt hat daher zu Recht die Einkommensteuer für das Jahr 2008 mit € 103,32 festgesetzt.
Die Schreiben des Bw. vom und , die auf ausdrückliches Verlangen des Bw. vom Finanzamt an den UFS weitergeleitet wurden, können an dieser Beurteilung nichts ändern. Die längeren Ausführungen zur Weglassung des Titels des Bw. ("Dipl-Soz.Päd.") durch das Finanzamt zeigen keine rechtswidrige Erlassung des bekämpften Bescheides auf. Bei einer physischen Person ist in der Regel der Vor- und der Zuname anzuführen (vgl. Ritz: Bundesabgabenordnung-Kommentar, 4. Auflage, zu § 93 BAO, S 277). Die Nennung beider Vornamen und des Zunamens des Bw. im Bescheid war ausreichend. Am Bescheid-Adressaten, dem Bw., bestand kein Zweifel. Auf Ausführungen des Bw., ob Titelnennungen in Deutschland nicht üblich sind, in Österreich "Brauch" sind und ob Beamte in Österreich laut Bw. "nicht akademische Ehrentitel" sowie "den akademischen Standardtitel Mag." verwenden, war daher nicht weiter einzugehen.
Auch die allgemeinen Ausführungen hinsichtlich des "hierzulande deutlich höheren Preisniveaus", Ausführungen zur Verwehrung des Zutritts zum österreichischen Arbeitsmarkt, der Parteibuchwirtschaft, doppelter Abwehrdienste, Lehrer mit überdurchschnittlichen Unterrichtsstunden, aber mit überdurchschnittlichem Gehalt, überdurchschnittlichen Früh- und Invaliditätspensionen, der üppigen Parteifinanzierung, 5000 Telekom/ÖBB-Pensionen, etc. zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 133 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
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