Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.06.2012, RV/1917-W/07

Die Kosten der Verbücherung einer nachlassgegenständlichen Liegenschaft sind vom erbschaftssteuerpflichtigen Erwerb nicht abzuziehen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Die Erbschaftssteuer wird festgesetzt mit € 45.568,57 (gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse IV) 28% vom gemäß § 28 ErbStG abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von € 143.389,00 = € 40.148,92 zuzüglich gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 3,5% vom gemäß § 28 ErbStG abgerundeten steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke in Höhe von € 154.847,00 = € 5.419,65).

Soweit durch diesen Bescheid ein Mehrbetrag festgesetzt wird, ist dieser Betrag gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsentscheidung fällig.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist Nacherbe nach dem im März 1996 verstorbenen Erblasser J.. Der Nacherbfall ist mit dem Tod der Vorerbin S. am eingetreten.

Lt. Substitutionsabhandlung bestand die Nacherbschaft ausschließlich aus ¾ Anteile der Liegenschaft EZ 70 GB F.. In seiner Eingabe vom erklärte der Bw., dass der Nachlass nach der Vorerbin vermögenslos gewesen sei, gab den steuerlich maßgeblichen, dreifachen Einheitswert des nachlassgegenständlichen Liegenschaftsanteiles mit € 99.906,96 bekannt und beantragte der Besteuerung das Verhältnis zum Erblasser (Steuerklasse IV) zu Grunde zu legen. Weiters gab der Bw. die Vertretungskosten mit € 7.272,00 und noch zu erwartende Gerichtsgebühren im Zusammenhang mit der Grundbuchseintragung mit € 1.052,00 bekannt.

Lt. Beschluss des BG Döbling vom wurde ua. ein anteiliges Guthaben von € 287,43 aus der Verlassenschaft nach der Vorerbin dem Bw. an Zahlungs statt zur teilweisen Abdeckung der Begräbniskosten von € 3.625,40 überlassen.

Auf Grund des Ergebnisses der Substitutionsabhandlung setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber dem Bw. mit dem angefochtenen Erbschaftssteuerbescheid, ausgehend vom dreifachen Einheitswert des nachlassgegenständlichen Liegenschaftsanteiles und unter Abzug der Kosten der Regelung des Nachlasses in Höhe von € 7.272,00 und des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG 1955 von € 440,00, somit von einem steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von € 92.194,00, Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 1955 in Höhe von € 22.126.56 und, ausgehend vom steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke von € 99.906,00, Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 1955 in Höhe von € 3.496,71, somit insgesamt in Höhe von € 25.623,27, fest. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass die Kosten für die grundbücherliche Durchführung nicht abzugsfähig seien, da diese bereits die Verwertung des Nachlasses beträfen.

In der dagegen eingebrachten Berufung beantragte der Bw. den Abzug der Kosten der Verbücherung. Weiters beantragte der Bw. von ihm übernommenen Kosten des Begräbnisses der Vorerbin in Höhe von € 3.933,40 bei der Bemessung der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen.

Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung brachte der Bw. einen Vorlageantrag ein.

Mit Eingabe vom teilte Notar Mag. dem Finanzamt mit, dass nachträgliches Substitutionsvermögen hervorgekommen sei.

Dazu legte das Finanzamt dem Unabhängigen Finanzsenat die folgende Stellungnahme samt Neuberechnung der Erbschaftssteuer vor, welche dem Bw. vom Unabhängigen Finanzsenat vorgehalten wurde:

"Mit Schreiben vom teilte der Notar Mag. namens seines Klienten Bw. mit, dass nachträgliches Vermögen, bestehend aus der Liegenschaft EZ3 Grundbuch A. , hervorgekommen ist.

Der Einheitswert dieser Liegenschaft beträgt (erhöht) ATS 252.000.-, dreifach sohin S 756.000.-, d.s. € 54.940,66.

Unter Berücksichtigung dieses nachträglich hervorgekommenen Vermögens ergibt sich folgende Neuberechnung :


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Wert der Grundstücke laut Bescheid vom zuzüglich Nachtragsvermögen abzüglich Verfahrenskosten laut Bescheid vom abzüglich Begräbniskosten (anteilig) abzüglich Blumenschmuck abzüglich Freibetrag § 14 (1) ErbStG steuerpflichtiger Erwerb nunmehr
€ € € € € € €
99.906,96 54.940,66 7.272,00 3.437,97 308,00 440,00 143.389,65

Berechnung der Erbschaftssteuer:


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Gemäß § 8(1) ErbStG 143.389. Gemäß § 8(4) ErbStG 154.847. Erbschaftssteuer
28% 3,5%
40.148,92 5.419,65 45.568,57

Die Begräbniskosten wurden bei der Berechnung insoweit berücksichtigt, als sie durch die an Zahlungsstatt überlassenen Vermögenswerte nicht Deckung finden. Laut Beschluss des BG Döbling in der Verlassenschaft S vom , 37Axxx , wurde das Vermögen in Höhe von € 325,23 dem BW gegen Bezahlung der Gerichtskommissionsgebühr in Höhe von € 37,80 und der Begräbniskosten im Teilbetrag von € 287,43 an Zahlungsstatt überlassen. Laut Gerichtsbeschluss betrugen die Begräbniskosten € 3.625,40. Somit ergibt sich ein "Fehlbetrag" in Höhe von € 3.437,97. Hinsichtlich der geltend gemachten Eintragungsgebühr ist festzuhalten, dass diese Kosten nicht abzugsfähig sind. Nach § 20 Abs. 4 ErbStG sind die Kosten abzugsfähig, die der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung der Person des Erben sowie der hinterlassenen Vermögenswerte dienen und ferner jene Kosten, die aufgewendet werden müssen, um den Erben in den Besitz der ihm zufallenden Vermögensgegenstände zu setzen. In den Besitz der Vermögensgegenstände gelangt der Erbe durch die Einantwortung.

Die Einantwortung ist der konstitutive Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes, der mit seiner formellen Rechtskraft den Erbschaftsbesitz auf den Eingewiesenen überträgt (Fellner, Kommentar zum ErbStG, § 2 Tz 4 mit Verweis auf Ehrenzweig, Kralik3, 324). Der Erbe erwirbt das Eigentum am Nachlassvermögen mit der gerichtlichen Einantwortung. Die Einantwortung ist die durch Gerichtsbeschluss erfolgende Übergabe des Nachlasses in den rechtlichen Besitz des Erben (). Das Verlassenschaftsverfahren endet mit der Einantwortung, also mit der Übergabe des Nachlasses in den rechtlichen Besitz des Erben (§ 797 ABGB).

Mit der Einantwortung wird der Erbe iSd § 797 in den rechtlichen Besitz des Nachlasses eingewiesen. Mit der Einantwortung erlangt der Erbe das Eigentum am Nachlass und zwar auch an Liegenschaften (Spruzina in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 819 Rz 4).

Nach den Vorschriften der §§ 797 und 819 ABGB gelangt der Erbe mit der Einantwortung in den rechtlichen Besitz. Abzugsfähig iSd § 20 Abs. 4 ErbStG sind jedoch nur jene Kosten, die bis zur Besitzerlangung anfallen. Die nach der Einantwortung des Nachlasses an den Erben anfallende Eintragungsgebühr kann daher keine Berücksichtigung finden".

Eine Stellungnahme des Bw. ist nicht erfolgt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der der Entscheidung zu Grunde gelegte, oben dargestellte Sachverhalt, ist unstrittig.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 und somit den Grundtatbestand für Erwerbe von Todes wegen, also "die Erbschaftssteuer", als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem Erkenntnis über die Aufhebung der Erbschaftssteuer entsprechend der Bestimmung des Art. 140 Abs. 5 B-VG für das Inkrafttreten seiner Aufhebung eine Frist bis gesetzt. Dies bedeutet gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, dass von den zuständigen Verwaltungsbehörden die verfassungswidrige Bestimmung auf die zuvor verwirklichten Tatbestände, das heißt auf Fälle, bei denen der Todeszeitpunkt des Erblassers vor dem liegt (§12 Abs.1 ErbStG 1955) - mit Ausnahme der im angeführten Erkenntnis genannten Anlassfälle und jener Rechtssachen, auf die der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG die Anlassfallwirkung ausgedehnt hat, weiterhin anzuwenden ist. Somit ist das Erbschaftssteuergesetz auf vorliegenden Fall noch anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 2 Abs. 1 ErbStG 1955 gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG 1955 gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.

§ 20 ErbStG 1955 enthält eine demonstrative Aufzählung jener Schulden und Lasten, die vom Vermögenswert abzuziehen sind, und gebietet den Abzug von Erbgangsschulden (§ 20 Abs. 4 ErbStG), der Erblasserschulden (§ 20 Abs. 5 ErbStG) sowie der Erbfallsschulden (§ 20 Abs. 6 ErbStG) vom Nachlass (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 17 zu § 20 mit dem angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 184/96, B 324/96).

Nach § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG 1955 sind von dem der Erbschaftssteuer unterliegenden Erwerb abzuziehen die Kosten der Eröffnung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Regelung des Nachlasses, die Kosten der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlasspflegschaft, des Aufgebotes der Nachlassgläubiger und der Inventarerrichtung. Dabei handelt es sich um den Abzug der sogenannten Erbgangsschulden (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 17 Abs. 1 zu § 20 ErbStG), worunter man u.a. diejenigen Verbindlichkeiten versteht, die durch die gerichtliche Abhandlungspflege entstehen (Fellner a.a.O. Abs. 5).

Gemäß § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG 1955 sind vom Erwerb unter anderem die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Regelung des Nachlasses abzuziehen. Sämtliche Beispiele im § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG 1955 und deren Reihung lassen erkennen, dass der Gesetzgeber darunter nur jene Kosten subsumiert wissen will, die der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung der Person des Erben sowie der hinterlassenen Vermögenswerte dienen, und ferner jene Kosten, die aufgewendet werden müssen, um den Erben in den Besitz der letztwillig zugedachten oder kraft Gesetzes von Todes wegen zufallenden Vermögensgegenstände zu setzen (, 0164, 0165, 0166). Daraus folgt aber, dass nur solche Aufwendungen den der Erbschaftssteuer unterliegenden Erwerb mindern, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit diesem Erwerb stehen.

Die "Regelung des Nachlasses" ist grundsätzlich mit dem Einantwortungsbeschluss abgeschlossen. In diesem Beschluss werden auch die Kosten des Gerichtskommissärs festgesetzt. Damit ist das Verfahren abgeschlossen soweit es sich um die Regelung des Nachlasses gem. § 20 Abs. 4 Z. 3 ErbStG 1955 im Sinne der dort angeführten Verfahrensschritte handelt.

Der OGH hat in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen (vgl. z.B. ), dass mit der Rechtskraft der Einantwortung die Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser eintritt. Der Erbe erlangt die volle Herrschaft über den Nachlass; Besitz, Eigentum, Forderungen und sonstige Rechte gehen auf ihn über.

Die Kosten der Verbücherung sind im § 20 Abs. 4 Z. 3 ErbStG 1955 nicht angeführt und auch nicht unter die dortigen Aufzählungen subsumierbar (siehe ).

Die Gerichtsgebühren in Höhe von €1.052,00 konnten daher nicht vom Erwerb abgezogen werden.

Die Begräbniskosten waren, soweit diese nicht bereits durch das an Zahlungs statt überlassene Guthaben aus der Verlassenschaft der Vorerbin gedeckt waren, anzuerkennen und wurden entsprechend berücksichtigt.

Das nachträglich hervorgekommene Vermögen war bei der Berechnung der Erbschaftssteuer, entsprechend der oben dargestellten, dem Bw. vorgehaltenen Stellungnahme des Finanzamtes, worauf im Übrigen verwiesen wird, zu berücksichtigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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